Bestand
Rüstungsdienststellen im Generalgouvernement (Bestand)
Bestandsbeschreibung: Für
den Fall einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Polen wurden
im August 1939 bei den für den Einsatz vorgesehenen
Armeeoberkommandos (1, 3, 4, 8 und 14) Verbindungsoffiziere des
Oberkommandos der Wehrmacht/Wehrwirtschaftsstab (VO OKW/WStb)
eingesetzt. Sie hatten gegenüber dem Armeeoberkommando (AOK) die
Belange des Wehrwirtschaftsstabes (WStb) und der im Armeegebiet
eingesetzten Wehrwirtschaftsdienststellen zu vertreten.
Hinsichtlich der Ausnutzung des Armeegebietes für die
Kriegswirtschaft waren sie Berater des AOK; in den
wehrwirtschaftlichen Aufgaben des AOK fungierten sie als
Sachbearbeiter des Stabes und waren als solche den
Oberquartiermeistern der Armeen unterstellt.
Während des Einsatzes im Feindesland war die nächstliegende
Aufgabe des VO WStb dafür zu sorgen, dass für Armee und
Zivilbevölkerung wichtige Versorgungsbetriebe wieder in Gang
gesetzt und unterhalten wurden und die wehrwirtschaftliche Kraft
des eroberten Gebietes nach Möglichkeit erhalten blieb. Zu
diesem Zwecke wurden den Armeen die nach Weisung des
Wehrwirtschaftsstabes vom "Reichsamt Technische Nothilfe"
aufgestellten "Technischen Wehrwirtschafts-Einheiten" (TWE)
zugeordnet. Für den Einsatz wurden die TWE zu "Technischen
Kommandos" (TK) zusammengefaßt. Dabei unterstanden sie dem
Befehl des VO VStb.
Mit dem Vorrücken der
deutschen Truppen in Polen schieden sukzessive Teile des
Armeegebietes aus dem Operationsgebiet des Heeres aus und wurden
in wehrwirtschaftlicher Hinsicht von den VO WStb auf neu
eingerichtete Wehrwirtschaftsstellen übertragen.
Am 8. September 1939 erließ der "Führer und
Oberste Befehlshaber der Wehrmacht" Richtlinien für die
Einrichtung einer Militärverwaltung im besetzten Ostgebiet. Auf
dieser Grundlage wurde vom Oberkommando des Heeres / Generalstab
des Heeres/ Generalquartiermeister (Qu. 2) mit Befehl vom 10.
September 1939 im Militärbezirk Danzig-Westpreußen ab 14.
September 1939 eine Militärverwaltung eingerichtet. Der Bezirk
umfasste die Gebiete der ehemals Freien Stadt Danzig sowie der
polnischen Wojewodschaft Pommerellen ohne die früher zur Provinz
Posen gehörigen Teile. In ihm wurde in Nachfolge zum
Verbindungsoffizier der 4. Armee bereits seit dem 5. September
1939 die Wehrwirtschaftsstelle z.b.V. Königsberg mit Sitz in
Danzig eingesetzt.
Südostpreußen wurde in
wehrwirtschaftlicher Hinsicht vom VO WStb des
Armeeoberkom-mandos 3 betreut. Die Übergabe des Gebiets an die
Wehrwirtschaftsinspektion I (Königsberg) erfolgte erst im
Oktober/November 1939 und wurde am 27. November 1939
abgeschlossen.
Bei der Eingliederung des
ostoberschlesischen Gebietes in die Verwaltung Oberschlesiens
wurde mit Befehl OKW/ WStb W Rü Ia Nr. 5277/39g vom 11.
September 1939 folgende wehrwirtschaftliche Organisation
verfügt: das ostoberschlesische Industriegebiet wurde dem
Bereich der Wehrwirtschaftsinspektion VIII (Breslau) /
Wehrwirtschaftsstelle Gleiwitz (WWiSt Gleiwitz) zugeordnet.
Hierzu wurde der Bereich dieser WWiSt um die bis zum Jahre 1918
deutschen Gebiete Oberschlesiens sowie um den Stadtkreis
Sosnowice und den Landkreis Bendzin erweitert. Gleichzeitig
richtete die WWiSt Gleiwitz ein ihr unterstelltes vorgeschobenes
Kommando in Kattowitz ein.
Das Teschener
Industriegebiet wurde nach seinem Ausscheiden aus dem
Armeegebiet der 14. Armee der WWiSt Troppau zugeteilt. Deren
Zuständigkeit für das zum Protektorat Böhmen und Mähren gehörige
Mährisch-Ostrauer Gebiet wurde davon nicht berührt.
