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Reutlinger Schreiben an den Vogt in Urach

Regest: Der Reutlinger Zinngiesser Meyer hat vorgebracht, dass er von einigen Jahren her keine andere als die in den 3 oder 4 Wochen vor Weihnachten stattfindenden sogenannten Christkindlesmärkte in Metzingen mit seinen Waren zu besuchen angefangen habe, ihm diese Marktfreiheit aber nicht nur erschwert, sondern vornehmlich auf Betreiben des Zinngiessers Wekerlin zu Urach schliesslich gar verboten worden sei. Meyer will sich nun der Marktfreiheit rechtzeitig, ehe Weihnachten heranrückt, versichern und hat daher um obrigkeitlichen Beistand gebeten, den Bürgermeister und Rat ihm nicht zu versagen verpflichtet sind. Sie berufen sich auf den Schirmsverein und auf die allgemeine württ. Landesordnung. Es gereicht ihnen dabei zu ausnehmendem Vergnügen, es mit einem Nachbar zu tun zu haben, von dessen ruhmwürdiger nachbarlicher Gesinnung, wohlhergebrachten gegenseitigen Rechten keinen Abbruch zu tun, sie schon lange überzeugt sind.
Der Vater selig des Zinngiessers Meyer, ein gewesenes Mitglied des Reutlinger Senats, hat vor ungefähr 20 und mehr Jahren die Wochen- und besonders die Christkindles-Märkte zu Metzingen ohne alle Einrede besucht. Es hat auch der Uracher Zinngiesser Wekerlin anfangs und das erstemal, als des besagten Senators Meyer Sohn die Metzinger Christkindles-Märkte besuchte, ihm nichts in den Weg gelegt, bis er in der Folge wahrgenommen hat, dass Meyer durch Führung feinerer, ja die gewöhnlichen 2 Grade der Landprobe übertreffender und nach der neuesten Mode ausgearbeiteter Waren besseren Zugang und Vertrieb als jener fand. Es kommt aber hiebei gar nicht auf die gutwillige Duldung des Uracher Zinngiessers Wekerlin an, sondern lediglich auf die Rechtsgründe, worauf die Marktfreiheit beruht. In dem noch immer geltenden Schirmsverein von 1649 ist eine vollkommene und gegenseitige Gleichheit in Handel und Wandel vornehmlich auf Wochen- und andern Märkten stabiliert. Von Reutlinger Seite wird dieser paktmässigen Einrichtung noch immer so genau nachgelebt, dass die Metzinger Strumpfwirker in mehrer Zahl an allen Wochenmärkten neben andern dortigen Handwerksleuten ohne allen Eintrag hier geduldet werden. Es wird auch vice versa (= umgekehrt, andererseits) andern Reutlinger Handwerkern in Metzingen kein Hindernis Feilhabens halber an allen Wochenmärkten in den Weg gelegt. Ein Verbot würde auch den Bestimmungen der württ. Kantengiesserordnung widersprechen, wonach auf den Wochenmärkten die ausländischen Kantengiesser, welche das Zinn den vorgeschriebenen Proben gemäss feil halten, mit den Ständen an die württ. Untertanen, welche an dem Marktort nicht verbürgert sind, gestellt werden sollen. Demnach müsste der Zinngiesser Meyer, der lauter landprobmässiges Zinn verarbeitet, in Metzingen, woselbst kein bürgerlicher Zinngiesser ist, dem dahin kommenden Uracher Meister Wekerlin an den Wochen- und Christkindles-Märkten an die Seite gestellt werden. Bürgermeister und Rat hoffen, von dem Vogt die schriftliche Verwilligung zu erhalten, dass Meyer sich der Wochen- und Christkindles-Märkte zu Metzingen demnächst und in Zukunft frei und ungehindert bedienen könne.
Bürgermeister und Rat der Stadt Reutlingen.

Reference number
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 3128
Extent
6 S. Text
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Genetisches Stadium: Konz.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 9 Zünfte Kantengießer
Holding
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Date of creation
1756 September 24

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

Time of origin

  • 1756 September 24

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