Bestand

Weltliche Lagerbücher: OA Kirchheim unter Teck (Bestand)

1. Zur Geschichte des Amtes Kirchheim: Kirchheim unter Teck wurde erstmals 960 urkundlich erwähnt, wobei die Siedlung bereits auf die alemannische Zeit zu datieren ist. 960 gelangte Kirchheim durch einen Tausch vom Bistum Chur an Kaiser Otto I. Der Ort war dann im Besitz der Herzöge von Zähringen und ging 1186 an die Herzöge von Teck, eine Seitenlinie der Zähringer. Zwischen 1220 und 1230 wurde Kirchheim unter den Herzögen von Teck zur Stadt nach Freiburger Recht erhoben. An Württemberg gelangte die Stadt Kirchheim zwischen 1303 und 1386. Die Herzöge von Teck mussten aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten heraus auf die Stadt verzichten, wodurch sie zunächst in österreichischen, dann in württembergischen Besitz kam. Nach der Eingliederung Kirchheims in die württembergischen Verwaltungsstrukturen wurde die Stadt bereits im vierzehnten Jahrhundert Sitz einer Vogtei, dann eines Amtes, das 1758 zum Oberamt erhoben wurde. Der Oberamtsbezirk Kirchheim umfasste neben Kirchheim selbst noch die Städte Weilheim und Owen sowie die Gemeinden Bissingen, Dettingen am Schlossberg, Gutenberg, Hepsisau, Holzmaden, Jesingen, Lindorf, Nabern, Notzingen, Ober- und Unterlenningen, Ötlingen, Roßwälden, Schlattstall, Schopfloch und Zell unter Aichelberg. Als Herzog Ulrich 1534 aus der Verbannung zurückkehrte, sicherte er das Herzogtum mit sieben Landesfestungen. Ab 1538 wurde Kirchheim zu einer dieser württembergischen Landesfestungen ausgebaut und das herzogliche Schloss Kirchheim errichtet. Dieses konnte 1556 unter Herzog Christoph fertiggestellt werden und wurde später zum Wohnschloss ausgebaut. Das Schloss wurde zunächst nur als Jagdschloss genutzt, dann aber mit dem Tod von Herzog Johann Friedrich 1628 Witwensitz der württembergischen Herzoginnen. Während der Stuttgarter Pestepidemie 1594 war Kirchheim vorübergehend Residenz des Herzog Friedrichs I. Das Schloss Kirchheim löste als Landesfestung die alte Burg Teck in ihrer strategischen Bedeutung ab. Die Teck liegt wenige Kilometer von Kirchheim entfernt und wurde 1525 im Bauernkrieg zerstört Wirtschaftlich war in Kirchheim vor allem das Textilgewerbe von Bedeutung. Vor allem im achtzehnten Jahrhundert profitierten die Kirchheimer Familien von einem Aufschwung in Textilgewerbe und -handel. Im neunzehnten Jahrhundert entstand aus diesen Wurzeln auch Textilindustrie und ein Wollmarkt von überregionaler Bedeutung.. Die Umbruchsphase Württembergs vom Herzogtum zum Königreich ging am Oberamtsbezirk Kirchheim relativ spurlos vorüber. Lediglich die zuvor zum Kammerschreibereigut gehörigen Orte Neidlingen und Ochsenwang wurden angegliedert. 1934 wurde das Oberamt Kirchheim zum Landkreis Kirchheim umbenannt und 1938 mit dem Oberamt Nürtingen zum Landkreis Nürtingen vereinigt. Kreissitz wurde die alte Oberamtsstadt Nürtingen. Der Landkreis Nürtingen wurde wiederum 1973 aufgelöst und ging im heutigen Landkreis Esslingen auf.

