Archivale
Urgicht und Urteil
Regest: Hans Hürlinger von Kusterdingen bekennt:
1) dass er einem Studenten unlängst im Schönbuch, nicht weit von hier, auf freier Strasse seinen Mantel genommen hat, der ihm, als Hürlinger hier verhaftet wurde, wieder zugestellt wurde.
2) vor dem Betzinger Törlein hier nächst an der Stadt gleichsam im Angesicht der Wache bei hellem Tag einem Buben einen Fäustling (= Handfeuerwaffe) nehmen half.
3) Desgleichen habe er und sein Mitgesell einer Gewürzkrämerin etlich Geld und Gewürz geraubt.
4) Einem Mägdlein von Sondelfingen haben sie auf freier Strasse ein Häfelein mit Schmalz genommen und dieses zu Schlaitdorf verbacken lassen.
5) Als Hürlinger einen Metzger auf freier Strasse zwischen Walddorf und Pfrondorf antraf, haben sie ihn um eine Ritterszehrung +) angesprochen. Dieser habe vor Angst seinen Säckel (= Beutel) in einen Busch geworfen. Hürlinger sei von seinem Pferd gestiegen und habe den Säckel gesucht. Nachdem aber ihm sein Pferd entlaufen war, sei er diesem bis nach Pfrondorf gefolgt und habe deshalb den Metzger verlassen müssen.
6) Zwischen Pforzheim und Durlach haben er und zwei seiner Gesellen einen Soldaten angetroffen und ihm 600 fl abgenommen. Davon seien ihm 200 fl zuteil geworden.
7) Bei Sinsheim in einem katholischen Städtlein habe er neben seiner Compagnie die Kirche gestürmt, etliche hübsche Sachen bekommen und seinen Teil an einem bekannten Ort um 2 Reichstaler und 2 fl verkauft.
8) Seinem gewesenen Meister zu Lustnau habe er vor etlichen Jahren, ehe er sich in das Kriegswesen begab, etwa 4 Simri Korn entwendet, welches nicht aus dem Haus kam. Er habe aber seine Straf dafür ausgestanden.
9) Hürlinger und seine Consorten (= Gesellen) haben zu Monbach 300 Schafe bekommen und um 300 fl verkauft, desgleichen zu Neizen "Herrn Bischof zu Speyer, so wohl gemeldet Monbach gehörig", etwa 500 Schare weggetrieben und sind sie um 430 fl ohne worden (= losgeworden).
10) In der Schlacht bei Wimpfen habe er auf der Flucht 2 Bauern je 1 Ross genommen und hernach verkauft.
11) Seine Consorten haben dem Pfarrer zu Neizen 2 silberne Becher, 1 Kelch, 1 silbernes Büchslein und 1/2 Dutzend beschlagene Löffel gestohlen. Daran habe er seinen Teil gehabt und hernach ihnen ihren Teil, jedem für 30 fl, abgekauft und sei solches hernach zu Königsbach bei dem Wirt losgeworden.
Obwohl diese groben und unchristlichen Misshandlungen (= Vergehen) stärker gestraft werden sollen, so haben doch Bürgermeister und Rat von Reuttlingen die Milde der Strenge des Rechts vorgezogen und mit Urteil zu Recht erkannt, dass Hans Hürlinger dem Scharfrichter übergeben, von diesem an die gewöhnliche Richtstatt hinausgeführt, sein Haupt mit dem Schwert abgeschlagen und er so vom Leben zum Tod hingerichtet werden soll, ihm zu wohlverdienter Straf, andern aber zu abscheulichem (= abschreckendem) Exempel - alles nach kaiserlichem und des Reichs Recht.
Dorsal-/Marginalvermerke: Auf der Rückseite: Exequiert zwischen 9 und 10 Uhr den 2. August 1622.
- Archivaliensignatur
-
A 2 e (Urfehden u.a.) Nr. A 2 e (Urfehden u.a.) Nr. 7630
- Formalbeschreibung
-
Beschreibstoff: Pap.
- Sonstige Erschließungsangaben
-
Bemerkungen: +) siehe Fischer: Schw. WB, Bd V und VI/2 unter "Ritterszehrung"
Genetisches Stadium: Or.
- Kontext
-
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 19, 21-22, 26) >> Bd. 22 Urgichten
- Bestand
-
A 2 e (Urfehden u.a.) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 19, 21-22, 26)
- Laufzeit
-
1622 August 2
- Weitere Objektseiten
- Letzte Aktualisierung
-
20.03.2025, 11:14 MEZ
Datenpartner
Stadtarchiv Reutlingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Archivale
Entstanden
- 1622 August 2