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Urgicht und Urteil

Regest: Barbara, Hausfrau des Georg Greylich zu Betzingen, welche am 13. November 1612 wegen Verdachts und unwiderrufenen Angebens hingerichteter Weibspersonen verhaftet worden ist, hat auf vielfältiges gütliches und peinliches Befragen ihre Missetat bekannt und auf wiederholtes Vorhalten bejachzet (= bejaht).
1) Obwohl sie von den hingerichteten Weibspersonen angegeben worden war und mit vielen Umständen überführt wurde, hat sie beständig geleugnet. Der Rat hat sich damit nicht ersättigt (= zufrieden gegeben). Sie bekannte dann, daß sie vor ungefähr 19 Jahren ein Mordstück begangen habe. Daher habe ohne Zweifel Gott sie in diese Vincula (= Bande, Gefängnis) zu gerechter Abstrafung kommen lassen. Ihr Ehemann habe ihr ein Töchterlein namens Anna in die Ehe zugebracht. Dieses Töchterlein haben die Befreundten (= Verwandten) nach der Hochzeit mit Leib und Gut zu sich nehmen und damit ihr das Gut entziehen wollen. Als aber ihr Mann das Kind ebenfalls nicht lassen wollte und hiedurch nicht geringer Widerwille bei denselben und auch in der Haushaltung entstand, habe sie auf ein Mittel gedacht, Frieden zu machen. Als das Töchterlein an Urschlechten (= Pocken) krank lag und sie merkte, daß es an der Sucht nicht sterben, sondern wieder aufkommen könnte, habe sie ihm in teuflischer Absicht in einer Gerste Muckenpulver auf dem Brot zu essen gegeben, um den Streit zu schlichten. Das Töchterlein sei gleich darauf sehr krank geworden und andern Tags gestorben.
2) Am vergangenen Sonntag habe sie sich vorgenommen, nicht allein sich selbst auf dem Gefängnis mit Feuer hinzurichten, sondern auch solches Übel anzustecken, welches gemeiner Stadt und geliebter Bürgerschaft zu unwiederbringlichem Schaden gereichen sollte. Ihr teuflisches Morhaben wurde soweit ins Werk gerichtet, daß in wenigen Stunden Jammer und Not entstanden wäre, wenn nicht durch göttliche Wacht und durch den Zulauf der Bürgerschaft das angestellte Feuer geduscht (= gelöscht) worden wäre.
Der Rat der Reichsstadt Reutlingen hat, ihr selbst zu wohlverdienter Straf und anderen zum abscheulichen (= abschreckenden) Exempel, mit Urteil zu Recht erkannt, daß sie dem Nachrichter übergeben, von ihm zum Hochgericht hinausgeführt, mit dem Schwert vom Leben zum Tod gerichtet, hernach ihr Leib zu Asche verbrannt werden soll. Alles nach des heil. Reichs Recht.

Reference number
A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7751
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Genetisches Stadium: Or.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 23 Hexenprozesse
Holding
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)

Date of creation
1613 Januar 30

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

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  • 1613 Januar 30

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