Bestand

Archiv der Freiherren Varnbüler von und zu Hemmingen (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Bestandsgeschichte
Das Archiv der Freiherren Varnbüler war bis zur Überführung nach Stuttgart mit dem Stammsitz Hemmingen verbunden gewesen. Das für die Verwaltung der Lehengüter zuständige Familienmitglied betreute das Archiv, das ständig Zufluss von Akten, Urkunden und Bänden aus der Verwaltung erhielt. Es handelt sich daher um einen organisch gewachsenen Archivkörper.
Neben diesem Registraturgut liegen Unterlagen von und über einzelne Familienmitglieder und Sammlungsgut vor, die als Nachlässe zu charakterisieren sind.
Die Archivbildung begann unter Johann Konrad Varnbüler, der mit Hemmingen belehnt worden war. Das bis dahin vorhandene Familienarchiv war 1641 beim Brand des Hauses in Stuttgart stark dezimiert worden. Anlässlich der Belehnung übernahm Johann Konrad einige Archivalien von den nippenburgischen Allodialerben und aus der württembergischen Lehenskanzlei. Auch das nippenburgische Archiv in Hemmingen war im Jahr 1641 stark beschädigt worden.
Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts beschäftigten sich immer wieder Familienmitglieder sowohl mit der Geschichte ihrer Familie als auch mit der Geschichte des Lehens Hemmingen. Sie besorgten sich Abschriften, sammelten Unterlagen und ordneten diese dem Archiv ein.
1841 wurde ein "Katalog" über die Registratur bzw. das Archiv angelegt. 1883 erhielt der Landtagsarchivar Dr. Albert Eugen Adam den Auftrag, das Archiv zu ordnen und eine Familiengeschichte zu verfassen. Im November 1883 legte Adam das Findbuch vor (vgl. Bü 405), das bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts kurrent gehalten wurde. Adam teilte das Archivgut in 30 Rubriken ein. Die Rubriken I - XIII enthielten die Akten, Urkunden und Bände über die Lehen Hemmingen, Höfingen, Mühlhausen am Neckar usw. Diesen Teil könnte man als Lehens- und Gutsarchiv ansprechen.
Die Rubriken XIVff. erfassten die Archivalien von oder über einzelne Familienmitglieder, also das eigentliche Familienarchiv. Neben den persönlichen Unterlagen waren hier jedoch sporadisch auch noch Rechnungen und andere Unterlagen aus der lehens- und gutsherrschaftlichen Verwaltung eingeordnet.
Die Archivalien über die Familienmitglieder, die vor Johann Konrad Varnbüler gelebt hatten, hatte Adam in einer Rubrik zusammengefasst.
Nach 1883 ordnete Minister Friedrich Gottlob Karl Varnbüler dem Archiv seine Akten ein, ohne dass er die Trennung von Verwaltungs- und Nachlassunterlagen berücksichtigte. Auch andere Familienmitglieder gaben später Unterlagen an das Archiv ab, die im Adamschen Findbuch nachgetragen wurden.
Bei einer Überprüfung wurden 1951 die damals fehlenden Archivalien festgestellt (vgl. Bü 405). 1959 wurde eine Benutzungsordnung für das Archiv erlassen.
Nachdem keine Familienmitglieder mehr ständig im Schloss Hemmingen wohnten, übergab Dipl. Ing. Ulrich Freiherr Varnbüler, Hamburg, das Archiv 1973 unter Eigentumsvorbehalt an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Archivalien aus dem Archivraum, auch einem Tresor im Vorraum, der Schlossbibliothek und vom Speicher wurden nach Stuttgart überführt. Hierbei handelte es sich vor allem um die im Adamschen Findbuch verzeichneten Archivalien.
