Bestand

Lippische Grundsteuerveranlagungskommission (Bestand)

Geschäftsführung und Organisation 1877-1883 (21); Vermessungsarbeiten, -personal, -kosten 1874-1887 (22); Vermessungspersonale 1878-1883 (14); Vermessungsbezirksbüro Hannover 1879-1883 (3).

Bestandsgeschichte: Gegründet 1877 zur Veranlagung von Grund und Boden im Rahmen des zu erstellenden Katasters. Nach Abschluss der Arbeiten und Gründung der Lippischen Katasterinspektion 1882 aufgelöst.

Form und Inhalt: Einleitung


1.0. Veranlagung zur Grundsteuer
1.1. Gesetzliche Grundlage
Die Veranlagung zur Grundsteuer wurde durch das Gesetz ”die Grundsteuer von den Liegenschaften betreffend“ vom 12. September 1877 (Lipp. Gesetzslg. Nr. 13, S. 86) geregelt. Es sah sowohl vor, nach welchen Grundsätzen die Erhebung durchgeführt werden sollte, als auch wie die Erhebung praktisch abgewickelt werden konnte. Im wesentlichen bediente es sich der Erfahrung Preußens auf diesem Gebiet und schloss sich dessen Finanz- und Steuerverwaltung auch faktisch an: die in Lippe zu bildenden Einrichtungen für dieses Verwaltungsgeschäft waren dem preußischen Finanzministerium unterstellt.

Waren bisher die Gebäude und Hofräume der Grundsteuer und der Kottenabgabe unterworfen, so schuf das Gesetz vom 28. Februar 1878 (Lipp. Gesetzslg. Nr. 5, S. 191) auch hierfür eine neue Grundlage. Vermessung und Einschätzung waren wie bei den Liegenschaften auch hierfür neu durchzuführen.

1.2. Veranlagungskommission
Zum Leiter der im Gesetz vom 12.9.1877 vorgesehenen Veranlagungskommission in Lippe wurde am 18. Mai 1879 der aus Bielefeld stammende Steuerinspektor Rintelen als Veranlagungskommissar berufen. Er stützte sich bei seiner Bonitierungsarbeit, dem Bodenschätzen, auf die aus den Verwaltungsbezirken berufenen Einschätzungsdeputierten, die in der Regel Bauern und Gutsbesitzer waren. Am 30. Mai 1879 wurden auch diese vom preußischen Finanzministerium endgültig bestimmt. Die Hälfte von ihnen war zuvor vom lippischen Landtag, die andere Hälfte von der lippische Regierung vorgeschlagen worden. (Ein Verzeichnis der Deputierten befindet sich im Aktenband Nr. 68.)

Die zur Einschätzung der Gebäude und Hofräume gebildete Einschätzungskommission setzte sich aus dem von der Regierung berufenen Veranlagungskommissar und den von den Stadt- oder Amtsgemeinderäten zu wählenden Einschätzungsdeputierten zusammen. Jede Stadt oder jedes Amt bildete einen Einschätzungsbezirk.

1.3. Bemessungssätze
Die Bemessung der Grund- und Gebäudesteuer richtete sich nach den Ergebnissen der noch durchzuführenden Vermessungs- und Einschätzungsarbeiten und den damit ermittelten Reinerträgen der Liegenschaften bzw. Nutzungswerten der Gebäude und Hofräume. Ein Zwölftel des Reinertrages oder Nutzungswertes pro Jahr bildete das Simplum. Hiervon waren bei den Liegenschaften ein bestimmter, auf dem Verwaltungsweg jeweils festgesetzter Prozentsatz zu entrichten. Bei den Gebäuden und Hofräumen, der Gebäudesteuer, wurde die Anzahl der jeweils zu entrichtenden Simplen bei den Etatsberatungen zwischen Regierung und Landtag vereinbart.

Grundlage für eine gerechte Einschätzung der Liegenschaften musste neben dem nicht weniger bedeutsamen Geschäft der Bodenschätzung, der Bonitierung, eine exakte Vermessung der einzelnen Liegenschaften sein. Da in Lippe im Gegensatz zu Preußen keine brauchbare neuere und mit der preußischen Katastervermessung von 1828 ff vergleichbare Vermessung zur Verfügung stand, beanspruchten die Vermessungsarbeiten zunächst einen großen Teil der gesamten Arbeiten. Daher wurde eine Vermessungskommission mit Vermessungspersonal als untere örtliche Stelle aufgebaut.


