Bestand
Johanniterkommende Herford / Akten (Bestand)
Verfassung und Rechte (3);
Auswärtige Beziehungen (5); Archiv und Inventar (2);
Religionsangelegenheiten (2); Güterverwaltung (163); Eigenbehörige
(23); Gemeinheitsteilungen (6); Wege und Brücken (9);
Rechtsstreitigkeiten (12); Abgaben und Kontributionen (4);
Kriegsereignisse (2); Benefizien (1); Aufhebung der Kommende
(15).
Bestandsgeschichte: Zwischen
1220 und 1231 gegründet, 1810 aufgehoben.
Form und Inhalt: Geschichte
der Johanniterkommende Herford
Das Jahr der
Kommendengründung ist nicht belegt, dürfte jedoch im Rahmen der
geplanten Stadterweiterung Herford im Jahre 1220 anzusiedeln sein.
Die Niederlassung eines nicht eindeutig benannten geistlichen
Rittenordens in Herford 1231 wird den Johannitern zugerechnet. Die
erstmals eindeutige urkundliche Erwähnung der Johanniter in Herford
datiert auf dem 16. Juni 1285. Fortan kamen die Johanniter in den
Genuß zahlreicher Schenkungen und Zuwendungen durch Adel und
Bürgerschaft. Neben Streubesitz besaßen die Johanniter vor allem in
der näheren Umgebung Herfords Ländereien. Im 14. Jahrhundert
gerieten die Herforder Johanniter in wirtschaftliche
Schwierigkeiten.
Die kleine Privatkapelle des
Johanniterordens verblieb den wenigen Katholiken aus Herford und
seiner Umgebung während der Reformation als einziger
Gottesdienstraum. Nach dem Tod des Kommendators Jacob van der Slart
dürfte die Kommende Herford von den Kommendatoren in Lage
mitverwaltet worden sein. Häufig setzten sie nun protestantischen
”Administratoren“ zur Beaufsichtigung ein. Während des 30-jährigen
Krieges wäre die Kommende Herford dem Johanniterorden 1634 beinahe
durch den schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstjerna entfremdet
worden, konnte jedoch 1640, endgültig 1645, abgelöst werden. Erst
mit dem Religionsrezeß von 1672 wurde in der Herforder
Kommendenkapelle wieder ein öffentlicher katholischer Gottesdienst
erlaubt.
Die Aufhebung der Kommende erfolgte am 17.
Februar 1810. Seitdem dient die Kirche als katholische Pfarrkirche,
das Komturhaus als katholisches Pfarrhaus.
Bestandsgeschichte
Der Aktenbestand der
Johanniterkommende Herford umfaßt 247 Verzeichnungseinheiten, die,
von wenigen Ausnahmen abgesehen, in 27 Kartons untergebracht sind.
Bei den Ausnahmefällen handelt es sich vor allem um Dokumente, die
nach der Auflösung der Kommende im Februar 1810 erstellt wurden und
in den Bestand des Königreich Westfalens gekommen waren. Den
zeitlichen Rahmen bilden das Jahr 1321- hierbei handelt es sich um
die Abschrift und das Original einer Akte mit Bestimmungen über den
Blutzehnten - einerseits und das Jahr 1813 auf der anderen
Seite.
Die vorliegende Aktenneuverzeichnung der Kommende
Herford wurde 2004/05 von Herrn Roland Lesniak vorgenommen und
ersetzt die Verzeichnung von Haarlander im Findbuch A 236 II aus
dem Jahre 1822, die 1874 revidiert wurde; die Urkunden sind im
Findbuch A 236 I Bd. 1 und 2 in den Jahren 1822 und 1829
verzeichnet worden; das früheste Findmittel, im Staatarchiv Münster
unter der Signatur ”Alte Findbücher 178“, enthält nur Urkunden.
Betreut, überarbeitet, klassifiziert und indiziert wurde das neue
Findbuch von Thomas Reich im elektronischen Verzeichnungsprogramm
V.E.R.A.
Die Inventaraufnahme des Jahres 1639 wies
Briefe und Rechnungen in einer ”Tischladen uffm Saal“ auf. Daneben
sollen in der Schreibkammer in einem großen ”Schapp“ zahlreiche
Briefe und ein Schreibbuch gelagert haben, über der Schreibkammer
sechs Bücher deponiert worden sein. Die Inventarisierung des darauf
folgenden Jahres wies sowohl die Dokumente als auch die Bücher
nicht mehr auf. Die übrigen noch vorhandenen Kommendenunterlagen
befanden sich auf zwei Böden des Hauses.
Neben den
Prozeßakten geben die Eigenbehörigenregister und -protokollbücher
einen klaren Einblick in das Rechtsverhältnis zwischen dem
Eigenbehörigen (in den Akten auch Leibeigener genannt) und dem
Herrn. Anders nämlich als bei Pächtern oder Meiern (im Bestand
befinden sich zwar zahlreiche Pachtnottuln, aber keine Meierbriefe)
war der Eigenbehörige selbst, nicht nur seine Ländereien, ein
Wertgegenstand für den Herrn, der sorgfältig ”bewirtschaftet“
werden mußte, weshalb Bücher über Anzahl, Stand, Alter, Rechte und
Besitz jedes einzelnen Mitglieds einer abhängigen Bauernfamilie
geführt wurden. Ein weiterer Gegensatz zu den Pächter und Meiern
bestand aber auch darin, dass die Eigenbehörigen ein gesichertes
Erbrecht an der ihnen vom Herrn überlassenen Stätte besaßen. Ein
Recht, das auch vor Gericht einklagbar war.
