Bestand

Gemeinschaftliche Schulkommission (Bestand)

Inhalt und Bewertung

Die Gemeinschaftliche Schulkommission in Stadt und Grafschaft Wertheim bestand von 1783 bis 1810. Sie war ein Beratungs- und Kontrollgremium für das gesamte Schulwesen der Grafschaft mit dem Ziel, dessen Niveau zu heben. Der Bestand wurde im Jahr 2001 provenienzgerecht gebildet aus Unterlagen der Kommission, die sich im Altbestand Wertheimer Schulsachen II und in unverzeichneten Nachtragsbeständen befanden.

1.1 Die Schulkommission: Die Gemeinschaftliche Schul-Commission in Stadt und Grafschaft Wertheim wurde nach einigen Jahren der Vorbereitung 1783 eingerichtet. Mitglieder sollten ausweislich ihres Reglements der Superintendent, der Stadtpfarrer und je ein evangelisches Mitglied der gräflichen und fürstlichen Regierung sein, und so wurde es auch gehalten. 1784 waren dies die Räte Feder und Bellon, Superintendent Neidhart und Pfarrer Faber. Den Vorsitz führte jeweils einer der Räte. Wenn es auch gelegentlich Streitigkeiten wegen der Besetzung gab (Nr.34/ONr. 3), arbeitete die Kommission in der Regel doch relativ reibungslos. Sie war damit die einzige funktionierende gemeinschaftliche Behörde der zentralen Sphäre in der Grafschaft Wertheim am Ende des Alten Reichs. Ihre Aufgabe bestand in der Verbesserung der öffentlichen Schulanstalten. Zu diesem Zweck waren ihre Mitglieder ermächtigt, unangekündigte Visitationen in den Schulen durchzuführen. Man entschied über die Anschaffung von Schulbüchern und die Inhalte der Lehrpläne. Man begutachtete Lehrer vor der Einstellung und übernahm deren Einweisung ins Amt. Die eigentliche Einstellung wie auch die Kompetenz in Besoldungsentscheidungen lag allerdings weiterhin bei der Regierung bzw. den Grafen selbst, die Kommission wurde lediglich beratend tätig. Eine weitere Aufgabe war die Durchsetzung der Schulpflicht, die mit dem siebten Lebensjahr begann. Die Lehrer hatten der Kommission regelmäßig Listen mit den Fehlzeiten ihrer Schüler einzuschicken. Die daraufhin erhobenen Strafgelder flossen in den Schulfonds, der wiederum der Lehrerbesoldung zugute kam. Auch Anträge auf Erlassung des Schulgelds wegen Armut der Eltern liefen über die Kommission; die Lehrer erhielten in diesen Fällen das Schulgeld aus dem Vermögen des Chorstifts. Die Kommission prüfte sämtliche Absolventen des Gymnasiums, die die Universität beziehen wollten, auf ihre Eignung. Auf diese Weise sollte der Ruf des Gymnasiums verbessert und verstärkt Schüler von auswärts angezogen werden. Eine Besonderheit des Wertheimer Schulwesens war das Alumnat. Die von der Kommission festzustellenden Alumni erhielten Stipendien aus dem Chorstift. Sie bestritten dafür den Kirchengesang sowie den Gesang bei Begräbnissen, weshalb der Cantor bei ihrer Bestellung Gutachten über ihre musikalischen Fähigkeiten vorzulegen hatte. Da es in der Grafschaft keine Lehrerausbildung gab, wurden neue Dorfschullehrer häufig aus dem Kreis der Alumni ausgewählt und diese mit zusätzlichem Unterricht auf ihre Lehrtätigkeit vorbereitet. Nach ihrer Einrichtung versuchte die Schulkommission zunächst, sich einen Überblick über die bestehenden Schulen und ihre Verhältnisse zu verschaffen. Die Aktennummern 80/ONr. 7 und 89/ONr. 61 bieten daher eine Bestandsaufnahme des Schulwesens in der Grafschaft Wertheim im Jahr 1784. Besonders interessant für die Schulen in der Stadt Wertheim sind die Lehrpläne und Conduitenlisten in Nr. 85/ONr. 72, bei denen es sich um ausformulierte Zeugnisse insbesondere über die sogenannten Kopfnoten handelt. Mit der Mediatisierung ging die Kernkompetenz der Bildungsplanung an Baden über. Vorgesetzte Behörde war jetzt das Evangelische Kirchen-Departement beim Ministerium des Innern in Karlsruhe. Die Schulkommission, die sich zuletzt selbst als provisorisch bezeichnete, stellte 1810 ihre Tätigkeit ein.

1.2 Zum Bestand: Den Kern des Bestandes bildet Schriftgut, das sich als unverzeichneter Nachtrag im Anhang an StAWt-F Rep. 25 (Wertheimer Schulsachen II) befand. Im Zuge seiner Verzeichnung wurde in diesem Bestand im Jahr 2001 eine Provenienzprüfung vorgenommen und die vorhandenen Akten provenienzrein auf die Bestände Rep. 24 (Schulsachen I, Provenienz: Regierung/Kabinette vor 1806), Rep. 25 (Schulsachen nach 1806, Provenienz: Domänenkanzlei) und den vorliegenden Bestand aufgeteilt. Über diese Aufteilung und die Altsignaturen informiert die Konkordanz am Ende dieses Findbuchs. Bei der Schulkommission handelt es sich um eine genuin gemeinschaftliche Behörde. Dass sie sich dennoch im Freudenbergischen Archiv befindet, erklärt sich schlicht aus ihrer Überlieferung in diesem Archiv und wäre bei einer Neustrukturierung des Gemeinschaftlichen Archivs in Zukunft eventuell zu revidieren. Dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass sich weiteres Schriftgut dieser Provenienz noch an anderen Stellen in den Linienarchiven befindet. In jedem Fall sei auf das Rosenbergische Rep. 45 i (Kirchen-, Pfarr- und Schulsachen Grafschaft Wertheim) hingewiesen. Der Bestand umfasst 90 Einheiten in einem lfd. m. Bronnbach, im September 2001 Robert Meier

Literatur: Stockert, Harald, Adel im Übergang, Stuttgart u. a. 2000, S. 61 ff. Ehmer Hermann, Geschichte der Grafschaft Wertheim, Wertheim 1989, S. 212 ff. Heyd, Heinrich, Geschichte der Entwicklung des Volksschulwesens im Großherzogtum Baden II, Bühl 1900, S. 955 ff.

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim, F-Rep. 25a
Extent
1 lfd. m in 90 Einheiten

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Wertheim (Archivtektonik) >> Freudenbergisches Archiv >> Altes Archiv >> Sonstige Zentralbehörden

Date of creation of holding
1783-1810

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Rights
Last update
25.03.2024, 1:33 PM CET

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1783-1810

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