Bestand
Weltliche Lagerbücher: OA Weinsberg (Bestand)
1. Zur Geschichte des Amts Weinsberg (vgl. Bestand A 419): Die Burg Weinsberg und das umliegende Gebiet, zunächst im calwisch-welfischen Besitz, gelangte nach der Eroberung der Burg im Jahr 1140 durch König Konrad als Lehen an die Herren von Weinsberg. Deren Versuch, ein geschlossenes Territorium zu schaffen, scheiterte aber aus wirtschaftlichen und finanziellen Gründen bereits früh. Im 14. Jahrhundert kam die Burg zum Teil an andere Herrschaften. Im 15. Jahrhundert gelangte die Burg zuerst pfandweise, dann 1450 durch Kauf an die Pfalz und 1504 während des bayerischen Erbfolgekriegs durch Eroberung zusammen mit der Stadt an Württemberg. Die im Anschluß an die Burg entstandene Siedlung wurde wohl noch in staufischer Zeit zur Stadt erhoben. Die Versuche der Stadt Weinsberg, die volle Reichsfreiheit zu erlangen, scheiterten. Anfang des 14. Jahrhunderts wurde die Stadt an die Herren von Weinsberg verpfändet und 1422 wegen Renitenz geächtet. 1440 eroberte Kunz von Bebenburg die Stadt und verkaufte sie an die Pfalz. Weinsberg war anschließend zuerst pfälzische dann württembergische Amtsstadt. In der Zeit der österreichischen Zwischenregierung erstürmten am "blutigen Ostersonntag" 1525 aufständische Bauern die Stadt. Nach der Rückeroberung durch den Schwäbischen Bund wurde die Stadt niedergebrannt. Von 1635 bis 1646 war das Amt im Besitz des österreichischen Grafen Maximilian von Trautmannsdorf, der es 1646 an Württemberg zurückgab. Im Jahr 1649 kam das Amt durch einen Vergleich (vgl. Reyscher, Band 2, S. 357) zur Hälfte an die Nebenlinie Württemberg-Neuenstadt. Nach ihrem Aussterben 1742 fiel dieser Teil an die regierende Hauptlinie zurück. Im frühen 19. Jahrhundert, nach mehrfachen Umorganisatione,n wurde das Oberamt Weinsberg geschaffen, das 1926 im Zuge der Verwaltungsvereinfachung aufgelöst wurde und dessen Gebiet auf die Oberämter Heilbronn, Öhringen und Schwäbisch Hall aufgeteilt wurde. Die Oberaufsicht über das Amt oblag dem adeligen Obervogt, auch Oberamtmann genannt. Nach der administrativen Abschaffung der Obervögte erhielt der bisherige Untervogt, der die Amtsgeschäfte tatsächlich geführt und bis 1651 in Personalunion auch das Amt des Kellers bekleidete, im Jahre 1759 den Titel eines Oberamtmannes. Zum Amt gehörten am Ende des 18. Jahrhunderts neben der Amtsstadt mit dem Weißenhof bzw. Hardthof, die Orte Bitzfeld, Bretzfeld, Eberstadt, Grantschen, Horkheim, Hölzern, Hößlinsülz, Lennach, Rappach, Scheppach, Schwabbach, Siebeneich, Sulzbach, Willsbach, Weißlensburg, Teile von Ellhofen und Gellmersbach sowie das Stabsamt Böhringsweiler mit den Orten Böhringsweiler, Alt- und Neufürstenhütte, Bäumlesfeld, Eschenstruet, Grab, Großhöchberg, Hohenegarten, Klein-Erlach, Knickenhöfle, Kuhnweiler, Liemannsklinge, Mannenweiler, Mönsberg, Morbach, Neuwirtshaus, Nußlenshof, Rösersmühle, Schönbronn, Schöntalhöfle, Schmellenhof, Stangenbach, Stollenhof, Traubenmühle, Vorder- und Hinterbüchelberg, Waspenhof, Württemberger Hof, Wüstenrot sowie das Zollhaus zu Bubenorbis. Die im Dreißigjährigen Krieg zum Amt Weinsberg gehörenden Ortschaften sind in Büschel 8 verzeichnet. Im Zuge der staatlichen Neugliederung wurde das Oberamt durch Gebiete der Reichsritterschaft, Hohenlohes, Löwensteins, des Klosters Schöntal, des württembergischen Klosteramts Lichtenstern sowie Gebieten der beiden geistlichen Ritterorden vergrößert, dafür Horkheim an das Oberamt Heilbronn abgegeben und 1817 das Amt Böhringsweiler auf die umliegenden Oberämter aufgeteilt. Das Organisationsmanifest König Friedrichs vom 19. März 1806 gliederte das altwürttembergische Oberamt dem (königlich württembergischen) Oberamt Heilbronn an. 1807 erfolgte mit der parallel zum Oberamt erfolgten Einrichtung eines Kameralamts Heilbronn die Vereinigung des bis dahin getrennt verwalteten Rentkammer- und Kirchenguts.