Die zunächst nicht übernommenen umfangreiche Briefserien vor allem aus dem 19. und vom Anfang des 20. Jahrhunderts sowie zahlreiche Zeichnungen und Bilder von Axel Varnbüler und seinem jüngsten Sohn, Wilhelm Karl Ulrich Varnbüler (1899-1945), bei denen es sich um Portraits, Jagdbilder und Gebäudeansichten handelt, konnten dann in zwei Ablieferungen im Mai 2006 und im Februar 2008 durch freundliche Unterstützung von Ulrich Freiherr Varnbüler ebenfalls in das Hauptstaatsarchiv überführt werden, so dass das Familienarchiv der Freiherrn Varnbüler von und zu Hemmingen nun vollständig hier aufbewahrt wird.
Inhalt und Bewertung
Einleitung
Die Freiherren Varnbüler von und zu Hemmingen
Die Varnbüler lebten im 15. Jahrhundert als ein Bürgergeschlecht in der Stadt St. Gallen. 1466 erlangte ein Zweig der Familie auch das Bürgerrecht in Lindau. Im Kampf zwischen Stadt und Kloster St. Gallen forderte letzteres die Auslieferung des Bürgermeisters Ulrich Varnbüler. Dieser konnte jedoch 1490 fliehen und ließ sich in Lindau nieder. Sein Sohn Johann (gest. 1545) wurde dort Bürgermeister. Der andere Sohn Ulrich wurde Jurist. Er war zeitweise Richter am Reichskammergericht in Speyer.
Johann hatte zwei Söhne. Johann Jakob (geb. 1510) wurde Kanzler der Markgrafen von Baden. Er begründete die Hanauer, Hildesheimer und Braunschweiger Linien, die 1580 als Varnbüler von Greiffenberg in die Reichsritterschaft aufgenommen wurden. Dieser Zweig erlosch am Anfang des 18. Jahrhunderts.
Der andere Sohn Nikolaus (1519-1604) ließ sich als Rechtsgelehrter in Tübingen nieder. Er begründete die württembergische Linie. Sein Enkel Johann Konrad Varnbüler (1595-1657) wurde für seine Verdienste vor allem bei den Westfälischen Friedensverhandlungen mit dem württembergischen Lehen Hemmingen belehnt. Kaiser Ferdinand III. erhob ihn dann am 26. November 1650 als "Freiherr Varnbüler von und zu Hemmingen" in den Freiherrenstand. Formal wurde der "alte Adel" bestätigt und das Wappen um das der ausgestorbenen Familien von Hemmingen bzw. von Nippenburg vermehrt, die das Lehen Hemmingen bis dahin innegehabt hatten.
Die folgenden Generationen waren als hohe Beamte und Offiziere im württembergischen Dienst tätig. Der Bezug zu Hemmingen blieb bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Als letzte im Archiv dokumentierte Persönlichkeiten seien der württembergische Außenminister Friedrich Gottlob Karl Varnbüler (1809-1889) und sein Sohn Axel (1851-1937) genannt. Letzterer war bis 1918 württembergischer Gesandter in Berlin
1912 ließ sich eine Nebenlinien in Rietheim (Landkreis Tuttlingen) nieder, nachdem Ernst Varnbüler (1850-1922) Emilie Freiin Wiederhold geheiratet hatte.
b) Inhaltliche Charakterisierung
Unterlagen über die Rechts-, Besitz- und Verwaltungsverhältnisse des württembergischen Lehens Hemmingen reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück, da 1650 Ausfertigungen und Abschriften aus der Nippenburger und Württemberger Zeit von Johann Konrad Varnbüler übernommen worden waren. Bis zu den Ablösungsverhandlungen im 19. Jahrhundert liegt eine z.T. recht dichte Dokumentation vor.
Die Lagerbücher sind erhalten. Wertvolle einblicke geben die anlässlich der Lagerbuchrenovation von 1707 bis 1724 entstandenen Akten. Die Rechnungen sind weitgehend verloren gegangen. Einzelne Bände setzen 1785 ein. Auch für das 19. Jahrhundert liegt diesbezüglich nur eine dünne Überlieferung vor.
Die lehensrechtlichen Verhältnisse sind recht gut dokumentiert. Da Hemmingen ein "teilbarer Ort" zwischen dem Herzogtum Württemberg und den belehnten Varnbüler war, ergaben sich immer wieder Streitigkeiten, bei deren Schlichtung zahlreiche Akten anfielen.