2. Zur Geschichte und Ordnung des Bestandes: Seit 1422/1423 wurden in Württemberg bei der von der Rentkammer zentral gesteuerten systematischen Aufzeichnung von Besitzungen, Rechten und Einkünften in Lagerbüchern mehrere gleichlautende Reinschriften erstellt: Ein Exemplar verblieb in der Kanzlei der Rentkammer, ein zweites wurde im Archiv hinterlegt, eine dritte Reinschrift erhielt die zuständige Kellerei, die in der Zeit des aktuellen Gebrauchs Nachträge vermerkte. Das heutige Lagerbuchselekt führt verschiedene ältere Reihen zusammen: 2.1 Die altwürttembergische Reihe "weltliche Lagerbücher" Ursprünglich umfasste diese Reihe die Archivexemplare, die häufig den Außen-vermerk "Archiv" tragen. Im Laufe der Zeit wurden diesem Bestand Konzepte, Mehrfertigungen und Lagerbücher der 1806 neu erworbenen Herrschaften hinzugefügt, so dass ein Mischbestand erwuchs, der 1938 anlässlich der Neugliederung der Bestände durch K.O. Müller die Bestandsbezeichnung H 1 erhielt. 2.2 "Dublettenreihe" Seit 1908 wurden unter der etwas irreführenden Bezeichnung "Dublettenreihe" Mehrfertigungen, aber auch Konzepte und Abschriften von Lagerbüchern geistlicher und weltlicher altwürttembergischer sowie neuwürttembergischer Herrschaften zusammengeführt. Der Bestand gelangte ins Staatsarchiv Ludwigsburg und erhielt die Signatur H 6. 2.3 Lagerbuchreihe des Finanzarchivs Im Rahmen der Neuordnung 1806 wurde der überwiegende Teil der altwürttembergischen Lagerbücher aus den Registraturen der Bezirksämter den Kameralämtern übergeben, die - ausgehend von den aktuellen Verwaltungsbedürfnissen - umfangreiche Kassationen und Umordnungen vornahmen. Allmählich gaben die Kameralämter die Lagerbücher an das 1822 eingerichtete Finanzarchiv ab. Nach erneuten Kassationen und uneinheitlicher Ordnung wurden in dieser Zeit für ungefähr die Hälfte der Überlieferung provisorische Verzeichnisse erstellt. Die dabei vergebenen rund 4200 Zahlensignaturen sind mit Blaustift auf der Vorderseite vermerkt. 1924 übernahm das Staatsarchiv Ludwigsburg die Lagerbuchbestände des aufgelösten Finanzarchivs und wies sie der Bestandsgruppe H 6-10 zu. 2.4 "Sonderreihe" des Staatsarchivs Ludwigsburg Bruchstückhaft blieb um 1930 der Versuch, aus der Überlieferung des Finanzarchivs diejenigen Erneuerungen in einer Reihe zusammenzuführen, die in den Stuttgarter Lagerbuchbeständen fehlten. 2.5 Beständebereinigung durch K.O. Müller K.O. Müller löste den von ihm gebildeten Mischbestand H 1 (s. o.) in einer zweiten Verzeichnungsphase auf, indem er die altwürttembergischen Lagerbücher im Bestand A 295 zusammenfasste und die neuwürttembergischen Lagerbücher den Reihen B 1-5 zuwies. Nach Abgabe der in Ludwigsburg befindlichen Lagerbücher an das Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Juli 1950 wurde unter der Leitung von F. Pietsch der gesamte Überlieferungskomplex neu gegliedert. Aus pragmatischen Gründen verzichtete man dabei auf die Rekonstruktion der Registraturen der Kanzlei, des Archivs sowie der Kellereien in eigenen Reihen. Vielmehr vereint der heutige Bestand H 101, gruppiert nach Oberämtern, alle überlieferten Exemplare einer Erneuerung - also Konzepte, Reinschriften, Abschriften - in einer Reihe.

