Bestand

Amt für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Bestand z.Zt. gesperrt!) (Bestand)

Erschließungszustand, Umfang: Ablieferungslisten
20 lfm

Verwandte Verzeichnungseinheiten: Wohnungsamt, Liegenschaftsverwaltung

Vorwort: 1. Behördengeschichte

Bevor das Amt für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte 1952 gegründet wurde, oblagen die Aufsicht über die Flüchtlingslager, die Durchführung der angeordneten Maßnahmen sowie die Betreuung der Flüchtlinge der Sozialverwaltung, dem Flüchtlingsamt und der Barackenabteilung der Liegenschaftsverwaltung.

Neben den städtischen Dienststellen engagierten sich auch karitative Hilfsorganisationen, um der Flüchtlingsnot entgegenzuwirken. Anfang 1947 errichtete die Arbeiterwohlfahrt eine zentrale Flüchtlingsberatungsstelle, die kostenlos Rat und aktive Unterstützung gewährte.

1947 wurde das Durchgangslager Pöppendorf errichtet, da es dringend erforderlich wurde, die nicht abreißenden Flüchtlingsströme aus den Ostgebieten nach und über Lübeck zu erfassen und zu lenken. Mehr als 100 000 Flüchtlinge wurden insgesamt über das Lager Pöppendorf in die Bundesrepublik geleitet.

Die Forderung der Flüchtlinge nach Mitbestimmungsrecht in Lagerangelegenheiten führte zur Bildung von Lagerausschüssen, die am 15. November 1946 erstmalig einen Hauptflüchtlingsausschuss wählten.

Die politischen Vertreter der Flüchtlinge traten 1947 mit der Forderung nach einem Gesetz zum Schutze der Heimatvertriebenen an die gesetzgebenden Körperschaften heran. Gemeinsam mit anderen politischen Organisationen erreichten sie am 27. November 1947 die Verabschiedung eines Gesetzes im Schleswig-Holsteinischen Landtag, das die Bezeichnung ‚Gesetz zur Behebung der Flüchtlingsnot' (GBFL) erhielt. (Dieses wurde am 30. Januar 1952 durch das Eingliederungsgesetz (EGG) abgelöst.)

Am 1. Mai 1948 entstand in der Hansestadt Lübeck das Flüchtlingsamt, welches per Senatsbeschluss am 26. Juni 1950 als selbstständige Dienststelle dem Senator der Sozialverwaltung unmittelbar unterstellt war.

Mit Wirkung vom 1. Juli 1950 ordnete die britische Militärregierung die Übernahme der Angelegenheiten der Displaced Persons (DPs) in die deutsche Verwaltung an - diese wurden nach den gleichen Richtlinien betreut wie deutsche Flüchtlinge. Auch der Kinderlandverschickung nach Frankreich nahm sich das Amt 1951 an.

Amt für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte
Das schleswig-holsteinische Eingliederungsgesetz vom 30. Januar 1952 schuf auf Kreisebene die Dienststelle des Beauftragten für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, die im Mai 1953 unter Beibehaltung der Sachgebiete, die Bezeichnung ‚Amt' erhielt.
Damit wurden die bisherigen Tätigkeiten des Flüchtlingsamtes sowie die Aufgabengebiete für das Vertriebenenwesen der Umsiedlungsabteilung des Wohnungsamts und der Barackenabteilung der Liegenschaftsverwaltung organisatorisch und räumlich zusammengefasst.

Seit dem 1. Januar 1953 war das Amt eine selbstständige Verwaltung innerhalb der Stadtverwaltung, hatte einen eigenen Ausschuss und war einem ehrenamtlichen Senator unterstellt. Im November 1955 zog die Dienststelle aus der Baracke in der Schmiedestraße 1-3 in das Gebäude Königstraße 9 um.

Im Vordergrund der Dienstgeschäfte standen Betreuung und Beratung der betroffenen Vertriebenen und Geschädigten auf allen Lebensgebieten, vornehmlich bei der Wohnraumversorgung, der Gemeinschaftslagerverwaltung, der Kreditgewährung sowie in der Hilfestellung bei Lastenausgleichsansprüchen und -anträgen.