Die Lehensurkunden sind fast alle erhalten. Umfangreiches Material bezieht sich auf die Nutzung des Lehens durch einzelne Familienmitglieder, Erbschaftsregelungen, Wittumsverschreibungen und Vormundschaftssachen.
Die Zugehörigkeit zur Reichsritterschaft ist nur mit wenigen Archivalien belegt.
Johann Gerlach Varnbüler (1637-1707) sammelte zahlreiche Unterlagen über die Rechts- und Besitzgeschichte wie auch über die Verwaltung des Lehens Hemmingen. Von ihm stammen viele aufschlussreiche Promemoria zu verschiedenen Sachbereichen. Die folgenden Jahrzehnte sind teilweise nur spärlich dokumentiert. Erst um 1800 verdichtet sich die Überlieferung wieder. Mit dem Tode von Axel (1937) und seines letzten überlebenden Sohnes Wilhelm Varnbülers (1945) endet die Dokumentation über die gutsherrliche Verwaltung.
Außer über Hemmingen liegen Archivalien zu folgenden württembergischen Lehen vor:
Höfe in Mühlhausen (1691 gekauft)
Schlossgut/Domäne Höfingen (1825 gekauft)
Zehnten in Meimsheim und Neipperg (Belehnung ab 1650)
Weinberge in Uhlbach und Obertürkheim (1575 gekauft)
Weiterhin sind Unterlagen über Hauskäufe in Stuttgart und Friedrichshafen sowie Güterkäufe in Ludwigshöhe (Gemeinde Münsingen) und Moos (Hopfengut Gemeinde Meckenbeuren) vorhanden.
Die Nachlässe der einzelnen Familienmitglieder sind von unterschiedlicher Gewichtigkeit. Von Johann Konrad Varnbüler (1595-1657), Karl Friedrich Gottlob Varnbüler (1746-1818), Ferdinand Friedrich Gottlob Varnbüler (1774-1830) und von seinem Bruder Karl Eberhardt Friedrich Varnbüler (1776-1832) liegt eine aussagekräftige Überlieferung über ihre persönlichen Verhältnisse und ihre Tätigkeit vor.
Herausragend ist die Dokumentation über den Minister Friedrich Gottlob Karl Varnbüler (1808-1889). Er hat systematisch Unterlagen über sein Wirken zusammengetragen - Handakten, Dienstakten, Gedächtnisprotokolle, Drucksachen - und dem Archiv einverleibt, um späteren Forschern ausreichendes Material für eine Würdigung seines Lebenswerks an die Hand zu geben. Bemerkenswert hierbei ist, dass er auch Unterlagen über für ihn oder andere Familienmitglieder ungünstige Vorgänge aufbewahrt hat. Zur Verschleierung hat er diese versiegelt und mit einer unverdächtigen, nichtssagenden Aufschrift versehen. Neben seiner politische Arbeit ist auf seine wirtschaftliche Tätigkeit hinzuweisen, die von Industriebeteiligungen bis zur Börsenspekulation reichte.
Ebenso dicht ist die Quellenlage für seinen Sohn Axel Varnbüler (1851-1937). Die verwandtschaftlichen Beziehungen zu preußischen Familien und zahlreiche Freundschaften mit Politikern, Offizieren und Künstlern in Berlin und Schlesien öffneten ihm den Zugang zur wilhelminischen Hofgesellschaft. In den beiden Ablieferungen der Jahre 2006 und 2008 kam weiteres, umfangreiches Quellenmaterial zu Axel, seinen Eltern und Geschwistern, Friedrich Gottlob Karl und Henriette sowie seinem Bruder Johann Konrad, seinen Schwestern Sophie, Elisabeth, Hildegard und Anna sowie der Frau Axels Natascha, geb. Gawriliuk, geschiedene von Siemens und den Söhnen Johann Konrad, Waldemar und Wilhelm hinzu. Vor allem die Korrespondenzen zwischen den Familienmitgliedern erlauben tiefe Einblicke in die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse seit Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende der Weimarer Republik. Doch nicht nur die allgemeinen Zeitumstände finden ihren Niederschlag in den Briefen sondern auch die familiären Verhältnisse und Schicksalschläge werden in den Briefen eingehend behandelt.
