Bestand

Weltliche Lagerbücher: OA Waiblingen (Bestand)

1. Zur Geschichte des Oberamtes Waiblingen: Die Gegend um Waiblingen gehörte zu denjenigen in Schwaben, welche sich durch eine frühe römische Besiedelung hervortaten; namentlich in der Umgebung von Waiblingen und Beinstein. Die Orte lagen an häufig genutzten Wegstrecken der Römer von und nach Cannstatt. In der alemannischen Zeit entwickelte sich das Gebiet um den heutigen Stadtkern von Waiblingen zu einem politischen, wirtschaftlichen und kirchlichen Zentrum. Etwa ab dem Jahr 746 unter der Herrschaft der Franken wird Waiblingen zum Mittelpunkt der fränkischen Reichsgutverwaltung und kommt im 8. Jahrhundert durch Heirat und Erbfolge über die Herzogstochter Hildegard in den Besitz des ersten großen deutschen Kaisergeschlechtes, der Karolinger. Auch in der karolingischen Zeit tat sich die Gegend um Waiblingen immer wieder als Aufenthaltsort von Königen und deren Gefolge hervor. Die früheste Nennung von Waiblingen fällt in die Zeit um 885 durch Kaiser Karl III.; Beinstein wird 1086 erstmals erwähnt, Schwaikheim und Hochberg folgen um das Jahr 1105. Die anderen Orte des Bezirks um Waiblingen lassen sich erst in der Zeit der hohenstaufischen Kaiser nachweisen. Waiblingen selbst wurde um 1250 von Graf Ulrich von Württemberg zur Stadt erhoben und gehörte hier bereits zu Württemberg. Nach einer kurzen Zugehörigkeit zur Reichsstadt Esslingen entwickelte sich Waiblingen im 14. Jahrhundert (ab 1315) zum Hauptort einer Vogtei, die den württembergischen Besitz im unteren Remstal umfasste. 1325 kam auch das nordöstlich angrenzende Gebiet rund um Winnenden zu Württemberg, das sein Territorium in der Folge weiter vergrößern konnte: Hertmannsweiler (1453) und Hegnach (1467) wurden in die bestehenden Ämter eingegliedert, aus der 1665 erworbenen Deutschordenskommende Winnenden entstand die Schlosshofmeisterei Winnental. Im Dreißigjährigen Krieg wird die Stadt Waiblingen bis auf wenige Häuser vollständig niedergebrannt und mehrfach geplündert. Weitere Brandkatastrophen ereigneten sich im späten 18. Jahrhundert. Im Jahre 1807 wurde das Kameralamt aus der Kellerei, der geistlichen Verwaltung und Adelberg'schen Pflege Waiblingen gebildet. Diesem wurde darüber hinaus auch die Gefälle des Stabsamtes Hochberg zugewiesen. Erst die Verwaltungsreform der napoleonischen Zeit führte 1808 die beiden Ämter (ab 1758 Oberämter) Waiblingen und Winnenden zusammen. Nachbarn des von 1818 bis 1924 dem Neckarkreis zugeordneten Oberamts Waiblingen waren nach der Neuordnung die Oberämter Ludwigsburg, Marbach, Backnang, Welzheim, Schorndorf und Cannstatt. Ab 1923, als dem Bezirk fünf Gemeinden des aufgelösten Oberamts Cannstatt zugeschlagen wurden, grenzte er auch an die Stadt Stuttgart sowie die Oberämter Esslingen und Stuttgart-Amt. Bei der Kreisreform 1938 wurde der Landkreis Waiblingen (seit 1934) durch Teile der aufgelösten Kreise Schorndorf und Welzheim vergrößert, verlor aber auch einige Gemeinden an den Landkreis Ludwigsburg.

