Bestand
Vereinigte Murische Herrschaft Glatt: Urkunden, Akten und Amtsbücher (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Einleitung
Die Vereinigte Murische Herrschaft Glatt
Die Herrschaft gelangte 1802 mit Ausnahme von Dürrenmettstetten, das an Württemberg fiel, an Hohenzollern-Sigmaringen. Sie war erst nach Erwerbungen durch das Kloster Muri (Kanton Aargau) zwischen 1706 und 1743 gebildet worden, und zwar aus der Herrschaft Glatt im engeren Sinne mit dem Dorf Glatt, dem halben Dorf Dürrenmettstetten und einem Sechstel des Dorfes Dettingen, aus der Herrschaft Dettingen mit Priorberg, aus der Herrschaft Dießen mit den Dörfern Dießen und Dettlingen sowie dem Haidenhof, aus der Herrschaft Dettensee und aus dem Rittergut Neckarhausen.
Von den genannten Teilgebieten konnte das Kloster 1706 als erstes die Herrschaft Glatt im engeren Sinne von Maria Jakobea Freifrau von Landsee und ihren Söhnen käuflich erwerben. Die Freiherren von Landsee hatten die ursprünglich zum Besitz der Freiherren von Neuneck gehörende Herrschaft 1683 nach Erbstreitigkeiten mit dem Domstift Trier, das die unverheiratet gebliebene Agnes Apollonia von Neuneck 1678 beerbt hatte, zugesprochen bekommen.
Die Herrschaft Dießen erwarb Muri 1708 von dem Freiherrn Johann Albrecht Schenk von Stauffenberg, der sie 1696 von seinem Onkel Johann Georg von Wernau geerbt hatte. Vorbesitzer waren die Herren von Hohengeroldseck, von Ow, von Neuneck, von Ehingen und die Familie Hülwer.
1715 konnte Muri die Herrschaft Dettensee von dem Freiherrn Keller von Schleitheim erwerben. Vorbesitzer waren das Kloster St. Gallen, die Herren von Ow, Graf Joachim von Zollern, die Grafen von Nellenburg, Hohenzollern-Haigerloch und die Herren von Neuneck.
Die restlichen fünf Sechstel der Herrschaft Dettingen erwarb das Kloster Muri 1729 von den Specht von Bubenheim. Das namensgleiche Dorf befand sich zunächst im Besitz der Herren von Dettingen. Auf welche Weise dann die Herren von Neuneck einen Teil der Herrschaft an sich bringen konnten, ist unbekannt. 1596 verkauften die Herren von Dettingen ihren restlichen Anteil an die Herren von Wernau, dieser ging dann auf dem Erbwege 1696 an Georg Specht von Bubenheim. Der neunecksche Anteil war 1683 an die Freiherren von Landsee, den unmittelbaren Vorbesitzern des Klosters Muri in der Herrschaft Glatt im engeren Sinne, gelangt.
1743 schließlich kaufte das Kloster Muri von dem Freiherrn von Schütz das Rittergut Neckarhausen. Inhaber von Neckarhausen waren die Herren von Lichtenstein, ab 1682 der Freiherr Johann Friedrich von Landsee und danach Johann Lentz von Haigerloch und Adam Heinrich Keller von Schleitheim.
Die Murische Herrschaft am oberen Neckar wurde im Reichsdeputationshauptschluss Hohenzollern-Sigmaringen zugewiesen. Die Inbesitznahme wurde am 2. November 1802 vollzogen.
Der Teilbestand, bestehend aus Urkunden, Akten und Amtsbüchern (vor allem Lagerbücher und Rechnungsbände), stellt eine gute Dokumentation der Herrschaft, ihrer Bestandteile und der einzelnen Geschlechter dar, nämlich der Herren von Neuneck, Ow, Dettingen, Dettlingen, Wonau, Ehingen, Hohengeroldseck, Wehrstein, Bubenheim, Schenk von Stauffenberg, Keller von Schleitheim und von Lenz. Die Dokumentation beruht schwerpunktsmäßig auf Lehen- und Forstsachen und Liegenschaftsgeschäften. Der Bestand enthält ferner Unterlagen des Fürstlich Hohenzollernschen Oberamts Glatt und der Fürstlich Hohenzollernschen Rentämter Haigerloch und Hechingen.
Unterlagen gleicher Provinienz werden im Bestand DS 1 (Grafschaft/Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen) im Bestand Ho 163 (Murische Herrschaft Glatt) des Staatsarchivs Sigmaringen und im Hauptstaatsarchiv Stuttgart verwahrt.