Im Bereich der späteren WWiSt Posen war kein VO
WStb eingesetzt gewesen, da der Verlauf der Operationen dieses
Gebiet unberührt gelassen hatte und es kampflos besetzt werden
konnte. Die Wehrwirtschaftsstelle Posen (hervorgegangen aus
WWiSt z.b.V. Dresden) wurde schließlich gleichzeitig mit der
Schaffung des Militärbefehlshabers Posen ab 11. September 1939
eingerichtet. Der Militärbezirk umfasste das Gebiet der
Wojewodschaft Posen sowie die bis 1918 zur Provinz Posen
gehörigen Teile der Wojewodschaft Pommerellen.
Die Wehrwirtschaftsstelle Krakau wurde auf Befehl des
OKW/Az. llb WStb W Rü Ia Nr. 552/39g vom 13. September 1939
errichtet. Sie ging hervor aus der Lehrwirtschaftsstelle z.b.V.
Wien, die am 21. September 1939 in Krakau eintraf und für den
Militärbezirk Krakau (Wojewodschaft Krakau) zuständig war. Für
ihre Tätigkeit übernahm sie bis Mitte Oktober 1939 die
Arbeitsunterlagen (Betriebserkundungen u. a.) des VO AOK 14,
während die vom VO AOK 10 erarbeiteten Aufzeichnungen, obwohl
sie zum Teil in den späteren Zuständigkeitsbereich der WWiSt
Krakau fielen, an die WWiSt Lodz übergeben wurden.
Die Wehrwirtschaftsstelle Lodz, die aus der
WWiSt z.b.V. Nürnberg hervorging, wurde auf Befehl OKW/Az. llb
16 WStb W Rü Ia Nr. 5667/39g vom 17. September 1939
eingerichtet. Sie übernahm in der Zeit vom 21. September bis 24.
September 1939 die Erkundungsberichte des VO AOK 3 und wurde von
diesem eingearbeitet. Die Übergabe erfolgte dann am 6. Oktober
1939.
Mit dem 3. Oktober 1939 übernahm
der Oberbefehlshaber Ost (Oberost) - bisher
Heeresgruppenkommando Süd - den Befehl über das gesamte von
deutschen Truppen besetzte Gebiet Polens, über Danzig, die
Provinz Ostpreußen und die zum Operationsgebiet gehörenden Teile
Schlesiens und Mährens. Zur Wahrnehmung rüstungswirtschaftlicher
Belange in den ehemaligen polnischen Gebieten (ohne die an
Oberschlesien angegliederten Teile) und im Gebiet der Stadt
Danzig wurde gleichzeitig die Wehrwirtschaftsinspektion Oberost
(WiIn Oberost) mit vorläufigem Sitz in Lodz eingerichtet
(Arbeitsaufnahme: l2.l0.1939). Sie war dem Oberbefehlshaber Ost
unterstellt, erhielt rüstungswirtschaftliche Weisungen jedoch
von OKW/WStb. Die WWiSt Danzig, Posen, Krakau und Lodz waren
jetzt unter Aufhebung ihrer unmittelbaren Unterstellung unter
OKW/WStb in allen Fragen der Rüstungswirtschaft der WiIn Oberost
nachgeordnet.
Am 25. Oktober 1939 endete
die Militärverwaltung im Generalgouvernement und die
vollziehende Gewalt wurde auf den Generalgouverneur
übergeleitet, während die militärische Führung beim
Oberbefehlshaber Ost verblieb. Zu seinem Befehlsbereich gehörten
ab 26. Oktober 1939 das Generalgouvernement und die Provinz
Ostpreußen. Gleichzeitig schieden auch die Gebiete, die gemäß
Führererlass vom 8. Oktober 1939 über die Gliederung und
Verwaltung der Ostgebiete zum Reich traten, aus dem Bereich der
WiIn Oberost aus und die Unterstellung der WWiSt Danzig und
Posen sowie das Weisungsrecht der WIn Oberost betr.
Südostpreußen wurde ab 26. Oktober 1939 aufgehoben. Für die
Reichsgaue Westpreußen und Posen wurden die Wehrkreiskommandos
XX und XXI sowie die WiIn XX (Danzig) und WiIn XXI (Posen)
eingerichtet; gleichzeitig die WWiSt Danzig und Posen
aufgelöst.
