Erstellt: 11.09.2015, 13:50 MESZ
Letzte Änderung: 20.10.2016, 16:07 MESZ
Gemäldegalerie (3)
  • 1

    Étienne Chevalier mit dem heiligen Stephanus

    Altarbild ... Fouquet ist der erste französische Maler von internationaler Bedeutung, dessen vielseitiges Schaffen schon bei seinen Zeitgenossen lebhafte Bewunderung hervorrief. Die Wirkungsstätte Fouquets war Tours, in der damaligen Zeit das wichtigste geistige und kulturelle Zentrum Frankreichs. Hier residierten die französischen Könige Karl VII. (1403-1461) und Ludwig XI. (1423-1483), für die Fouquet, der freilich erst 1475 zum königlichen Hofmaler ernannt worden ist, Gemälde und Buchminiaturen schuf. Der exklusive Geist des Hofes und seiner Auftraggeber, der Maria von Cleve, des mächtigen Kanzlers Guillaume Jouvénal des Ursins und des einflussreichen Schatzmeisters Étienne Chevalier, fanden in der Kunst Fouquets eine adäquate Entsprechung. Das kostbare, prächtig illuminierte Stundenbuch, das Fouquet für seinen Gönner Étienne Chevalier geschaffen hat, legt hiervon ein ebenso beredtes Zeugnis ab wie unser Bild, das Chevalier in Begleitung des heiligen Stephanus zeigt. Die Tafel bildete einst die linke Hälfte eines Diptychons, das sich über dem Grab Chevaliers und seiner Gemahlin im Chor der Kirche Notre-Dame in Melun, unweit von Paris, befunden hat. Damals umgab ein kostbarer Rahmen die Tafeln. Er war mit blauem Samt beschlagen, trug vergoldete Medaillons mit biblischen Szenen und in Perlenstickerei die sich mehrfach wiederholenden Anfangsbuchstaben vom Vornamen des Stifters. Um 1773 wurde das Diptychon von seinem Standort entfernt und seines Rahmens beraubt; die Tafeln wurden getrennt veräußert. Durch glückliche Umstände gelangte die Stiftertafel in den Besitz des Dichters Clemens Brentano und seines Bruders Georg, der damals einen großen Teil der berühmten, heute in Chantilly (Musée Condé) bewahrten Miniaturen Fouquets besaß. 1896 konnte die Tafel von der Familie Brentano für das Museum erworben werden. Das Gegenstück mit der Darstellung der Madonna ist 1840 in das Museum von Antwerpen gelangt. Étienne Chevalier, der aus Melun stammte, war vom »Secrétaire du roi« zum »Trésorier de la Françe« aufgestiegen. Unter Karl VII. und Ludwig XI. hatte er ein beträchtliches Vermögen zusammengebracht. Wichtige diplomatische Missionen, mit denen er betraut wurde, bezeichnen die Etappen seiner steilen Karriere. Das von Fouquet geschaffene Bildnis lässt etwas von der Macht und dem Einfluss Chevaliers erahnen. An seiner Seite steht sein Namenspatron, der heilige Stephanus, der die rechte Hand auf die Schulter des Stifters gelegt hat und in der linken Hand ein Buch und den scharfkantigen Stein als Zeichen seines Martyriums trägt. Eindrucksvoll ist das durchgeistigte Gesicht des Heiligen gestaltet. Den Hintergrund bildet eine durch Pilaster gegliederte, sich perspektivisch verkürzende Renaissancearchitektur mit eingelegten Platten aus farbigem Marmor, deren Sockel den sich wiederholenden Namen des Stifters trägt. Der Heilige und der Stifter wenden sich der Madonna zu, die einst auf der rechten Tafel des Diptychons dargestellt war. Blaue und rote Engel umringen den mit Perlen und Edelsteinen geschmückten Thron der Gottesmutter. Alter Überlieferung zufolge soll die Madonna die Züge der Agnès Sorel (um 1422-1450) tragen, der einflussreichen Mätresse Karls VII., zu deren Testamentsvollstrecker Chevalier bestellt worden war. Die Porträtähnlichkeit mit der als schönste Frau Frankreichs hoch gerühmten »Belle Agnès« ist tatsächlich nicht zu leugnen. Eine derartige Profanierung der sakralen Sphäre hätte durchaus dem bizarren, widerspruchsvollen Geist jener Zeit entsprochen, die so zutreffend als der »Herbst des Mittelalters« bezeichnet worden ist.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2010 _______________________________________________________________________ This panel was originally the left-hand half of a diptych in the cathedral of Notre Dame de Melun, placed over the tomb of the founder’s wife. The corresponding right-hand wing with a depiction of the Madonna is now in Antwerp. The founder, Étienne Chevalier (d. 1474), is kneeling in the foreground, accompanied by his patron saint, St. Stephen. The sharp-edged stone on the book in his hand refers to the stoning by which the martyr met his death. Étienne Chevalier was ambassador and chancellor under Charles VII and Louis XI of France and was entrusted with numerous diplomatic missions. In 1463, he was sent to Lille to redeem the cities on the Somme from fiefdom to Burgundy. | Prestel Museum Guides - Gemäldegalerie Berlin, 2012 SIGNATUR / INSCHRIFT: (Cheval)ier Estien(ne) ... Eichenholz ... Rahmenaußenmaß: 123 x 115 cm ... Tiefe: Tafel selbst 3-6 mm mm stark gedünnt, tw. Furnier hinterfüttert ... Tafelmaß: 95,9 x 88,2 cm ...

