Bestand
A Rep. 041-05-01 Amts- und Gemeindeverwaltung Friedenau (Bestand)
Vorwort: A Rep. 041-05-01 Amts- und Gemeindeverwaltung Friedenau
1. Orts- und Behördengeschichte
Friedenau ist ein Berliner Ortsteil im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Er ist verhältnismäßig zentral gelegen und wird unter anderem durch die Rhein- und Hauptstraße als Einkaufsmeilen geprägt. Gleichzeitig haben die vielen kleinen und teilweise engen Wohnstraßen mit ihren Vorgärten und zahlreichen Straßenbäumen sowie den alten Häusern mit einer vergleichsweise hohen Baudenkmaldichte einen ruhigen Charakter. Eine Besonderheit des Ortsteils liegt in der seinerzeitigen Planung durch die teilweise hufeisenförmige Aufteilung der Straßen. Der Ortsteil ist einer der flächenmäßig kleinsten und der am dichtesten besiedelte unter den 96 Ortsteilen Berlins.
Anders als zahlreiche andere Berliner Ortsteile geht Friedenau nicht auf einen historischen Dorfkern zurück, sondern wurde in Wilhelminischer Zeit neu gegründet. Wenige Monate nach der Beendigung des Deutsch-Französischen Kriegs im Jahr 1871 trat infolge des Zuzugs von über 50.000 Menschen eine so empfindliche Wohnungsnot im alten Kerngebiet Berlins ein, dass die Bautätigkeit bald auf den weiteren Umkreis der Hauptstadt übergriff. [6] Der am 09. Juli 1871 ins Leben gerufene Landerwerb- und Bauverein auf Actien grün-dete den Villenvorort und erwarb zwischen 1871 und 1875 insgesamt 550 Morgen Land des Ritterguts Deutsch-Wilmersdorf [7] mit der Absicht, preiswerte und zweckmäßige Wohnstätten zu schaffen. Der Name Friedenau, der auf das Ende des Deutsch-Französischen Kriegs hinweist, stammt von Hedwig Hähnel, der Frau des Baumeisters Hermann Hähnel. Das Gelände wurde nach einem festen Siedlungsplan parzelliert. An der ehemaligen Ringstraße (jetzt: Dickhardtstraße) entstand das erste Gebäude des Ortes. [8] Im Jahr 1874 wurde der Bebauungsplan vom damals zuständigen Landkreis Teltow amtlich anerkannt und Friedenau am 09. November 1874 zur selbstständigen Landgemeinde dieses Landkreises erhoben. [9] 1875 hatte Friedenau 1104 Einwohner in 258 Haushalten. [10] Im Jahr 1912 waren es bereits rund 43.000 Menschen, die sich hier niedergelassen hatten.
Ursprünglich wurde Friedenau von dem Hamburger Kaufmann und Großgrundbesitzer Johann Anton Wilhelm von Carstenn als Villenvorort englischen Stils konzipiert. Er erwarb 1865 das Gebiet und die Planer nutzten die Situation, um eine Landhauskolonie am Reißbrett zu entwerfen, was sich an dem symmetrisch gestalteten Straßennetz gut erkennen lässt.
Die geografische Nähe zur sogenannten "Stammbahn" sowie der parallel verlaufenden Wannseebahn, und die Einbeziehung der ehemaligen Reichsstraße 1, die das Berliner Stadtschloss mit Potsdam verband, wurde für die Gründung der Landgemeinde Friedenau ausgewählt. Durch die Kaiserallee (heute: Bundesallee) konnte eine weitere wichtige Verkehrsverbindung in den damals aufstrebenden "Neuen Westen" rund um den Kurfürstendamm hergestellt werden.