2. Zur Geschichte und Ordnung des Gesamtbestands H 101 - weltliche Lagerbücher der Oberämter: Seit 1422/1423 wurden in Württemberg bei der von der Rentkammer zentral gesteuerten systematischen Aufzeichnung von Besitzungen, Rechten und Einkünften in Lagerbüchern mehrere gleichlautende Reinschriften erstellt: Ein Exemplar verblieb in der Kanzlei der Rentkammer, ein zweites wurde im Archiv hinterlegt, eine dritte Reinschrift erhielt die zuständige Kellerei, die in der Zeit des aktuellen Gebrauchs Nachträge vermerkte. Das heutige Lagerbuchselekt führt verschiedene ältere Reihen zusammen: 2.1 Die altwürttembergische Reihe "weltliche Lagerbücher" Ursprünglich umfasste diese Reihe die Archivexemplare, die häufig den Außen-vermerk "Archiv" tragen. Im Laufe der Zeit wurden diesem Bestand Konzepte, Mehrfertigungen und Lagerbücher der 1806 neu erworbenen Herrschaften hinzugefügt, so dass ein Mischbestand erwuchs, der 1938 anlässlich der Neugliederung der Bestände durch K.O. Müller die Bestandsbezeichnung H 1 erhielt. 2.2 "Dublettenreihe" Seit 1908 wurden unter der etwas irreführenden Bezeichnung "Dublettenreihe" Mehrfertigungen, aber auch Konzepte und Abschriften von Lagerbüchern geistlicher und weltlicher altwürttembergischer sowie neuwürttembergischer Herrschaften zusammengeführt. Der Bestand gelangte ins Staatsarchiv Ludwigsburg und erhielt die Signatur H 6. 2.3 Lagerbuchreihe des Finanzarchivs Im Rahmen der Neuordnung 1806 wurde der überwiegende Teil der altwürttembergischen Lagerbücher aus den Registraturen der Bezirksämter den Kameralämtern übergeben, die - ausgehend von den aktuellen Verwaltungsbedürfnissen - umfangreiche Kassationen und Umordnungen vornahmen. Allmählich gaben die Kameralämter die Lagerbücher an das 1822 eingerichtete Finanzarchiv ab. Nach erneuten Kassationen und uneinheitlicher Ordnung wurden in dieser Zeit für ungefähr die Hälfte der Überlieferung provisorische Verzeichnisse erstellt. Die dabei vergebenen rund 4200 Zahlensignaturen sind mit Blaustift auf der Vorderseite vermerkt. 1924 übernahm das Staatsarchiv Ludwigsburg die Lagerbuchbestände des aufgelösten Finanzarchivs und wies sie der Bestandsgruppe H 6-10 zu. 2.4 "Sonderreihe" des Staatsarchivs Ludwigsburg Bruchstückhaft blieb um 1930 der Versuch, aus der Überlieferung des Finanzarchivs diejenigen Erneuerungen in einer Reihe zusammenzuführen, die in den Stuttgarter Lagerbuchbeständen fehlten. 2.5 Beständebereinigung durch K.O. Müller K.O. Müller löste den von ihm gebildeten Mischbestand H 1 (s. o.) in einer zweiten Verzeichnungsphase auf, indem er die altwürttembergischen Lagerbücher im Bestand A 295 zusammenfasste und die neuwürttembergischen Lagerbücher den Reihen B 1-5 zuwies. Nach Abgabe der in Ludwigsburg befindlichen Lagerbücher an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Juli 1950 wurde unter der Leitung von F. Pietsch der gesamte Überlieferungskomplex neu gegliedert. Aus pragmatischen Gründen verzichtete man dabei auf die Rekonstruktion der Registraturen der Kanzlei, des Archivs sowie der Kellereien in eigenen Reihen. Vielmehr vereint der heutige Bestand H 101, gruppiert nach Oberämtern, alle überlieferten Exemplare einer Erneuerung - also Konzepte, Reinschriften, Abschriften - in einer Reihe.