Weiter Archivalien zur Geschichte der Freiherren Varnbüler werden im Hauptstaatsarchiv Stuttgart in den Beständen
A 12 Kabinett (Bü 69)
A 41 Württembergische Reichskammergerichtsregistratur (Bü 133, 482)
A 157 Lehenleute
A 160 Lehenhof
A 583 Gemeinde Hemmingen
B 580 Ritterkanton Neckar-Schwarzwald (v. Nippenburg, v. Hemmingen, Varnbüler
B 581 Desgl.
C 3 Reichskammergericht
G 243 Württembergisches Hausarchiv König Friedrich (Bü 102) und
H 14 Diplomatare (Nr. 239)
verwahrt.
Im Schlossarchiv Rietheim (Landkreis Tuttlingen) sind ebenfalls Archivalien betreffend Hemmingen vorhanden (vgl. das Repertorium des Schlossarchivs Rietheim, bearb. von W. Kramer, Tuttlingen, 1985) Bearbeiterbericht
Die von A.E. Adam eingeführte Ordnung war durch die Nachträge weitgehend gestört worden. Bei der Neuordnung wurde die Zweiteilung in das Lehens- und Gutsarchiv (Rechtsverhältnisse und Verwaltung der Lehen, dann private Güter) und das Familienarchiv (Nachlässe mit Personenstandsunterlagen und Papieren aus der beruflichen/politischen Tätigkeit) beibehalten. Die Trennung wurde jedoch schärfer als bei Adam vorgenommen. Überschneidungen ließen sich dennoch nicht immer vermeiden.
Die Erschließungstiefe wurde beträchtlich über die von Adam hinausgeführt, indem zahlreiche neue Verzeichnungseinheiten gebildet wurden.
Beim Familienarchiv wurde der Gesichtspunkt der Provenienz strikt beachtet. Für den Benutzer hat das zwar den Nachteil, dass er Unterlagen über eine Person in verschiedenen Kapiteln suchen muss; dies wird jedoch durch methodische Vorteile bei der Auswertung wieder aufgewogen. Ein Personenregister erleichtert zudem die Zusammenführung der Informationen.
Da nur wenige Urkunden und Amtsbücher vorliegen, wurden diese zwar aus konservatorischen Gründen getrennt aufgestellt, die Titelaufnahme jedoch an der jeweiligen sachsystematischen Stelle zusammen mit den Akten angeführt. Die Nummerierung erfolgte fortlaufend.
Die Verzeichnungsarbeiten wurden von Mai 1974 bis Ende 1978 von Staatsarchivrat Dr. Wilfried Schöntag unter Mithilfe der Inspektorenanwärter Sibylle Spengler, Ute Fuchs, Udo Rauch und Rolf Reiff durchgeführt. Die Abschlussarbeiten zogen sich bis 1985 hin. Frau Archivinspektorin Spengler überprüfte dabei alle Titelaufnahmen und erweiterte diese teilweise. Sie kontrollierte auch die Zuordnung zu den Obergruppen. Schließlich fertigte sie den Großteil des Registers an. Frau Amtsrätin Christine Bührlen-Grabinger redigierte im Frühjahr 1987 die Verzeichnungsarbeiten für die Feinschrift.
Nachdem die erste Ablieferung archivfachlich bearbeitet war, mussten die im Jahr 2006 und 2008 übergebenen Unterlagen in das bereits vorhandene Schema eingefügt werden. Die Referendare des 41. und 42. Kurses sowie die Anwärter des 43. Kurses bekamen die mühevolle und zeitaufwendige Aufgabe zugewiesen, die vollkommen durcheinander geratenen Unterlagen der Ablieferung von Mai 2006 nach Herkunft, Archivalienart und Personen zu ordnen. Diese Arbeit erwies sich aber für die Auszubildenden als zu schwierg, so dass der Unterzeichner diese Arbeit an manchen Stellen von Neuem beginnen musste. Die Ablieferung des Jahres 2008, die sich im gleichen Zustand wie die von 2006 befand, wurde vom Unterzeichner alleine geordnet und verzeichnet, da er inzwischen die unterschiedlichen Handschriften vor allem der Korrespondenzpartner von Axel und Wilhelm (Will) Varnbüler kannte. Die Ordnungs- und Verzeichnungsarbeiten zogen sich bis Juni 2008 hin.
