Bestand

Vormals österreichische Landesteile in Württemberg II (Zentralbehörden) (Bestand)

1. Vorbemerkung: Die Titelaufnahmen des vorliegenden Repertoriums entstanden im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Inventarisierungsprojektes, das die Zusammenführung aller in deutschen Staatsarchiven verwahrten Akten und Amtsbücher der für die ehemals österreichischen Vorlande zuständig gewesenen Zentralbehörden in Innsbruck, Ensisheim, Freiburg, Konstanz und Günzburg anstrebt. Urkunden, Druckschriften, Karten und Pläne, soweit sie nicht Beilagen von Aktenbüscheln, sondern eigenständige Einheiten sind, finden keine Berücksichtigung. Dasselbe gilt für Archivalien, die nicht zentralbehördlicher Provenienz sind (Näheres zur Entstehungsgeschichte sowie zu Erfassungsgrundsätzen und Verzeichnungsrichtlinien dieses Projektes siehe die Einleitung zum Repertorium des Bestandes B 17). Das vorliegende Teilrepertorium führt in der Folge nur den mit der Projektdefinition konformen Anteil des Bestandes B 23 auf - insbesondere wurden nur die wenigen Urkunden, die von DFG-Bearbeiter Dr. Peter Steuer einem Aktenvorgang zugewiesen werden konnten, in Kurzform aufgenommen. Zahlreiche, den Großteil des Bestandes ausmachende Pergament- und Papierurkunden oder deren Abschriften sind weiterhin über das alte Repertorium B 23 zu ermitteln. Kriterium für eine Urkunde war dabei die Besiegelung bzw. bei Abschriften der Siegelbefehl bzw. die LS-Angabe. Das alte Findbuch, dessen z. T. unzulängliche Klassifikation auch für das neue übernommen wurde, ist also weiterhin gültig.

2. Zur Geschichte des Bestandes: Nach dem im Preßburger Frieden 1805 besiegelten Ende der staatlichen Existenz Vorderösterreichs wurden in den beiden Folgejahren die Registraturen der ehemaligen vorländischen Regierung und Kammer in Konstanz und Günzburg nach dem damals geltenden Grundsatz der Ortspertinenz auf die "Nachfolgestaaten" Baden, Bayern und Württemberg verteilt (vgl. Einleitung zum Repertorium B 17 und Stemmler, Vorderösterreichische Archivalien). Der nicht aufteilbare Rest wurde als gemeinschaftlich deklariert, jedoch wenig später mehr oder weniger willkürlich von Bayern und Württemberg übernommen. Der größte Teil des Württemberg aus der Günzburger Verteilungsmasse zugesprochenen Materials gelangte für 40 Jahre in ein in der ehemaligen Benediktinerabtei Wiblingen eingerichtetes Depot und kam erst 1846 nach Stuttgart, wo dann die Bestände B 17, B 33-B 63 a gebildet wurden. Einen anderen Weg gingen die Archivalien des Bestandes B 23. Nach den Angaben Valentin Schloßsteins (vgl. B 16 Altrepertorium B 17, Einleitung) wurden bereits 1808/1809 insgesamt 28 Kisten aus dem Wiblinger Aktendepot, davon 24 an verschiedene Behörden und Ministerien nach Stuttgart und die übrigen vier an das Königliche Staatsarchiv zu Stuttgart, abgegeben. Der Inhalt dieser vier unter der Regie des Regierungssekretärs und Registrators Philipp Wilhelm Gottlieb Hausleutner in Wiblingen für das Stuttgarter Archiv bestimmten Kisten dürfte den Grundstock des vorliegenden Bestandes B 23 bilden. Unmittelbar nach Eingang in Stuttgart scheinen diese Archivalien von dem Geheimen Archivar Carl Friedrich Pfaff verzeichnet worden zu sein, wie er dem Staatsministerium im Mai 1809 berichtet. Im selben Bericht charakterisiert er diese als "gegenwärtig von keiner besondern politischen Wichtigkeit mehr (...), verdienen sie doch immer einen Plaz in dem K(öniglichen Archiv)." E 61 (Archivdirektion Stuttgart) Bü 184 Vermutlich war dies auch der Grund dafür, dass bereits Hausleutner diese vier Kisten direkt an das Archiv und nicht - wie größtenteils geschehen - an andere Behörden zur Information bzw. Weiterführung geschickt hat. Pfaffs Repertorium "Ehmalige Oesterreichische im Jahr 1809 ad Archivum gekommene Documente" ("Vormals österreichische Landesteile II"), das bis heute Gültigkeit besitzt, orientiert sich sowohl in der Formulierung der Titel als auch in deren Anordnung stark an einem älteren Verzeichnis aus dem oberösterreichischen Schatzarchiv in Innsbruck. Dabei handelt es sich um eine summarische Liste der "Originalurkunden", die 1789 an die vorderösterreichische Regierung in Freiburg abgegeben wurden. Es ist in mehreren Exemplaren überliefert E 61 Bü 546 II; B 16 (ältere Repertorien) aus B 17 Bü 36. Eines davon wurde als sogenanntes Packregister weiterverwendet und gelangte zusammen mit den Württemberg zugeteilten Archivalien nach Stuttgart. Bereits 1811 wurde der kaum formierte Bestand B 23 um größere Teile dezimiert. Im Zuge der Pariser Verträge von 1810 erfolgte eine Neuverteilung der ehemaligen Landgrafschaft Nellenburg bzw. des Oberamtes Stockach auf die Staaten Baden und Württemberg. Für den Bestand B 23 hatte dies zur Folge, dass Teile aus der Rubrik A (Grafschaft Nellenburg), die endgültig badisch gewordene Gebiete betrafen, an das Generallandesarchiv in Karlsruhe extradiert werden mussten. Abgabeverzeichnisse von der Hand Pfaffs befinden sich in E 61 Bü 254; das Repertorium ist entsprechend gekennzeichnet. Nur wenige Dokumente blieben dieser Rubrik erhalten.

