Bestand
Weltliche Lagerbücher: OA Münsingen (Bestand)
1. Zur Geschichte des Amtes (altwürttembergischen Oberamts) Münsingen: Die zwischen 769 und 778 genannte "munigesinger marca" war Teil des militärisch abgesicherten fränkischen Herrschaftssystems in den Grenzgebieten. Ausgehend von den nach Wegesystemen bzw. Grenzsicherungsbedürfnissen ausgewählten Standorten (hier "villa Munigesinga" / 809 Kopialüberlieferung 12. Jahrhundert) dieser Huntaren ('Hundertschaften') erfolgte gleichzeitig die Besiedlung umliegender Gebiete. Münsingens strategische Lage war und blieb nicht unbedeutend. Sie wurde dem Ort im Städtekrieg 1378, im 30-jährigen und im spanischen Erbfolgekrieg mehrfach zum Verhängnis. Nach den fränkischen Anfängen gehörte das Gebiet um Münsingen zur alten Grafschaft Urach, die 1263 an Württemberg (Ulrich I.) überging. Münsingen erhielt 1339 das Stadtrecht, unterstand aber noch über 3 Jahrhunderte weiterhin Uracher Verwaltung nämlich dem neu enstehenden württembergischen Amt Urach. Bei der Teilung Württembergs durch den Nürtinger Vertrag von 1441 wird Münsingen dem Uracher Teil zugeschlagen. Im Schloss Münsingen, einem mächtigen Steinbau des 14. Jahrhunderts mit kleinen Fenstern, an der Südostecke der befestigten Stadt, wurde 1482 der Münsinger Vertrag geschlossen, der die Uracher und die Neuffener Landeshälfte Württembergs wieder vereinte. Im Nürtinger Teilungsvertrag 1441 war Münsingen dem Uracher Landesteil zugesprochen worden. Erst am 23. Oktober 1654 trennte sich als eigenes altwürttembergisches Amt Münsingen (vorher allerdings war schon eine Kellereiverwaltung in Münsingen enstanden) vom Amt Urach. Zu diesem altwürttembergischen Amt Münsingen gehörten außer der Amtsstadt von Anfang an: Auingen, Böttingen, Mundingen (seit 1810 bei Ehingen - dem vorderösterreichischen traditionellen Gegengewicht zu Münsingen), Mehrstetten, Apfelstetten, Hundersingen, Dapfen, Wasserstetten Gemeinde Dapfen, Ennabeuren und Magolsheim. Zum Amtsbezirk hinzu-erworben wurden in der Folgezeit Rechte in Magolsheim und Ödenwaldstetten. Ab 1758 erhielt auch dieser altwürttembergische Amtsbezirk Münsingen die Bezeichnung Oberamt, die gleichlautend auch für den nach 1806 neu sich strukturierenden Oberamtsbezirk verwendet wurde, dem schließlich 48 einzelne Gemeinden des Königreichs Württemberg angehörten.
2. Zur Geschichte und Ordnung des Gesamtbestands H 101 - weltliche Lagerbücher der Oberämter: Seit 1422/1423 wurden in Württemberg bei der von der Rentkammer zentral gesteuerten systematischen Aufzeichnung von Besitzungen, Rechten und Einkünften in Lagerbüchern mehrere gleichlautende Reinschriften erstellt: Ein Exemplar verblieb in der Kanzlei der Rentkammer, ein zweites wurde im Archiv hinterlegt, eine dritte Reinschrift erhielt die zuständige Kellerei, die in der Zeit des aktuellen Gebrauchs Nachträge vermerkte. Das heutige Lagerbuchselekt führt verschiedene ältere Reihen zusammen: 2.1 Die altwürttembergische Reihe "weltliche Lagerbücher" Ursprünglich umfasste diese Reihe die Archivexemplare, die häufig den Außen-vermerk "Archiv" tragen. Im Laufe der Zeit wurden diesem Bestand Konzepte, Mehrfertigungen und Lagerbücher der 1806 neu erworbenen Herrschaften hinzugefügt, so dass ein Mischbestand erwuchs, der 1938 anlässlich der Neugliederung der Bestände durch K.O. Müller die Bestandsbezeichnung H 1 erhielt. 2.2 "Dublettenreihe" Seit 1908 wurden unter der etwas irreführenden Bezeichnung "Dublettenreihe" Mehrfertigungen, aber auch Konzepte und Abschriften von Lagerbüchern geistlicher und weltlicher altwürttembergischer sowie neuwürttembergischer Herrschaften zusammengeführt. Der Bestand gelangte ins Staatsarchiv Ludwigsburg und erhielt die Signatur H 6. 