Bestand
Studienfonds Münster, Haus Kaldenhof / Urkunden (Bestand)
Bestandsgeschichte:
Gemeinde Mark (heute Stadt Hamm); märkisches Lehnsgut; Besitzer:
von Vaerssem, von Plettenberg, von der Recke. Archivteile zur
Sicherung von Ansprüchen im Konkurs von der Recke (über von
Meschede zu Alme und Langenau) erst in das Archiv des Guts
Schönholthausen bzw. mit diesem in das des Stifts Überwasser
gelangt.
Form und Inhalt: Die
Geschichte des Hauses Kaldenhof
Haus
Kaldenhof ist ein Rittersitz und märkisches Lehnsgut in der
Gemeinde Mark, Amt Hamm (heute Stadt Hamm, Stadtbezirk Rhynern)
in unmittelbarer Nähe zur Ahse. Der Name leitet sich vom
mittelniederdeutschen Wort kald’ oder kold’ für kalt’ ab und
ist insbesondere unter Schultenhöfen weit verbreitet. Diese
standen im Besitz eines Eigentümers, wurden aber von einem
Schulten oder Meier bewirtschaftet, der selbst nicht im
Herrenhaus wohnte. Verwaiste das Herrenhaus - sei es durch
Besitzkonzentration in der Hand von Klöstern oder durch
Aussterben der adligen Familie - dann erlosch seine Herdstelle,
und der Hof konnte als Kalthof’ bezeichnet werden.
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Seinen Namen trägt der Kaldenhof bei
Hamm bereits im 14. Jahrhundert. 1392 wird er Gert von Varssem,
Borgmann zur Marck, (belegt 1388/1411) aufgetragen. Gemäß dem im
selben Jahr ausgefertigten Lehnsbuch der Grafen von der Mark ist
Gert neben dem ”Caldenhoff in dem kerspele van der Marke“
außerdem mit dem ”Daverberges hoive to Oisterwich in dem
kerspele van Lyborgh“ belehnt. 1396 verkauft Gerts Bruder
Lambert von Varssem zu Kaldenhof (belegt 1396/1414) der Stadt
Hamm eine zuvor nahe dem Haus gegrabene Landwehr. Seine Frau
heißt Aleve Münsterman, sein Sohn Henrich. Für 1425 ist ein
weiterer Lambert von Varssem zum Kaldenhof belegt, der mit
seiner Frau Neyse zwei Söhne Lübbert und Lambert hat. Ab 1435
erscheint außerdem ein Johan von Varssem zum Kaldenhof, der 1461
den Hof aufgetragen bekommt. file://fn@02
Nach Johans
Tod kommt es zum Erbstreit zwischen Lubbert von Varssem sowie
dessen Schwiegersohn Robert von Steynen einerseits und Johann
von Plettenberg zu Merklinghausen, dem Neffen Johanns,
andererseits. 1476 erhält Lubbert einen Lehnsbrief, 1490 Robert
von Steynen. Zugleich ist Johann von Plettenberg seit 1476 mit
dem Kaldenhof belehnt, vorbehaltlich jedoch der Anrechte
Lubberts. Erst 1498 wird der Streit zu Gunsten Johanns von
Plettenberg entschieden. 1513 belehnt Johann von
Jülich-Kleve-Berg Johann von Plettenberg erneut mit dem
Kaldenhof, 1520 belehnt er Johann von Plettenbergs gleichnamigen
Sohn. Da dieser noch unmündig ist, empfängt an seiner statt
zunächst Goddert von Schelck 1523 das Lehen. 1525 lassen die
Plettenberger auf Haus Kaldenhof ein zweigeschossiges Herrenhaus
mit gewölbtem Keller errichten, das gemäß einer Baubeschreibung
von 1654 83 Fuß lang, 38 Fuß breit und 82 Fuß hoch war. 1528
