Bestand
Reichskammergericht.- Kanzlei (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners: Das
1495 auf dem Reichstag zu Worms errichtete Reichskammergericht mit zunächst
wechselndem Sitz in Worms, Nürnberg, Regensburg, Augsburg, Speyer und
Esslingen war zuständig für Verfahren wegen Bruchs des Reichslandfriedens,
Verhängung der Reichsacht, in allen fiskalischen Klagen,
Besitzstreitigkeiten zwischen Reichsunmittelbaren und alle Zivilklagen gegen
sie; für alle Gerichte der Territorien, die kein privilegium de non
appellando et non evocando besaßen. Außerdem war es oberstes
Berufungsgericht in Konkurrenz mit dem Reichshofrat. Kaiser Karl V. legte
Speyer als ständigen Sitz fest. Nach der Einnahme der Stadt durch
französische Truppen im pfälzischen Erbfolgekrieg 1688 wurde auf Antrag der
Reichsstadt Wetzlar das Reichskammergericht durch ein Dekret Kaiser Leopolds
I. in Wetzlar wiedererrichtet (1693).
Aufgelöst wurde
es am 6. August 1806 durch ein Handbillet Kaiser Franz II. in dem er dem
Kammerrichter den Auftrag gab, den Gerichtspersonen die Auflösung des
Reichsverbandes und die Entlassung aus ihren Pflichten
mitzuteilen.
Bestandsbeschreibung:
Bestandsgeschichte:
Seit der Einnahme der Stadt
Speyer bestand das Schriftgut des Reichskammergerichts aus drei Teilen: Die
vorsorglich geflüchteten Akten lagerten in Frankfurt a.M., die von
Frankreich im Rijswijker Frieden von 1697 ausgefolgten Unterlagen wurden in
Aschaffenburg, der Sommerresidenz des Reichskanzlers verwahrt, die laufende
Registratur befand sich in Wetzlar. Dorthin gab die Stadt Frankfurt das von
ihr verwaltete Schriftgut 1751 ab. Erst 1808 wurden die Akten aus
Aschaffenburg nach Wetzlar abgegeben. Das Archiv des Reichskammergerichts
wurde nach dessen Auflösung 1806 zunächst durch die vom Fürstprimas Karl
Theodor v. Dalberg eingerichtete Reichskammergerichtskanzleiverwaltung
verwahrt, welche die Jurisdiktion des Reichskammergerichts auf die obersten
Gerichte der Nachfolgestaaten des alten Reiches überleitete. Ab 1815 wurde
es von Preußen, seit 1821 von einer eigenen Archivkommission der Deutschen
Bundesversammlung verwaltet. Gemäß Beschluss der Bundesversammlung von 1845
wurde in den Jahren 1847-1852 die Hauptmasse der Prozessakten, insgesamt
67923, unter sämtliche Gliedstaaten des Deutschen Bundes sowie Belgien und
die Niederlande aufgeteilt; 1881 wurden noch die elsässischen Prozessakten
nach Straßburg abgegeben. Der Anteil Preußens mit insgesamt 23 674
Prozessakten verfiel nach der Auflösung des Staatsarchivs Wetzlar (1924)
einer abermaligen Aufteilung, diesmal unter die preußischen Staatsarchive
und die Stadtarchive Aachen, Köln und Wetzlar. So sind die Prozessakten des
Reichskammergerichts heute über 50 deutsche und außerdeutsche Archive
verstreut.
Übrig blieb der "Untrennbare Bestand" des
Reichskammergerichtsarchivs, zu dem u.a. die Akten der streitigen
Gerichtsbarkeit aus Prozessen zwischen Vorgängern der Staaten des Deutschen
Bundes und aus Prozessen zwischen Parteien in Gebieten außerhalb des
Deutschen Bundes (Schweiz, Frankreich, Belgien, Niederlande, Italien,
baltische Länder) gehören. Er gelangte 1925 in die damals errichtete
Reichsarchivabteilung Frankfurt. Von 1953 - 2000 bildete er einen der
Hauptbestände der Außenstelle Frankfurt des Bundesarchivs. Nach der
Auflösung der Außenstelle Frankfurt kamen die Archivalien zunächst in die
Hauptdienststelle des Bundesarchivs in Koblenz, 2010 wurden sie in das
Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde umgelagert.
Inhaltliche Charakterisierung:
Schriftgut der Reichskammergerichtskanzleiverwaltung; Anlage von
Repertorien; Konferenzprotokolle
Erschließungszustand: s.
BASYS-S
Zitierweise: BArch AR
1-KANZ./...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch AR 1-KANZ.
- Extent
-
20 Aufbewahrungseinheiten
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Heiliges Römisches Reich und Deutscher Bund einschließlich Provisorischer Zentralgewalt (1495-1866)
- Related materials
-
Literatur: Auswahl
Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich. Köln, Weimar, Wien 1973ff;
Filippo Ranieri, Recht und Gesellschaft im Zeitalter der Rezeption. Eine rechts- und sozialgeschichtliche Analyse der Tätigkeit des Reichskammergerichts im 16. Jahrhundert, (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich, 17), Köln, Weimar, Wien 1985;
Friedrich Battenberg, Reichskammergericht und Archivwesen. Zum Stand der Erschließung der Reichskammergerichts-Akten, in: Das Reichskammergericht in der deutschen Geschichte (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich. 21), Köln-Wien 1990, S. 173-194;
Anette Baumann, Die Gesellschaft der Frühen Neuzeit im Spiegel der Reichskammergerichtsprozesse, (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im Alten Reich, 36), Köln, Weimar, Wien 2001
- Provenance
-
Reichskammergericht (RKG), 1495-1806
- Date of creation of holding
-
1695-1799
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Associated
- Reichskammergericht (RKG), 1495-1806
Time of origin
- 1695-1799