Der Bebauungsplan von Johannes Otzen aus der Zeit nach Gründung des Landerwerb- und Bauvereins sah um 1871/1872 vor, dass sich die Grundbesitzer dazu verpflichten mussten, keine Mietshäuser, sondern nur Stadtvillen zu errichten. Einige der aus der Gründungszeit stammenden Landhäuser und Villen sind noch in der Nied-, Albe- und Handjerystraße erhalten. Es handelt sich um bescheidene, meist einstöckige Häuser mit Kellern und ausgebauten Dachgeschossen sowie sehr kleinen Gärten. Seinerzeit stritten sich die Bauherren darum, ob die Häuser verputzt oder als Ziegelrohbau errichtet werden sollten. Der Volksmund sprach von den "Rohbauern", die die Ziegelbauweise bevorzugten, im Gegensatz zu den "Putzbauern", die - insbesonde-re im Bereich westlich der Kaisereiche - ihre Häuser verputzen ließen. [10]
Aufgrund des Wohnraummangels in Berlin wurde 1887 eine neue Bauordnung von der preußischen Regie-rung erlassen. Viele Villen wurden abgerissen und stattdessen Mietshäuser mit bis zu fünf Etagen errichtet. [11] 1892 folgte eine weitere Bauordnung, die im alten Teil Friedenaus die Höhe der Gebäude auf vier Etagen einschließlich Erdgeschoss beschränkte. Der Bauunternehmer Georg Haberland hatte im nördlichen Teil Friedenaus großen Einfluss auf die Bauplanung für die damals noch freien Flächen. Als weitsichtiger Ter-rainentwickler plante er den Südwestkorso und das Wagnerviertel, dem der Sportpark Friedenau mit seiner Radrennbahn weichen musste.
Die junge Landgemeinde wurde durch ein lebendiges Vereinsleben zusammengehalten. Die Mitglieder der Friedenauer Liedertafel, des Haus- und Grundbesitzervereins, der Friedenauer Schützengilde, des Friede-nauer Lehrervereins, der Vereinigung selbständiger Schneidermeister und des Kegelvereins Glatte Bahn trafen sich regelmäßig. Im Jahr 1886 wurde ein Männer-Turnverein gegründet, der noch heute als Friedenauer TSC 1886 e. V. existiert. Der damals sehr beliebte Radsport wurde auf der Zementbahn des Sportparks Friedenau betrieben, die für den im Jahr 1891 gegründeten Friedenauer Radfahrer-Verein gebaut worden war. Die Gewinner der Rennen erhielten das Goldene Rad von Friedenau in Form einer Medaille. [12] Einer der ersten Stummfilme wurde 1904 mit dem Titel Auf der Radrennbahn in Friedenau gedreht, was für den Bekanntheitsgrad der Rennbahn sprach. [13]
Nach der Jahrhundertwende wuchs die Bevölkerungszahl der Gemeinde an. Die Friedenauer Grundstücke wurden bis 1914 nahezu vollständig bebaut. Es wurden für die damalige Zeit gut ausgestattete Mietshäuser mit Vorgärten, Personenaufzügen und verhältnismäßig großen Wohnungen errichtet. Die von anderen Teilen Berlins bekannten Mietskasernen mit mehreren Hinterhöfen sind in Friedenau nicht zu finden.
Typisch für die großzügigen Wohnungen aus dieser Zeit ist das sogenannte "Berliner Zimmer", ein Durch-gangszimmer mit einem relativ schmalen Fenster, das die Räume im Vorderhaus mit den Räumen der Sei-tenflügel verbindet. Weitere Merkmale dieser Wohnungen sind die Dienstmädchenkammer, ein eigener Dienstbotenaufgang vom Hof zur Küche und eine Zimmerrufanlage. Mit dieser Klingelanlage konnte das Dienstmädchen in jeden Raum gerufen werden; ein Signalklappenkasten war im vorderen Flur angebracht.