3. Zur Verzeichnung des Bestandes: Nach der Zusammenführung der Lagerbuchbestände im Hauptstaatsarchiv Stuttgart 1950 war die anschließende Neuordnung um 1960 im wesentlichen abgeschlossen. Damit konnte eine Neuverzeichnung in Angriff genommen werden. Angesichts der zu bewältigenden großen Mengen entwarfen H.-M. Maurer und H. Natale 1974 "Richtlinien zur Kurzverzeichnung von Lagerbüchern" und trieben die Erschließung der Lagerbuchselekte mit den bestehenden geringen Personalressourcen unter Einbeziehung von Auszubildenden und Aushilfskräften voran. Inzwischen liegen für den gesamten Bestand H 101 Konzeptverzeichnungen vor, die allerdings nur sehr eingeschränkt benutzt werden können. Die entsprechende Verzeichnung für das Oberamt Kirchheim wurde 1955 von D. Wunder im Konzept fertiggestellt und später fortlaufend ergänzt. Bei der laufenden Überarbeitung dieser Konzeptverzeichnungen wird auf die in den Richtlinien vorgesehene systematische Neuerfassung von Reskripten und Notizen verzichtet. Aufgenommen werden lediglich die bereits erfassten Reskripte. Diese werden im "Enthält-Vermerk" ausgewiesen und bei der Gesamtlaufzeit des Bandes berücksichtigt. Der Verzeichnung liegt folgendes Schema zugrunde: 1. Bandnummer, 2. Titel, 3. Genetische Stufe und Behördenprovenienz, 4. eventuelle Register, 5. Renovator(en), 6. Inhalte und Darstellungsweise, 7. Orte, 8. Urkunden, 9. äußere Bandbeschreibung, 10. enthaltene Beilagen oder Reskripte, 11. Vorsignaturen, 12. Umfang, 13. Jahr der Anlage. Die Angaben zum Titel orientieren sich soweit als möglich an den auf den Vorsatzblättern zu findenden Innentiteln der Bände. Weiterhin erfolgte eine Neusignierung entsprechend dem gängigen Signaturschema der Lagerbuchselekte: Die bestehende Durchnummerierung wird durch Zwischennummern für die einzelnen Ämter (H 101/1 Altensteig bis H 101/64 Winnenden) mit jeweiliger Neuzählung der einzelnen Bände eines Bestandes ersetzt. Alte und neue Signaturen können der Konkordanz entnommen werden. Die Bearbeitung der vorhandenen Titelaufnahmen des Bestandes H 101/31 übernahmen im September und Dezember 2008 unter Anleitung des Unterzeichneten die Archivanwärterin Bianca Nell und der Archivreferendar Joachim Brüser. Die Endredaktion gestaltete der Unterzeichnete. Der Bestand umfasst nun 48 Bände, in denen in 434 Einzelabschriften xxx verschiedene Urkunden ausgewiesen sind, bzw. 4,60 Regalmeter. Stuttgart, im Februar 2009 Franz Moegle-Hofacker

4. Literaturverzeichnis: - Erwin Haas, Die sieben württembergischen Landesfestungen - Hohenasperg, Hohenneuffen, Hohentübingen, Hohenurach, Hohentwiel, Kirchheim/Teck, Schorndorf, Reutlingen 1996. - Rainer Kilian (Hg.), Kirchheim unter Teck - Marktort, Amtsstadt, Mittelzentrum, Kirchheim/Teck 2006. - Rudolf Moser, Beschreibung des Oberamts Kirchheim, Stuttgart/Tübingen 1842. - Gregor Richter, Lagerbücher- oder Urbarlehre. Hilfswissenschaftliche Grundzüge nach württembergischen Quellen (Veröffentlichungen der staatlichen Archivverwaltung Baden-Württemberg; 36), Stuttgart 1979. - Sabine Widmer, Kirchheim unter Teck zwischen Handwerk und Industrie 1806-1914, Kirchheim/Teck 1987.

Reference number of holding
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, H 101/31
Extent
48 Bände, Bestellnummern: Band 1-48

Context
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Selekte >> Altwürttembergische Lagerbücher >> Hauptreihen des Kammer- und Kirchenguts >> Weltliche Lagerbücher der Oberämter (gesamt)

Date of creation of holding
1485-1842

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Last update
20.01.2023, 3:09 PM CET

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Object type

  • Bestand

Time of origin

  • 1485-1842

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