Tektonik
Archive der fürstbischöflichen Zeit
Die Geschichte des Stadtarchiv kann bis in das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts zurückverfolgt werden: Um 1570 erwähnt Hermann von Kerssenbrock in seiner Darstellung der Geschichte Münsters erstmals die "Schriverie" als Ratsschreibstube, in der aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Dokumente der Stadt verwahrt wurden. 1636 wurde das Archiv nachweislich in eigenen Räumlichkeiten im Schmiedeturm hinter dem Rathaus untergebracht. Seit dem 16. Jahrhundert ist im Schriftgut der Stadt Münster der Begriff "Archiv" - meist neben oder gar als Synonym von "Registratura" verwendet - nachzuweisen. Das älteste überlieferte "Findbuch" ist der "Index sive Directorium Archivii Senatus Monasteriensis" oder das "Inventarium seu Directorium (Generale) Amplissimi Senatus Monasteriensis Archivii seu eiusdem Registraturae capita generalia", das von dem "Großen" und dem "Kleinen Schrein" auf der Ratskammer spricht. Das jüngste darin zu findende Datum bezeichnet das Jahr 1648; dies ist jedoch nicht als scharfe Zeitgrenze zu werten, zumal auch viele Einträge ohne Datierung blieben. Eine neue, offenbar steckengebliebene Ordnung und Verzeichnung des städtischen Archivs wurde etwa in den 1770er Jahren in Angriff genommen. Sie versuchte noch, die Archivalien des späteren Gerichtsarchivs und Ratsarchivs in eine gemeinsame Ordnung zu bringen. Ordnungselement war das "Loculament" (Locul.) in Schränken, jeweils mit einer gewissen Anzahl an Nummern. Erfasst sind bereits Senatsprotokolle, Senatsprodukte, Protokolle in Causae judicialia, Protokolle in Causae criminalia, Straßenregister, Gruetamtssachen, Kämmereisachen, Weinamtssachen, Brauschillingssachen, Einquartierungs-, Kriegs-, Kontributions- und Militärsachen, Land- und Landtagssachen, Jurisdiktionssachen, Testamenta, Tutoria (Pupillarsachen), Causae civiles und Causae discussionum. Der Vorläufer des heutigen Ratsarchivs, ebenfalls noch nach "Numerus Loculamenti Archivi" feingegliedert, wurde in 42 Sachgruppen unterteilt, die hier nicht mehr alle genannt werden müssen. Teilweise lassen sich die heute noch bestehenden Sachgruppen schon erkennen ("Polizei-Ordnung", "Münzwesen", "Landtags-Sachen" oder "Hanse"), teilweise wurden sehr differenzierte Sachgruppen formiert, die bei der endgültigen Gliederung in größere Sachgruppen aufgegangen sind ("Pfennigkammer-Rechnungen", "Gruetamts-Rechnungen", "Brot-Taxe" oder "Städtische Vicarien") ("Repertorium des Archivs der Stadt Münster 1ter Band"). Für das erste Archivverzeichnis des 17. Jahrhunderts waren die Stadtsekretäre Henrich und Bernhard Holland verantwortlich. Im Jahre 1822 wird unter dem Bürgermeister Schweling für die Ordnung des Archivs der Sekretär Fatzmer angestellt. Fatzmer bewertete rund die Hälfte des vorhandenen Materials als wertlos und vernichtete sie, seine Ordnungskriterien hielten nicht lange vor; denn schon 1840 begann ein Herr Krabbe, der vermutlich mit dem Domrendanten oder Domwerkmeister Anton Krabbe, der von 1851 bis 1875 als Domkapitelarchivar tätig war, zu identifizieren ist, mit seiner Arbeit. Sein Arbeitsfortschritt kann nicht allzu groß gewesen sein, denn im Jahre 1857 schrieb Bürgermeister Offenberg an die Stadtverordneten, dass sich das Archiv in einem unglaublich desolgten Zustande befinde, dass der Inhalt der Sammlungen nicht bekannt und dass es ein Ding der Unmöglichkeit sei, ein bestimmtes Stück, das man suche, zu finden. Akten und Urkunden lägen auf dem Fußboden umher und es müsse dringend vermieden werden, dass ein Fremder das Archiv betrete. Arbeitsfortschritte zeichneten sich erst ab, als Krabbe Unterstützung von einem Herrn Brockhausen erhielt. In der Zeit vom 1. Mai1857 bis 29. August 1858 wurde die in Grundzügen noch heute bestehende Ordnung in 18 Sachgruppen (I-XVIII) eingerichtet und ihnen die Archivalieneinheiten zugeordnet. Innerhalb der Sachgruppen erfolgte eine - wenn möglichst - chronologische Auflistung; wenn nötig, wurden weitere Sachuntergliederungen vorgenommen. Die Einheiten nummerierte man mit arabischen Ziffern durch. Ursprünglich gab es den Teilbestand A XVIII „Senats-Protocolle“. Dieser wurde später aufgelöst, und die Protokollbände wurden dem Teilbestand A II „Ratsangelegenheiten“, der bis dahin „Ratswahlen“ geheißen hatte, angegliedert. Der Teilbestand A XVII „Miscellanea“ umfasste zunächst lediglich 79 Einheiten; er wurde im Laufe der Zeit noch erheblich erweitert. Im 20. Jahrhundert wurden weitere kleinere Eingriffe am Ratsarchiv vorgenommen. Das in den 1920er und 1930er Jahren von Josef Ketteler verzeichnete Gerichtsarchiv erfuhr also im wesentlichen seine Formierung in jener Zeit. In Weiterführung der Einteilung nach "Loculamenta" wurde dann wohl in den letzten Jahren der fürstbischöflichen Zeit das heutige Gerichtsarchiv formiert und vollendet; es wurden die heute noch bestehenden Teilbestände Judicialia, Causae civiles, Pupillar-Sachen, Discussions-Sachen, Scabinal-Sachen und Criminalia formiert. Die sehr kleinen Teilbestände Archidiaconal-Sachen, Freibriefe und Notarial-Sachen gibt es heute nicht mehr ("Repertorium des Archivs der Stadt Münster 2ter Band"). Literatur: - Bericht von Otto Hellinghaus im Rahmen der Sitzung des Westfälischen Altertumsvereins am 7.1.1897. In: Münsterischer Anzeiger vom 8. Januar 1897 - Alwin Hanschmidt, Zwischen Stadtautonomie und fürstlicher Stadtherrschaft. In: Geschichte der Stadt Münster I, S. 249-299. - Gerd Dethlefs, Verfassung der Stadt Münster 1553-1661. In: Münster 800-1800. Münster 1984, S. 165-168.
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A.1.
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Stadtarchiv Münster (Archivtektonik) >> Archive der Stadt Münster
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23.06.2025, 8:11 AM CEST
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