schließt Dietrich von Plettenberg der Jüngere einen Ehevertrag
mit Maria von Buren. file://fn@03
Nach Dietrichs Tode
fällt Haus Kaldenhof 1540 an dessen Mutter Ermgard von Schelck
(Schedelich), Witwe von Plettenberg zum Kaldenhof. Noch im
selben Jahr wird ihr Mann, der Hammer Amtmann Evert von der
Recke zu Uentrup, mit dem Kaldenhof belehnt. 1549 erfolgt die
Belehnung Diederichs von der Recke (1), einem Sohn Ermgards aus
früherer Ehe. file://fn@04
Bereits 1548 hat Diederich
von der Recke (1) von der Familie Neheim das adelige freie Gut
Wilkinghof in Berge, einstmals ein Volmersteinsches Lehn,
gekauft, das für zwei Jahrhunderte die Geschicke des Hauses
Kaldenhof teilen wird. Mit seiner Gemahlin Anna (belegt
1557-1609), der Tochter des H. von Harmen zu Hunlinghoff und der
N. von der Recke, hat Diederich zehn Kinder: file://fn@05
-Diederich (2)
-Johan, Droste zu Bockum,
verheiratet mit Anna von Ascheberg, gestorben am 14. November
1600
-Jodoca, Äbtissin zu Fröndenberg, gestorben am
29. November 1626
-Elisabeth, verheiratet mit Goddert
von Harmen zu Haren (vor 1583)
-Irmgard, seit 1585
verheiratet mit Diederich Ovelacker zu Antfelde
-Catharina, seit 1586 verheiratet mit Franz Ferdinand
Burchardt aus Bonn
-Anna, 1593 Äbtissin zu
Kentrop
-Margret, Nonne im Kloster zu Kentrop
-Frau von Voorst zu Lombeck
-Frau von Schorlemer
zu Grevelinghausen
Als Diederich von der Recke (1) am
24. Dezember 1596 stirbt, wird im folgenden Jahr sein Sohn
Diderich (2), verheiratet mit Gertrud von Krevet zu Vorne, mit
dem Kaldenhof belehnt. Bereits 1586/87 hatten Elisabeth, Irmgart
und Catharina auf das elterliche Erbe zu Gunsten ihres Bruders
Diederich (2) verzichtet. In Diederichs (2) Namen tragen sein
Bruder Johan von der Recke (+1600) und ab dem 31. August 1601
Bernhardt Osterman das Lehen. Diederich (2) stirbt am 31.
Dezember 1601. file://fn@06
Da Diederichs (2) Sohn
Dietrich (3) noch minderjährig ist, wird in dessen Namen 1603
zunächst ein gewisser Johan F. mit dem Kaldenhofschen Erbe
belehnt. 1609 leistet Jodoca (Joibst) von der Recke Verzicht auf
den Kaldenhof. Dietrich (3), 1635 Obrist unter Hessen, ist
spätestens seit 1622 verheiratet mit Clara Elisabeth von
Westphalen zum Fürstenberg. Mit ihr hat er zwei Töchter - Anna
Margaretha und Dorothea Margaretha, die später Jobst Philipp von
Meschede zu Alme ehelichen wird - und einen Sohn Dietrich (4).
file://fn@07
Auch Dietrich (4) ist beim Tode seines
Vaters noch minderjährig, sodass 1636 stellvertretend sein
Pflegevater Gerhard von der Recke das Lehen übertragen bekommt,
1642 schließlich - Dietrich (4) ist noch immer unmündig - Jobst
Philipp von Meschede. file://fn@08
Bereits unter Diederich (1) kommt es zur zwischenzeitlichen
Verpfändung des Hofes zu Gunsten des Bürgermeisters Johan
Nottes. Der Hof gelangt schließlich per Gerichtsentscheid an den
Hammer Bürger Georg Fuchs, der es 1577 an seinen Mitbürger Peter
Notkens verkauft. Insbesondere aber die erste Hälfte des 17.