Bei den Ordnungsarbeiten wurden Mehrfachexemplare von Drucksachen und entbehrliche Umschläge im Umfang von 0,5 lfd. m. kassiert.
Der Bestand mit insgesamt 1799 Einheiten umfasst Urkunden, Siegel, Bände, Karten, Pläne, Zeichnungen, Fotos und Akten im Umfang von insgesamt 25 lfd. m. Die Nummern 206 und 825 sind nicht belegt.

Die Freiherren Varnbüler von und zu Hemmingen: Die Varnbüler lebten im 15. Jahrhundert als ein Bürgergeschlecht in der Stadt St. Gallen. 1466 erlangte ein Zweig der Familie auch das Bürgerrecht in Lindau. Im Kampf zwischen Stadt und Kloster St. Gallen forderte letzteres die Auslieferung des Bürgermeisters Ulrich Varnbüler. Dieser konnte jedoch 1490 fliehen und ließ sich in Lindau nieder. Sein Sohn Johann (gest. 1545) wurde dort Bürgermeister. Der andere Sohn Ulrich wurde Jurist. Er war zeitweise Richter am Reichskammergericht in Speyer. Johann hatte zwei Söhne. Johann Jakob (geb. 1510) wurde Kanzler der Markgrafen von Baden. Er begründete die Hanauer, Hildesheimer und Braunschweiger Linien, die 1580 als Varnbüler von Greiffenberg in die Reichsritterschaft aufgenommen wurden. Dieser Zweig erlosch am Anfang des 18. Jahrhunderts. Der andere Sohn Nikolaus (1519-1604) ließ sich als Rechtsgelehrter in Tübingen nieder. Er begründete die württembergische Linie. Sein Enkel Johann Konrad Varnbüler (1595-1657) wurde für seine Verdienste vor allem bei den Westfälischen Friedensverhandlungen mit dem württembergischen Lehen Hemmingen belehnt. Kaiser Ferdinand III. erhob ihn dann am 26. November 1650 als "Freiherr Varnbüler von und zu Hemmingen" in den Freiherrenstand. Formal wurde der "alte Adel" bestätigt und das Wappen um das der ausgestorbenen Familien von Hemmingen bzw. von Nippenburg vermehrt, die das Lehen Hemmingen bis dahin innegehabt hatten. Die folgenden Generationen waren als hohe Beamte und Offiziere im württembergischen Dienst tätig. Der Bezug zu Hemmingen blieb bis ins 20. Jahrhundert erhalten. Als letzte im Archiv dokumentierte Persönlichkeiten seien der württembergische Außenminister Friedrich Gottlob Karl Varnbüler (1809-1889) und sein Sohn Axel (1851-1937) genannt. Letzterer war bis 1918 württembergischer Gesandter in Berlin 1912 ließ sich eine Nebenlinien in Rietheim (Landkreis Tuttlingen) nieder, nachdem Ernst Varnbüler (1850-1922) Emilie Freiin Wiederhold geheiratet hatte.

