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Inquisition über Maria, Hausfrau des Apsolon Möhrstetter +)
Regest: Anwesend:
Herr Bürgermeister Conrad Felchlin.
Herr Johannes Bihler.
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schultheiss Johann Zendel.
Herr Zunftmeister Peter Bihler.
Ratschreiber Johann Hess.
Sie ist graviert
1) durch das gemeine Geschrei,
2) daß sie als Hebamm bei verschiedenen Personen in Empfahung der Geburt (= bei der Geburtshilfe) sich sehr verdächtig gemacht hat.
3) Von der alten justificierten (= hingerichteten) Vogts-Anna ist sie angegeben, daß sie die Kuh des Schwartz-Hans umgebracht habe.
Folgende Zeugen sind zu verhören:
1) Jacob Faiss, Weingärtner.
2) Seine Hausfrau Lucia, 23 Jahr.
3) Martin Schaal, 33 Jahr.
4) Seine Hausfrau.
5) Georg Schill, 33 Jahr.
6) Seine Hausfrau Catharina.
7) Margretha, Hausfrau des Marx Vollmer, 68 Jahr.
8) Ihre Söhnin (= Schwiegertochter) im Balinger Amt.
9) Franz jung Wuecherer, 32 Jahr.
10) Catharina, Hausfrau des Ludwig Rueff, 50 Jahr.
11) Dorothea, Hausfrau des Eberhart Gailer, 54 Jahr.
12) Johannes Voltz, 42 Jahr.
Über nachfolgende Inquisitions-Punkte sind diese Personen zu verhören.
1) Wie lang es her sei, daß Zeugin ihres jüngsten Kindes genesen sei.
2. Zeugin: ungefähr 3/4 Jahr.
2) Was bei der Geburt vorging.
2. Zeugin sagt: nachdem ihr weh zu dem Kind wurde (= die Geburtswehen einsetzten), habe sie kein Fleisch, auch keine Weiber zugegen gehabt. Daher habe sie solche durch ihren Mann holen lassen. Unterwegs sei ihm ein Hund begegnet. Wie nun die Weiber beisammen und man im Werk begriffen war, habe dieser Hund zum zweitenmal vorm Haus grollen (= gebrummt). Weil es nicht vonstatten gehen wollte, habe die Hebamm andere Mittel mit Verrückung des Stuhls (= Gebärstuhls) und eifrigem Gebet gebraucht. Da sei es gleich gut abgegangen. Wie nun das Kind geboren war, habe das eine Weib den Stuhl zur Stube hinaustragen wollen. Als sie die Stubentür aufmachte, sei ein großer, gräulicher Hund vor der Tür gestanden, in die Stube hineingeloffen und habe um sich gesucht, besonders nach dem Kind und Nauwesen (= Nachgeburt?) geschmeckt (= geschnüffelt) und weil's die Hebamm verdeckt und verwahrt hatte, hinter den Ofen sich gesetzt. Ihr Mann habe zwar mit dem Degen auf ihn zugestochen. Aber der Hund habe es nicht geachtet, schließlich aber ein Geschrei ausgestoßen und sich aufgelassen (= erhoben). Als man die Stubentür aufmachte, sei der Hund, ehe er hinauslief, vor die Zeugin hingestanden, habe sie genug angesehen. Endlich habe man den Hund hinab und aus dem Haus gebracht.
3) Was für einen Argwohn Zeuge und auf wen er ihn habe.
2. Zeugin: sie könne keinen Argwohn haben. Aber die Leut haben morgens allgemein gesagt, es werde gewiß die Faisslins-Marei gewesen sein, weil Zeugin sie nicht als Hebamm genommen habe. Die Faisslins-Marei habe ihr oft gedroht und einmal zu ihr gesagt, wenn sie eine Hex wäre, wollte sie die Zeugin zu Tode reiten.
4) Ob Zeuge etwas Verdächtiges zu sagen wisse.
2. Zeugin: sie habe sonst nichts Verdächtiges von ihr gesehen.
5) In was für einem Geschrei die Faisslins-Marei +) ...
2. Zeugin: es sei eben eine gemeine Sag (= allgemeines Gerede), daß sie nicht recht sei.
6) Aus was Ursach Zeuge die Faisslins-Marei nicht mehr als Hebamm gebrauchte, ob Zeuge denn etwas Verdächtiges von ihr gesehen habe.