In der Folgezeit konnte der Bestand in seinen Strukturen erhalten bleiben, wenn er auch seit dem späten 19. Jahrhundert bis heute ständig unter Pertinenzgesichtspunkten um einzelne Stücke ergänzt bzw. dezimiert wurde. So kamen im Jahre 1878 Archivalien aus dem Generallandesarchiv Karlsruhe auf dem Wege der Extradition hinzu, später folgten immer wieder Aktenabgaben direkt von württembergischen Gerichts- und Verwaltungsbehörden oder wurden im Archiv aus deren Beständen als Vorakten herausgelöst. Hinzukommen einzelne Archivalienankäufe und Einzelstücke aus einer im Jahre 1966 aufgelösten Siegelsammlung des Hauptstaatsarchivs. Gerade diese Nachträge, dagegen kaum die im ursprünglich von Archivar Pfaff formierten Bestand enthaltenen Stücke sind im vorliegenden Teilrepertorium erfasst. Auf der anderen Seite steht - in weitaus geringerem Ausmaß - die Entnahme von Archivalien. Ursprünglich in den Bestand integrierte Lagerbücher wurden den Lagerbuchselekten (v.a. H 162) zugewiesen; während der Projektarbeiten im Jahr 1992 ff. festgestellte Archivalien lokalbehördlicher bzw. nicht-österreichischer Provenienz wurden herausgelöst und den entsprechenden Beständen - zum Teil im Staatsarchiv Sigmaringen und Generallandesarchiv Karlsruhe - hinzugefügt. Dem Bestand ist sein "Auslesecharakter" deutlich anzusehen. Er besteht in der Mehrzahl aus Urkunden - Originale wie auch zahlreiche Abschriften von Pergament- und Papierurkunden. Diese wie auch die Akten und Amtsbücher beziehen sich vorwiegend auf die Erwerbung, Behauptung oder Admistration von Ländereien, Gerechtigkeiten und Titeln in den ehemaligen Vorlanden durch Österreich. Unter mehreren Orts- und Herrschaftsverzeichnissen soll besonders die bekannte Beschreibung der Landvogtei Schwaben durch den Altdorfer Landschreiber Michael Lautherius aus dem Jahre 1594 angeführt werden. Daneben findet sich umfangreiches Material über die Truchsessen von Waldburg als Inhaber verschiedener verpfändeter Städte, Herrschaften und Gerechtigkeiten. Ein zeitlicher Schwerpunkt liegt auf der Überlieferung der oberösterreichischen Behörden in Innsbruck: 16. bis Mitte 18. Jahrhundert. Die Zeit der Zuständigkeit der vorderösterreichischen Behörden ist dagegen nur schwach dokumentiert. An Provenienzen wurden folgende unterschieden: Schatzarchiv Innsbruck (Registraturzeichen: lädl) Kameralschatzarchiv Innsbruck (Registraturzeichen: lad) Oberösterreichische Regierung und Kammer, Innsbruck Vorderösterreichische Repräsentation und Kammer bzw. Regierung und Kammer, Konstanz bzw. Freiburg Schwäbisch-österreichische Regierung und Kammer, Günzburg Innsbruck, Zentralbehörden (Schriftgut aus der Zeit der Verwaltung durch oberösterreichische Stellen, das nicht eindeutig einer bestimmten Behörde zuzuweisen ist). Die Neuverzeichnung der Archivalien wurde durch Dr. Peter Steuer im Rahmen des DFG-Inventarisierungsprojektes im Jahr 1992 vorgenommen. Eine erste Überarbeitung erfolgte unmittelbar darauf durch Albrecht Gretschel und Dr. Konrad Krimm, die abschließende im Jahr 1996 schließlich durch Petra Schön.

3. Literatur: Übersicht über die Bestände des Hauptstaatsarchivs Stuttgart. Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803 bzw. 1806-1810 (B-Bestände). Reichs- und Kreisinstitutionen vor 1806 (C-Bestände). Bearbeitet von Margareta Bull-Reichenmiller. 2. erw. Aufl. (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg Bd. 34). Stuttgart 1994. Jaroschka, Walter: Das Schicksal der Archivbestände Vorderöreichs und ihre Überlieferung in Bayern; in: Maier, Hans und Press, Volker (Hg.): Vorderösterreich in der frühen Neuzeit. Sigmaringen 1989, S. 395-419. Ottnad, Bernd: Geschichte und Dokumentationswert der "Schwabenbücher"; in: Zeitschrift für württembergische Landesgeschichte 26/1967, S. 46-61. Schneider, Eugen: Zur Geschichte des württembergischen Staatsarchivs; in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte N. F. 12/1903, S. 1-22. Stemmler, Eugen: Vorderösterreichische Archivalien in den Staatsarchiven; in: Archivalische Zeitschrift 68/1972, S. 60-66. Stuttgart, im November 1996 Petra Schön

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 23

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803/1806-1810 >> Vorderösterreich >> Verschiedene Vorderösterreichische Bestände >> Vormals österreichische Landesteile in Württemberg II

Bestandslaufzeit
(1124-) 1303 - 1805

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Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • (1124-) 1303 - 1805

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