Gebäude

Heidelberg-Weststadt Zähringerstraße 30 (Christuskirche)

Die Christuskirche steht im Norden an der Zähringerstraße und verläuft mit dre Westseite ihres Kirchhofes entlang der Römerstraße. Die protestantische Christuskirche der Weltstadt wurde von keinem geringeren als Hermann Behaghel (Architekt, Kirchbauinspektor und Großherzoglicher Oberbaurat) konzipiert und unter seiner Leitung in den Jahren 1900 – 1904 erbaut. Bei dieser Gelegenheit wurde durch ihn auch das interessante Pfarrhaus im Nordosten am Kirchhof erstellt (siehe Wilhelmstraße 13). Die Kirche ist mit ihrem rund 65 Meter hohen Turm eine Landmarke schlechthin. Sie ist wie zu diesen Zeiten obschon üblich, nicht mehr „orientiert“ oder „geostet“, d. h. das Chor liegt auch im Osten und die Längsachse der Kirche erstreckt sich in West-Ostrichtung (Vergleiche dazu auch die katholische Bonifatiuskirche Kaiserstraße 24). Hermann Behaghel wählte den historisierenden Stil mit im Grunde an der Gotik orientierter Formensprache, doch auch ein wenig „freier Historismus“ ist individuell eingeflossen. Vom Typ her ist es eine sogenannte „Predigerkirche“ nach Vorgaben des evangelischen Kirchenbauamtes, doch ein wenig Modifikation ist auch enthalten. Eindeutig aber kann gesagt werden, dass die Qualität der Konzeption und die Ausarbeitung äußerst qualitätvoll sind. Georg Dehio (Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler Baden-Württemberg I, 1993) beschreibt sie folgendermaßen (Zitat Anfang) „1904 von Hermann Behaghel fertiggestellt. Die Formensprache der deutschen Renaissance – ein Mischstil aus gotischen und renaissancehaften Elementen – hier als sichtbares Bekenntnis zur luth. Reformation. Im Inneren zweiflügelige, zentralisierte Anlage (Predigtkirche)“ (Zitat Ende). Verschaffen wir und selbst einen Eindruck. In den nachfolgend beigegebenen Bildern lernen wir die Kirche in ihren Schwerpunkten kennen. Umgang von außen. Zuerst gehen wir um die Kirche herum und sehen die Kirche von Südsüdwesten über ihren Turm (Bild 01), von Süden (Bild 02) über prächtige Giebelseite des Langhauses gehen weiter nach Südsüdosten und lassen den kleinen Turm am Langhaus sowie dieses selbst auf uns einwirken (Bild 03). Der Weg führt weiter über die Ostseite mit guter Sicht auf da Langhaus sowie die Sakristei mit ihrem Anbau (Bild 04). Einen nähren Blick auf diese werfend (Bild 05) umrunden wir die Kirche im Norden um das stark baumumstandene Chor, können dann aber von Westen noch einen Blick auf dasselbe sowie das Langhaus werfen (Bild 06). Betrachtung des Turms. Einen besonderen Schwerpunkt legte Hermann Behaghel auf den Turm. Hier verewigte er die vier wichtigsten Stationen im Wirken Luthers an den vier Himmelsrichtungen am Turmgeschoß. Wittenberg im Norden Worms im Westen, Speyer im Süden und Augsburg im Osten. Hinzu hat er noch die vier Evangelisten in ihren Verkörperungen dazwischen postiert: Lukas als Stier im Nordwesten, Markus als Löwen im Südwesten, Matthäus in Menschengestalt im Südosten und Johannes als Adler im Nordosten. Zu betonen ist natürlich auch die ausgezeichnete Qualität der Arbeit, die in den nachfolgenden Aufnahmen nähergebracht wird. Wir beginnen mit einer Ansicht des Turms von Osten über das Langhausdach (Bild 07). Hier fällt besonders der farbliche Kontrast zwischen Glockengeschoß und dem oberen Turmteil auf, bei strahlendem Wetter besonders. Wir beginnen die eigentliche Betrachtung von Norden, wo dem Anschlag seiner Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg im Jahre 1517 gedacht wird (Bild 08). Im Nordwesten wacht Lukas in Gestalt eines geflügelten Stiers (Bild 09) und schließlich gelangen wir in den Westen, wo Luthers Anhörung auf dem Reichstag zu Worms im Jahre 1521 gedacht wird (10). Im Südwesten dann treffen wir auf Markus in Gestalt eines geflügelten Löwen (Bild 11) und wenn wir den Blick aus dieser Richtung schweifen lassen, haben wir gleich drei der Evangelisten im Blick (Bild 12). Wir sehen von Süden aus Speyer mit dem Jahr 1529, als Luther mit dem Speyerer Bischof einen bedeutenden Gedankenaustausch hatte und begegnen im Südosten Matthäus in Menschengestalt, selbstverständlich auch mit Flügeln versehen (Bild 14). Im Osten ist Augsburg im Jahre 1530 gedacht (Bild 15), wo die Confessio Augusta das evangelische Glaubensbekenntnis erstmals in gedruckter Form auf dem Reichstag präsentiert wurde (Nicht zu verwechseln mit dem Jahre 1550, als mit dem „Augsburger Religionsfrieden“ der Protestantismus „einstweilen“ mit der katholischen Lehre gleichgestellt wurde. Dieser Zustand dauert bis heute an). Wenn wir nun etwas vom Turm zurücktreten, dann sehen wir auf dieser Seite auch die Evangelisten Matthäus im Südosten und Johannes in Gestalt eines geflügelten Adlers im Nordosten (Bild 16). Anschließend bietet sich noch ein guter Blick auf Johannes in Adlergestalt im Nordosten (Bild 