3. Zeuge: vor 3 1/2 Jahr als seiner Hausfrau weh zum Kind wurde (= die Geburtswehen begannen), habe man diese Hebamm holen lassen. Wie sie nun seine Hausfrau angegriffen habe, habe sich deren Bauch gleich wieder hinaufgezogen. Die Faisslin Marei habe darauf erklärt, es werde ein drittägiges Kind, und wie seine Hausfrau geschrien, habe sie ihr die Wasserblater (= Fruchtblase?) aufgerissen. Aber die Hebamm habe es nicht gestehen wollen. Inmittelst (= Währenddessen) sei eine große Spinne an der Hebamm auf der rechten Seite heraufgerisen (= heraufgekrochen). Da sei seiner Hausfrau die Nabelgerte (= Nabelschnur) gefallen, wobei die Hebamm sagte, sie sei voll und schlage. Aber sie habe dieselbe nicht verwahrt, wie es einer Hebamm gebührt, habe auch dem Dr. Wuecherer zum drittenmal falsch berichtet, das Kind sei recht, da sich doch das Gegenteil hernach erfunden habe. Zeuge habe sich auf das Lotterbett gesetzt. Da sei er entschläft (= eingeschläft) worden, so daß man ihn nicht erwecken konnte. Nachher habe man die Faisslins-Marei fortschicken wollen, sie aber habe nicht gehen wollen. Wenn Medicamenta aus der Apothek geholt wurden, habe die Hebamm, ehe sie gebraucht wurden, daran geschmeckt (= gerochen) und versucht und dann gesagt, es sei recht. Wenn die Hausfrau des Zeugen schrie, habe die Faisslins-Maria gelacht. Weil kein Mittel anschlagen wollte, habe die Hebamm am 3. Tag ein Messer begehrt und gesagt, es sei kein rechtes Kind, sondern eine Missgeburt. Das Dorle habe ihr ein Messer gegeben, mit welchem sie dem Kind im Mutterleib den Kopf vergraben (= zerschnitt?). Schließlich habe man den Michel Bögle geholt. Die Faisslins-Marei habe ihn nicht dazu lassen wollen. Aber der Dr. und Daniel Knapp, welche zugegen waren, haben sie darauf weggetan. Als nun der Bögle Hand anlegte, habe seine Hausfrau gleich die rechten Wehen bekommen und das Kind sei in einer 1/4 Stund in die Welt gebracht worden, man habe gesehen, daß es ein rechtes Kind war und es habe ihm nichts gefehlt, als daß die Hebamm ihm den Kopf zerschnitten hatte. Des Zeugen Hausfrau habe zur Faisslins-Marei gesagt, sie wolle erleben, daß man sie verbrenne. Darauf habe die Faisslins-Marei gesagt, es werde ihr (der Frau) noch mehr so gehen. Wie die Faisslins-Maria seine Frau mit der Hand angeregt habe, davon habe sie die Mäler noch. Sie seien nicht vergebens (= zufällig) an ihr. In der Nacht, ehe man das Kind zu Grabe trug, sei mit den Katzen ein großer Jammer gewesen. Um 11 und 12 Uhr seien die Katzen sogar vor die Stube gekommen.
7) Was dem Zeugen von der Faisslins-Marei in vorgewester Geburt Verdächtiges widerfahren sei.
5. Zeuge: vor ungefähr 8 Jahren habe die Faisslins-Maria von seiner Hausfrau selig ein Kind empfangen. Es sei zwar glücklich und in 1/2 Stund auf die Welt gekommen, aber nicht lang auf der Welt gewesen, sondern gleich erkrankt. Es sei morgens 7 Uhr geboren, von der Faisslins-Marie gach (= jäh) getauft (= mit der Nottaufe versehen) und noch in die Kirche getragen worden, aber am gleichen Tag abends um 5 Uhr gestorben. Er könne niemand etwas zeihen.
Nachdem seiner jetzigen Hausfrau zum 1. Kind weh geworden vor 6 Jahren, habe er die Faisslins-Marei wieder geholt. Als diese in die Stube kam, sei seine Hausfrau an ihr erschrocken, besonders weil sie so blaue Augen (= Ringe um die Augen?) hatte. Aber man hab's ihr ausgeredet. Die Hebamm sei mit des Zeugen Hausfrau 1/2 Tag bis zur Geburt umgegangen. Das Kindlein sei frisch und gesund auf die Welt gekommen, aber gleich erkrankt, habe 7 Wochen lang gesiecht und sei hernach sehr erbärmlich gestorben. Das Kind habe auch die Muttermilch nicht annehmen wollen.
Vor 5 Jahren habe er sie wieder gebraucht. Es sei nicht über 1/2 Stund umgegangen, bis sie das Kind bekam. Ehe es aber zur Welt kam, habe das Kind unter der Geburt einen Schrei getan. Hernach sei es krank geworden und in 3 Wochen gestorben. Daher habe er, als seine Hausfrau das 3. Kind haben sollte, eine andere Hebamm genommen, die Maurerin, der es wacker vonstatten ging. Das Kind sei auch von Stund an gesund gewesen und geblieben, habe auch saugen und die Muttermilch annehmen können.
6. Zeugin. Nota: weil sie diese Fälle genau gleich erzählt, ist die Wiedergabe für unnötig erachtet worden.
8) Ob nicht die Faisslins-Marei, nachdem ihre Söhnin (= die Frau ihres Sohnes) des Kindes genesen war, sich verdächtig erzeigte.
7. Zeugin: etwa vor 3 Jahren, als ihrer Söhnin weh zum Kind war, habe man die Faisslins-Marei als Hebamm geholt. Zeugin und andere Weiber seien zugegen gewesen. Als das Kind zur Geburt kommen sollte, habe es nicht sein wollen. Nicht allein ihre Söhnin, sondern auch Herrn Vischers Frau, die auch dabei war, und auch die Hebamm haben gesagt, es gehe nicht recht zu. Es sei jemand zugegen, der es verhindere. Die Hebamm habe ein Messerlein, obwohl das Kind noch lebte, von ihrer Söhnin begehrt, um das Kind damit zu zerschneiden. Aber es sei nicht zugelassen worden. Die Hebamm habe gesagt, sie könne nichts ausrichten. Sie müsse das Kind vorher absterben lassen. Darauf habe man des Schnitzers Sara geholt. Da sei es gleich vonstatten gegangen. Das Kind sei zwar nicht mehr lebendig zur Geburt gekommen. Ihre Söhnin werde es am besten anzuzeigen wissen.
9) Ob nicht Zeuge, als seine 1. Hausfrau so elend starb, die Faisslins-Maria im Verdacht hatte, ihr etwas beigebracht zu haben.
9. Zeuge: er wisse nichts anderes, als was er vor 4 Jahren im Inquisitions-Prozess der Sattler-Els bekannte, nämlich daß er der Bettelvögtin, womit er die Faisslins-Marei meinte, unter das Gesicht sagte, sie habe ihm sein Weib umgebracht, mit dem Messer erwürgt; jetzt solle sie hingehen und klagen. Er wolle ihr Red und Antwort geben. Wenn sie nicht bald aus dem Haus gehe, so wolle er ihr den Kopf spalten. Aber sie habe bisher nichts geklagt. Zeuge habe darauf gewartet.