Die Vertriebenen mussten mit Flüchtlings-Ausweisen ausgestattet werden, die sich in 3 Gruppen teilten: A (Vertriebene aus den geräumten deutschen Ostgebieten), B (Kriegsgeschädigte) und Gruppe C (Flüchtlinge aus der sowjetischen Besatzungszone). Im Zuge des Barackenräumprogramms wurde den Flüchtlingen Wohnraum außerhalb der Lager und Baracken vermittelt oder eine Umsiedlung eingeleitet.
Am 31. März 1952 bestanden in Lübeck 49 Lager mit 372 Baracken und 13 384 Personen, die bis Ende 1965 auf 3 anerkannte Lager mit 302 Bewohnern reduziert werden konnten. Die aus der Betreuung ausgeschiedenen Lagerbewohner waren mit Neubauwohnungen, Eigenheimen bzw. Kleinsiedlungen oder Altbauwohnungen versorgt worden.

Um aus wirtschaftlichen und sozialen Erwägungen eine möglichst gleichmäßige Verteilungsquote der Betroffenen im Bundesgebiet zu erreichen, wurde schon frühzeitig die Umsiedlung von Vertriebenen in Bundesländer mit günstigen Existenzaufbauaussichten in die Wege geleitet. Obgleich sich die Aufnahmeländer zunächst wenig aufnahmefreudig zeigten, konnte etwa 16 000 Vertriebenen eine neue Lebensgrundlage in anderen Bundesländern vermittelt werden. Der Höhepunkt der Umsiedlungsaktion lag in den Jahren 1953 bis 1956.

Die Rückführungsbemühungen für die im Kriege evakuierten Personen hatten nur begrenzten Erfolg, denn einem großen Teil dieses Personenkreises war an einer Rückkehr zum Ausgangsort aus beruflichen, wirtschaftlichen oder auch familiären Gründen nicht mehr gelegen. Außerdem war eine gelenkte Rückführung wegen des auch anderenorts bestehenden Wohnungsmangels schwierig.

Nach Anlauf der sogenannten "Spätaussiedler-Aktion" 1956 nahm Lübeck weitere Personen aus den Ostgebieten auf. Die landwirtschaftliche Eingliederung der heimatvertriebenen Landbevölkerung beschränkte sich, durch Anstieg der Bodenpreise, zumeist auf die Schaffung landwirtschaftlicher Nebenstellen.

Zum Tätigkeitsschwerpunkt der Barackenräumung erhielt die Gemeinschaftslagerverwaltung mit der Betreuung der Sowjetzonenflüchtlinge, Spätaussiedler und heimatlosen Ausländer weitere Aufgabengebiete zugewiesen.
Für die hauptsächlich aus Polen und den baltischen Ländern stammenden Ausländer wurde der Grundstein für umfangreiche Wohnungsneubauten in verschiedenen Lübecker Stadtteilen, in St. Hubertus, an der Ziegelstraße und in Kücknitz gelegt, so dass die DP-Lager (Artillerie- und Meesen-Kaserne und Lager Lohmühle) bis Mitte 1962 aufgelöst und den Bewohnern Neubauwohnungen zugewiesen werden konnten.

Im August 1971 wurde das Amt für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, auch wenn sich an der Art der Tätigkeit für Vertriebene, Flüchtlinge, Zuwanderer aus der DDR und Aussiedler aus ehemals deutschen Ostgebieten und der Sowjetunion nichts wesentlich änderte, dem Amt für Wohnungswesen als Abteilung zugewiesen.

Quelle: Verwaltungsberichte der Hansestadt Lübeck 1937 - 1977.

2. Bestand

Die Akten dieses 2011 verzeichneten Bestandes wurden in 3 Ablieferungen in den Jahren 1966, 1975 und 1998 an das Archiv abgegeben, insgesamt ca. 16 lfm. Die Akten beinhalten auch die Unterlagen der Vorgängerverwaltung und umfassen einen Zeitraum von 1942 - 1973. Somit sind auch Unterlagen von Lagern und Baracken im Bestand, die noch zur Zeit des 2. Weltkriegs, nach dem Fliegerangriff im März 1942, errichtet wurden. Da das Amt für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte 1971 in das Amt für Wohnungswesen eingegliedert wurde, befinden sich weitere Akten zu Flüchtlingsfragen im Bestand 4.6-4 Amt für Wohnungswesen.

Nach der Bearbeitung umfasst der Bestand ca. 12 lfm.


3. Ordnung und Verzeichnung

Die Ordnung des Bestandes erfolgte nach einer neuerstellten Klassifikation, da kein überlieferter Aktenplan vorlag, wurden alle Akten in ein einheitliches Schema gebracht.