17). Wir haben noch Gelegenheit, ein besonderes Detail und Blickwinkel kennenzulernen: Der Abschluss des Kirchturms über dem Uhrengeschoß ist ein architektonisches Werk für sich und einer guten Betrachtung allemal wert (Bild 18). Aus der Ansicht von Nordosten hebt sich dieser abschließende Teil, wiedergegeben im direkten Sonnenlicht, besonders ab (Bild 19). Wir gehen schließlich in den Südosten vor das Langhaus und sehen eine besonders schöne Perspektive des Giebelkreuzes (Bild 20). Abschließend betrachten wir den Turm kurz in der Aufsicht von Westen (Bild 21) und auch das Seitenportal ist einen näheren Blick wert (Bild 22). Wir betreten die Turmhalle und lassen den Blick kurz nach oben (Bild 22), nach Süden zur Aufgangstreppe der Orgelempore (Bild 24) sowie nach Osten (Bild 25) und Norden (Bild 26) mit den Eingängen in das Langhaus (oder Kirchenschiff) schweifen. Die Südseite. Ein kurzer Blick auf die Südseite, die als Schauseite beeindruckend ausgearbeitet ist, sei noch gegeben, bevor wir uns im Inneren kurz umsehen. Hier haben wir besonders die Giebelseite des Langhauses im Blick (Bild 27), das mit Portal und großen Fenstern und dem Namensgeber der Kirche einen imposanten Anblick bietet. Das Portal wird von abgestuften Pfeilern flankiert und der Besucher wird von einem geflügelten Engel am rundbogigen Gewändeschluss begrüßt (Bild 28). Schließlich begrüßt hoch oben im Giebelbereich der „Hausherr und Namensgeber“ Christus in plastischer Gestalt den Besucher (Bild 29), gerahmt von exquisiter Ornamentik. Wir sehen uns noch den Giebel des Langhauses im Osten an, auf dem sich Kriechblumen emporranken (Bild 30) und finden auch auf dem Dach des Treppenturms im Südosten fein ausgearbeitete „Krabben“ (Kriechblumen). Liebe zum Detail seitens des Architekten und Baumeisters Hermann Behaghel. Ein Blick in das Innere. Abschließend begeben wir uns durch das Hauptportal in das Langhaus und richten den Blick nach Norden zum Chor. Hell und lichterfüllt begrüßt uns das Innere (Bild 32). Wenn wir den Blick etwas anheben, dann wird die raumgreifende und leichte Art unter teilweisem Einbezug des Deckengewölbes gewahr (Bild 33). Wenden wir uns zunächst der Ostseite zu, denn hier hat Hermann Behaghel dem/den Vätern des Protestantismus Ehre in Form von Bleiglasfenstern mit ausgesuchter Malerei und Personendarstellung gezeugt (Bild 34). Von Süden aus gesehen begegnet uns zuerst Philipp Melanchthon (geb. 1497 in Bretten; gest. 1560 in Wittenberg) im ersten Fenster (Bild 35 und 36) in Übersicht und Einzeldarstellung. Als Nächster der drei kommt „Er“, der Marin Luther (geb. 1483 in Eisleben; gest. 1546 in Eisleben) quasi zwischen den beiden zum Tragen (Bild 37 und 38) und schließlich schließt Ulrich Zwingli (geb. 1484 in Wildhaus; gest. 1531 in Kappel am Albis) nach Norden ab (Bild 39 und 40). Im vierten Fenster ganz im Norden stellt sich eine kunstvolle Ornamentik dar (Bild 41). Auf unserem Weg treffen wir im Nordosten am Triumphbogen zum Chor auf die mit ausgezeichneter Schnitzarbeit dekorierte und von einem Baldachin bekrönte Kanzel (Bild 42). Nun sehen wir uns das Chor an (Anmerkung: Bis ins späte 20. Jahrhundert wurde nur der richtete Begriff „das Chor“ in der Literatur versendet. In Folge hat sich für dieses Bauteil der Begriff „der Chor“ eingeschlichen, was unkorrekt ist: „Der Chor“, ist der Kirchen das, und „das Chor“ ist der Architekturteil in dem „der Chor“ singt. Auch hier sind Ausarbeitung und Beschriftung in historisierendem Stil gehalten (Bild 43). Drei dreigeteilte Fenster mit Szenen aus der Bibel in Farbigkeit ziehen die Aufmerksamkeit auf sich: im Nordwesten (Bild 44), im Norden (Bild 45) und im Nordosten (Bild 46). Es ist an der Zeit, den Blick auf die Westseite zu richten, wo sich die große (und einzige) Empore nebst kleiner Orgel findet (Bild 47). Der Raum unter der Empore wirkt beinahe niedrig und gedrückt (Bild 48), doch ziehen hier auch zwei Fenster mit Szenen aus dem Leben von Christus selbst den Blick auf sich (Bild 49 und 50). Abschließend richten wir den Blick hoch zum Deckengewölbe, das sich weit und raumgreifend erstreckt, wie das Himmelsfirmament (Bild 51). Wenn sich der Blick nun nach Süden richtet, wirkt zunächst das raumgreifende Langhaus auf uns ein, doch ganz im Süden über dem Eingang erhebt sich die große Orgel auf ihrer Empore (Bild 52). Die Orgel, eine Walcker-Orgel mit 43 Registern aus dem Jahre 1903, ist die einzige der Heidelberger Kirchen, die weitgehend Original (mit Rückrestaurierung 2009-2011) aus der Bauzeit erhalten ist (Bild 53). Sie ist ein Meisterwerk der Orgelbaukunst! Bevor wir die Kirche verlassen und den Rundgang abschließen, werfen wir noch einen letzten Blick auf eines des Kompositkapitells unter der Orgelempore (Bild 54). Man bringe für dieses sehr sehenswerte Bauwerk ausreichend Zeit mit, es lohnt sich! .
Erhaltungszustand: Gut