Jahrhunderts ist geprägt von einem zunehmenden finanziellen
Niedergang. Bereits 1603 wird vor dem Hofgericht Münster ein
Streit zwischen Dietrich von der Recke zu Uentrup und Jobst von
der Recke (später Goddert von der Recke zu Heesen) geführt. Es
geht um Ansprüche aus einer für Matthias von der Recke zu
Neuenburg als Pächter des Hauses Kaldenhof geleisteten
Bürgschaft. Der Fall wird 1632 vor dem Reichskammergericht
fortgesetzt. 1609 kann eine 1598 auf das Haus Kaldenhof
aufgenommene Rente nicht mehr bedient werden, sodass ein Prozess
oder der Verkauf des Hauses droht. Erst durch die Intervention
von Johan und Jobst von der Recke zu Drensteinfurt, Heesen und
Wulfsberg wird die Zahlungsfähigkeit wiederhergestellt. Im März
desselben Jahres 1609 bestellt der Hammer Richter Arnoldt
Langeschede Gertrud Krevet zum Vormund ihrer Kinder und erlaubt
ihr zugleich, wegen der vielen Schulden, die zum Teil bereits
auf Diederich von der Recke (1) zurückgehen, Kaldenhofsche
Güter, insbesondere jene zu Vronebern im Amt Unna als die am
weitesten entfernten, zu verkaufen. Tatsächlich hat Gertrud
schon etwa zwei Wochen zuvor zur Rettung der übrigen Güter des
Hauses Kaldenhof ihre sämtlichen Höfe, Kotten und Güter im
Kirchspiel Vronebern an Wynold von Westrum zu Sümmern und seine
Frau Elisabeth von Ovelacker verkauft. 1646 strengen Catharina
von Eppe und ihre Söhne, die nach dem Tode Dietrichs von der
Recke (3) die Vormundschaft über dessen drei unmündige Kinder
übernommen haben, eine Klage gegen die Gläubiger Henrich von der
Heese, Bürgermeister Hermann von Lemgo und Othmar Rodinghausen
zu Hamm an, nachdem diese auf dem Gerichtswege in den Besitz
verschuldeter Ländereien des Hauses Kaldenhof gelangt waren.
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1653 geht die Familie von der Recke zu
Kaldenhof in den Konkurs, und der Hof wird - ungehindert eines
Einspruchs gegen die Zwangsversteigerung und einer Klage gegen
die Gläubiger vor dem Drosten zu Hamm 1653, dem Hofgericht Kleve
1654 und dem Reichskammergericht 1656 - gepfändet. 1655 wird,
nachdem Dietrich von der Recke (4) Verzicht geleistet hat,
Alexander von Spaen mit dem Kaldenhof belehnt. Dieser verkauft
den Hof 1656 dem Ehemann seiner Schwester Kath. von Spaen, dem
Hammer Drosten Elbert von Heiden genannt Rynsch aus dem Hause
Holthausen, in dessen Besitz sich fortan auch der Wilkinghof
befindet. file://fn@10
Nach dem Tode Elberts geht das
Lehen 1678 auf seinen Sohn Bernhard Walter über, der sich 1688
in einer Glockeninschrift bezeichnet als ”Bernhardt Walter von
der Heyden genant de Rynsch, Erbherr zvm Kaldenhof vnd
Wilkinghof, Drost zvm Ham und Ryneren“. Als ”Droste zum Hamm“
und als in ”Nestors Alter“ nennt ihn außerdem ein 1725 von
Wilhelm Neuhaus, Professor am Akademischen Gymnasium zu Hamm,
verfasstes ”Loblied auf Haus Caldenhof“, das weiterhin das
prachtvoll ausgestattete Wohnhaus erwähnt sowie die dort
hängenden Bilder ”sämtlicher Söhne des edlen Stammes“. Das Haus
sei von einem Park mit stattlichen Bäumen umgeben, die
zugehörigen Gärten, Obstbäume, Weiden und Kornfelder seien
äußerst ergiebig, und die nahen Wälder böten vielfältiges
Jagdwild für die Küche des Hauses. file://fn@11
Nach
dem Tod des Bernhard Walter von Heiden 1726 verschärfte sich die
finanzielle Lage erneut. 1731 bittet ein Verwalter des außer
Landes weilenden Leutnants von Rynsch um die Aufnahme einer
Hypothek zur Auszahlung von dessen Geschwistern. 1753 wird das
verschuldete Gut allodifiziert und 1772 und 1785 auf
Veranlassung der Gläubiger zwangsversteigert. file://fn@12
1804 erscheint der Kaldenhof im Besitz des Predigers
Friedrich Wiedenhoff zu Drechen. Eine tabellarische Übersicht
der Grafschaft Mark bewertet das Gut in diesem Jahr mit 6812
Talern. Nachfolgender Besitzer ist der Kriegs- und Domänenrat
von Wolframsdorf. Für 18 300 Taler verkaufen dessen Erben den
Hof 1820 an den Kaufmann Elias Marks aus Hamm, der im Jahre 1823
für den Hof 54 Taler Grundsteuer entrichten muss. 1824 erwirbt
Elias Marks von den Erben von Rynsch auch den Wilkinghof. Danach
geht Haus Kaldenhof auf dessen Schwiegersohn Dr. med. Alexander
Haindorf (1782-1862) über. Die von ihm in das Haus eingebrachte
private Gemäldesammlung wird 1929 in Berlin versteigert.