    18.09.2015, 09:26 MESZ

  • 2

    Maria mit dem Kind und singenden Engeln (Raczyński Tondo)

    Gemälde ... Möglicherweise gehörte das Rundbild den Brüdern von S. Francesco in Florenz. Maria wird als Himmelskönigin mit einer Krone ausgezeichnet, zugleich ist sie mitleidende Mutter des zum Opfer bestimmten Christusknaben. Er greift nach ihrer Brust. Die nährende Maria galt den Theologen als Mutter aller Menschen und als Heilsspenderin. Singende Engel preisen sie, Lilien als Reinheitssymbole in den Händen. Wie man in Antlitz und Gestalt Marias immer auch das Ideal irdischer Frauenschönheit suchte, so kann man in den Engeln die Verkörperung jugendlich-harmonischen Ebenmaßes sehen. Botticelli meisterte das anspruchsvolle Format mit einer durchdachten Bildordnung, die das Rund der Begrenzung aufnimmt: Im Mittelpunkt vielfach kreisender Bewegung thront die Madonna.| Prestel-Museumsführer - Gemäldegalerie Berlin, 2017 _______________________________________________________ It is possible that this circular picture used to belong to the Brothers of S. Francesco in Florence. Mary is identified as the Queen of Heaven by a crown, but at the same time she is the mother of the boy Christ, who is marked out for sacrifice. He is reaching for her breast. Theologians saw Mary as the giver of nourishment, as the mother of all mankind, and of salvation. Singing angels are praising her, with lilies in their hands as symbols of purity. Just as the ideal of earthly female beauty was always sought in the face and form of Mary, in the same way the angels can be seen as embodying youthful harmony. Botticelli mastered this demanding format with a calculated pictorial order that takes up the circular border: the Madonna is enthroned at the centre of a multiple encircling movement.| Prestel Museum Guides - Gemäldegalerie Berlin, 2017 ... Pappelholz ... Rahmenaußenmaß Durchmesser: 194,0 cm ... Durchmesser: 136,5 cm ... Erwerb ...