2.3 Lagerbuchreihe des Finanzarchivs Im Rahmen der Neuordnung 1806 wurde der überwiegende Teil der altwürttembergischen Lagerbücher aus den Registraturen der Bezirksämter den Kameralämtern übergeben, die - ausgehend von den aktuellen Verwaltungsbedürfnissen - umfangreiche Kassationen und Umordnungen vornahmen. Allmählich gaben die Kameralämter die Lagerbücher an das 1822 eingerichtete Finanzarchiv ab. Nach erneuten Kassationen und uneinheitlicher Ordnung wurden in dieser Zeit für ungefähr die Hälfte der Überlieferung provisorische Verzeichnisse erstellt. Die dabei vergebenen rund 4200 Zahlensignaturen sind mit Blaustift auf der Vorderseite vermerkt. 1924 übernahm das Staatsarchiv Ludwigsburg die Lagerbuchbestände des aufgelösten Finanzarchivs und wies sie der Bestandsgruppe H 6-10 zu. 2.4 "Sonderreihe" des Staatsarchivs Ludwigsburg Bruchstückhaft blieb um 1930 der Versuch, aus der Überlieferung des Finanzarchivs diejenigen Erneuerungen in einer Reihe zusammenzuführen, die in den Stuttgarter Lagerbuchbeständen fehlten. 2.5 Beständebereinigung durch K.O. Müller K.O. Müller löste den von ihm gebildeten Mischbestand H 1 (s. o.) in einer zweiten Verzeichnungsphase auf, indem er die altwürttembergischen Lagerbücher im Bestand A 295 zusammenfasste und die neuwürttembergischen Lagerbücher den Reihen B 1-5 zuwies. Nach Abgabe der in Ludwigsburg befindlichen Lagerbücher an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Juli 1950 wurde unter der Leitung von F. Pietsch der gesamte Überlieferungskomplex neu gegliedert. Aus pragmatischen Gründen verzichtete man dabei auf die Rekonstruktion der Registraturen der Kanzlei, des Archivs sowie der Kellereien in eigenen Reihen. Vielmehr vereint der heutige Bestand H 101, gruppiert nach Oberämtern, alle überlieferten Exemplare einer Erneuerung - also Konzepte, Reinschriften, Abschriften - in einer Reihe.
3. Zur Verzeichnung des Bestandes: Nach der Zusammenführung der Lagerbuchbestände im Hauptstaatsarchiv Stuttgart 1950 war die anschließende Neuordnung um 1960 im wesentlichen abgeschlossen. Damit konnte eine Neuverzeichnung in Angriff genommen werden. Angesichts der zu bewältigenden großen Mengen entwarfen H.-M. Maurer und H. Natale 1974 "Richtlinien zur Kurzverzeichnung von Lagerbüchern" und trieben die Erschließung der Lagerbuchselekte mit den bestehenden geringen Personalressourcen unter Einbeziehung von Auszubildenden und Aushilfskräften voran. Inzwischen liegen für den gesamten Bestand H 101 Konzeptverzeichnungen vor, die allerdings nur sehr eingeschränkt benutzt werden können. Die entsprechende Verzeichnung für das Amt (Kellerei / zuletzt altwürttembergisches Oberamt)Münsingen wurde 1955/56 von Dieter Wunder und Paul Waldherr erstellt und später ergänzt. Bei der laufenden Überarbeitung dieser Konzeptverzeichnungen wird auf die in den ursprünglichen Richtlinien vorgesehene systematische Neuerfassung von Reskripten und Notizen verzichtet. Aufgenommen werden lediglich die bereits erfassten Reskripte. Diese werden im "Enthält-Vermerk" ausgewiesen und bei der Gesamtlaufzeit des Bandes berücksichtigt. Der Verzeichnung liegt folgendes Schema zugrunde: 1. Bandnummer, 2. Titel, 3. Genetische Stufe und Behördenprovenienz, 4. eventuelle Register, 5. Renovator(en), 6. Inhalte und Darstellungsweise, 7. Orte, 8. Urkunden, 9. äußere Bandbeschreibung, 10. enthaltene Beilagen oder Reskripte, 11. Vorsignaturen, 12. Umfang, 13. Jahr der Anlage. Die Angaben zum Titel orientieren sich primär an den Suchbedürfnissen der meisten Nutzer des Bestands: Ortsnamen und Laufzeit, die als wichtigstes Kriterium für die zügige Ermittlung gesuchter Einzelbände auch meist auf den Bandrücken von den Registraturen