Alexanders Tochter Sophie Haindorf heiratet 1840 den
Forstmeister Jacob Loeb. Loeb lässt das ältere Gebäude abreißen
und ersetzt es durch einen neogotischen Bau, der 1858 fertig
gestellt wird. Nach seinem Tod 1891 übernimmt sein Sohn Richard
Loeb (1843-1906) den Kaldenhof. 1913 hat das Fideikommiss der
Familie Loeb, zu dem neben Kaldenhof nach wie vor auch der
Wilkinghof und seit 1885 Haus Mark sowie das ehemalige
Klostergut Kentrop gehörten, einen Umfang von 984 ha. 1961
stiften der Landrat Dr. Ernst Theodor Loeb (+1964) und seine
Frau Jeanne das Haus Kaldenhof dem evangelischen Kirchenkreis
Hamm, der das Gebäude 1967 abreißen lässt, um auf dem Gelände
eine Schulungsstätte für Schwesternschülerinnen zu errichten.
Heute befinden sich dort unter anderem eine Tagungsstätte des
Kirchenkreises, der Arbeitskreis für Jugendhilfe e.V. sowie das
Fachseminar für Altenpflege der Evangelischen Frauenhilfe in
Westfalen e.V. file://fn@13
Der Bestand
”Haus Kaldenhof“ im Landesarchiv
Der
Bestand ”Haus Kaldenhof“ befindet sich neben den Beständen des
Gutes Schönholthausen, des Hauses Geist, des Stifts Überwasser,
der Jesuitenkollegs Münster und Coesfeld, des Studienfonds
Münster sowie der Universität Münster innerhalb des Archivs des
Studienfonds Münster. Auch die - nicht urkundenspezifische -
Altsignatur (XVI 282; XVI 283) auf den Urkundentaschen verweist
auf die ursprüngliche Zugehörigkeit zum Studienfonds. Der
Bestand umfasst 75 Urkunden mit einer Laufzeit von 1409 bis 1642
und stellt damit nur einen Teil des ursprünglichen Archivs des
Hauses Kaldenhof dar.
Die überlieferten Urkunden
fanden Verwendung bei der Sicherung von Ansprüchen im Konkurs
der Familie von der Recke zu Kaldenhof. Das Lehen über den
Kaldenhof trug zu diesem Zeitpunkt (seit 1642) Jobst Philipp von
Meschede im Namen des noch minderjährigen Bruders seiner Gattin
Dorothea Margaretha von der Recke. Bereits 1665/66 war Jobst
Philipp dem Wahnsinn verfallen und stand unter Vormundschaft. Er
starb nur kurze Zeit später. 1668 vereinbarten seine Erben mit
seiner Witwe die Teilung seines Erbes. Die Urkunden gelangten so
in den Besitz der Familie von Meschede. file://fn@14
Jobst Philipp hinterließ bei seinem Tod eine Tochter, Eva
Theodora von Meschede zu Alme, die wenig später Johannes Arnold
von Hoerde ehelichte. Dessen Vater war Adam Rütger von Hoerde zu
Schwarzenraben (1592-1651), der in zweiter Ehe mit Catharina
Elisabeth Stael von Holstein verheiratet war. Catharina
Elisabeth war die Tochter des Johannes Stael von Holstein und
der Elisabeth von Schellenberg zu Schönholthausen und als solche
Erbin des Gutes Schönholthausen. Bereits 1666 hatte Catharina
Elisabeth - inzwischen Witwe - an Johannes Arnold als ihren
ältesten Sohn das Gut Schönholthausen abgetreten, das dieser
nach einer Eheberedung 1670 als Heiratsgut in die Ehe mit Eva
Theodora von Meschede miteinbrachte. Es war dies Johannes
Arnolds zweite Ehe. Nach einer dritten starb er im Jahre 1714.
