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Reutlinger Schreiben an den Vogt Georgy zu Tübingen

Regest: Mit nicht geringem Betrüben müssen Bürgermeister und Rat wahrnehmen, dass die Reutlinger Hosen- und Strumpfstricker abermals von den Tübinger Meistern desselben Handwerks als unehrlich aufgetrieben und für untüchtig erklärt worden sind, die Jahrmärkte zu besuchen und, wie längst gewohnt, in Lohnarbeit etwas zu verdienen. So ist der Elias Klein von dem Meister Johann Georg Ankelin in Tübingen von seiner bisher wohlvergnüglich (= zur Zufriedenheit) gefertigten Lohnarbeit vollkommen abgewiesen worden. Die einzige Ursache ist, dass sie ihren alten Mitmeister Conrad Ziegler als ehrlichen Meister bei dem Handwerk passieren lassen. Ziegler ist als ehrlicher Meister nicht nur in Reutlingen, sondern auch bei allen andern fremden und württ. Landmeistern bei Jahrmärkten und Handwerks-Zusammenkünften wie von seiner hiesigen, der Tucher- und Zeugmacherzunft und andern bürgerlichen Gesellschaften und so auch von Obrigkeits wegen für bieder anerkannt. Er ist von niemand einer ehrenverletzlichen Missetat rechtsbeständig überführt, ausser dass er durch eine böse Gesellschaft zu einer Schatzgräberei verleitet und wie gemeiniglich abergläubische Leute zu unerlaubten Ceremonien beredet wurde, die doch wider die erste Tafel (= das 1. Gebot) streitend von geistlicher und weltlicher Obrigkeit hoch gestraft werden. Unter dieser liederlichen Gesellschaft ist Ziegler auch in den Verdacht gekommen, als ob er in vielerlei in Reutlingen verübte Diebstähle verwickelt wäre. Er wurde auch gefänglich eingezogen. Aber es wurde auf ihn nichts Ehrverletzliches erwiesen, so dass er von Obrigkeits wegen seiner bürgerlichen Ehren oder guten Namens verlustig anerkannt und unehrlich gemacht worden wäre. Er ist neben andern teils mit dem Turm teils mit Geld abgestraft worden, hat aber Ehre und Leumund unverletzt beibehalten. Auch der Haupttäter hat ... nicht an der Ehre, sondern nur am Seckel gestraft werden können. Der Rat hofft in gutem Vertrauen zu dem Vogt, dass der Ziegler und vollends seine ganz unschuldigen Mitmeister als meistenteils arme und übel verbrannte Meister nicht aus der Gemeinschaft fremder ehrlicher Meister, am allerwenigsten aber von ihrer Lohnarbeit oder anderwärtiger Treibung des Handwerks oder dem Besuch der öffentlichen Jahrmärkte verdrängt werden.

Reference number
A 2 c (Zünfte) Nr. A 2 c (Zünfte) Nr. 3926
Formal description
Beschreibstoff: Pap.
Further information
Zeugen / Siegler / Unterschriften: Bürgermeister und Rat der Stadt Reutlingen

Bemerkungen: von der Hand des Joh. Georg Beger

Genetisches Stadium: Konz.

Context
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18) >> Bd. 10 Zünfte Strumpfstricker
Holding
A 2 c (Zünfte) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 8-11 u. 18)

Date of creation
1730 Oktober 7

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Last update
20.03.2025, 11:14 AM CET

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  • Archivale

Time of origin

  • 1730 Oktober 7

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