2.0. Vermessung
2.1. Vorbereitung
Aufgrund des o. a. Gesetzes vom 12.9.1877 wurde Steuerrat Kosack, Hannover, beauftragt, ein Gutachten zu erstellen, da gemäß § 3 des o. g. Gesetzes ”sämtliche Liegenschaften des Fürstentums vermessen, bonitiert und catastriert werden sollen “

Kosack schlug in seinem Gutachten vom 29.12.1877 vor, das Fürstentum Lippe in 3 "Vermessungspersonale“ (Vermessungsbüros) einzuteilen:

I. Lemgo - Amt Schötmar
Stadt Salzuflen
Amt Brake
Stadt Lemgo
Amt Hohenhausen
Amt Varenholz

II. Blomberg -Amt Sternberg
Stadt Barntrup
Amt Blomberg
Stadt Blomberg
Amt Schieder
Amt Schwalenberg

III. Detmold -Amt Horn
Stadt Horn
Amt Detmold
Stadt Detmold
Amt Lage
Stadt Lage
Amt Oerlinghausen
Amt Lipperode

2.2. Einrichtung der Vermessungspersonale
Die Leitung der Ausführung der Arbeiten zur Veranlagung der Grundsteuer von den Liegenschaften im Fürstentum Lippe wurde wie erwähnt vertraglich dem Königlich Preußischen Finanzministerium in Berlin übertragen. Das Finanzministerium ernannte den Steuerrat Kosack zu seinem ”Commissarius“ und dieser übertrug dem Kataster-Supernumerar Rothe die Leitung der gesamten ”Triangulations“-Arbeiten. Er wurde bereits zum 1.3.1878 zum Vorsteher des in Detmold neu zu errichtenden Vermessungspersonals berufen.

Nach vorbereitenden Arbeiten - Rothe war zunächst beauftragt, eine Sichtung und Prüfung des vorhandenen Kartenmaterials vorzunehmen - wurde zum 1.8. 1878 der Kataster-Supernumerar Machert zum Vorsteher des Blomberger Vermessungspersonals und ab 1.9.1878 der Kataster-Supernumerar Otte zum Vorsteher des Lemgoer Vermessungspersonals bestellt.

2.3. Rechtsgrundlagen für die Arbeit der Vermessungspersonals
Die Ausführung der Arbeiten hat nach folgenden Vorschriften zu erfolgen:

1)Gesetz die Grundsteuer von den Liegenschaften betreffend vom 12.9.1877 (Gesetzsammlung für das Fürstentum Lippe 1877, S. 86 ff.)
2)Anweisung für das Verfahren bei der Erneuerung der Karten und Bücher des Preußischen Grundsteuerkatasters.
3)Anweisung vom 12.3.1877 betreffend das Verfahren bei Herstellung der Karten und Bücher des Grundsteuerkatasters für das Fürstentum Lippe.
4)Erlass vom 7.5.1868 betreffend die Einrichtung des Vermessungswesens.
5)Gebührentarif vom 24.11.1877 zur Bezahlung der Arbeiten behufs Erneuerung der Karten und Bücher des preußischen Grundsteuerkatasters bei Herstellung der Grundsteuerkarten und des Katasters aufgrund neuer Aufnahmen.

2.4. Vorbereitung und Durchführung der Vermessungsarbeiten
Mit der Argumentation, die Arbeit voranzutreiben und im laufenden Jahr abschließen zu können, wurden die Personale ständig vergrößert. Die Arbeiten konnten jedoch 1879 nicht abgeschlossen werden. Im Februar 1880 standen im Bereich des Personals Rothe die Vermessungsarbeiten in den Ämtern Lage und Oerlinghausen noch aus. Das Personal Rothe bestand zu diesem Zeitpunkt aus insgesamt 29 Mitgliedern (ohne Vorsteher und Assistent), davon 21 Stückvermesser.

