Akten

Appellationis Auseinandersetzung um Steuerzahlung

Kläger: (2) Universität Greifswald, Generalsuperintendent und sämtliche Prediger in Pommern (Kl. in 1. Instanz)

Beklagter: Pommersche Landstände (Bekl. in 1. Instanz)

Anwälte, Prokuratoren: Kl.: Dr. Mevius Völschow (A), Gottfried Christian Michaelis (P) Bekl.: Dr. Alexander Caroc (A), Dr. Friedrich Anthon (P)

Fallbeschreibung: Der Landtag hat beschlossen, die Universität und alle Prediger zu der Kopfsteuer hinzuzuziehen, die erhoben wird, um die Truppen gegen die Türken zu finanzieren. Bei Verweigerung wird den Kl.n Vollstreckung angedroht. Dagege wenden sich die Kl. an die Landesregierung und bitten darum, sie wie üblich von der Steuer zu befreien, die in keiner eintzigen Provintz Teutschlands" vom Klerus erhoben würde. Die Landstände lehnen ab, die Landesregierung beruft sich auf ihre Entscheidung, stellt es aber den Professoren und Predigern frei, ein "documentum paupertatis" beizubringen. Dagegen appellieren die Kl. an das Tribunal, bestehen auf ihrer Steuerfreiheit und bitten darum, den Beauftragten des Landkastens, Dalemann, und den Landesexekutor Otte anzuweisen, mit der Vollstreckung einzuhalten, bis sie eine spezielle Anweisung der Landesregierung dazu hätten. Nachdem das Tribunal den Kl.n am 19.08. aufgetragen hat, das notariell bestätigte Appellationsinstrument vorzulegen und die Kl. dies am 24.08. nachgeholt haben, fordert das Gericht am 24.09. die Akten der Vorinstanz von der Landesregierung an. Am 15.12.1686 präsentieren die Kl. ein Schreiben Karls XI. an das Tribunal, das den Fall dem Gericht zur Entscheidung überläßt. Am 10.01.1687 bitten die Bekl., das Kgl. Reskript und die aus Stockholm übersandten Akten in den Prozeß einzubeziehen, werden aber am 19.03. beschieden, daß dies bereits passiert sei. Am 03.03. bitten die Kl. um ein Reskript an die Landesregierung, die Akten der Vorinstanz an das Tribunal einzuschicken und erwirken dies am 19.03. Am 21.05. übergibt der Anwalt der Kl. die Akten und bittet um ihre Eröffnung, die das Tribunal am 27.05. auf den 01.06. ansetzt. Am 17.10.1687 erklärt das Tribunal, die Forderung der Kl. nach völliger Steuerfreiheit sei "nicht fundiret", stellt es der Landesregierung aber frei, sie mit einem "subsidio charitativo" zu belegen und lädt zur Verhandlung dessen auf einen Vorbescheid am 10.01.1688 ein. Am 01.12. bitten die Kl. um eine 4wöchige Fristverlängerung, die sie am 07.12. erhalten. Am 08.12. bitten die Bekl. darum, auf einem Landtag zu untersuchen und zu verhandeln, ob die Kl. nach Reichsherkommen oder mit einem subsidio charitativo an der Steuer zu beteiligen sind. Ihr Wunsch ist es, die Kl. in die Bezahlung der Kopfsteuer dauerhaft und regelmäßig einzubeziehen und sie kündigen Revision an, falls die Entscheidung des Tribunals anders fällt. Am 16.12.1687 schreibt der Generalgouverneur von Pommern Nils Bielke in gleichem Tenor an das Tribunalskollegium. Am 02.01.1688 bitten die Bekl. um Verschiebung des Vorbescheides, das Tribunal setzt am 03.01. den 23.02. als neuen Termin fest. Am 23.04. ziehen die Bekl. das Beispiel des Bremer und mecklenburgischen Klerus heran, die sich ohne Widerstand an der Kopfsteuer beteiligen und verweisen auf entsprechende Reichsabschiede, die man auch in Pommern anzuwenden habe. Das Tribunal fordert die Kl. am 26.04. zur Erwiderung auf. Am 01.05. kommentieren die Kl. das nicht überliefert Protokoll des Vorbescheides und bitten um Änderungen bestimmter Formulierungen, zeigen sich aber ansonsten willig, zur Türkensteuer beizutragen. Am 21.06. bitten die Kl. um Fristverlängerung für ihre Antwort auf das Schreiben der Bekl. vom 23.04., die sie am 22.06. erhalten. Am 21. und 27.08. erklären die Kl., daß die Bekl. es versäumt hätten, gegen das Urteil vom 17.10.1687 ein Rechtsmittel einzulegen, womit dieses rechtskräftig geworden sei. Die Kl. führen an, daß die geistlichn Stände nur dann zur Türkenhilfe herangezogen woden seien, wenn vorher ein entsprechender Reichsabschied publiziert worden sei. Da dies in diesem Falle nicht zutrifft, berufen sie sich einmal mehr auf ihre alten Rechte und bitten um deren Beachtung. Das Tribunal fordert die Bekl. am 01.09. zur Erwiderung auf, die am 13.10. um Fristverlängerung bitten und am 23.10. auf ihrer Forderung, die Kl. an der Steuerzahlung angemessen zu beteiligen, bestehen. Das Tribunal schließt die Beweisaufnahme am 26.10.1688. Am 24.10.1693 bitten die Landstände um ein Urteil, am 22.01.1694 erklärt das Tribunal, alle bisher gezahlten Steuern der Kl. seien als freiwillig anzusehen, die kein Präjudiz nach sich ziehen würden. Künftig sollten die Kl. zur Türkensteuer herangezogen weden, wenn durch Reichs- und Kreisabschiede entsprechende Verordnungen getroffen wurden oder wenn in Pommern ein besonderer Notfall eingetreten sei, der ihre Hilfe erfordere. In diesem Falle sollte sich die Landesregierung mit ihnen über ihren Beitrag vergleichen und dazu erforderlichenfalls die Hilfe des Tribunals in Anspruch nehmen.