2. Zur Geschichte und Ordnung des Gesamtbestands H 101 - weltliche Lagerbücher der Oberämter: Seit 1422/1423 wurden in Württemberg bei der von der Rentkammer zentral gesteuerten systematischen Aufzeichnung von Besitzungen, Rechten und Einkünften in Lagerbüchern mehrere gleichlautende Reinschriften erstellt: Ein Exemplar verblieb in der Kanzlei der Rentkammer, ein zweites wurde im Archiv hinterlegt, eine dritte Reinschrift erhielt die zuständige Kellerei, die in der Zeit des aktuellen Gebrauchs Nachträge vermerkte. Das heutige Lagerbuchselekt führt verschiedene ältere Reihen zusammen: 2.1 Die altwürttembergische Reihe "weltliche Lagerbücher" Ursprünglich umfasste diese Reihe die Archivexemplare, die häufig den Außen-vermerk "Archiv" tragen. Im Laufe der Zeit wurden diesem Bestand Konzepte, Mehrfertigungen und Lagerbücher der 1806 neu erworbenen Herrschaften hinzugefügt, so dass ein Mischbestand erwuchs, der 1938 anlässlich der Neugliederung der Bestände durch K.O. Müller die Bestandsbezeichnung H 1 erhielt. 2.2 "Dublettenreihe" Seit 1908 wurden unter der etwas irreführenden Bezeichnung "Dublettenreihe" Mehrfertigungen, aber auch Konzepte und Abschriften von Lagerbüchern geistlicher und weltlicher altwürttembergischer sowie neuwürttembergischer Herrschaften zusammengeführt. Der Bestand gelangte ins Staatsarchiv Ludwigsburg und erhielt die Signatur H 6. 2.3 Lagerbuchreihe des Finanzarchivs Im Rahmen der Neuordnung 1806 wurde der überwiegende Teil der altwürttembergischen Lagerbücher aus den Registraturen der Bezirksämter den Kameralämtern übergeben, die - ausgehend von den aktuellen Verwaltungsbedürfnissen - umfangreiche Kassationen und Umordnungen vornahmen. Allmählich gaben die Kameralämter die Lagerbücher an das 1822 eingerichtete Finanzarchiv ab. Nach erneuten Kassationen und uneinheitlicher Ordnung wurden in dieser Zeit für ungefähr die Hälfte der Überlieferung provisorische Verzeichnisse erstellt. Die dabei vergebenen rund 4200 Zahlensignaturen sind mit Blaustift auf der Vorderseite vermerkt. 1924 übernahm das Staatsarchiv Ludwigsburg die Lagerbuchbestände des aufgelösten Finanzarchivs und wies sie der Bestandsgruppe H 6-10 zu. 2.4 "Sonderreihe" des Staatsarchivs Ludwigsburg Bruchstückhaft blieb um 1930 der Versuch, aus der Überlieferung des Finanzarchivs diejenigen Erneuerungen in einer Reihe zusammenzuführen, die in den Stuttgarter Lagerbuchbeständen fehlten. 2.5 Beständebereinigung durch K.O. Müller K.O. Müller löste den von ihm gebildeten Mischbestand H 1 (s. o.) in einer zweiten Verzeichnungsphase auf, indem er die altwürttembergischen Lagerbücher im Bestand A 295 zusammenfasste und die neuwürttembergischen Lagerbücher den Reihen B 1-5 zuwies. Nach Abgabe der in Ludwigsburg befindlichen Lagerbücher an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Juli 1950 wurde unter der Leitung von F. Pietsch der gesamte Überlieferungskomplex neu gegliedert. Aus pragmatischen Gründen verzichtete man dabei auf die Rekonstruktion der Registraturen der Kanzlei, des Archivs sowie der Kellereien in eigenen Reihen. Vielmehr vereint der heutige Bestand H 101, gruppiert nach Oberämtern, alle überlieferten Exemplare einer Erneuerung - also Konzepte, Reinschriften, Abschriften - in einer Reihe.