Der Arbeitsbereich der WiIn
Oberost war nach der Neuorganisation der Verwaltung der
ehemaligen polnischen Gebiete beschränkt auf das
Generalgouvernement mit den Distrikten Krakau, Lublin, Warschau
und Radom. Dienstsitz der Wirtschaftsinspektion wurde Ende
November 1939 Krakau. Ihr unterstellt waren die WWiSt. Warschau,
hervorgegangen aus der WWiSt z.b.V. Berlin (Distrikt Warschau),
die WWiSt Radom, hervorgegangen aus der WWiSt Krakau (Distrikte
Radom und Lublin) und die WWiSt Krakau (Distrikt Krakau), deren
Gebiet jedoch zunächst von der WiIn Oberost unmittelbar
bearbeitet wurde. Das Gebiet der WWiSt Lodz wurde aufgeteilt auf
die WIn XXI (Posen) und die WWiSt Warschau.
Am 22. November 1939 wurde die Wehrwirtschaftsinspektion
Oberost in Rüstungsinspektion Oberst (RüIn Oberost) umbenannt,
die unterstellten Wehrwirtschaftsstellen hießen fortan Kommandos
des Rüstungsbereichs (RüKdo).
Bis Mitte
des Jahres 1940 war der Aufbau der Rüstungsorganisation im
Generalgouvernement abgeschlossen. Am 15.August 1940 befahl
OKW/WiRüAmt die sofortige Umbenennung der"RüIn Oberost" in "RüIn
im Generalgouvernement", da bereits vorher die Bezeichnung
"Oberbefehlshaber Ost" durch "Militärbefehlshaber im
Generalgouvernement" ersetzt worden war.
Weitere Veränderungen für die Rüstungsorganisation des
Generalgouvernements ergaben sich durch den Beginn des Krieges
gegen die UdSSR im Juni 1941. Bereits mit Wirkung vom 9.Juni1941
wurde auf Befehl des OKW/WiRüAmt das RüKdo Radom zur Verwendung
im Osteinsatz aufgelöst. Sein Zuständigkeitsbereich wurde
aufgeteilt auf die Rüstungskommandos Warschau und Krakau. Um das
RüKdo Warschau zu entlasten, mußte mit Wirkung vom 15. November
1941 für dieses RüKdo die Außenstelle Radom eingerichtet werden.
Diese wurde im Verlaufe des Monats Juli 1942 schließlich wieder
zum RüKdo Radom erhoben. Als Bezirk wurde ihr der Distrikt Radom
zugewiesen.
Nach der Besetzung Galiziens
und der Eingliederung Ostgaliziens entsprechend den Grenzen vor
dem Ersten Weltkrieg als "Distrikt Galizien" in das
Generalgouvernement zum 1.August 1941 wurde das bisherige
Wirtschaftskommando Lemberg umgewandelt in das RüKdo Lemberg und
dem Rüstungsinspekteur im Generalgouvernement unterstellt.
Am 1. September 1942 wurde der
"Militärbefehlshaber im Generalgouvernement" in
"Wehrkreisbefehlshaber im Generalgouvernement" umbenannt und
seine Dienststelle in ein Wehrkreiskommando umgewandelt. Das
Generalgouvernement galt demnach als Heimatkriegsgebiet. Die
fortan für das Reichsgebiet ergangenen Erlasse betr.
Organisation von Wehrwirtschaft und Rüstung galten nunmehr auch
für das Generalgouvernement.
Auf Grund
des Führer-Erlasses vom 7. Mai 1942 wurden die
Rüstungsinspektionen im Reichs-gebiet, dem Protektorat Böhmen
und Mähren sowie im Generalgouvernement aufgeteilt auf eine
Rüstungsinspektion (RüIn) und eine Wehrwirtschaftsinspektion
(WiIn). Während die Rüstungsinspekteure und Rüstungskommandeure
mit ihren Dienststellen dem Reichsminister für Bewaffnung und
Munition (Chef des Rüstungsamtes) unterstellt wurden, verblieben
die Wehrwirtschaftsinspekteure mit ihren Dienststellen im
nachgeordneten Bereich des Oberkommandos der Wehrmacht (Chef des
Wehrwirtschaftsamtes). Entsprechend ihrer organisatorischen
Zuordnung zum nachgeordneten Bereich des Rüstungsamtes oblag den
Rüstungsinspekteuren und -kommandeuren die Wahrnehmung von
Rüstungsaufgaben, während sich die Wehrwirtschaftsinspekteure
auf die Wahrnehmung militärischer Aufgaben (militärische
Sicherung der Betriebe, Versorgung der Truppe mit Energie,
militärische Vertretung des Reichsleistungsgesetzes und
ähnliches) zu beschränken hatten. Dies galt auch für das
Generalgouvernement.