10) Was Zeuge von ihr Verdächtiges gesehen.
9. Zeuge: nachdem seine Hausfrau selig des Kinds genesen war, sei sie aufgestanden und im Haus hin- und hergegangen. Als aber die Faisslins-Maria seine Hausfrau an einem heimlichen Ort (= Abort?) mit einer grünen und gelblichen Farbe schmierte, habe seine Hausfrau gleich am folgenden Morgen sich übel befunden und gesagt, ihre Füß wollen sie nicht mehr tragen. Es sei auch von Stund an immer ärger geworden und sie sei so kontrakt (= gelähmt) worden, daß er sie 11 Wochen habe umherschleppen müssen, bis sie schließlich erbärmlich und zwar an einer Arbeit (= Krankheit mit Konvulsionen) starb. Zeuge habe einen Argwohn gehabt, weil seine Hausfrau, nachdem sie geschmiert worden, gleich hernach sich übel befand. Während der Krankheit habe Zeuge allerhand ordentliche Mittel gebraucht, aber es habe nichts anschlagen wollen. Schließlich habe man dem Zeugen geraten, den Dr. Gerhart zu gebrauchen. Zeuge habe von seiner Hausfrau den Urin in ein Gläslein getan und sei mit der Faisslins-Maria nach Tübingen gegangen. Wie wohl er den Weg gut wußte und morgens um 8 Uhr weggegangen war, habe er sich verirrt und sei erst nach Mittag nach Tübingen gekommen. Als Zeuge mit der Hebamm in Dr. Gerharts Haus gekommen war und den Urin ablieferte, habe der Doctor zuerst gefragt, wie lang es her sei, daß des Zeugen Hausfrau eine Kindbetterin und was für eine Hebamm bei ihr war. Aber die Hebamm, welche diese Worte hörte, habe darüber kein Wort verloren. Auch Zeuge habe wie erstockt (= erstarrt) nichts reden können. Im Herausgehen habe Zeuge die Faisslins-Maria gefragt, warum sie nichts redete, als der Dr. Gerhart nach der Hebamm fragte. Sie habe geantwortet, sie könne nichts lateinisch reden. Als sie in des Zeugen Haus kamen und die Hebamm das wiederholte, habe ihr Mann, welcher zugegen war, gesagt, sie hätte gleichwohl sagen sollen, daß sie die Hebamm war. Da habe die Faisslins-Maria einen Teller in die Händ genommen und gesagt, der alte Dieb solle schweigen oder sie wolle ihm das Teller an den Kopf werfen. Nach dem Tod seiner Hausfrau habe er zu der Faisslins-Maria hinübergerufen, sie solle kommen und sich verantworten. Aber sie sei nicht gekommen.
11) Was Zeugin von der Faisslin-Maria, nachdem die Hausfrau des Martin Schaal ihres Kinds genesen, Verdächtiges gesehen habe.
10. Zeugin: Sie könne nur sagen, daß die Faisslins-Maria mit ihrer (der Zeugin) Tochter nicht gehaust und umgegangen sei, wie einem Biederweib zustand. Denn nachdem ihrer Tochter zum 3. Kind weh geworden, habe man die Faisslins-Maria als eine geschworene Hebamm geholt. Eberhart Gailers Weib sei neben der Kindbettermagd (= Wärterin der Wöchnerin) dabei gewesen. Als die Hebamm kam, habe sie gleich ihre Tochter dringen (= drücken, pressen) wollen, sie schließlich auf den Stuhl gebracht. Wie die Hebamm im Werk begriffen (= an der Arbeit) war, sei ihr eine Spinne am Schurz heraufgeloffen. Diese habe die Zeugin genommen und zum Fenster hinausgeworfen. Nachher habe die Hebamm gesagt, es stehe gut und besonders die sogenannte Blater (= Fruchtblase) sei gebrochen (= geplatzt). Aber ihre Tochter habe gesagt, die Blater sei nicht gebrochen, sondern, wie sie empfunden, habe die Hebamm sie ihr aufgerissen. Da habe ihre Tochter gleich keine Lust mehr gehabt. Die Faisslins-Maria aber habe dafür geschworen (= es schwörend geleugnet). Die Tochter aber habe auf ihren Worten beharrt. Wie nun das Wasser von ihrer Tochter abgegangen sei, habe die Hebamm gesagt, es stehe nicht gut. Gleichwohl sei die Nabelgerte (= Nabelschnur) zugegen gewesen, welche hernach verkaltete (= kalt wurde). Aber die Tochter sagte, das Kind habe zuerst gepufft, sie empfinde das schon nicht mehr. Die Hebamm habe darauf gesagt, es werde ein 3-tägig Kind werden. Zeugin habe nun heim wollen. Aber ihre Tochter habe sie nicht gehen lassen wollen, sondern gesagt, sie könne ihr Kind bei dieser Hebamm nicht haben, und eine andere begehrt. Die Hebamm habe darauf gesagt, eine andere habe dadurch Ruhm, sie aber Spott. Endlich habe die Hebamm ein spitzig Messer begehrt und bekommen, damit ihrer Tochter in den Leib gelangt, dem Kind das Köpflein ganz zermalmt und dabei gesagt, es müsse gewiß eine Mißgeburt (= Fehlgeburt) sein. Sie sei mit ihrer Tochter 3 Tag umgegangen. Weil es nicht vonstatten ging, habe man den Michel Böglin kommen lassen. Obwohl die Faisslins-Marei gesagt hatte, sie könne nicht mehr beikommen, habe er das Kind in einer 1/4 Stund von ihrer Tochter gebracht, doch mit großer Gewalt. Das Kind sei gewesen, wie es sein sollte, aber von der Faisslins-Maria übel zugerichtet. Die Hebamm Maurerin sei auch zugegen gewesen. Sie habe gesagt, sie könne nichts ausrichten, weil die Faisslins-Maria da sei, welche einen Ring (= Bausch als Unterlage) mit ihrem Pelz herumgemacht hatte. Als nun das Kind in das Bährlein (= Särglein) gelegt war, sei in selbiger Nacht ein großer Jammer von Katzen auf der Gasse gewesen. Man habe ihren Tochtermann, der auf das Lotterbett hingesessen war, in währendem Wesen (= während der Vorgänge) und besonders als die Faisslins-Maria ein Messer begehrte, nicht wecken können. Die Faisslins-Maria habe auch gesagt, es werde ihrer Tochter mehr (= öfter) so gehen.