Urheber*in: Behaghel, Hermann / Rechtewahrnehmung: heidICON - Die Heidelberger Objekt- und Multimediadatenbank | Digitalisierung: Pietschmann, Dieter-Robert

Attribution - ShareAlike 4.0 International

0
/
0

Location
Heidelberg
Collection
Städte und Dörfer
Material/Technique
Werkstein; Sandstein; Schmiedeeisen; Bleiglas; Stuck; Mauern; Steinmetz; Bildhauer; Schmieden; Stuckateur; Glasmaler; Holzschnitzer

Related object and literature

Classification
Kirchenbau (Gattung)
Historismus (Stilistische Einordnung)
Subject (what)
Architektur
Evangelische Kirche
Hallenkirche
Glasmalerei
Bleiglas
Steinplastik
Krabbe
Kanzel
Strebepfeiler
Wandpfeiler
Kartusche
Bauornament
Kreuzgewölbe
Triumphbogen
Portal
Säule
Kompositkapitell
Bauinschrift
Kirchturm

Event
Herstellung
(who)
(when)
1900 - 1904

Sponsorship
Pietschmann, Dieter-Robert
Last update
05.03.2025, 4:25 PM CET

Data provider

This object is provided by:
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Universitätsbibliothek. If you have any questions about the object, please contact the data provider.

Object type

  • Gebäude

Associated

Time of origin

  • 1900 - 1904

Other Objects (12)