1909 erwarb die Landgemeinde Friedenau ein Grundstück nahe dem Südwestkirchhof Stahnsdorf. Das be-nachbarte Wilmersdorf hatte angekündigt, künftig keine Bestattungen mehr für Friedenau zu übernehmen. Der von Hans Altmann angelegte Friedhof der Gemeinde Friedenau sollte den überbelegten Friedhof an der Stubenrauchstraße ablösen. Die erste Beisetzung fand im August 1913 statt. [14]
Friedenau erlebte in dieser Zeit einen Aufschwung und es entstanden zahlreiche öffentliche Bauten, so auch das zwischen 1913 und 1916 errichtete Rathaus Friedenau mit Feuerwache am Breslauer Platz und das imposante Gebäude des ehemaligen Kaiserlichen Postamtes I. Klasse (jetzt: Postamt 410) des Architekten Ludwig Meyer am ehemaligen Wilmersdorfer Platz (heute: Renée-Sintenis-Platz, das 1918 eröffnet wurde. Am 01. Oktober 1920 wurde die Landgemeinde Friedenau mit der seinerzeit noch selbstständigen Stadt Schöneberg als elfter Bezirk in das neu entstandene Groß-Berlin eingemeindet.
Quellennachweise:
[6] Willy Spatz: Der Teltow, Geschichte der Ortschaften des Kreises Teltow. Berlin 1912.
[7] Charlottenburg-Wilmersdorf von A bis Z im berlin.de-Lexikon
[8] 125 Jahre Friedenau - In die Jahre gekommen … In: Der Tagesspiegel. vom 7. Juli 1996, S. 9.
[9] ab G. Blankenburg: Friedenau - Künstlerort und Wohnidyll. Die Geschichte eines Berliner Stadtteils. S. 113.
[10] ab S. Eggert: Spaziergänge in Schöneberg. S. 47.
[11] H. Ebling: Friedenau - Aus dem Leben einer Landgemeinde, 1871-1924. S. 49.
[12] H. Ebling: Friedenau - Aus dem Leben einer Landgemeinde, 1871-1924. S. 80.
[13] G. Blankenburg: Friedenau - Künstlerort und Wohnidyll. Die Geschichte eines Berliner Stadtteils. S. 22.
[14] Peter Hahn: Hans Altmann - Als Architekt prägte er das Bild Friedenaus. In: Märkische Allgemeine Zei-tung. (online).
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Berlin-Friedenau (Stand 23.05.2012)
2. Bestandsgeschichte
Das Findbuch basiert auf der Retrokonversion der vorhandenen Findmittel und Verzeichnung der unerschlossenen Akten im Jahre 2011 in Augias 8.2.
Insgesamt umfasst der Bestand 29 AE 0,75 lfm über die Zeit von 1898 - 1925 (- 1947).
Die Benutzung erfolgt über Findbuch und Datenbank.
Der Bestand wird wie folgt zitiert:
Landesarchiv Berlin A Rep. 041-05-01 Amts- und Gemeindeverwaltung Friedenau, Nr. …
3. Verweise
LAB A Rep. 041-08 Bezirksamt Berlin-Schöneberg
LAB A Rep. 020-55 Gymnasium Friedenau
4. Literatur
Gudrun Blankenburg: Friedenau - Künstlerort und Wohnidyll. Die Geschichte eines Berliner Stadtteils. Frie-ling, Berlin 2006, ISBN 3-8280-2350-9 (mit Register sowie beiliegender Denkmalkarte).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: 07/0455
Christel und Heinz Blumensath: Das andere Friedenau - Spaziergänge durch 125 Jahre Kunst-, Literatur- und Baugeschichte. Bezirksamt Schöneberg, Berlin 1996.
Alfred Bürkner: Friedenau - Straßen, Häuser, Menschen. Stapp-Verlag, Berlin 1996, ISBN 3-87776-065-1.
Hermann Ebling: Friedenau - Aus dem Leben einer Landgemeinde, 1871-1924. Zinsmeister und Grass, Berlin 1986, ISBN 3-9801309-0-8.
Hermann Ebling, Evelyn Weissberg: Friedenau erzählt: Geschichten aus einem Berliner Vorort - 1871 bis 1914. edition Friedenauer Brücke, Berlin 2007, ISBN 978-3-9811242-1-7.
Peter Lemburg, Gabriele Schulz, Dietrich Worbs: Denkmale in Berlin, Bezirk Schöneberg, Ortsteil Friedenau. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Hrsg. v. Landesdenkmalamt Berlin und vom Bezirksamt Schöneberg von Berlin. Willmuth Arenhövel, Berlin 2000, ISBN 3-922912-52-4.