11. Zeugin erzählte wie die 10. Zeugin und bemerkte noch besonders, ehe die Faisslins-Maria das Messer begehrte, habe sie dem Kind ein Ärmlein abgedreht, welches, nachdem das Kind aus dem Mutterleib gekommen war, von dem Kind [weg] war. Wie Martin auf dem Lotterbett verschläft (= eingeschläfert) wurde, sei Zeugin abwesend gewesen und habe es nicht gesehen, auch nicht gehört, daß die Faisslins-Maria sagte, es werde ihrer Tochter noch mehr so gehen, sondern sie hab's zu der Kindbettermagd gesagt.
12) Was Zeuge von der Faisslins-Maria Verdächtiges zu sagen wisse und ob er sie nicht wegen seines verstorbenen Kinds im Verdacht gehabt habe.
12. Zeuge: vor 9 Jahren, als seiner verstorbenen Hausfrau weh zum Kind wurde, habe er die Faisslins-Maria als Hebamm geholt, welche seine Hausfrau anfangs, wie sich's gebührt, angegriffen habe. Als es aber nicht vonstatten gehen wollte, habe Zeuge noch eine Hebamm zu haben begehrt. Darauf habe die Hebamm gesagt, was sie zuwege gebracht, werde eine andere verderben. Des Zeugen Vater, welcher zugegen war und diese Hebamm sah, habe gleich gesagt, was er mit dieser losen Vettel da mache, an ihr sei ihr Lebtag nichts Gutes gewesen. Zeuge hab's eben sein (= auf sich beruhen) lassen. Wiewohl das Kind sich immer lebendig erzeigte, sei es, nachdem es unter die Geburt gekommen, in einem Augenblick tot gewesen. Es habe auch an dem Kind, wie es auf die Welt gekommen war, nichts gefehlt. Als nun Zeuge die Hebamme ausbezahlte, habe sie mit ihm zu Nacht gegessen. Er habe ihr unter das Gesicht gesagt, er habe auf sie den Verdacht, daß sie ihm sein Kind umgebracht habe wie eine Hex. Sie solle ihn verklagen. Wenn sie es nicht tue, sei sie eine Hex. Er wolle ihr Red und Antwort geben. Sie habe zwar gesagt, sie wolle ihn verklagen, habe es aber nicht getan.
1665 August 5
Anwesend:
Herr Bürgermeister Conrad Felchlen.
Herr Schultheiss Johann Zendel
Herr Zunftmeister Peter Bihler
Johann Hess, Ratschreiber.
Auf Anbefehlen des Rats und Einraten des Herrn Syndicus ist dieselbe anfänglich auf die Kundschaften (= Zeugenaussagen) in Güte, auf halsstarrig Beharren peinlich zu befragen.
1) Wie alt sie sei.
Antwort: sie gehe ins 65. Jahr.
2) Warum und aus was Ursachen sie hieher auf den Turm geführt worden sei.
Antwort: es nehme sie selbst wunder, daß man sie auf den Turm in Haft lege und sie zu keiner Verantwortung komme.
3) Wie lang sie Hebamm sei.
Antwort: 40 Jahr.
4) Ob sie innerhalb dieser Zeit beständig Hebamm geblieben und ob sie nicht dessen einmal erlassen (= entlassen) worden sei.
Antwort: Sie sei bisher Hebamm gewesen, ausserhalb (= ausgenommen) daß sie durch verlogene Mäuler 3/4 Jahr licentiert (= entlassen), aber wieder angenommen worden sei.
5) Ob sie nicht etwann (= irgendwann) sich verdächtig machte, weswegen sie abgeschafft wurde, jedoch aus Gnaden auf Wohlverhalten wieder angenommen wurde mit der Condition (= unter der Bedingung), daß niemand gebunden (= verpflichtet) sei, sie zur Hebamm zu nehmen.
Antwort: sie wisse keines Nagels groß (sie wisse davon nicht im geringsten).
6) Ob sie nicht von Martin Schaal 3 Kinder und besonders eines vor 3 1/2 Jahren empfangen habe (nämlich bei der Geburtshilfe).
Antwort: ja.
7) Ob nicht damals, als sie Hand anlegte, sich dessen Frau der Bauch hinaufzog, wie sie klagte.
Antwort: nein, gar nicht.
8) Ob nicht Schaals Weib gleich empfand, daß sie nicht recht Sach führe, auch schrie, daß sie ihr die Wasserblater (= Fruchtblase) zerrissen habe, und die Nabelgerte (= Nabelschnur) darauf gefallen sei.
Antwort: Sie wolle Tod und Marter darauf leiden, daß sie ihr die Wasserblater nicht aufgerissen habe.