    18.09.2015, 09:25 MESZ

  • 3

    Catharina Hooft mit ihrer Amme

    Gemälde ... Das von Frans Hals um 1620 gemalte Porträt eines kleinen Mädchens stellt eine große Seltenheit innerhalb der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts dar, ist das Kind hier doch zusammen mit seiner Amme präsentiert. Zudem handelt es sich bei dem Bild um das einzige Kinderporträt von Frans Hals, das wir heute noch kennen. Dargestellt ist Catharina Hooft, die 1618 als einziges Kind ihrer Eltern in Amsterdam geboren wurde. Kurz darauf übersiedelten ihre Eltern nach Haarlem, wo ihr Vater, der Jurist Pieter Hooft ein Haus erworben hatte und wo auch das Berliner Porträt entstanden sein dürfte. Ihr Onkel war der berühmte niederländische Dichter, Historiker und Dramatiker Pieter Corneliszoon Hooft. Mit nur 17 Jahren heiratete Catharina 1635 den sehr vermögenden, 19 Jahre älteren Cornelis de Graeff, einen der einflussreichsten Regenten und mehrfachen Bürgermeister von Amsterdam, sowie Staatsmann und Diplomat von Holland und der Republik der Vereinigten Niederlande. Ihrer hervorgehobenen gesellschaftlichen Stellung entsprechend, begegnet uns Catharina 18 Jahre später standesbewusst als einer der ersten Damen des Landes zusammen mit ihrem Ehemann auf zwei lebensgroßen Pendantbildnissen des Amsterdamer Malers Nicolaes Eliasz Pickenoy. Der besondere gesellschaftliche Status des kleinen, hier präsentierten Mädchens wird schnell anhand ihrer aufwendigen Kleidung deutlich. Sie trägt ein kostbares Brokatkleid mit feinsten Spitzen, das detailgetreu wiedergegeben ist. Insbesondere die zarte Klöppelspitze wurde von Frans Hals betont, indem er die abstehenden Spitzen des Kragens und des Häubchens vor einem dunklen Hintergrund präsentiert. Deutlich zu erkennen ist auch der steife Charakter der gestärkten Spitze, die gerade vom Körper absteht und deren Enden nicht umknicken. Obgleich Mädchen und Jungen im 17. Jahrhundert erst ab dem siebten Lebensjahr geschlechtsspezifisch gekleidet wurden, lässt sich aufgrund von Kostümdetails, wie dem flachen, breiten Kragen und der leicht eckigen Form der Haube feststellen, dass es sich bei dem Kind um ein Mädchen handeln muss. Sowohl Jungen als auch Mädchen trugen die rückseitig von den Schultern herabhängenden Stoffbänder, die u.a. als Lauflernhilfe dienten und auch an dem Kleidchen der Catharina Hooft vom rückwärtigen Ärmelansatz herabfallend zu erkennen sind. Neben der sehr hochwertigen Kleidung trägt Catharina Hooft auch reichlich goldenen Schmuck mit einem Anhänger, der mittig einen großen roten Stein zeigt. In ihrer linken Hand hält sie zudem eine goldene Rassel mit kleinen Schellen. Am oberen Ende der Rassel ist ein Stück aus einem dunklen, nicht eindeutig zu definierendem Material zu erkennen. Derartige Aufsätze bestanden in der Regel aus Halbedelsteinen, Korallen oder Perlmutt und dienten als eine Art von Beißring während des Zahnens. Vermutlich wurde die hier dargestellte Rassel nach einem konkreten Vorbild gemalt und befand sich vermutlich wirklich im Besitz von Catharina Hooft. Tatsächlich ist im Nachlass ihres Sohnes, der 1709 kinderlos verstarb, „eine goldene Rassel“ mit exakter Gewichts- und Wertangabe aufgeführt, die möglicherweise von seiner Mutter stammte. Da sich eine erstaunlich große Vielfalt von Rasseln auf niederländischen Kinderporträts des 17. Jahrhunderts finden lässt, geht man heute davon aus, dass es sich in den meisten Fällen um den realen Besitz der präsentierten Kinder handelt. Im Gegensatz zu dem kleinen Mädchen, ist die dargestellte Amme ihrem Status als Bedienstete entsprechend schlicht gekleidet. Sie trägt ein altmodisches, schwarzes Kleid, eine Haube und einen einfachen Faltenkragen. Vor allem jedoch fehlen ihr, die für eine Dame obligatorischen, Manschetten an den Ärmeln. In ihrer Rechten befindet sich eine Birne, die sie empor hält und dem Kind anbietet. Ammen, deren Aufgabe ausschließlich in dem Stillen und Betreuen eines Kindes bestand, nahmen in der Regel im Hausgesinde eine hervorgehobene Stellung ein. Nur wenige Familien der Oberschicht oder des gehobenen Bürgertums konnten sich den Luxus einer Amme leisten, die damit zu einer Art von Statussymbol wurde. Im Gegensatz zu Frankreich oder England, wo viele Kinder zu einer Amme auf dem Land gegeben wurden, handelte es sich in der Republik der Vereinigten Niederlande bei den Ammen um hauseigene Bedienstete. Aufgrund der innigen Bindung zum Kind waren Bezahlung und Wertschätzung der Ammen deutlich höher, als bei anderen Bediensteten. Oftmals blieb auch nach dem Weggang der Frauen eine herzliche Beziehung zu ihnen bestehen. In Frans Hals Porträt kommen die große Vertrautheit und das innige Verhältnis von Amme und Kind, aber auch die deutlichen Standesunterschiede, die sich vor allem in der Kleidung wiederspiegeln, deutlich zum Ausdruck. Möglicherweise wurde das Doppelporträt denn auch als Erinnerungsstück beauftragt. Wie zeitgenössische Dokumente belegen, bewahrte Catharina Hooft ihr Kinderbildnis zeitlebens. Nach ihrem Tod 1691 gelangte es in den Besitz ihres Sohnes Pieter de Graeff, in dessen Nachlassinventar es als »een minne met een Kindje van Frans Hals« (eine Amme mit einem kleinen Kind von Frans Hals) auftaucht. So spontan und natürlich die Berliner Komposition erscheint: die Amme mag derart posiert haben, das einjährige Kind ganz sicher nicht. Es ist Frans Hals Kunstfertigkeit zu verdanken, dass das Bild einen so unkomplizierten, die Figuren einen so eng aufeinander bezogenen Eindruck machen, in dem die Momenthaftigkeit der Erscheinung und die lebensvolle Gegenwärtigkeit in der meisterhaft-illusionistischen Malweise festgehalten wurde.| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 ______________________________________________________________________________ This portrait of a little girl painted by Frans Hals in about 1620 is a great rarity in 17th-century Dutch painting, as she is presented here with her nurse, a highly unusual form of depiction. Furthermore, this painting is the only portrait of a child by Frans Hals that is known today. It represents Catharina Hooft, who was born in 1618 in Amsterdam, her parents’ only child. Shortly afterwards they moved to Haarlem, where her father, the lawyer Pieter Hooft, had bought a house, and where the Berlin portrait was presumably painted. Her uncle was the famous Dutch poet, historian and dramatist Pieter Corneliszoon Hooft. In 1635, at the age of only 17, she married a man 19 years older, the extremely wealthy Cornelis de Graeff, one of the most influential figures in then government of Amsterdam, mayor of the city several times, and also a statesman and diplomat in the service of the province of Holland and the Republic of the United Netherlands. In keeping with her elevated social status, Catharina was shown in 1636 with her husband on two life-sized matching portraits by the Amsterdam painter Nicolaes Eliasz Pickenoy, conscious of her rank as one of the leading ladies in the country (fig. p. 241). The special social status of the small girl presented here is quickly made apparent by her elaborate clothing. She wears a precious brocade dress, reproduced in faithful detail, with the finest lace. Frans Hals particularly emphasised the bobbin lace by showing the projecting tips of the collar and the bonnet against a dark background. The stiffness of the starched lace, which stands out straight from the body without bent ends, is clearly visible. Although in the 17th century girls and boys were not given gender-specific clothes until their seventh year, it can be seen from details of the costume, for example the flat, broad collar and the slightly angular form of the bonnet, that this child must be a girl. Both girls and boys wore ribbons hanging down at the back from their shoulders, partly as an aid in learning to walk. These can be seen dangling from the top rear of the sleeve of Catharina Hooft’s little dress. In addition to her highly exclusive clothes, Catharina Hooft wears a good deal of golden jewellery, with a pendant that includes a large red stone at its centre. In her left hand, she also holds a golden rattle with small bells. At the top of the rattle is a piece of a dark material that cannot be conclusively identified. Such pieces were usually made of semi-precious stones, coral or mother of pearl, and were used as a kind of teething ring. The rattle shown here was presumably painted according to a specific original and really belonged to Catharina Hooft. Indeed, in the estate of her son, who died childless in 1709, is listed “a golden rattle” with exact details of its weight and value that may have been passed down by his mother. As an astonishing variety of rattles can be seen on Dutch children’s portraits of the 17th century, it is believed today that in most cases they actually belonged to the children portrayed. In contrast to the little girl, the nurse is clothed in accordance with her status as a servant. She wears an old-fashioned black dress, a bonnet and a plain pleated collar. Above all, she lacks the cuffs on her sleeves that were obligatory accessories for a woman. In her right hand is a pear, which she holds up and offers to the child. Nurses, whose tasks consisted exclusively in breast-feeding and looking after a child, usually had a leading position among the household servants. Only a small number of families from the upper class or the higher bourgeoisie could afford the luxury of a nurse, who thus became a kind of status symbol. In contrast to the situation in France and England, where many children were sent out to a nurse in the country, nurses were domestic staff in the Republic of the United Netherlands. In recognition of their close ties to the child, nurses enjoyed considerably higher wages and appreciation than other servants. A warm relationship to these women often remained even after they left. Frans Hals’ portrait clearly expresses the great intimacy and close relationship between nurse and child, but also the large difference in rank, which is reflected above all in their clothing. The double portrait was possibly commissioned as a souvenir piece. As shown by contemporary documents, Catharina Hooft kept the portrait from her childhood to the end of her life. After her death in 1691, it came into the possession of her son Pieter de Graeff and appears in the inventory of his estate as “een minne met een Kindje van Frans Hals” (a nurse with a small child by Frans Hals). Spontaneous and natural as the composition of the work in Berlin seems, the nurse may have posed in this way, but the one-year-old child undoubtedly did not. It is a mark of Frans Hals’ artistry that the painting makes such an uncomplicated impression, the persons portrayed an appearance of such closeness, thanks to his masterly illusionistic manner of painting that captures the momentary nature of the scene and its lifelike presence.| 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019 ... Leinwand ... Bildmaß: 91,8 x 68,3 cm ... Rahmenaußenmaß: 108,5 x 86,7 cm ... Erwerb ...

    18.09.2015, 09:25 MESZ