Dr. Otto Becker
Inhalt und Bewertung
Vorbericht
Die Abteilung "Herrschaft Glatt" gehört zu den umfangreichsten des hiesigen Fürstlich Hohenzollernschen Domänen-Archivs, ohne dabei jedoch in historischer Beziehung im Verhältnis zu der großen Anzahl der vorhandenen Urkunden und Akten besonders wichtig oder interessant zu sein. Hauptsächlich kommen hier in Betracht die Ortschaften: Glatt, Dettensee, Dettingen, Dettlingen, Dießen und Neckarhausen, welche mit Fischingen, Betra und einzelnen Höfen 1839 das ehemalige Oberamt Glatt bildeten. Jeder dieser einzelnen Orte hatte seine eigenen Herren (Dießen und Dettlingen gehörten zusammen) und kam durch Kauf oder Erbschaft in verschiedene Hände. Alle vereinigten sich schließlich im Besitz des Fürstlichen Stiftes Muri im Kanton Aargau und gingen durch Reichs-Deputations-Hauptschluss 1803 (mit Beuron, Holzen in Bayern und Inzigkofen) an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen als Entschädigung für die Verluste, welche dasselbe in Folge des Lunéviller (Lünnewiller) Friedensvertrages in den Niederlanden (Herrschaft Boxmeer) erlitten hatte, über.
Glatt gehörte ursprünglich den Herren von Neuneck, welche schon im 13. Jahrhundert daselbst vorkommen. Ein Ulrich von Neuneck baute 1293 die Kirche zu Glatt. Die letzte dieses einst blühenden Geschlechtes war Agnes Elisabeth Apolonia von Neuneck, welche Glatt nach ihrem 1678 erfolgten Tod dem Erz- und Domstift Trier, an dem ihr Onkel Johann Wilhelm von Elz als Dechant sich befand, vererbte. Im Jahre 1681 verkaufte das genannte Stift den Erbteil Glatt an die Herren von Landsee, die es 1706 mit aller Zubehör um 55000 fl. an das Fürstliche Stift Muri abtraten. Im Jahre 1803 fiel Glatt mit den übrigen Ortschaften, wie schon oben bemerkt, an Hohenzollern-Sigmaringen.
Besitzungen zu Dettensee wurden schon im 9ten Jahrhundert dem Kloster St. Gallen geschenkt und von diesem an die Grafen von Nellenburg und Tengen verkauft. Nach dem Aussterben der Letzteren kam Dettensee 1595 an Graf [Johann] Christoph von Hohenzollern (Haigerloch). 1596 ging es in Besitz des Wildhans von Neuneck über, jedoch mit Wiederkaufsrecht von Seiten der Verkäufer. Von diesem Recht wurde 1620 Gebrauch gemacht, wodurch Dettensee wieder an die Grafen von Hohenzollern (Haigerloch) kam. Im Jahr 1631 verschrieb Graf Karl von Hohenzollern (Haigerloch) Schloss, Dorf und Gut Dettensee seiner Gemahlin Rosamunde von Ortenburg für die von ihr mitgebrachte Morgengabe im Betrage von 19780 fl. 1638 verkaufte Fürst Meinrad [I.] zu Hohenzollern-Sigmaringen Schloss und Dorf Dettensee mit aller Zubehör dem Freiherrn Adam Heinrich Keller von Schleitheim um 25363 fl. Am 23. Dezember 1715 ging Dettensee von den [Keller von] Schleitheim kaufsweise um die Summe von 31200 fl. an das Fürstliche Stift Muri über, wo es bis zur Übergabe an Hohenzollern-Sigmaringen blieb.
Dettingen, früher fast stets Ober- und Unter-Dettingen genannt, von denen jedes Sitz eines adeligen Herrn war, befand sich bis 1596 resp[ective] 1605 in Besitz der Herren von Dettingen, von denen es durch Kauf an die Herren von Wernau überging. Im Jahr 1723 kam Dettingen an die Herren Specht von Bubenheim, welche es 1732 dem Fürstlichen Stift Muri um 77750 fl. verkauften, in dessen Besitz blieb es bis 1803.