Bei Aktenbündeln, denen ein Benutzerzettel beilag, wurde dieser, da sich nicht erkennen ließ, zu welcher Akte er gehörte, der zuoberst liegenden Akte beigelegt.
Dubletten wurden aus den Akten weitgehend entfernt. Massenakten (Anträge auf Umsiedlung, Unterstützung etc.) wurden in dem meisten Fällen alphabetisch nach Antragsteller geordnet. Da generell die innere Ordnung der Akten beibehalten wurde, befinden sich Akten im Bestand, deren Sortierung nicht chronologisch, sondern auf zusammenhängende Vorgänge bezogen ist.

Lag zu den Lagern mehr als eine Akte vor, so wurde ein eigener Systematikpunkt mit dem Lagernamen erstellt. Alle weiteren Lager finden sich unter dem Ordnungspunkt ‚Weitere Lager' - ebenso verhält es sich mit den Baracken. Der Index des Findbuches wurde so erstellt, dass die einzelnen Lager unter diesem Ordnungsbegriff zu finden sind.

Die Akten der DPs (Displaced Persons = heimatlose Ausländer) bilden keinen eigenen Ordnungspunkt, sondern wurden nach Sachzusammenhang eingegliedert.

Kassationsentscheidungen wurden hinsichtlich der Vermeidung von Doppelüberlieferungen und des Lübeckbezugs getroffen. So befinden sich die Anträge auf Übernahme von Kosten im Bestand (Aussiedlung, Umsiedlung, Auswanderung), die Einzelentscheide über die Kostenerstattungen wurden jedoch nicht übernommen. Kassiert wurden auch Bescheide über die Zuteilung von kleineren Unterstützungssummen zur Wäschebeschaffung der SBZ-Flüchtlinge - hier wurde nur ein Jahrgang exemplarisch ins Archiv übernommen.
Allgemeine Mitteilungsblätter aus Schleswig-Holstein wurden nicht in den Bestand aufgenommen.


4. Abkürzungen

AWO Arbeiterwohlfahrt
BEvG Bundesevakuiertengesetz
BVFG Bundesvertriebenengesetz
DPs Displaced Persons
DRK Deutsches Rotes Kreuz
DWM Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken
IKRK Internationales Komitee vom Roten Kreuz
IRO International Refugee Organization
NSDAP Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
NSKK Nationalsozialistisches Kraftfahrerkorps
NSV Nationalsozialistische Volkswohlfahrt
SBZ Sowjetisch Besetzte Zone


5. Benutzung

Zitierweise:
"4.5-7 Amt für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, Bestellsignatur Nr. …"

Einige Akten dieses Bestandes sind aus Datenschutzgründen noch gesperrt.



Lübeck, Februar 2012
Astrid Bode


Eingrenzung und Inhalt: Lagerakten, Zuwanderung, Auswanderung, Organisation, Heimatortskartei, Patenschaften Stettin und Kolberg

Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: Das schleswig-holsteinische Eingliederungsgesetz vom 20. Jan. 1952 schuf auf Kreisebene die Dienststelle des Beauftragten für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte, die ab Mai 1953 die Bezeichnung Amt erhielt. Damit erfolgte die organische und räumliche Zusammenfassung des bisherigen Flüchtlingsamtes mit der Umsiedlungsabteilung des Wohnungsamtes und der Barackenabteilung der Liegenschaftsverwaltung. Seit 1. Jan. 1953 war das Amt ein selbständiges Dezernat. Hauptaufgabe des Amtes war die Betreuung und Beratung der betroffenen Vertriebenen und Geschädigten auf allen Lebensgebieten, v.a. bei der Wohnraumversorgung, Gemeinschaftslagerverwaltung, Kreditgewährung, Hilfestellung bei Lastenausgleichsansprüchen und -anträgen. Am 1. Okt. 1969 wurde dem Amt als neue Betreuungs- und Verwaltungsaufgabe die wohnungswirtschaftliche Betreuung der in Lübeck mit UN-Mitteln geförderten 221 Wohnungen für nichtdeutsche Flüchtlinge übertragen. Im Aug. 1971 wurde das Amt in das Amt für Wohnungswesen als Abteilung eingegliedert.

Die Akten wurden in den Jahren 1966, 1975 und 1998 an das Archiv abgegeben.

Bestandssignatur
Archiv der Hansestadt Lübeck, 04.05-7

Kontext
Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 04 Gemeindevertretung und Behörden nach 1937 >> 04.05 Gesundheit und Soziales

Bestandslaufzeit
1935-1994

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Rechteinformation
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Letzte Aktualisierung
22.02.2023, 10:29 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1935-1994

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