2. Bestandsgeschichte und inhaltliche Charakterisierung: a) Bestandsgeschichte Das Archiv der Freiherren Varnbüler war bis zur Überführung nach Stuttgart mit dem Stammsitz Hemmingen verbunden gewesen. Das für die Verwaltung der Lehengüter zuständige Familienmitglied betreute das Archiv, das ständig Zufluss von Akten, Urkunden und Bänden aus der Verwaltung erhielt. Es handelt sich daher um einen organisch gewachsenen Archivkörper. Neben diesem Registraturgut liegen Unterlagen von und über einzelne Familienmitglieder und Sammlungsgut vor, die als Nachlässe zu charakterisieren sind. Die Archivbildung begann unter Johann Konrad Varnbüler, der mit Hemmingen belehnt worden war. Das bis dahin vorhandene Familienarchiv war 1641 beim Brand des Hauses in Stuttgart stark dezimiert worden. Anlässlich der Belehnung übernahm Johann Konrad einige Archivalien von den nippenburgischen Allodialerben und aus der württembergischen Lehenskanzlei. Auch das nippenburgische Archiv in Hemmingen war im Jahr 1641 stark beschädigt worden. Seit dem Ende des 17. Jahrhunderts beschäftigten sich immer wieder Familienmitglieder sowohl mit der Geschichte ihrer Familie als auch mit der Geschichte des Lehens Hemmingen. Sie besorgten sich Abschriften, sammelten Unterlagen und ordneten diese dem Archiv ein. 1841 wurde ein "Katalog" über die Registratur bzw. das Archiv angelegt. 1883 erhielt der Landtagsarchivar Dr. Albert Eugen Adam den Auftrag, das Archiv zu ordnen und eine Familiengeschichte zu verfassen. Im November 1883 legte Adam das Findbuch vor (vgl. Bü 405), das bis in die 60er Jahre des 20. Jahrhunderts kurrent gehalten wurde. Adam teilte das Archivgut in 30 Rubriken ein. Die Rubriken I - XIII enthielten die Akten, Urkunden und Bände über die Lehen Hemmingen, Höfingen, Mühlhausen am Neckar usw. Diesen Teil könnte man als Lehens- und Gutsarchiv ansprechen. Die Rubriken XIVff. erfassten die Archivalien von oder über einzelne Familienmitglieder, also das eigentliche Familienarchiv. Neben den persönlichen Unterlagen waren hier jedoch sporadisch auch noch Rechnungen und andere Unterlagen aus der lehens- und gutsherrschaftlichen Verwaltung eingeordnet. Die Archivalien über die Familienmitglieder, die vor Johann Konrad Varnbüler gelebt hatten, hatte Adam in einer Rubrik zusammengefasst. Nach 1883 ordnete Minister Friedrich Gottlob Karl Varnbüler dem Archiv seine Akten ein, ohne dass er die Trennung von Verwaltungs- und Nachlassunterlagen berücksichtigte. Auch andere Familienmitglieder gaben später Unterlagen an das Archiv ab, die im Adamschen Findbuch nachgetragen wurden. Bei einer Überprüfung wurden 1951 die damals fehlenden Archivalien festgestellt (vgl. Bü 405). 1959 wurde eine Benutzungsordnung für das Archiv erlassen. Nachdem keine Familienmitglieder mehr ständig im Schloss Hemmingen wohnten, übergab Dipl. Ing. Ulrich Freiherr Varnbüler, Hamburg, das Archiv 1973 unter Eigentumsvorbehalt an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Archivalien aus dem Archivraum, auch einem Tresor im Vorraum, der Schlossbibliothek und vom Speicher wurden nach Stuttgart überführt. Hierbei handelte es sich vor allem um die im Adamschen Findbuch verzeichneten Archivalien. Nicht übernommen werden konnten umfangreiche Briefserien vor allem aus dem 19. und vom Anfang des 20. Jahrhunderts sowie zahlreiche Zeichnungen und Bilder des Kunstmalers Wilhelm Karl Ulrich Varnbüler (1899-1945). Hierbei handelt es sich um Portraits, Jagdbilder und Gebäudeansichten. Bei künftigen