der Rentkammer, Ämter etc. deutlich vermerkt sind. Bei den Laufzeitangaben ist zu beachten, dass in einem Großteil der Bände Nachträge eingefügt worden, die bei den Laufzeitangaben berücksichtigt sind. Weiterhin erfolgte eine Neusignierung entsprechend dem gängigen Signaturschema der Lagerbuchselekte: Die bestehende Durchnummerierung wird durch Zwischennummern für die einzelnen Ämter (H 101/1 Altensteig bis H 101/64 Winnenden) mit jeweiliger Neuzählung der einzelnen Bände eines Bestandes ersetzt. Alte und neue Signaturen können der Konkordanz entnommen werden. Die Bearbeitung der vorhandenen Titelaufnahmen des Bestandes H 101/41 übernahm im Oktober 2009 unter Anleitung des Unterzeichneten im Rahmen Ihrer Ausbildung die Fachangestelte Kathrin Strittmatter. Die Endredaktion gestaltete der Unterzeichnete. Der Bestand umfasst nun 26 Bände bzw. 2,6 Regalmeter. In diesen Bänden sind 123 Urkundenbschriften enthalten, deren chronologische Zusammenstellung ergab, dass es sich um 40 verschiedene Urkunden zum Amtsbereich Münsingen aus der Zeit zwischen 1477 bis 1762 handelt.. Stuttgart, im November 2009 Franz Moegle-Hofacker
4. Literaturverzeichnis: Beschreibung des Oberamts Münsingen : mit Tabellen / hrsg. aus Auftr. der Regierung von Johann Daniel Georg von Memminger. - Unveränd. Nachdr. [der Ausg.] Stuttgart, Tübingen, Cotta, 1825 / hrsg. vom Druckhaus Baader, Münsingen, anläßlich der 500-Jahr-Feier des "Münsinger Vertrags " vom 19. Dezember 1482. - Münsingen: Baader, [1982]. - 232 S. : Ill. & Beil. ([10] S Beschreibung des Oberamts Muensingen : mit 1 Kt. des Oberamts, 2 lithogr. Blättern u. mit Tab. / hrsg. ... von Johann Daniel Georg von Memminger. - Unveränd. photomech. Nachdr. d. Ausg., Stuttgart 1825. - Magstadt : Bissinger, 1972. - 232 S. : Ill.; (ger) (Beschreibung des Königreichs Württemberg / herausgegeben von dem K. Statistisch-Topographischen Bureau ; 2) Rückent.: Oberamt Münsingen. - In Fraktur Beschreibung des Oberamts Münsingen / hrsg. vom K. Statist. Landesamt. - 2. Bearb.. - Stuttgart : Kohlhammer, 1912. - XI, 937 S., 3 Falttaf. : Ill., Kt.; (ger) (Beschreibung des Königreichs Württemberg / herausgegeben von dem K. Statistisch-Topographischen Bureau; 2) Hans Jänichen: Baar und Huntari. In: Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte (Hrsg.): Grundfragen der alamannischen Geschichte. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1952 (4. Auflage 1976). Vorträge und Forschungen Gregor Richter, Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen Quellen (Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden- Württemberg; 36), Stuttgart 1979.
5. Korrespondierende Bestände: A 206 Oberrat: Ältere Ämterakten A 213 Oberrat: Jüngere Ämterakten A 248 Rentkammer: Generalakten A 249 Rentkammer : Ämterakten A 284 Kircherat: Ämterregistratur A 298 Weltliche Leibeigenenbücher A 302 Weltliche Ämterrechnungen A 303 Geistliche Ämterrechnungen A 380 Amtsakten Münsingen , weltliche und geistliche Verwaltung A 380L Amtsakten Münsingen , weltliche Verwaltung A 506 L Uracher Stiftspflege Münsingen H 102/ 52 Geistliche Verwaltung Münsingen und Uracher Stiftspflege (mit Angaben über Kloster Offenhausen) L 6 Landständisches Archiv, Materienregistratur
- Bestandssignatur
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, H 101/41
- Umfang
-
26 Bände
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Selekte >> Altwürttembergische Lagerbücher >> Hauptreihen des Kammer- und Kirchenguts >> Weltliche Lagerbücher der Oberämter (gesamt)
- Bestandslaufzeit
-
1554-1817
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
20.01.2023, 15:09 MEZ
Datenpartner
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1554-1817