Helmuth Pohren-Hartmann, Hermann Ebling, Evelyn Weissberg: Der Künstlerfriedhof in Friedenau. Edition Friedenauer Brücke, Berlin 2006, ISBN 3-9811242-0-0.- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: 08/0247
Hans-Jürgen Mende (Hrsg.): Alle Berliner Straßen und Plätze, von der Gründung bis zur Gegenwart. Lexikon. 4 Bände. Edition Luisenstadt. Verlag Neues Leben, Berlin 1998, ISBN 3-355-01491-5.
Harry Balkow-Gölitzer: Prominente in Berlin-Friedenau und ihre Geschichten. be.bra, Berlin 2010, ISBN 978-3-8148-0171-1.
Leben in Schöneberg / Friedenau 1933-1945 Alltag im Nationalsozialismus, Gewaltherrschaft und Widerstand ; [Katalog zur Open-Air-Ausstellung im Kleistpark "Flanieren im Schatten der Vergangenheit" vom 23.08.-27.09.1987]. - Selbstverl. (1987).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: 88/0746(6)
Kirche Zum Guten Hirten, Berlin-Friedenau aus Baugeschichte und Planung ; der Bethanienaltar. - Selbstverl. (1986).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: Ser 210(2)
Friedenau aus dem Leben einer Landgemeinde. 1871-1924. Eine Dokumentation. - Zinsmeister u. Grass (1986).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: 87/0047
Wollschlaeger, Günter: Chronik Friedenau Wort- & Bild-Specials (1986).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Sig-natur: 86/1317
Pomplun, Kurt: Friedenau Beamtenhochburg und Dichterkolonie. - (1970).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: Ser 77(13)
Pomplun, Kurt: Straßen, Plätze und Brücken in Schöneberg-Friedenau ihre Entstehung und ihre Namen. - Haupt u. Puttkammer (1964).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: A 1062
Heilmann, Werner: Friedenau 1871-1920 aus der Geschichte und dem Leben einer Landgemeinde. - Haupt & Puttkammer (1964).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: Gesch 928
Festschrift zum 50jährigen Jubiläum der Paul-Natorp-Schule
Festschrift der Königin-Luise-Schule zum 25jährigen Bestehen 1907-1932. Berlin-Friedenau. - Selbstverl. (1932).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: 05600
Gymnasium zu Friedenau Jahresbericht. - Schultz.- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: 00928 Ostern (1904)
Willen, Susanne: Die Schulbauten von Gemeindebaurat Hans Altmann in Friedenau Selbstverl. (2010).- Bib-liothek Landesarchiv Berlin Signatur: 10/0244
50 Jahre Männer-Turnverein zu Friedenau : 1886-1936 ; Festschrift zur 50-Jahrfeier des Vereins vom 09. bis 17.05.1936 1886-1936 ; Festschrift zur 50-Jahrfeier des Vereins vom 09. bis 17.05.1936. - Schultz (1936).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: Soz A 362
Der Haus- und Grundbesitzer-Verein zu Berlin-Friedenau 1888-1913 ein Überblick seiner Entwicklung, eingel. durch einen Abriss der Geschichte Friedenaus von dessen Entstehung bis zur Vereinsgründung. - Leo Schultz (1913).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: B 483
Adressbuch für Friedenau mit einer Übersicht der Teltower Kreisbehörden, der städtischen Behörden von Schöneberg und der Gemeindeverwaltung Friedenau. - Schultz.- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: M 46/2 (1910) (1914)
Willen, Susanne: Das Rathaus Friedenau am Breslauer Platz. - Selbstverl. (2008).- Bibliothek Landesarchiv Berlin Signatur: 08/0737
http://www.friedrich-bergius-schule.de/Geschichte/Geschichte1.html (Stand 05.06.2012)
Berlin, 2012 Ute Strauß
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A Rep. 041-05-01
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deutsch
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- 1891 - 1947