9) Ob sie aber sah, daß eben um diese Zeit ihr eine Spinne, welche nachher die Hausfrau des Ludwig Rueff zum Fenster hinauswarf, am Schurz hinaufgerisen (= hinaufgekrochen) war.
Antwort: ja, was könne sie dafür?
10) Warum sie aber, als sie wieder Hand anlegte, sagte, es werde ein 3tägig Kind. Ob sie denn wußte, daß sie (die Wöchnerin) so lang leiden müsse.
Antwort: sie hab von der Bihler Barbel (Barbel Bihler) gehört, wenn ein Kind im Mutterleib tot sei, komme es gewöhnlich nicht vor 3 Tag vom Mutterleib, besonders wenn die Mütter nicht recht zur Sach tun. Darum hab sie es gesagt.
11) Warum denn die Schaalin sagte, das Kind habe zuerst gepufft und wie die Hebamm Hand anlegte, sei es gleich still geworden. Das Kind sei ja lebendig gewesen.
Antwort: nein, sie wolle ihr Leben darauf verloren haben.
12) Wer den Mann auf dem Lotterbett entschläft (= eingeschläfert) habe, so daß man ihn nicht wecken konnte.
Antwort: das wisse sie nicht, ob (= wenn) man sie jetzt anzäpfen (= etwas aus ihr herausbringen) wolle. Die Schaalin habe doch immer gesagt, sie könne kein Kind mehr haben, wenn ihre Schwieger zugegen sei.
13) Warum sie dem Doctor mit Ungrund (= Unwahrheit) berichtete, es stehe gut, da es doch sehr übel stand.
Antwort: sie habe ihm nicht mit Ungrund berichtet.
14) Warum sie an allen aus der Apothek geholten Medicamenta geschmeckt (= gerochen) habe.
Antwort: sie habe das Dorle nach 4 Wassern geschickt und, als sie sie brachte, gesehen, ob es die rechten Wasser seien.
15) Warum sie immer lachte, wenn die Gebärerin weinte.
Antwort: sie habe ihr Lebtag nicht daran gedacht.
16) Ob sie am 3. Tag nicht sagte, es sei eine Mißgeburt (= Fehlgeburt), und zu dem Zweck ein spitzig Messer begehrte und auch eines von Dorle bekam, womit sie dem Kind im Mutterleib den Kopf vergraben (= zerschnitten?) habe.
Antwort: sie wolle Leib und Leben verloren haben, wenn sie gesagt habe, es werde eine Mißgeburt. Weil dem Kind der Kopf so verschwollen und nicht von der Mutter zu bringen war, habe sie ein Messer begehrt, um dem Kind damit zu öffnen (= ?).
17) Ob sie nicht, als der Michel Bögle kam, ihn nicht zulassen wollte und warum.
Antwort: er sei so grob hergefahren, habe große Hand gehabt, auch an dem Kind gerissen, daß das Ärmle dahinten blieb.
18) Ob nicht die Gebärerin, als der Bögle Hand anlegte, gleich die natürlichen Wehen bekam, die vorher verhindert worden waren, auch innerhalb 1/4 Stund das Kind vom Mutterleib gebracht wurde.
Antwort: sie habe immer Wehen gehabt, wie dem Kind das Köpfle leer geworden war.
19) Ob nicht sie dem Kind das Ärmle abgedreht habe.
Antwort: nein, nicht sie, sondern der Bögle.
20) Ob nicht das Kind, als es zur Welt kam natürlich war, und ihm nichts anderes fehlte, als das Köpfle, das vergraben war.
Antwort: sie habe an dem Kind im Mutterleib kein Leben gespürt. Darauf wolle sie sich zerreissen lassen. Dem Kind seien die Füßle ganz verbrüht gewesen.
21) Ob, nachdem das Kind an die Welt gekommen war, nicht die Schaalin zu ihr sagte, sie wolle erleben, daß man sie (die Hebamm) verbrenne, worauf sie zur Antwort gab, es werde ihr (der Wöchnerin) mehr (= öfter) so gehen.
Antwort: nein, so wahr Christus lebe, sei kein Wort davon geredet worden.
22) Warum aber die Schaalin die Fingermäler noch habe, wo die Hebamm sie angeregt habe.
Antwort: sie wisse nichts davon, sie habe sie ihr Lebtag nicht angeregt.
23) Ob sie nicht etliche Kinder von der Hausfrau des Georg Schill empfangen habe.
Antwort: ja, 3 Kinder.
24) Ob nicht von seiner 1. Hausfrau das Kind glücklich und gesund zur Welt geboren wurde, aber gleich erkrankte, von ihr ( der Hebamm) gach getauft (= notgetauft), gleichwohl in die Kirche getragen wurde, aber noch selbigen Tages starb.
Antwort: weil das Kind nach der Geburt kein Äderlein regte, sei es auf Begehren gack getauft worden und gestorben. Sie aber habe ihm nichts getan.
25) Ob sie nicht von der jetzigen Hausfrau des Schill vor 6 Jahren ein Kind empfing, das frisch an die Welt kam, mit dem sie einen 1/2 Tag umging, das aber hernach gleich erkrankte, 7 Wochen siechte und hernach starb und warum das Kind die Muttermilch nicht annehmen wollte.
Antwort: weil das Kind kein Zäpflein hatte, habe das Kind nicht saugen können. Sie sei auch nicht über eine Stund und etwas weiter mit ihr umgegangen.
26) Ob nicht das Kind, das sie von Schills Hausfrau vor 5 Jahren empfing, unter der Geburt einen Schrei gelassen habe und als es an die Welt gekommen war, krank geworden und in 3 Wochen gestorben sei.