2.5. Kosten der Vermessungsarbeiten
Rothe erhielt eine Aufwandsentschädigung von 250 Mark monatlich, Marchert und Otto dagegen nur je 220 Mark.

Die Feldmesser wurden u. a. nach geleisteter Arbeit bei der Liniennetzkartierung bezahlt. 8 Zeichner fertigten am 16.4.1880 ein Bittgesuch an Kosack, um eine Erhöhung ihrer Anteile zu erreichen. Sie begründeten ihr Bittgesuch damit, dass aufgrund der besonderen Schwierigkeiten der Vermessung und Kartierung in Lippe für sie ein Stundenlohn von lediglich 13,7 bis 38,5 Pfg. blieb.

Nach langem Schriftwechsel genehmigte der Finanzminister die Erhöhung der Liquiditätstarife für Feldmesser am 27.10.1880.

Insgesamt erforderten die Bonitierungs- und die Vermessungsarbeiten einen Kostenaufwand von rund 800.000 Mark (Sach- und Personalkosten), die vom Landtag in mehreren Raten bewilligt wurden.

2.6. Abschluss der Vermessungsarbeiten
Die Vermessungsarbeiten konnten auch 1880 nicht vollendet werden und waren erst im Herbst 1881 im Wesentlichen abgeschlossen; im Bereich des Vermessungspersonals Lemgo erst im Juni 1882.

Mit amtlicher Bekanntmachung vom 1.10.1881 wurde die Bevölkerung aufgefordert, Beschwerden, Berichtigung und Änderungen vorzubringen.

Als Übergangsregelung bis zur endgültigen Neuregelung der Katasterverwaltung wurde Anfang 1881 eine Landes-Kataster-Kommission gebildet, deren Leitung Rothe neben seiner Tätigkeit als Personalvorsteher im Mai 1881 übertragen wurde. Der Landeskatasterkommission oblagen folgende Aufgaben:

1.Die Fortführung des Grundsteuerkatasters
2.Die Fortführung des Gebäudesteuerkatasters
3.Die Verwaltung des vorhandenen alten Katastermaterials
4.Die Aufgaben der Ablösungskommission


3. Kataster - Inspektion

Kosack erstellte im Jahre 1882 den Entwurf einer Neuorganisation der Grundsteuerverwaltung im Fürstentum Lippe durch Einrichtung einer Katasterinspektion mit nachgeordneten Vermessungsbezirken. Diese neue Katasterverwaltung, deren Leitung Rothe übertragen wurde und deren Personal zum Teil aus den Beschäftigten der Vermessungspersonale gebildet wurde, begann am 1.7.1882 mit ihrer Arbeit.

Aufgaben der Katasterinspektion:

1. Fortschreibungsarbeiten
2. Aufstellung der Heberollen
3. Berichtigung der Kataster und der Karten
4. Kalkulatur-, Expeditions- und Requisitionsgeschäfte


4. Verzeichnung

Die Verzeichnung des vorliegenden Bestandes wurde im wesentlichen von Stadtarchivamtmann Uffmann vom Stadtarchiv Bielefeld während seines Praktikums im Staatsarchiv Detmold im Sommer 1979 durchgeführt. Die systematische Ordnung und kleinere Nachverzeichnungen besorgte der Unterzeichnete.

Die Akten sind zu zitieren: L 101 A II Nr.


Detmold, im November 1979
gez. Buchholz



Im Zuge der Digitalisierung der Findmittel wurde das maschinenschriftliche Findbuch aus dem Jahr 1979 in V.E.R.A. abgeschrieben.

Detmold, im November 2008
gez. Wolfgang Seemund

Bestandssignatur
L 101 A II
Umfang
17 Kartons = 60 Archivbände 1865-1887. - Findbuch: L 101 A II.
Sprache der Unterlagen
German

Kontext
Landesarchiv NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe (Archivtektonik) >> 1. Landesarchiv NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe >> 1.1. Land Lippe (bis 1947) >> 1.1.2. Verwaltung, Justiz >> 1.1.2.5. Wirtschafts-, Kataster- und Bauverwaltung >> 1.1.2.5.3. Kataster und Vermessung

Bestandslaufzeit
1865-1887

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Letzte Aktualisierung
23.06.2025, 08:11 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1865-1887

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