Ein weiteres
wichtiges Privileg der Eigenbehörigen war des Recht des Freikaufes
und des Wechselns zu anderen Herrn. Dies dokumentieren die
zahlreichen von der Kommende ausgestellten Freibriefe, Frei- und
Wechselscheine, die zugleich bei der Kommende für außerordentliche
Einnahmen sorgten.
In erster Linie dokumentieren diese
Akten die weltlichen Aktivitäten der Kommende, während die
geistlichen sich nur selten darin widerspiegeln. Die
Beaufsichtigung und Leitung der weltlichen Geschäfte lag in erster
Linie in den Händen der Kommendatoren, die hauptsächlich dem
westfälischen (Ministerial-)Adel entstammten. Ihnen zur Seite
standen die Kommendenverwalter, die nach der Reformation sogar
evangelischer Konfession sein konnten. Anhand der Akten lassen sich
die Aktivitäten und die Dienstjahre sowohl der Kommendatoren als
auch der Verwalter der Kommende nachvollziehen. Die auf der
Grundlage der Pachtnottuln erstellte Reihenfolge der
Kommendenverwalter stellt sich folgendermaßen dar:
·Antonius Polchmann (um 1542)
·Albert
Lange (seit ca. 1596)
·Christoffer Kemner (ca.
1605-1620)
·Hermann von Bippen (seit ca. 1620)
·Jacob Peter Schlitzweg (seit ca. 1654)
·Vitus
Reiser (ca. 1676-1695)
·Jacob Philip Schlitzweg (ca.
1695-1702)
·J. H. von Wendt (ca. 1702-1707)
·Gotfried Kracht (ca. 1707-1718)
·Friedrich
Christoph Kracht (ca. 1718-1749)
·Franz Arnold Isfording
(ca. 1749-1767)
·Johann Ignatz Handrup (ca.
1768-1813)
Die wenigen Akten, die sich mit
geistlichen Themen befassen, behandeln das Recht der freien
Religionsausübung, das Recht Eheschließungen vorzunehmen sowie die
Versuche, den katholischen Gottesdienst zu verhindern. Für die
Verrichtung der gottesdienstlichen Aufgaben waren die
Ordenspriester zuständig, denen ein Prior vorstand.
Die Themen-Schwerpunkte stellen dar:
·die Einnahmen und Einkünfte der Kommende - regelmäßige und
außerordentliche
·Ausgaben der Kommende - z. B. für
Ausbesserungs- und Reparaturarbeiten, Gerichtskosten, Bücher,
Dienstboten, Wegezölle, Kontributionen, Steuern
·Verwaltung des Kommendenbesitzes - hier vor allem der
Ländereien (Wiesen, Felder, Gehölze), der Gebäude und der
Eigenbehörigen
·Prozesse und Streitigkeiten um die
Ableistung der regelmäßigen und der außergewöhnlichen Abgaben und
Verpflichtungen seitens der Eigenbehörigen wie z. B. der Zahlungen
des Zehnten sowie Dienstleistungen
·andere Prozesse und
Streitigkeiten z. B. wegen Grenzstreitigkeiten und der
Gemeinheitsteilungen.
Ergänzungsüberlieferung im StAMS
·Königreich
Westfalen - Akten A 2.116: Besitzergreifung der Kommende Herford,
1810-1811
Ergänzungsüberlieferung in
weiteren Archiven
Neben den Urkunden und Akten des
Landesarchivs Nordrhein-Westfalen Staatsarchiv Münster befinden
sich weitere Dokumente der Herforder Johanniterkommende in
folgenden Archiven:
·Landesarchiv Nordrhein-Westfalen
Hauptstaatsarchiv Düsseldorf
·Niedersächsisches
Landesarchiv Staatsarchiv Osnabrück - Kirchliche Angelegenheit,
Kommende Lage: Urbar der Kommende Herford, 1661
·Pfarrarchiv der katholischen Kirchengemeinde Herford -
Cabraeum, 1776
·Kommunalarchiv Herford - Akten 2.036:
Säkularisationsakten
·Ordensarchiv in der
Nationalbibliothek von Malta in Valetta / Malta - AOM 45, fol.
239v-240v: Visitation 1495 (unvollständig) - AOM 6340, fol. 146r-v:
Visitation 1540
Literatur
Schirmeister, Olaf, Herford - Johanniter, in: Hengst, Karl
(Hg.), Westfälisches Klosterbuch, Bd. 1 (= Veröffentlichungen der
Historischen Kommission für Westfalen 44), Münster 1992, S.
417-421. Literaturangaben siehe dort.
Zitierweise
StAMS Johanniterkommende Herford, Akten
Nr. xy
Münster, im Dezember 2005Dr. Thomas
Reich
- Bestandssignatur
-
D 501
- Umfang
-
247 Akten.; 247 Akten (27 Kartons), Findbuch D 501 mit Index.
- Sprache der Unterlagen
-
German
- Kontext
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 1. Territorien des Alten Reiches bis 1802/03 einschließlich Kirchen, Stifter, Klöster, Städte u.ä. >> 1.4. Preußisches Westfalen (D) >> 1.4.4. Stadt Herford und Johanniterkommende Herford >> Johanniterkommende Herford
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Walter Gerd Rödel, Das Großpriorat Deutschland des Johanniter-Ordens im Übergang vom Mittelalter zur Reformation (...), 2. Aufl., Köln 1972; Olaf Schirmeister, Herford - Johanniter, in: Westfälisches Klosterbuch, Bd. 1, Münster 1992, S. 417-421; Olaf Schirmeister (Hg.), Fromme Frauen und Ordensmänner. Klöster und Stifte im heiligen Herford, Bielefeld 2000.
- Bestandslaufzeit
-
(1321-) 1463-1829
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
23.06.2025, 08:11 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Westfalen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1321-) 1463-1829