Antwort: nein, es habe keinen Schrei gelassen. Daß es aber krank wurde und starb, dafür könne sie nicht.
Auf den 8. Untersuchungspunkt:
27) Ob sie nicht vor 3 Jahren von der Söhnin des Marx Volmer ein Kind empfing.
Antwort: ja, es sei eine ganze Kugel (= ?) gewesen.
28) Ob nicht das Kind verhindert wurde, daß es nicht zur Geburt kommen konnte, und gesagt wurde, es werde gewiß dergleichen in der Stube sein.
Antwort: nein, sie habe gesagt, das Kind sei ganz an einer Kugel (= ?).
29) Als es nicht vonstatten gehen wollte, ob sie da nicht ein Messerlein begehrt, es aber nicht bekommen habe.
Antwort: man habe gesehen, daß man vor diesem auch Kinder geöffnet habe, und weil ... es tot war, habe sie gemeint (= beabsichtigt), es zu öffnen.
30) Als ihr das Messer abgeschlagen wurde, ob sie da nicht sagte, sie könne nichts ausrichten, müsse das Kind vorher absterben lassen.
Antwort: nein, das habe sie nicht gesagt. Aber wie sie das Messer begehrte, sei das Kind schon nicht mehr lebendig gewesen.
31) Ob nicht, nachdem des Schnitzers Sara geholt worden, es gleich vonstatten ging und das Kind, zwar nicht mehr lebendig, zur Welt kam.
Antwort: wie die Sara kam, sei das Kind schon halb unter der Geburt gewesen.
Auf den 12. Untersuchungspunkt:
32) Ob sie nicht von Johann Volz geholt wurde, als seiner verstorbenen Hausfrau weh wurde.
Antwort: ja.
33) Ob nicht Volz, als es nicht vonstatten gehen wollte, noch eine Hebamm begehrte, worauf sie gesagt habe, was sie gut mache, das verderbe eine andere.
Antwort: nein, sie wisse nichts davon.
34) Ob nicht das Kind im Mutterleib sich lebendig erzeigte, als es aber unter die Geburt kam, in einem Augenblick tot war.
Antwort: wie das Kind an die Welt kam, habe es ein Füßlein geregt. Aber die Weiber haben ein Büschele (ein bissle, bisschen?) Schwefel angezündet und das Kind damit erstickt.
35) Ob nicht der Volz, als er sie ausbezahlt hatte, und sie mit ihm zu Nacht aß, ihr unter das Angesicht sagte, er habe einen Argwohn auf sie, sie habe ihm sein Kind umgebracht wie eine Hex.
Antwort: nein, das habe er nicht geredet.
Auf den 9. Punkt:
36) Ob nicht Franz jung Wuecherer vor 4 Jahren ihr unter das Gesicht sagte, daß sie ihm sein Weib umgebracht habe, als wenn sie sie mit einem Messer erstochen hätte.
Antwort: er lüge wie ein Schelm und Dieb, wenn er solches rede.
37) Ob er nicht weiter sagte, wenn sie nicht aus dem Haus gehe, wolle er ihr den Kopf zerspalten.
Antwort: nein.
38) Ob nicht Wuecherers Weib nach der Geburt 8 Tag lang wohlauf war, als aber sie (die Hebamm) sie an einem heimlichen Ort mit einer Salb geschmiert hatte, sich gleich morgens übel befand, nicht mehr auf ihren Füßen stehen konnte, auch die Krankheit von Tag zu Tag mehr zunahm, bis schließlich an ihr eine Arbeit (= Convulsionen) ausbrach und sie starb.
Antwort: sie habe sie mit einer grünen Salb geschmiert, die sie in der Apothek geholt habe. Denn die Kindbetterin habe gesagt, ihr Leib tue ihr so weh. Die Apothekerin habe ihr die Salb gegeben. Es sei eine Flucksalbe (Flug = Gesichtsrose) gewesen.
39) Ob sie nicht während der Krankheit mit dem Fränzle nach Tübingen gegangen sei, den Dr. Gerhardt Rats zu fragen.
Antwort: ja.
40) Ob sie sich nicht verirrten und, obwohl morgens um 8 Uhr ausgegangen, erst um 3 Uhr hinkamen.
Antwort: sie seien um 11 Uhr ausgegangen. Als sie nach Jettenburg gekommen, sei der Wuecherer nicht den rechten Weg, sondern auf Kusterdingen zu gegangen. Sie habe gesagt, es sei nicht der rechte Weg. Aber er habe geantwortet, er sei ja den Weg oft gegangen.
41) Ob nicht der Wuecherer unterwegs oft in das Kretle (Krättle = Körble) hineingesehen habe.
Antwort: sie wisse kein Wort darum.
42) Ob nicht der Dr. Gerhardt, als sie hinkam, zuerst fragte, wielange das Mensch, von dem der Urin kam, Kindbetterin war und was es für eine Hebamm war, die sie gebrauchten.
Antwort: nein, er habe es nicht geredet.
43) Ob nicht im Zurückgehen der Wuecherer zu ihr sagte, warum sie, als der Dr. Gerhardt nach der Hebamm fragte, sich nicht zu erkennen gab, worauf sie gesagt habe, sie könne nichts lateinisch reden.
Antwort: nein, kein Wort.
44) Ob sie nicht, als sie wieder heimkamen, mit Wuecherer zu Nacht gegessen, wobei ihr Mann gewesen sei.
Antwort: ja, das sei wahr.
45) Ob nicht damals unter anderem sie selbst sagte, daß der Dr. Erhardt (Gerhardt) nach der Hebamm fragte, sie aber, weil sie nicht lateinisch reden könne, geschwiegen habe.
Antwort: sie habe nie daran gedacht.
