Tektonik

02.03.04.02.04 Königliche Bezirksgerichte

Mit dem Gesetz über die künftige Einrichtung der Behörden erster Instanz für die Rechtspflege und Verwaltung vom 11. August 1855 war unter die langjährigen Bemühungen um eine Neugestaltung der Gerichtsorganisation in Sachsen ein vorläufiger Schlusspunkt gesetzt. Bis auf wenige Ausnahmen ging die Rechtspflege auf den Staat über. Mit der am 1. Oktober 1856 in Kraft getretenen Gerichtsverfassung entstanden auf der unteren Ebene Königliche Bezirksgerichte und Gerichtsämter. Jedes der 19 Bezirksgerichte war für mehrere der 116 Gerichtsämter zuständig, wobei man die Anzahl der Bezirksgerichte um 1860 auf 16 reduzierte.

Vor die Königlichen Bezirksgerichte gelangten Strafsachen, die nicht in die Zuständigkeit der Gerichtsämter fielen, d. h. bei denen ein höheres Strafmaß als sechs bis zwölf Monate Haft zu erwarten war. Außerdem hatten sich die Bezirksgerichte mit den Einsprüchen gegen die Urteile der Gerichtsämter zu befassen. Ihnen fiel auch die Entscheidung in Sachen streitiger Rechtspflege zu, die von den Gerichtsämtern zur Abfassung eines Erkenntnisses abgegeben wurden. Berufungen gegen Entscheidungen der Königlichen Bezirksgerichte waren vor dem Oberappellationsgericht möglich. Für dieses und alle Bezirksgerichte war erneut die Institution der Staatsanwaltschaft vorgeschrieben, die bereits zwischen 1848 und 1850 bei den Appellationsgerichten bestanden hatte. Die Staatsanwälte unterstanden der Aufsicht des Justizministeriums, nicht der der Gerichte. Die Appellationsgerichte selbst bestanden fort, hatten aber nur noch die Aufsicht über die Bezirksgerichte zu führen und waren in deren Entscheidungen nicht mehr eingebunden.

In Städten, die zugleich Sitz eines Bezirksgerichts und Gerichtsamtes waren, standen dem Bezirksgericht nur die Eigenschaften eines Gerichtsamtes für die Rechtspflege zu. Die Verwaltungsgeschäfte fielen in die Zuständigkeit des Gerichtsamtes für das Territorium.

Im Unterschied zu den Gerichtsämtern mit Einzelrichterentscheidung arbeiteten die Bezirksgerichte in kollegialer Zusammensetzung. Mit Einführung des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches nahmen zum 1. März 1862 Handelsgerichte bei den Bezirksgerichten die Arbeit auf. Sie stellten die erste Instanz für Handelssachen im gerichtsamtlichen Zuständigkeitsbereich der Bezirksgerichte dar.

Nach der Neustrukturierung der Gerichtsorganisation gemäß dem Gesetz über die Organisation der Behörden für die innere Verwaltung vom 21. April 1873 gingen die Verwaltungsbefugnisse der Gerichtsämter 1874 auf die umgestalteten bzw. neu gebildeten Amtshauptmannschaften über. In Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes für das Deutsche Reich vom 27. Januar 1877 stellten zum 1. Oktober 1879 das Oberappellationsgericht Dresden, die Appellationsgerichte, Bezirksgerichte, Handelsgerichte und Gerichtsämter ihre Tätigkeit ein, sie wurden durch das Oberlandesgericht Dresden, Landgerichte und Amtsgerichte abgelöst.

Kontext
Sächsisches Staatsarchiv (Beständegliederung) >> 02. Königreich und Freistaat Sachsen 1831 - 1945 >> 02.03 Fachbehörden und nachgeordnete Einrichtungen >> 02.03.04 Justiz >> 02.03.04.02 Gerichte

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27.11.2023, 08:58 MEZ

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