3 Zur Verzeichnung des Bestandes: Nach der Zusammenführung der Lagerbuchbestände im Hauptstaatsarchiv Stuttgart 1950 war die anschließende Neuordnung um 1960 im wesentlichen abgeschlossen. Damit konnte eine Neuverzeichnung in Angriff genommen werden. Angesichts der zu bewältigenden großen Mengen entwarfen H.-M. Maurer und H. Natale 1974 "Richtlinien zur Kurzverzeichnung von Lagerbüchern" und trieben die Erschließung der Lagerbuchselekte mit den bestehenden geringen Personalressourcen unter Einbeziehung von Auszubildenden und Aushilfskräften voran. Inzwischen liegen für den gesamten Bestand H 101 Konzeptverzeichnungen vor, die allerdings nur sehr eingeschränkt benutzt werden können. Die entsprechende Verzeichnung für das Amt / Oberamt Waiblingen wurde 1956 von Dr. Liselotte Hubert-Beckert erstellt und später ergänzt. Bei der laufenden Überarbeitung dieser Konzeptverzeichnungen wird auf die in den ursprünglichen Richtlinien vorgesehene systematische erneute Überprüfung und erweiterte Erfassung von Reskripten und Notizen verzichtet. Aufgenommen werden lediglich die bereits erfassten Reskripte und Urkundenabschriften. Diese werden im "Enthält-Vermerk" ausgewiesen. Der Verzeichnung liegt folgendes Schema zugrunde: 1. Bandnummer 2. Titel 3. Genetische Stufe und Behördenprovenienz 4. eventuelle Registe, 5. Renovator(en), 6. Inhalte und Dastellungsweise 7. Orte 8. Urkunden 9. Äußere Bandbeschreibung 10. enthaltene Beilagen oder Reskripte, 11. Vorsignaturen 12. Umfang 13. Jahr der Anlage. Die Angaben zum Titel orientieren sich primär an den Suchbedürfnissen der meisten Nutzer des Bestands: O r t s n a m e n und L a u f z e i t, die als wichtigstes Kriterium für die zügige Ermittlung gesuchter Einzelbände auch meist auf den Bandrücken von den Registraturen der Rentkammer, Ämter etc. deutlich vermerkt worden waren. Die notwendige Neusignierung erfolgte entsprechend dem gängigen Signaturschema der Lagerbuchselekte: Die bestehende Durchnummerierung wird durch Zwischennummern für die einzelnen Ämter (H 101/1 Altensteig bis H 101/64 Winnenden) mit jeweiliger Neuzählung der einzelnen Bände eines Bestandes ersetzt. Alte und neue Signaturen können der Konkordanz entnommen werden. Die Bearbeitung der vorhandenen Titelaufnahmen des Bestandes H 101/60 übernahm im dritten Quartal 2010 unter Anleitung des Unterzeichneten im Rahmenseiner Ausbildung Archivrefendar Markus Schmidgall . Die Endredaktion gestaltete der Unterzeichnete. Der Bestand umfasst 24 Bände bzw.0,5 Regalmeter. In diesen Bänden sind 107 Urkundenbschriften enthalten, deren chronologische Zusammenstellung ergab, dass es sich um 24 verschiedene Urkunden aus der Zeit zwischen 1404 und 1807 handelt. Stuttgart, im Oktober 2011 Franz Moegle-Hofacker

4. Literaturverzeichnis: Beschreibung des Oberamts Waiblingen. Hrsg. von dem Königl. stat.- topogr. Bureau. Mit 1 Kt. und 1 Ansicht, 4 Tab. Stuttgart & Tübingen:Cotta 1850. 219 S. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Band 3: Regierungsbezirk Stuttgart. Regionalverband Mittlerer Neckar, Stuttgart 1978. Gregor Richter, Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen Quellen (Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden- Württemberg; 36), Stuttgart 1979.

Korrespondierende Bestände: A 206 Oberrat: Ältere Ämterakten A 213 Oberrat: Jüngere Ämterakten A 248 Rentkammer: Generalakten A 249 Rentkammer : Ämterakten A 284 Kirchenrat: Ämterregistratur A 298 Weltliche Leibeigenenbücher A 302 Weltliche Ämterrechnungen A 303 Geistliche Ämterrechnungen A 304 Reskripten- und Berichtsbücher der Bezirksämter A 417 Waiblingen W A 417 L Waiblingen W A 418 Waiblingen G A 418 L Waiblingen G A 602 Württembergische Regesten H 102/80 GV Waiblingen L 6 Landständisches Archiv, Materienregistratur

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, H 101/60
Umfang
24 Bände, Bestellnummern: Band 2003-2027

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Selekte >> Altwürttembergische Lagerbücher >> Hauptreihen des Kammer- und Kirchenguts >> Weltliche Lagerbücher der Oberämter (gesamt)

Bestandslaufzeit
1350-1806

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1350-1806

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