Forschungen ist daher zu berücksichtigen, dass wichtige Quellen zur Familien- wie zur politischen Geschichte noch bei der Familie verwahrt werden. b) Inhaltliche Charakterisierung Unterlagen über die Rechts-, Besitz- und Verwaltungsverhältnisse des württembergischen Lehens Hemmingen reichen bis ins 15. Jahrhundert zurück, da 1650 Ausfertigungen und Abschriften aus der Nippenburger und Württemberger Zeit von Johann Konrad Varnbüler übernommen worden waren. Bis zu den Ablösungsverhandlungen im 19. Jahrhundert liegt eine z.T. recht dichte Dokumentation vor. Die Lagerbücher sind erhalten. Wertvolle einblicke geben die anlässlich der Lagerbuchrenovation von 1707 bis 1724 entstandenen Akten. Die Rechnungen sind weitgehend verloren gegangen. Einzelne Bände setzen 1785 ein. Auch für das 19. Jahrhundert liegt diesbezüglich nur eine dünne Überlieferung vor. Die lehensrechtlichen Verhältnisse sind recht gut dokumentiert. Da Hemmingen ein "teilbarer Ort" zwischen dem Herzogtum Württemberg und den belehnten Varnbüler war, ergaben sich immer wieder Streitigkeiten, bei deren Schlichtung zahlreiche Akten anfielen. Die Lehensurkunden sind fast alle erhalten. Umfangreiches Material bezieht sich auf die Nutzung des Lehens durch einzelne Familienmitglieder, Erbschaftsregelungen, Wittumsverschreibungen und Vormundschaftssachen. Die Zugehörigkeit zur Reichsritterschaft ist nur mit wenigen Archivalien belegt. Johann Gerlach Varnbüler (1637-1707) sammelte zahlreiche Unterlagen über die Rechts- und Besitzgeschichte wie auch über die Verwaltung des Lehens Hemmingen. Von ihm stammen viele aufschlussreiche Promemoria zu verschiedenen Sachbereichen. Die folgenden Jahrzehnte sind teilweise nur spärlich dokumentiert. Erst um 1800 verdichtet sich die Überlieferung wieder. Mit dem Tode Axel Varnbülers (1937) endet die Dokumentation über die gutsherrliche Verwaltung. Außer über Hemmingen liegen Archivalien zu folgenden württembergischen Lehen vor: Höfe in Mühlhausen (1691 gekauft) Schlossgut/Domäne Höfingen (1825 gekauft) Zehnten in Meimsheim und Neipperg (Belehnung ab 1650) Weinberge in Uhlbach und Obertürkheim (1575 gekauft) Weiterhin sind Unterlagen über Hauskäufe in Stuttgart und Friedrichshafen sowie Güterkäufe in Ludwigshöhe (Gemeinde Münsingen) und Moos (Hopfengut gemeinde Meckenbeuren) vorhanden. Die Nachlässe der einzelnen Familienmitglieder sind von unterschiedlicher Gewichtigkeit. Von Johann Konrad Varnbüler (1595-1657), Karl Friedrich Gottlob Varnbüler (1746-1818), Ferdinand Friedrich Gottlob Varnbüler (1774-1830) und von seinem Bruder Karl Eberhardt Friedrich Varnbüler (1776-1832) liegt eine aussagekräftige Überlieferung über ihre persönlichen Verhältnisse und ihre Tätigkeit vor. Herausragend ist die Dokumentation über den Minister Friedrich Gottlob Karl Varnbüler (1808-1889). Er hat systematisch Unterlagen über sein Wirken zusammengetragen - Handakten, Dienstakten, Gedächtnisprotokolle, Drucksachen - und dem Archiv einverleibt, um späteren Forschern ausreichendes Material für eine Würdigung seines Lebenswerks an die Hand zu geben. Bemerkenswert hierbei ist, dass er auch Unterlagen über für ihn oder andere Familienmitglieder ungünstige Vorgänge aufbewahrt hat. Zur Verschleierung hat er diese versiegelt und mit einer unverdächtigen, nichtssagenden Aufschrift versehen. Neben seiner politische Arbeit ist auf seine wirtschaftliche Tätigkeit hinzuweisen, die von Industriebeteiligungen bis zur Börsenspekulation reichte. Ebenso dicht ist die Quellenlage für seinen