Mit dem 31. Januar
1943 wurden die Wehrwirtschaftsinspektionen im Reich, im
Protektorat Böhmen und Mähren sowie im Generalgouvernement
schließlich aufgelöst. Die ihnen zugewiesenen Aufgaben wurden ab
l. Februar 1943 wie folgt wahrgenommen: bei den
Rüstungskommandos durch diese unter Verantwortung des
Rüstungskommandeurs, aber nach den fachlichen Weisungen der bei
den vorgesetzten Rüstungsinspektionen eingesetzten
Wehrwirtschaftsoffiziere, bei den Rüstungsinspektionen und bei
den Wehrkreiskommandos durch die vom Oberkommando der Wehrmacht
dort eingesetzten Wehrwirtschaftsoffiziere.
Inhaltliche
Charakterisierung: Die mit dem 1. Februar 1943 wirksam werdende
Neuorganisation der Wehrwirtschaft zog neben der
organisatorischen auch eine registratorische Trennung der
Wehrwirtschaftsoffiziere der Wehrkreiskommandos (WwiO WK Kdo)
von den Rüstungsinspektionen nach sich. Als Folge davon wurde
die Überlieferung des Wehrwirtschaftsoffiziers im Wehrkreis
Generalgouvernement abgetrennt und einem anderen Archivbestand
zugeordnet. In diesem Bestand (RW 46) befinden sich auch die
Unterlagen der bei den Armeeoberkommandos im Jahre 1939
eingsetzt gewesenen Verbindungsoffiziere des Oberkommandos der
Wehrmacht /Wehrwirtschaftsstab. Hingewiesen sei ferner darauf,
daß Tätigkeits-und Erfahrungsberichte der VO OKW/WStb und der
Technischen Wehrwirtschaftseinheiten (TWE) auch in der
"Ländergruppe Polen" des Wehrwirtschafts- und Rüstungsamtes (RW
19) überliefert sind.
Während die
Kriegstagebücher, Lageberichte und Darstellungen zur Geschichte
der Rüstungsinspektionen und -kommandos sukzessive ausgesondert
und im "Archiv der Wehrwirtschaftsdienststellen" (zuletzt in
Muskau/ Oberlausitz) gesammelt wurden, verblieben die Sachakten
in den Registraturen der jeweiligen Dienststellen und wurden
dort gegen Ende des Zweiten Weltkrieges vernichtet.
Für die in RW 23 fehlenden Kriegstagebücher
(KTB) der RüIn im Generalgouvernement sowie der RüKdos bis
einschließlich erstes Halbjahr 1942 konnte ein Nachweis nicht
ermittelt werden. Es ist zu vermuten, daß die
Rüstungsdienststellen des Generalgouvernements erst im Juli 1942
mit der KTB-Führung begannen, doch kann auch ein Verlust infolge
der Kriegsereignisse nicht ausgeschlossen werden.
Das "Archiv der Wehrwirtschaftsdienststellen"
wurde gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nach Vacha/Thüringen
ausgelagert und dort von den amerikanischen Truppen
beschlagnahmt. Seine Rückführung aus den USA erfolgte im Jahre
1960.
Erschließungszustand:
Online-Findbuch
Umfang, Erläuterung: 21
AE
Zitierweise: BArch RW
23/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch RW 23
- Extent
-
32 Aufbewahrungseinheiten; 0,5 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Reichswehr und Wehrmacht 1919 bis 1945/1946 >> Zentrale Einrichtungen der Reichswehr und der Wehrmacht >> Wehrwirtschafts- und Rüstungsdienststellen
- Related materials
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: RW 19 OKW/Wehrwirtschafts- und Rüstungsamt
RW 46 Nachgeordnete Dienststellen des WeWiuRüAmtes
R 3 Reichsministerium für Rüstung- und Kriegsproduktion (in BA, Abt. R)
R 52 VI Hauptabteilung Wirtschaft der Regierung des Generalgouvernement (im BA, Abt. R)
- Provenance
-
Rüstungsdienststellen im Generalgouvernement, 1939-1944
- Date of creation of holding
-
1939-1944
- Other object pages
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Associated
- Rüstungsdienststellen im Generalgouvernement, 1939-1944
Time of origin
- 1939-1944