Akten

Wilhelm Keller an Karl Weltzien

Enthält: Keller erhielt eine Anfrage von Weltzien zur Handhabung der "Verbrennungsröhren". Diese werden "hinten am Rohre ausgezogen". Keller bedauert, dass Weltzien keinen "Blaßtisch" hat, denn damit ist diese Arbeit leicht. Keller lernte die Handhabung der Röhren während der ersten drei Tage (im Gießener Laboratorium). Keller bietet seine Hilfe bei der Beschaffung der Röhren an. Keller erkundigte sich auf Weltziens Frage hin nach der Erzeugung von Harnsäure und erfuhr, dass seit seiner Ankunft keine hergestellt wurde. (Justus) Liebig soll die Haltung einer Schlange erwogen haben, um deren Exkremente zu erhalten. Wahrscheinlich hat er von diesem Vorhaben aber wieder Abstand genommen. In den nächsten Tagen soll ein Fuder Guano eintreffen, den Liebig bestellt hat. Kupfer ("Cu") ist in Gießen kostengünstig zu erhalten, weil man das Pfund "Kupferhammerschlag, der meistens aus Axyduloxyd [?] besteht, für einen Gulden kaufen und es dann mit der [waagerecht durchstrichen und darüber zwei in zwei Zeilen übereinander gesetzte und zeilenweise gegeneinander versetzte Punkte]N des Professors oxydiren" kann. Das Pfund "fertiges Kupfer" hingegen kostet beim "Laboratoriumsdiener" 4 fl. Sofern Weltzien Kupfer benötigt, rät Keller, den Hammerschlag zu verwenden, der wenig "[wie vor]N" zur Oxidation erfordert. (1v) Keller erklärt seinen Irrtum über den Preis der Verbrennungsröhren. Weltzien hat 4 fl bei ihm gut. Keller besorgte verschiedene Gegenstände aus dem Laboratorium für Weltzien auf dessen Bitte hin, darunter einen Stickstoffapparat ("Siapparat") und gab die Sachen auf die Post. Weltzien hat bestimmt mehrere Stickstoffapparate, denn man braucht diese, um gleichzeitig zwei Analysen zu machen. Keller fallen genaue organische Analysen nun leicht, weshalb er die in der Vorlesung des Dr. (Richard Felix) Marchand verbrachte Zeit beinahe bedauert. Liebig trug Keller und Wydler auf, eine "Arbeit über Camphersäure" zu wiederholen, die Walther, der Assistent von (Jean-Baptiste) Dumas ausführte und die im Oktoberheft der Annalen der Chemie und Pharmacie publiziert ist. Bisher wurden die publizierten Aussagen bestätigt. Keller beschreibt sein Vorgehen zur Herstellung von Kristallen der "Camphersauren Salze". Er erzeugte kleine Kristalle, "während [Jöns Jakob] Berzelius von großen schönen Kristallen spricht". (2r) Die Untersuchung der Kamphersäure lässt Keller Zeit zur Herstellung der von Liebig entdeckten Verbindungen. Er stellte "Schwefeligen Kalium, Schwefeligen Melan, Melane [?], Melamin, Amelin" und andere genannte Substanzen her, weitere Stoffe sollen in der laufenden Woche folgen, in der auch die Arbeit an der Kamphersäure fertig werden soll. Keller meint, im nächsten Brief mitteilen zu können, dass seine Arbeit Liebigs Ziel verfehlte. Liebig arbeitet wohl an einem "Werk über die Chemie der Physiologie, denn es werden alle möglichen Speisen, auch menschliche Excremente untersucht". Weltzien dürfte die Arbeit über "die Chemie der Agrikultur und Physiologie" kennen. Liebig will mit diesen Arbeiten den "Buchhändler" für die Verzögerung beim 'Handwörterbuch' entschädigen. Dieses Werk "erleidet" die zweite unveränderte Auflage mit einem Supplement, das die Bezieher der ersten Auflage gratis erhalten. Das Handwörterbuch soll nun schnell fertiggestellt werden. Im laufenden Semester wurde nicht viel Neues entdeckt. Hagen aus Königsberg stellte durch den Entzug von Wasser aus "Apfelsäure Fumarsäure" dar. Der aus Ceylon ("Celon") kommende Engländer Schunk stellte "Kohlenstickstoffsäure" her. Liebig erhielt einen Ruf an die Universität Wien, wo er "Direktor eines großen Laboratoriums" werden soll. Sein protestantisches Bekenntnis ist ein Hindernis. Die "Regierung" hat ihm deswegen "Vorschläge" gemacht. Es wird bezweifelt, dass Liebig den Ruf annimmt. Gegebenenfalls würde Keller Liebig wahrscheinlich folgen. In Leipzig wird ein Laboratorium wie das Gießener "eingerichtet", "ein schlechter Profit für [Otto Linné] Erdmann, denn Liebig setzt in einem Semester 16-1700 fl zu". Poststempel

Reference number
27072/194
Extent
2 Blatt

Context
27072 Nachlass Karl Weltzien >> 1 Korrespondenzstücke in der alphabetischen Folge der Absender >> 1.68 Keller, Wilhelm (*1818, Arzt)
Holding
27072 Nachlass Karl Weltzien

Indexentry place
Gießen/DE
Leipzig/DE
Wien/AT

Date of creation
1840 Dezember 6, Gießen

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Last update
07.03.2025, 9:23 AM CET

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Object type

  • Akten

Time of origin

  • 1840 Dezember 6, Gießen

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