Bestand
Fürstbistum Münster, Invalidenfonds / Urkunden (Bestand)
Form und Inhalt: Fürstbischof
Franz Arnold von Wolff-Metternich zur Gracht wies am 6. Oktober
1711 die Errichtung eines Invalidenfonds als milde Stiftung für
blessierte, durch Strapazen aussortierte oder altersbedingt
entlassene Soldaten und Offiziere an. Von Beginn an oblag die
Administration der Invaliden-Kasse einer dazu bestimmten
Invalidenkommission. Diese bestand anfangs aus dem Domdechanten von
Landsberg, dem Generalmajor von Nagell, dem Generalleutnant von
Elverfeldt und dem Oberkriegskommissar von Regemortes (später
Vagedes). Die Invaliden-Kasse setzte sich aus zwei Klassen
zusammen:
1. ordinäre Klasse bestehend als beständige
Zulage auf den gewöhnlichen Monatssold,
2. extraordinäre
Klasse, bestehend als Zuschüsse durch kriegsrechtlich verhängte
Strafgelder (Verbrechen von Soldaten, die in Geldbußen verändert
wurden) sowie Zuschüsse aus vakanten Offiziers- und
Militärbedientenstellen.
Die eingenommenen Gelder des
Fonds gingen in eine spezielle Kasse bei der Pfennigkammer und
sollten als Kapital zum Besten (verzinst) angelegt werden. Die
Kasse wurde so finanziert, dass anfangs von jedem Soldaten und
Offizier 3 Pfennige münsterisch pro Reichstaler monatlich vom Sold
einbehalten wurde. Später hatten neue Offiziere jährlich einen
halben Monatssold in die Invaliden-Kasse zu geben. Soldaten und
Offiziere, die aus den Regimentern einmal ausgetreten oder
verabschiedet worden waren, bekamen kein Invalidengeld. Aufgewertet
wurde der Invalidenfonds gelegentlich durch Fundationen besonders
aus der Landesritterschaft (z.B. von Landsberg, Oberkriegskommissar
Hermann Lipper).
Das Kapital der
Invaliden-Kasse diente weniger dem Zweck, den Fonds für
Auszahlungen an bedürftige Soldaten und Offiziere sofort zu
verwenden. Vielmehr sollte der Fonds der Invaliden-Kasse
Überschüsse erwirtschaften, indem seine Einlagen als verzinste
Anleihen angelegt wurden. Beispielsweise waren am 31. Januar 1733
bei der Pfennigkammer 54.288 Reichstaler Kapital des Invalidenfonds
angelegt, das eine jährliche Pension in Höhe von 2.171 Reichstaler
17 Schillinge 11 Pfennig einbrachte. 1739 waren es 59.688
Reichstaler 12 Schillinge Kapital, das eine jährliche Pension in
Höhe von 2.387 Reichstaler 12 Schillinge 11 Pfennig abwarf. 1773
war der Invalidenfonds meist bei der Landschaft, gelegentlich auch
bei Privaten, in Höhe von 88.253 Reichstaler 9 Schillinge verzinst
angelegt. Die Einnahmen daraus betrugen 3.997 Reichstaler 7
Schillinge 6 Pfennig. Laut einem Verzeichnis der auf der
Landpfennigkammer haftenden Kapitalien der Münsterischen
Invaliden-Kasse aus dem Jahr 1801 waren Schuldverschreibungen in
Höhe von 116.216 Reichstaler 8 Schillinge 7 Pfennig in
Konventionsmünze bzw. 131.068 Reichstaler 10 Schillinge 6 Pfennig
im reduzierten Betrag der Schuld auf Konventionsmünze ausgestellt
worden. Der Betrag an Jahreszinsen aus diesem Kapital betrug 4.366
Reichstaler 8 Schillinge.
Da keine
lückenlose Aufzeichnung über die monatliche oder jährliche
Versorgung von Invaliden seit Bestehen des Invalidenfonds
überliefert ist, können nur punktuell Aussagen darüber getroffen
werden. Im August 1773 wurden aus der Invaliden-Kasse 286
Reichstaler an 120 Invaliden ausgezahlt. Es war demnach keine
Versorgung mehrerer hundert, geschweige tausender Soldaten. Im Juni
1791 lag der an begnadete Invaliden monatlich auszuzahlende Betrag
bei 313 Reichstaler 11 Schillinge 8 Pfennig bzw. der jährlich
auszuzahlende Betrag bei 3.761 Reichstaler, insofern alle
begnadeten Invaliden am Leben blieben. An erwirtschafteten Zinsen
aus verliehenem Kapital nahm der Invalidenfonds zu dieser Zeit
3.805 Reichstaler 17 Schillinge ein. Der Fonds hatte demnach keine
Verluste zu verbuchen.
Das Verleihen von
Kapital aus dem Invalidenfonds führte Gelegentlich zu Klagen von
Invaliden (zum Beispiel im Jahr 1763), dass sie einige Monate lang
keine Gelder aus der Invaliden-Kasse bekommen hätten, weil keine
Zinsen für das laufende Jahr einkamen. In solchen Fällen wurde der
Pfennigmeister angewiesen, der Invaliden-Kasse monatliche
Vorschüsse aus rückständigen Rauch-, Kopf- und ordinären
Schatzungen anzuweisen.
Der Bestand B
062u/Fürstbistum Münster, Invalidenfonds wurde im November/Dezember
2021 von Dr. Jens Heckl verzeichnet. Der Bestand besteht aus
Schuldverschreibungen bzw. Obligationen, die größtenteils Anleihen
des Fonds an die Pfennigkammer oder an Private sind, zu geringen
Teilen auch Fundationsbeiträge des Invalidenfonds selbst
sind.
Weiterführende Quellen über den
Invalidenfonds und dessen Invaliden-Kasse befinden sich in:
Fürstbistum Münster, Kabinettsregistratur, Nr. 1920
(1711,1728,1733),1773-1783,1791-1801
Verwaltung der
Invalidenkasse Enthält u.a.: Einrichtung der Invalidenkasse 1711;
Tätigkeit der Invalidenkommission; Bestand der Invalidenkasse 1773
bzw. 1791; Liste der Invaliden 1773 bzw. 1801
Fürstbistum Münster, Kabinettsregistratur, Nr. 19251765 -
1768
G 001/Auseinandersetzungskommission Münster, Nr.
57(ohne Jahr)
Nachlass Johann Gerhard von Druffel, Nr.
156(1736-1789)
W 004/Msc. VI, Nr. 101662-18. Jh.
Digitalisat vorhanden
Zitierweise: LAV
NRW W, B 062u/Fürstbistum Münster, Invalidenfonds Nr. ...
Jens Heckl
- Bestandssignatur
-
B 062u
- Umfang
-
85 Urkunden.
- Sprache der Unterlagen
-
German
- Kontext
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 1. Territorien des Alten Reiches bis 1802/03 einschließlich Kirchen, Stifter, Klöster, Städte u.ä. >> 1.2. Westfälische Fürstbistümer (B) >> 1.2.1. Fürstbistum Münster >> 1.2.1.1. Verwaltung, Justiz, Landstände
- Bestandslaufzeit
-
1563-1801
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
23.06.2025, 08:11 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Westfalen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1563-1801