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Das Gut Schönholthausen, gelegen in der
Gemeinde Finnentrop und im Kreis Olpe, wurde erstmals 1343 als
Rittersitz erwähnt. Vormalige Besitzer waren die Familien von
Schellenberg und Stael von Holstein. Nach dem Tode des Johannes
Arnold von Hoerde fiel Schönholthausen - und damit auch die
Urkunden des Hauses Kaldenhof - an den kurpfälzischen
Kammerherrn Philipp Ludwig von Hoerde zu Milse. Inzwischen war
es stark verschuldet. Durch Ankauf zahlreicher
Schuldverschreibungen übernahm Philipps Großtante Franziska
Dorothea von Hoerde ab 1728 schrittweise bis 1734 die Bezahlung
der Schuldforderungen und gelangte so in den Besitz des Gutes.
1745 erkannte Philipp Ludwig die Besitzrechte seiner Großtante
ausdrücklich an. file://fn@16
Franziska Dorothea war
Äbtissin des Damenstifts Überwasser, und so ging nach ihrem Tode
1750 das Gut Schönholthausen testamentarisch auf das Stift über.
Eine 1753 von der Familie Hörde darüber angestrengte Klage blieb
erfolglos. Das Archiv Schönholthausen, in dem sich auch die
Kaldenhofer Urkunden befanden, scheint schon während oder
unmittelbar nach der Amtszeit der Äbtissin nach Münster gebracht
worden zu sein. Als das Stift das Gut Schönholthausen 1768/76
weiterverkaufte, verblieb dessen Archiv in Überwasser.
file://fn@17
Bereits 1703 war Franziska Dorothea zur
Äbtissin gewählt worden und stand dem Kloster fast fünfzig Jahre
lang vor. Ihre Amtszeit war geprägt von ständigen Rangeleien um
ihre Befugnisse. 1713 musste sie sich dem Fürstbischof gegenüber
wegen Vorwürfen rechtfertigen, im Kloster werde übermäßig
getanzt, gezecht und die Fastnacht gefeiert. Ein Streit mit den
Einwohnern des Pfarrbezirks entbrannte Anfang 1718, nachdem
Franziska Dorothea innerhalb der Überwasserkirche den
Christenlehrstuhl verschieben ließ. Die Pfarreingesessenen
versuchten daraufhin, den Stuhl an seinen ursprünglichen Platz
zurückzubringen. Am Sonntag, dem 13. Februar, befahl die
Äbtissin die erneute Umsetzung. Dabei kam es zu Unruhen unter
den herbeieilenden Messbesuchern. Fünf mit Ochsenriemen
bewaffnete Klosterknechte schlugen in die Menge. Die folgende
Schlägerei, in der auch die Knechte selbst Verletzungen
erlitten, verlagerte sich schließlich auf den Kirchhof. In Folge
des Zwischenfalls musste die Überwasserkirche am 15. März 1718
neu geweiht werden. Im darauffolgenden Jahr traktierte die
Äbtissin einen beliebten Kaplan derart, dass im Kirchspiel ein
Aufruhr entstand, in dessen Verlauf die Fenster der Äbtissin
zerstört wurden. file://fn@18
Es waren nicht zuletzt
diese Streitigkeiten, die die Schließung des Klosters Überwasser
nur kurze Zeit später begünstigen sollten. Tatsächlich folgten
Franziska Dorothea nur zwei Äbtissinnen nach. 1773 wurde das
adlige Frauenstift Überwasser nach längeren Auseinandersetzungen
durch Papst Clemens XIII. aufgehoben. Die umfangreichen
Besitztümer des Klosters dienten fortan - ebenso wie die der im
Fürstbistum Münster aufgelösten Niederlassungen der Jesuiten -
der Ausstattung der neugegründeten Universität Münster. Zu
diesem Zwecke wurden beide Vermögensmassen der Universitäts- und
Exjesuitenkommission unterstellt, die 1803 in die
Studienkommission (auch Studienverwaltungskommission) und 1819
in den Münsterischen Studienfonds umgewandelt wurde. Von dieser
Stelle aus erfolgte im September 1892 die Übergabe der
Archivalien an das damalige Königlich Preußische Staatsarchiv
Münster. Die Eingebundenheit der Bestände des Hauses Kaldenhof
und des Gutes Schönholthausen in das Archiv des Münsterischen
Studienfonds spiegeln sich noch heute in der Tektonik des LAV
NRW W wieder. file://fn@19
Der Bestand
wurde im Oktober 2011 von Mirko Crabus und Katrin Minner im
Rahmen des Referendariats am LAV NRW Abt. Westfalen
verzeichnet.