3. Zur Verzeichnung des Bestandes: Nach der Zusammenführung der Lagerbuchbestände im Hauptstaatsarchiv Stuttgart 1950 war die anschließende Neuordnung um 1960 im wesentlichen abgeschlossen. Damit konnte eine Neuverzeichnung in Angriff genommen werden. Angesichts der zu bewältigenden großen Mengen entwarfen H.-M. Maurer und H. Natale 1974 "Richtlinien zur Kurzverzeichnung von Lagerbüchern" und trieben die Erschließung der Lagerbuchselekte mit den bestehenden geringen Personalressourcen und auch unter Einbeziehung von Auszubildenden und Aushilfskräften voran. Inzwischen liegen für den gesamten Bestand H 101 Konzeptverzeichnungen vor, die allerdings nur sehr eingeschränkt benutzt werden können. Die entsprechende Verzeichnung für das Amt / Oberamt Weinsberg wurde 1956 von Georg Storz erstellt und später ergänzt. Bei der laufenden Überarbeitung dieser Konzeptverzeichnungen wird auf die in den ursprünglichen Richtlinien vorgesehene systematische erneute Überprüfung und erweiterte Erfassung von Reskripten und Notizen verzichtet. Aufgenommen werden lediglich die bereits erfassten Reskripte und Urkundenabschriften. Diese werden im "Enthält-Vermerk" ausgewiesen. Der Verzeichnung liegt folgendes Schema zugrunde: 1. Bandnummer 2. Titel 3. Genetische Stufe und Behördenprovenienz 4. eventuelle Registe, 5. Renovator(en), 6. Inhalte und Dastellungsweise 7. Orte 8. Urkunden 9. Äußere Bandbeschreibung 10. enthaltene Beilagen oder Reskripte, 11. Vorsignaturen 12. Umfang 13. Jahr der Anlage. Die Angaben zum Titel orientieren sich primär an den Suchbedürfnissen der meisten Nutzer des Bestands: O r t s n a m e n und L a u f z e i t, die als wichtigstes Kriterium für die zügige Ermittlung gesuchter Einzelbände auch meist auf den Bandrücken von den Registraturen der Rentkammer, Ämter etc. deutlich vermerkt worden waren. Die notwendige Neusignierung erfolgte entsprechend dem gängigen Signaturschema der Lagerbuchselekte: Die bestehende Durchnummerierung wird durch Zwischennummern für die einzelnen Ämter (H 101/1 Altensteig bis H 101/64 Winnenden) mit jeweiliger Neuzählung der einzelnen Bände eines Bestandes ersetzt. Alte und neue Signaturen können der Konkordanz entnommen werden. Die Bearbeitung der vorhandenen Titelaufnahmen des Bestandes H 101/61 übernahmen in der ersten Jahreshälfte 2012 unter Anleitung des Unterzeichneten im Rahmen ihrer Ausbildung die Archivanwärterin Lena von den Driesch und Archivanwärter Simon Nobis (Ausbildung zum/r Diplomarchivar/ in FH). Die Endredaktion gestaltete der Unterzeichnete. Der Bestand umfasst 61 Bände bzw.3 Regalmeter. In diesen Bänden sind 196 Urkundenbschriften enthalten, deren chronologische Zusammenstellung ergab, dass es sich um 94 verschiedene Urkunden aus der Zeit zwischen 1470 und 1754 handelt. Stuttgart, im Dezember 2012 Franz Moegle-Hofacker
4. Literaturverzeichnis: Beschreibung des Oberamts Weinsberg. Hrsg. von dem Königl. stat.- topogr. Bureau. Mit 3 Tabellen, 1 Karte, 2 Ansichten, 1 Holzschnitt. Stuttgart: Aue 1861. VI, 420 S. - Neuausgabe - Magstadt: Bissinger, 1980. - IV, 420 S. Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, hg. von der Landesarchivdirektion Baden-Württemberg, Band 3: Regierungsbezirk Stuttgart. Regionalverband Mittlerer Neckar, Stuttgart 1978. Gregor Richter, Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen Quellen (Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden- Württemberg; 36), Stuttgart 1979.
Korrespondierende Bestände: A 206 Oberrat: Ältere Ämterakten A 213 Oberrat: Jüngere Ämterakten A 248 Rentkammer: Generalakten A 249 Rentkammer : Ämterakten A 284 Kirchenrat: Ämterregistratur A 298 Weltliche Leibeigenenbücher A 302 Weltliche Ämterrechnungen A 303 Geistliche Ämterrechnungen A 304 Reskripten- und Berichtsbücher der Bezirksämter A 419 Weinsberg W A 420 Weinsberg G A 498 Kloster/Klosterhofmeisterei Lichtenstern A 498 L Klosterhofmeisterei Lichtenstern A 602 Württembergische Regesten H 102/82 GV Weinsberg L 6 Landständisches Archiv, Materienregistratur
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, H 101/61
- Umfang
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61 Bände (3,0 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Selekte >> Altwürttembergische Lagerbücher >> Hauptreihen des Kammer- und Kirchenguts >> Weltliche Lagerbücher der Oberämter (gesamt)
- Bestandslaufzeit
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1528-1809
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
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- Letzte Aktualisierung
-
20.01.2023, 15:09 MEZ
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1528-1809