Sohn Axel Varnbüler (1851-1937). Die verwandtschaftlichen Beziehungen zu preußischen Familien und zahlreiche Freundschaften mit Politikern, Offizieren und Künstlern in Berlin öffneten ihm den Zugang zur wilhelminischen Hofgesellschaft. Weiter Archivalien zur Geschichte der Freiherren Varnbüler werden im Hauptstaatsarchiv Stuttgart in den Beständen A 12 Kabinett (Bü 69) A 41 Württembergische Reichskammergerichtsregistratur (Bü 133, 482) A 157 Lehenleute A 160 Lehenhof A 583 Gemeinde Hemmingen B 580 Ritterkanton Neckar-Schwarzwald (v. Nippenburg, v. Hemmingen, Varnbüler B 581 Desgl. C 3 Reichskammergericht G 243 Württembergisches Hausarchiv König Friedrich (Bü 102) und H 14 Diplomatare (Nr. 239) verwahrt. Im Schlossarchiv Rietheim (Landkreis Tuttlingen) sind ebenfalls Archivalien betreffend Hemmingen vorhanden (vgl. das Repertorium des Schlossarchivs Rietheim, bearb. von W. Kramer, Tuttlingen, 1985)

3.) Bearbeiterbericht: Die von A.E. Adam eingeführte Ordnung war durch die Nachträge weitgehend gestört worden. Bei der Neuordnung wurde die Zweiteilung in das Lehens- und Gutsarchiv (Rechtsverhältnisse und Verwaltung der Lehen, dann private Güter) und das Familienarchiv (Nachlässe mit Personenstandsunterlagen und Papieren aus der beruflichen/politischen Tätigkeit) beibehalten. Die Trennung wurde jedoch schärfer als bei Adam vorgenommen. Überschneidungen ließen sich dennoch nicht immer vermeiden. Die Erschließungstiefe wurde beträchtlich über die von Adam hinausgeführt, indem zahlreiche neue Verzeichnungseinheiten gebildet wurden. Beim Familienarchiv wurde der Gesichtspunkt der Provenienz strikt beachtet. Für den Benutzer hat das zwar den Nachteil, dass er Unterlagen über eine Person in verschiedenen Kapiteln suchen muss; dies wird jedoch durch methodische Vorteile bei der Auswertung wieder aufgewogen. Ein Personenregister erleichtert zudem die Zusammenführung der Informationen. Da nur wenige Urkunden und Amtsbücher vorliegen, wurden diese zwar aus konservatorischen Gründen getrennt aufgestellt, die Titelaufnahme jedoch an der jeweiligen sachsystematischen Stelle zusammen mit den Akten angeführt. Die Nummerierung erfolgte fortlaufend. Die Verzeichnungsarbeiten wurden von Mai 1974 bis Ende 1978 von Staatsarchivrat Dr. Wilfried Schöntag unter Mithilfe der Inspektorenanwärter Sibylle Spengler, Ute Fuchs, Udo Rauch und Rolf Reiff durchgeführt. Die Abschlussarbeiten zogen sich bis 1985 hin. Frau Archivinspektorin Spengler überprüfte dabei alle Titelaufnahmen und erweiterte diese teilweise. Sie kontrollierte auch die Zuordnung zu den Obergruppen. Schließlich fertigte sie den Großteil des Registers an. Frau Amtsrätin Christine Bührlen-Grabinger redigierte im Frühjahr 1987 die Verzeichnungsarbeiten für die Feinschrift. Bei den Ordnungsarbeiten wurden Mehrfachexemplare von Drucksachen und entbehrliche Umschläge im Umfang von 0,25 lfd. m. kassiert. Der Bestand mit insgesamt 1137 Einheiten umfasst 30 Urkunden, 1 Siegel, 77 Bände (1,50 lfd. m.) und 1028 Akten (9,50 lfd. m)= im Umfang von insgesamt 11,4 lfd. m. Die Nummern 206 und 825 sind nicht belegt. Juli 1987 Dr. W. Schöntag / Chr. Bührlen-Grabinger

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, P 10
Umfang
1799 Nummern

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Deposita

Bestandslaufzeit
(1432), 1557-1948, 1959, 1962

Weitere Objektseiten
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • (1432), 1557-1948, 1959, 1962

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