- Bestandssignatur
-
B 155u
- Umfang
-
75 Urkunden.
- Sprache der Unterlagen
-
German
- Kontext
-
Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen (Archivtektonik) >> 1. Territorien des Alten Reiches bis 1802/03 einschließlich Kirchen, Stifter, Klöster, Städte u.ä. >> 1.2. Westfälische Fürstbistümer (B) >> 1.2.1. Fürstbistum Münster >> 1.2.1.3. Studienfonds und Missionen >> Studienfonds Münster
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Helmut Richtering, Adelssitze und Rittergüter im Gebiet der Stadt Hamm, in: Herbert Zink (Hg.), 750 Jahre Stadt Hamm, Hamm 1976; Alfred Hartlieb von Wallthor, Der Münstersche Studienfonds. Entstehung und Entwicklung des Vermögens der alten Universität Münster, in: Heinz Dollinger (Hrsg.), Die Universität Münster 1780-1980, Münster 1980, S. 29-35.
·Die Bestände des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen Abteilung Westfalen. Kurzübersicht (Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 18), Düsseldorf 2009.
·Hömberg, Albert K.: Geschichtliche Nachrichten über Adelssitze und Rittergüter im Herzogtum Westfalen und ihre Besitzer, Heft 10. Kirchspiele Elspe, Förde, Kirchhundem, Kirchveischede, Oberhundem, Rahrbach und Schönholthausen (Kreis Olpe II), Münster 1975.
·LAV NRW W, Findbuch Schönholthausen.
·Richtering, Helmut: Adelssitze und Rittergüter im Gebiet der Stadt Hamm, in: Zink, Herbert (Hg.): 750 Jahre Stadt Hamm, Hamm 1976, S. 125-160.
·Schrade, F. X.: Nachrichten über den Osnabrücker Weihbischof Johannes Adolf von Hörde, in: WZ 53 (1895), Abt. 2, S. 109-133.
·Schulze, Rudolf: Das adelige Damenstift und die Pfarre Liebfrauen Überwasser zu Münster i.W. Ihre Verhältnisse und Schicksale 1040-1926, Münster 1926.
·Schütte, Leopold: Wörter und Sachen aus Westfalen 800 bis 1800 (Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 17), Münster 2007.
·Steinen, Johann Diederich: Westphälische Geschichte. Dritter Theil, Lemgo 1757.
·Thümmler, Hans: Kreis Unna. Mit geschichtlichen Einleitungen von Helmut Richtering, Ernst Nolte und Hans Beck (Bau- und Kunstdenkmäler von Westfalen 47), Münster 1959.
·Wallthor, Alfred Hartlieb von: Der Münsterische Studienfonds. Entstehung und Entwicklung des Vermögens der alten Universität Münster, in: Dollinger, Heinz (Hg.): Die Universität Münster 1780-1980, Münster 1980, S. 29-35.
·Westerburg-Frisch, Margret (Hg.): Die ältesten Lehnbücher der Grafen von der Mark (1392 und 1393) (Veröffentlichungen der Historischen Kommission Westfalens XXVIII. Westfälische Lehnbücher), Münster 1967.
- Bestandslaufzeit
-
1409-1642
- Weitere Objektseiten
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- Letzte Aktualisierung
-
23.06.2025, 08:11 MESZ
Datenpartner
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Westfalen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1409-1642