Tektonik

Kernforschungszentrum Karlsruhe

Überlieferungsgeschichte

Noch bevor 1955 mit der Souveränitätserklärung alle Forschungsbeschränkungen des alliierten Kontrollrats aufgehoben waren, bildete sich auf Veranlassung der Bundesregierung Ende 1952 beim Bundesminister für Wirtschaft eine "Studienkommission für Kernenergie", die Fragen der Rohstoffdeckung behandeln sollte. Im Hinblick auf Uranvorkommen im Schwarzwald hatte das baden-württembergische Wirtschaftsministerium Karlsruhe als Standort für einen ersten deutschen "Eigenbaureaktor" empfohlen. Wesentliche Anregungen und Planungen zur Reaktivierung der kerntechnischen Forschung in Deutschland kamen aus dem Kreis des ehemaligen "Uranvereins", einer Gruppe von Wissenschaftlern, die an der Entwicklung der sogenannten "Uranmaschine" am früheren Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für Physik mitgewirkt und sich nach dem Krieg in dem von Werner Heisenberg geleiteten Max-Planck-Institut für Physik in Göttingen zu einer reaktorphysikalischen Arbeitsgruppe zusammengefunden hatten. Unter der Leitung von Karl Wirtz war dort u.a. bereits das Konzept für einen graphitmoderierten Natururanreaktor, den Forschungsreaktor FR 1 erarbeitet worden. Die in Kooperation zwischen Bund, Land und Wirtschaft 1956 in Karlsruhe gegründete Kernreaktor Bau- und Betriebsgesellschaft schuf die personellen, baulichen und technischen Voraussetzungen für die Inbetriebnahme des Kernforschungszentrums Karlsruhe, insbesondere des Forschungsreaktors FR 2. Die Forschungsstätte wollte wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sowie Erfahrungen beim Bau und Betrieb der Reaktorstation gewinnen und auswerten zum Zweck einer friedlichen Entwicklung und Nutzbarmachung der Kernenergie. Die 1959 gegründete Gesellschaft für Kernforschung mbH erweiterte mit dem Bau von Instituten, Laboratorien und sonstigen technischen Einrichtungen die Reaktorstation zum Großforschungszentrum. Im Jahr 1963 fusionierten die beiden Gesellschaften.
Seit den 1990er Jahren verlagerte das KfK - nun auch unter dem Namen Forschungszentrum - seine Arbeitsbereiche auf andere Gebiete, insbesondere die Nanotechnik; im Rahmen der Kernforschung gilt das Interesse vor allem Entsorgungsfragen. Das Archivierungsprojekt, an dem auch der Lehrstuhl für Technikgeschichte der Universität Karlsruhe wesentlich beteiligt ist, bezieht sich nur auf den Kernforschungsbereich; andere Archivierungsvorhaben übernimmt seit der Fusionierung von Forschungszentrum und Universität (KIT) 2009 das Universitätsarchiv. Für den Archivierungswechsel der Vorstandsregistratur gilt das Jahr 1994, in dem Prof. Hellmut Wagner, der auch dieses Projekt angeregt hatte, den Vorstandsvorsitz abgab. Weitere Schriftgutübernahmen des GLA sind aus dem Bereich der Wiederaufbereitung und Entsorgung zu erwarten. Die Erschließungsarbeiten unter Aufsicht des GLA wurden vom Forschungszentrum finanziert.

Inhalt und Bewertung

Die Akten ihrer Geschäftsführung informieren über Aufbau, Finanzierung und Entwicklung des KfK von der Gründung 1956 bis 1995. Die Verbindungen zum europäischen Ausland sind in der Koopertion mit EURATOM dokumentiert. Umfangreiche Korrespondenz mit anderen Forschungseinrichtungen und Verbänden im In- und Ausland, sowie zur Auseinandersetzung mit lokalen Widerstandsgruppen gegen die Errichtung des Zentrums gibt Einblick in die Vernetzung mit dem sozialen Umfeld. Wissenschaftliches Hintergrundmaterial zum Themenfeld Forschungsorganisation und Erfolgskontrolle bieten die Überlieferungen im Bereich Projektforschung. Bei der Überlieferung des Instituts für Neutronenphysik und Reaktortechnik handelt es sich um Handakten des Institutsleiters Karl Wirtz. Im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Technologie erstellte der KfK-Projektbereich Anlagen eine Dokumentation zur Sicherung des nicht publizierten Wissens über Errichtung, Betrieb, Dekontamination und Decommissioning der EUROCHEMIC-Wiederaufbereitungsanlage im belgischen Mol. Die Sicherung entstand in der Absicht, die dortigen Erfahrungen für die Stillegung der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe zu nutzen.

Kontext
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Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 11:03 MESZ

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