Instanzenzug: 1. Pommersche Landesregierung 1686 2. Tribunal 1686

Prozessbeilagen: (7) Befehl der Pommerschen Landesregierung zur Bezahlung der Türkenhilfe vom 02.06.1686 (Druck); Mandat der Pommerschen Landesregierung vom 13.07.1686; von Notar Johannes Heller aufgenommene Appellation vom 26.07.1686; Verordnungen der Pommerschen Landesregierung zur Bezahlung der Türkensteuer vom 01.09.1663, 15.02.1664; von Tribunalsbote Valentin Kettler ausgestellte Übergabequittungen für Tribunalsmandate vom 07. und 13.10.1686; Prozeßvollmachten der Kl. für Michaelis vom 07.12.1686 und der Bekl. für Dr. Anthon vom 03.11.1688; Schreiben Karls XI. an das Tribunal vom 08.10.1686; Supplik der Kl. an den Kgl. Hof vom 24.09.1686; Auszug aus den Gutachten der Theologischen Fakultäten zu Helmstedt und Nürnberg von 1612; Memorial der Pommerschen Landstände, am 25.09.1686 in Stockholm übergeben; Supplik der Kl. an die Pommersche Landesregierung vom 09.06.1686; Memorial der Pommerschen Landstände an die Pommersche Landesregierung vom 22.06.1686; Antwort der Landesregierung an die Kl. (o.D.) und vom 25.02.1687; Auszug aus der Resolutionen der Pommerschen Landesregierung vom 16.11.1687, 08.03.1688; Steuerpatent der Stader Landesregierung vom 15.07.1686 (Druck); Auszug aus Ferdinand Christoph Harpprecht, Tractat de praescriptione immunitatis a collectis

Archivaliensignatur
(1) 0209
Alt-/Vorsignatur
Rep. 29, Nr. 430

Kontext
Wismarer Tribunal >> 01. Prozeßakten >> 01.07. 1. Kläger G
Bestand
LAG, Rep. 29 Wismarer Tribunal

Laufzeit
(1612-1686) 17.08.1686-26.10.1688

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Letzte Aktualisierung
09.05.2025, 15:01 MESZ

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Objekttyp

  • Gerichtsakten

Entstanden

  • (1612-1686) 17.08.1686-26.10.1688

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