46) Ob nicht ihr Mann sagte, sie hätte sich zu erkennen geben sollen.
Antwort: ihr Mann habe gesagt, sie hätte sich zu erkennen geben sollen. Aber sie habe ja dem Dr. gesagt, es seien ihrer 3 Hebammen.
47) Ob sie nicht darauf ein Teller genommen, dem Mann an den Kopf zu werfen.
Antwort: ja, das bekenne sie.
48) Hierauf wurde sie erinnert, daß sie doch, so lieb ihr ihr Heil und Seligkeit sei, gütlich bekennen und es nicht zur scharfen Frage kommen lassen solle.
Darauf gab sie zur Antwort, es geschehe ihr Gewalt. Was man Kundschaft gesagt habe (d. h. die Zeugenaussagen), sei alles nicht wahr.
Darauf wurde ihr der Scharfrichter an die Seite gestellt, sie terriert (= in Angst versetzt durch Vorzeigung der Folterwerkzeuge), an die Tortur geschlagen, aufgezogen, 1 1/2 Viertelstund hangen gelassen. Sie bekannte aber nichts, sondern sagte, der Teufel solle sie holen, wenn sie etwas vom Hexenwerk wisse.
1665 August 7
Anwesend:
Herr Johann Bihler.
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schultheiss Johann Zendel.
Herr Zunftmeister Peter Bihler.
Ratschreiber Johann Hess.
Anfangs erinnerte man sie, daß sie in der Güte bekennen und es nicht zur schweren Frag kommen lassen solle. Weil sie aber mit der Sprach nicht heraus wollte, wurde ihr der Stiefel angelegt, eine kleine Weil angelassen und sie wieder herabgelassen. Da bekannte sie in der Güte, vor 11 Jahren sei auf der Kürschnerstub eine Zech und sie voll Weins gewesen und von dem bösen Geist verführt worden. Weil ihr Mann nicht daheim, sondern in der Ernt war, sei der böse Geist nachts zu ihr ins Bett gekommen und habe sie beschlafen. In der Vermischung sei es kalter und nicht menschlicher Natur gewesen. In Monatsfrist hernach habe sie der böse Geist, der sich Christoffel nannte, auf der Kürschnerstube im Sommerhaus (= Gartenhaus, auch Hausteil) getauft und Anna Maria genannt. Der Teufel habe sie in Teufels Namen getauft. Bei der Tauf seien 2 vermummte Weiber ihre Gevatterinnen (= Patinnen) und der Schill-Hans (Hans Schill) ihr Gevattermann gewesen. - Revociert's den 9. August. - Gott und seinem heil. Wort habe sie abgesagt und sich dem Teufel ergeben, der ihr auch Pulver und Salbe, beide weiß, gegeben und ihr zugleich befohlen, wo sie zukommen könne, damit den Menschen Schaden zu tun. Von dem Pulver habe sie Franz jung Wuecherers Hausfrau Dorothea, als sie Kindbetterin war, unter die in der Apothek geholte Salb getan, womit sie sie schmierte. Diese sei hernach kontrakt (= gelähmt) worden.
1665 August 9
Anwesend:
Herr Lt. Johann Jacob Kurtz und die vorgenannten Herren Commissare.
Was sie vorher bekannte, ist sie alles geständig, nur sei nicht der Hans Schill, sondern der Thomas Zeib ihr Gevattermann gewesen, Gevatterinnen aber die Cron, das Weib des Georg Jos und das Fürkäufler-Grethle. Im linken Fuß am kleinen Zehen habe der Teufel einen Tropfen Blut herausgelassen und damit geschrieben. Sie sei nur einmal ausgefahren ... Man habe getanzt, sie aber nicht. Der Teufel habe von ihr begehrt, sie solle da und dort bei den Kindbetterinnen und Kindern Schaden tun. Sie aber hab's nicht tun wollen. Daher habe er sie jämmerlich zerschlagen. Einem Bauern von Walddorf, den sie nicht kannte, habe sie seinem Kind auf einer Suppe vergeben, es sei gestorben. An der Kirchweih, als sie draußen war, sei es geschehen ... Auf der rechten Hand habe sie ein Zeichen, welches sie sehen ließ. Der Hausfrau des Bleichers Georg Lachenmann habe sie in einem Trank Pulver gegeben, wovon ihr die Milch genommen wurde, daß sie ihre Kinder nicht säugen konnte. Sie sagt gleich darauf, sie habe ihr das Pulver auf die Suppe getan. Dem Kind des Johannes Voltz habe sie das Mäule nicht fürgeliebt. Daher sei ihm das Wasser ins Maul geloffen, daß es sterben mußte.
Dem Weib des Ludwig Voltz habe sie eine Suppe zu essen gegeben und von ihrem Pulver darauf getan. Sie sei hernach gestorben.
Den Weibern des Jacob Hummel und des Hans Jerg Helb habe sie als Kindbetterinnen die Milch genommen. Sie habe von dem Pulver, das ihr Geist ihr gegeben hatte, ins Maul auf die Zung genommen, hernach sie angeblasen, aber ihnen wieder geholfen, sei ihnen über die Brust herabgefahren und habe gesagt: "Es ist Kat (= Kot. Es bedeutet nichts) es vergaht (= vergeht)."
Dem Jacob Faiss sei sie, als seine Hausfrau ihres Kinds genesen war, als ein Hund ins Haus gefahren. Sie habe vermeint, das Nauwesen (= die Nachgeburt) zu bekommen. Der Teufel habe ihr befohlen, wenn sie solches bekommen habe, es in einer Kachel zu verbrennen und zu Pulver zu machen und darunter des Teufels Gift zu tun.