Dettlingen gehörte (soweit hier geschichtliche Belege vorliegen) stets zu Dießen. Eigentümer waren die Herren von Hohen-Geroldseck, von denen es lehenweise an die Herren von Ow, von Neuneck, von Ehingen und die Familie Hülwer kam, die einzelne Teile davon innehatten und dieselben gegenseitig sich verpfändeten und verkauften. Im Jahre 1556 überließen die Herren von Hohen-Geroldseck Dorf und Schloss Dießen nebst Dettlingen den Herren von Wernau um 4500 fl. als freies Eigentum. Von diesen gelangten Dießen und Dettlingen (angeblich erbweise) an die Freiherren Schenk von St auffenberg, welche 1708 ihr Besitztum an das Kloster Muri um 50000 fl. verkauften. Bei Muri blieb es bis 1803.
Neckarhausen, ehemals in Besitz der Herren von Lichtenstein, ging 1683 leihweise an den hohenzollernschen Kastenvogt, spätern Rat und Rentmeister Johann Lentz über. Kurze Zeit nachher kamen die Herren von Landsee in Besitz des Rittergutes und diese verkauften dasselbe 1692 an den obengenannten J[ohann] Lentz. Von dem erwarben es 1702 die Freiherren Keller von Schleitheim um 15000 fl., von denen ging es 1737 an Freiherr von Schütz über. Er hatte Neckarhausen um 28000 fl. erworben und veräußerte es 1742 an das Fürstliche Stift Muri für 36500 fl. Von hier fiel es 1803 an Hohenzollern-Sigmaringen.
Das vorliegende Repertorium ist nach Rubriken auf Grund der hofkammerlichen Registraturordnung veranlagt. Das Aktenmaterial besteht aus den Akten und Urkunden des Fürstlich Hohenzollernschen Domänen-Archivs, den aus dem königlichen Staatsarchiv zu Sigmaringen ausgefolgten Akten und dem 1786 verfassten "vollständigen Register derer im Fürstlich Murischen Archiv befindlichen Schriften der Herrschaft Glatt".
Sigmaringen im November 1880
Dr. C[arl] Th[eodor] Zingeler
F[ürstlich Hohenzollernscher] Archiv-Assessor
Nachtrag:
Im Herbst 2013 wurde unter der Betreuung von Sabine Hennig das handschriftliche Findbuch inklusive Orts- und Personenregister im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten Projekts zur Retrokonversion archivischer Findmittel durch einen externen Dienstleister digitalisiert. Sabine Hennig und Birgit Meyenberg führten die für die Einstellung in das Internet notwendigen Nacharbeiten durch.
- Bestandssignatur
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Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, FAS DS 27 T 1
- Umfang
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1857 Einheiten (16,3 lfd.m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Fürstlich Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv (Dep. 39) >> Domänenarchiv Hohenzollern-Sigmaringen >> Erworbene weltliche Herrschaften, säkularisierte Klöster und Stifte >> Geistliche Herrschaften und Stifte
- Verwandte Bestände und Literatur
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Johannes Buckenmaier, Die Herrschaft Glatt, Maschinenschriftliche Zulassungsarbeit PH Freiburg 1965.
Wolfgang Hermann, Herrschaftliche Rechtsetzungen unter Hans dem Alten und Reinhard von Neuneck (Glatter Schrift 3), 1986.
Franz Xaver Hodler, Geschichte des Oberamts Haigerloch, Hechingen 1928, besonders S. 173 ff.
Martin Kien, Geschichte der Benedictiner Abtei Muri-Gries, Bd. 2: Geschichte Muri's in der Neuzeit, Stans 1891, S. 145 ff.
Johann Ottmar, Die Burg Neuneck und ihr Adel. Ein Beitrag zur Geschichte des niederen Adels an Neckar und Schwarzwald (= Göppinger Akademische Beiträge 84), Göppingen 1974.
Johann Ottmar, Die Grabmäler der Familie von Neuneck in der Pfarrkirche in Glatt, in: Glatter Schriften 1 (1979, S. 5-30).
Johann Ottmar, Der Bauernaufstand von 1525 zwischen Nordschwarzwald und oberem Neckar (Glatter Schriften 2 (1982).
Imke Ritzmann, "Das Wasserschloss in Sulz-Glatt/Baden-Württemberg - Studien zum Schlossbau der Renaissance in Süddeutschland unter besonderer Berücksichtigung der kastellartigen Schlossanlagen". Dissertation
an der Universität Freiburg, 2013. Online-Veröffentlichung: http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/9453/
- Indexbegriff Ort
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Glatt, Sulz am Neckar RW; Murische Herrschaft
Muri [CH]; Kloster, Herrschaft Glatt
- Bestandslaufzeit
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1334-1891
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 08:37 MESZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1334-1891