Gebäude

Hans-Böckler-Straße 1

Ein prächtiges Anwesen stellt das Gebäude Nummer 1 dar. Im historisierenden Stil der italienischen Renaissance ist es eine der schönsten "Villen" der Stadt, man ist geneigt, schon von einem Palazzo" zu sprechen. Zur Hans-Böckler-Straße steht das Gebäude mit seiner Südfassade zu fünf Fensterachsen und reicht mit seiner Westfassade, welche den Hauseingang trägt, ebenfalls zu fünf Fensterachsen nach Norden. Das gesamte Erdgeschoß ist bis in eine Höhe von einem guten Meter mit großflächigen roten Sandsteinen in Rustica-Ausführung verkleidet. Es folgt ein kräftiges Gurtgesims, über welchem sich wiederum roter, diesmal glatter Sandstein bis zum das Erd- vom ersten Obergeschoss trennenden Gurtgesims fortsetzt. In diesem Bereich verlaufen im Abstand einer kurzen Elle handspannenbreite Blendgesimse aus hellem Sandstein. Die Fenster im Erdgeschoß sind mit rundbogig schließenden und von einer Agraffe geschmückten Gewänden gefasst. Die "Schauseite" nach Süden ist besonders betont: Hier sind die drei mittleren Achsen mit flankierenden und die Achsen auch unterteilenden Pilastern, die aus hellem Sandstein gefertigt und selbst horizontal gefugt sind, vom Erdgeschoß bis unter das Kranzgesims im zweiten Obergeschoß gewissermaßen hervorgehoben und schaffen den Eindruck eines Risalits. Über dem das Erd- vom ersten Obergeschoss trennenden Gutgesims verläuft ein Fries aus quadratischen Platten, denen ein weiteres Gurtgesims in Höhe der Fensterbretter des ersten Obergeschosses folgt. Die Gebäudeecken sind im ersten Obergeschoss mit Blend-Bossen hervorgehoben und die rechteckigen Fenster werden von abgestuften auf als Rollwerk ausgebildeten Konsolen gelagerten Segmentgiebeln geschmückt. Das erste wird vom zweiten Obergeschoß ebenfalls durch ein kräftiges, abgetrepptes Gurtgesims getrennt und die Gebäudeecken wie auch die rechteckigen Fenster sind von Pilastern flankiert, auf deren Kapitellen ein breites Band aus hellem Sandstein verläuft, dem eine freie Fläche bis unter das Kranzgesims folgt. Es entsteht so eine Abwechslung von Farbe und Linie in angenehmer Weise. An der Südseite ist vor den drei mittleren Achsen ein großer, auf kräftigen, in Rollwerk auslaufen Konsolen gelagerter Balkon mit Balustrade platziert. Die hier die Fenster flankierenden und unterteilenden Pilaster schließen mit ionischen Kapitellen ab, auf denen kurze Sockel sitzen, welche die Basis des kleineren Balkons vor der Mittelachse im zweiten Obergeschoß, der ebenfalls auf kräftigen Konsolen gelagert und mit einer Balustrade versehen ist, tragen. Zu erwähnen ist auf jeden Fall, dass die das mittlere Fenster im ersten Obergeschoss flankierenden Pilaster im oberen Bereich je eine überlebensgroße Frauenskulptur von der Hüfte an aus dem Pilaster emporziehend und in ein mediterranes Gewand gehüllt tragen. Am mittleren Fenster im zweiten Obergeschoß flankieren zwei Säulen mit Girlandenornamentik und abschließenden Komposit-Kapitellen, die auf Sockeln einen abschließenden Segmentbogen tragen, in dem eine Ovale leere Kartusche mit reinem, plastischen Rankenwerk platziert sind. Die außen flankierenden Pilaster tragen ebenfalls Kompositkapitelle. Durch diese ideenreiche Ausarbeitung vermittelt die Südseite einen geradezu monumentalen Eindruck. Die über das Grundstück verlaufende Westseite trägt in der mittleren Achse den Hauseingang, der durch die flankierenden, in hellem Sandstein und mit horizontalfugen versehenen Pilaster einem Portal ähnelt. An diesen Pilastern schließen oben zwei kräftige, ebenfalls ornamentierte und am oberen Ende mit plastischen Löwenköpfen gezierte Konsolen. Diese tragen den Erker im ersten Obergeschoß, welcher zwei getrennte Fenster nach Westen und je ein schmales nach Süden und Norden aufweist. Die Ecken wie auch die Wandseiten sind durch Pilaster mit ionischen Kapitellen geziert, auf welchen die Terrasse im zweiten Obergeschoß, mit schöner steinerner Brüstung, ruht. Das mittlere Fenster im zweiten Obergeschoß mit von zwei frei stehenden, mit Rankenwerk ornamentierten Säulen flankiert, deren Kompositkapitelle zwei weitere Sockel tragen, auf denen ein hier vorkragendes Dachteil ruht. Das Fenster selbst ist von schmalen Pilastern flankiert, die auf ihren Kapitellen einen abgetreppten Segmentbogen tragen, der einen plastischen Frauenkopf rahmt. Damit hat der Architekt auch der Eingangsseite einen nicht geringen Eindruck verliehen. Ein mit viel Liebe zum Detail und abwechslungsreichen Ideen ausgefertigtes Gebäude, bei dessen Betrachtung man die Zeit gerne außen vor lässt! (Baujahr: Um 1875. Bauplanung/Ausführung: Keine Angabe. Quelle: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland; Landesdenkmalpflege Baden-Württemberg, Kulturdenkmale in Baden-Württemberg; Band II.5.2; Stadtkreis Heidelberg; Teilband 2 von Melanie Mertens; ISBN 978-3-7995-0426-3; 2013 Landesamt für Denkmalpflege, Esslingen am Neckar.) ANMERKUNG von Dieter-Robert Pietschmann: Die Nähe der Villa Friedreich (Sofienstraße 12), erstellt durch Heinrich Lang 1877-79 lässt die Vermutung durchaus angemessen erscheinen, dass auch diese Villa aus seiner "Feder" stammen könnte! Als Alternative vergleiche man den Stil der Villa Gaisbergstraße 40, die 1882 durch Friedrich Seitz erbaut wurde.
Erhaltungszustand: Gut

Rechtewahrnehmung: heidICON - Die Heidelberger Objekt- und Multimediadatenbank | Digitalisierung: Pietschmann, Dieter-Robert

Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International

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Standort
Heidelberg
Sammlung
Städte und Dörfer
Material/Technik
Sandstein; Werkstein; Mauern; Steinmetz; Bildhauer

Verwandtes Objekt und Literatur

Klassifikation
Villa (Gattung)
Historismus (Stilistische Einordnung)
Bezug (was)
Architektur
Gurtgesims
Erker
Steinplastik
Konsole
Rollwerk
Fries
Segmentgiebel
Pilaster
Ionisches Kapitell
Kompositkapitell
Blende
Balkon
Balustrade
Haustür
Terrasse
Ornament
Kranzgesims

Ereignis
Herstellung
(wann)
Um 1875

Förderung
Pietschmann, Dieter-Robert
Letzte Aktualisierung
05.03.2025, 16:25 MEZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
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Objekttyp

  • Gebäude

Entstanden

  • Um 1875

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