Auf die Scheib sei sie gefahren das zweitemal. Die Nestlerin, das Fürkäufler-Grethle, die Zieglerin, die Cron seien mit draußen gewesen. In der Fürkäuflerin Haus seien sie zusammengekommen, ehe sie ausfuhren.
Sie habe einen halbgewachsenen (= halberwachsenen, 14-18 jährigen) Buben draußen gesehen.
1665 August 11
Anwesend:
Herr Johann Bihler.
Herr Stefan Grieninger.
Herr Schultheiss Zendel.
Herr Peter Bihler.
Johann Hess.
Sie bejaht alles, was sie vorher bekannt hat. Doch sei es 18 Jahr her, seit sie vom bösen Geist verführt wurde.
Die Hausfrau des Christof Hess, als sie Kindbetterin war, habe sie auch angeblasen und ihr dadurch die Milch genommen.
Der Hausfrau des Martin Schal habe sie die Kindswehen verhebt (= verhindert) und sie mit der Hand angegriffen, woran sie die vom Teufel empfangene Salb hatte. Das Kind sei davon gestorben.
Das Kind des Johannes Volz habe sie unter der Geburt an das Hirnlein gedrückt. Davon sei es gleich gestorben.
Den Martin Schaal habe sie verschläft (= eingeschläfert), als er auf dem Lotterbett saß. Sie habe ihm das Kissen hinaufgerückt und ihn am Kopf angerührt, da sie von ihrer Teufelssalb in der Hand hatte.
Der Hausfrau des Georg Schill als Kindbetterin habe sie auf die Supp von ihrem Pulver getan, woran sie hernach starb.
Dem Georg Schill habe sie ein Kind umgebracht. Denn als sie solches empfing, habe sie demselben zuviel gelöst (= ?) und mit dem Nagel das Aderlein uffgerümbt (= ?). Daher konnte es nicht saugen und mußte sterben.
Als sie von der Hecken-Marei zu Betzingen ein Kind empfing, habe sie ihm unter der Geburt einen Gramm (= Kramm = Krampf) mit dem Finger gegeben, so daß es gleich tot blieb.
Sara, der Hausfrau des Thomas Dettinger, habe sie als ihr weh zum Kind wurde und sie (die Hebamm) geholt worden war, auf ein Süpplein oder Brühlein von ihrem Pulver getan und damit vergeben (= sie vergiftet).
1665 August 14
Anwesend die vorgenannten Herren Commissare.
Was sie vorher bekannte, bejaht sie. Nur des Thomas Dettingers Weib habe sie nichts getan. Das Cätherle Class werd's getan haben.
Dem Bader Georg Beckh habe sie vor 2 Jahren ein Töchterlein namens Anna Margretha umgebracht. Sie habe ihm ein Brot und darauf von ihrem Pulver gegeben. Dem Georg Beckh habe sie noch 2 Knäblein umgebracht, denen sie Pulver auf das Breilein tat. Das eine sei im Kindbett, das andere gleich nach dem Kindbett gestorben.
Sie bejaht wieder, daß sie dem Weib des Thomas Dettinger vergeben hat, wie sie vorher bekannte.
Als vor 3 Jahren sie, die Blanckhin und das Fürkäufler-Grethle nachts auf dem Markt waren, sei eine Kutsch vorbeigefahren. Die Blanckhin habe hineinsehen wollen. Aber jemand habe heraus und sie ins Gesicht geschlagen, worauf sie sagte, jetzt habe sie ihr Teil. Der vermummte Kutscher habe auch herumgehauen. Sie habe niemand gekannt.
1665 August 15
Was sie vorher bekannte, sei wahr - ausgenommen, daß der Schill-Hans bei ihrer Teufelstauf war, wie auch die Cron und das Fürkäufler-Grethle.
Dem Michel Oth habe sie 3 Kinder umgebracht. Einem habe sie unter der Geburt an das Hirnlein gedrückt. Es sei gleich tot geblieben. Dem andern, dem Knäblein, welches auf der Gasse herumlief, habe sie ein Stücklein Platz (= Kuchen) und darauf von ihrem Pulver gegeben, dem dritten auf einem Breilein, da sie ohnedies in Oths Haus war, vergeben.
Der Teufel habe ihr zwar in ihrem Haus zugemutet, daß sie ungetaufte Kinder bekommen solle. Er wolle daraus Pulver machen. Aber sie hab's nicht getan.
Sie bekennt, daß sie auch bei dem Kappell-Tanz war, wobei verschiedene Personen gewesen seien, nämlich der Schill-Hans, der mit ihr tanzte, die Bertschen-Lis, das Aferle, das Fürkäufler-Grethle, die Blanckhin, der Georg Jauch. Sie sei nicht mehr als 2mal ausgefahren. Denn sie habe immer gefürchtet, es möchte sie jemand holen.
1665 August 18
Anwesend die vorgenannten Herren Commissare.
Sie bejaht alles, was sie vorher bekannt hat und bittet um ein gnädig Urteil.
- Reference number
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A 2 f (Hexenprozesse) Nr. A 2 f (Hexenprozesse) Nr. 7861
- Extent
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40 S.
- Formal description
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Beschreibstoff: Pap.
- Further information
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Bemerkungen: +) Die Maria Möhrstetter und die Faisslins-Marei sind offenbar ein und dieselbe Person.
Genetisches Stadium: Or.
- Context
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Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25) >> Bd. 25 Hexenprozesse
- Holding
-
A 2 f (Hexenprozesse) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 23-25)
- Date of creation
-
1665 August 1 - 1665 August 18
- Other object pages
- Last update
-
20.03.2025, 11:14 AM CET
Data provider
Stadtarchiv Reutlingen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivale
Time of origin
- 1665 August 1 - 1665 August 18