Bestand

A Rep. 020-20 Leibniz-Oberrealschule / Moltke-Schule (Bestand)

Vorwort: A Rep. 020-20 Leibniz-Oberrealschule / Moltke-Schule

1. Schulgeschichte

In der Städtischen Oberrealschule I stiegen die Schülerzahlen seit 1899 so rasant an, dass der Magistrat der Stadt Charlottenburg im Februar 1900 bei der Stadtverordnetenversammlung beantragte, eine weitere sechsklassige Realschule zu errichten. 1901 wurde die Genehmigung dazu erteilt. Sie wurde zunächst in den Räumen der Oberrealschule eingerichtet, bis sie in der Charlottenburger Guerickestraße 32 ein eigenes Schulgebäude erhielt. Am 1. April 1903 übernahm Prof. Dr. Georg Dubislav die Leitung der Realschule. 1904 besuchten 330 Schüler in acht Klassen die Anstalt, 1906 waren es bereits 426 in zwölf Klassen und 1908 waren es 447 in zwölf Klassen. Da die Schülerzahl weiter zunahm, beschlossen die städtischen Behörden 1908 die Umwandlung der Realschule in eine Oberrealschule. Im ersten Schuljahr 1908/1909 besuchten 495 Schüler die Städtische Ober-Realschule II in Entwicklung zu Charlottenburg und wurden von 31 Lehrern unterrichtet. Nachdem Prof. Dr. Georg Dubislav als Schuldirektor ausschied, um sich nur der Leitung des Reform-Realgymnasiums zu widmen, wurde Dr. Harry Denicke als Schuldirektor gewählt. Am 1. Februar 1910 erhielt die Schule den Namen "Leibniz-Oberrealschule". Zu Ostern 1911 fand die erste Reifeprüfung statt, acht Schüler bestanden diese. Ein neues Schulgebäude wurde 1910-1913 vom Architekten Heinrich Seelig in der Schillerstraße 125/127 errichtet. Nach Michaelis 1912 (27.09.1912) siedelte die Anstalt in das neue Schulgebäude über. Die Turnhalle wurde erst gegen Weihnachten fertig, so dass der Turnunterricht entweder nur auf dem Hof erteilt werden konnte oder ganz ausfiel. Am 27. Januar 1913 wurde der Anstalt das neue Schulgebäude feierlich übergeben. Das neue Schulgebäude war für 18 Klassen bestimmt und bot 720 Schülern Platz. Gemäß der schulischen Ausrichtung wurden drei große Zeichensäle, Fachräume für Physik, Biologie und Chemie mit Laboren und ein Lichtbilder-Lehrsaal eingerichtet. Es gründeten sich für die älteren Schüler zwei Schulvereine, seit 1911 der "Leibniz-Verein" als wissenschaftlicher Schulverein und 1913 der Ruderverein "Normannia". Während im Februar 1911 die Schule 545 Schüler besuchten, waren es im Sommer 1913 bereits 557 und im Februar 1914 dann 577 Schüler. Zahlreiche Schüler legten nach Ausbruch des Weltkrieges 1914 die Notreifeprüfung ab, um dann als Freiwillige in den Heeresdienst einzutreten. Dadurch sank 1915 die Schülerzahl auf 515 Schüler zurück.
Seit 1920 fand wahlfreier Unterricht in den Fächern Physik, Chemie, Biologie, Latein und Linearzeichnen statt. Als Neuerung im preußischen Schulwesen wurde im Mai 1920 erstmals ein Elternbeirat gewählt. Im Rahmen einer Festveranstaltung wurde am 3. März 1921 eine Ehrentafel für die Gefallenen des Krieges 1914-1918 errichtet. 1921 schied Dr. Harry Denicke aus Altersgründen aus dem Amt des Schuldirektors aus. Die Anstalt umfasste neben 18 Klassen der Oster- und Michaeliscoeten eine Vorschulklasse und drei Parallelklassen für die Untertertia, die Quarta und die Sexta, die infolge der Überfüllung für insgesamt 688 Schüler eingerichtet werden mussten. Am 20. April 1922 wurde Oberstudiendirektor Prof. Hermann Schulze in das Amt des Schuldirektors eingeführt. Die Teilnahme der Schüler an der Quäkerspeisung trug zur Verbesserung des Gesundheitszustandes bei. 1924 wurden zwei Lehrer auf Grund der Personalabbau-Verordnung in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Im Mai 1924 besuchten 798 Schüler in 26 Klassen mit 28 Lehrkräften und sechs Studienassessoren die Anstalt. Wahlfreier Unterricht wurde in Latein, Spanisch, Deutsch, Französisch, Physik, Chemie und Biologie erteilt. Am 15. Mai 1925 fand die Feier des 25jährigen Bestehens der Leibniz-Oberrealschule statt. Nach dem Tode des Direktors Prof. Schulze am 13. Juni 1925 wurde die Leitung der Anstalt von Oberstudiendirektor Dr. Erich Bleich vertretungsweise übernommen. Im Mai 1926 unterrichteten 28 Lehrkräfte und zehn Studienassessoren die 761 Schüler in 25 Klassen. Am 1. April 1926 übernahm Oberstudiendirektor Dr. Felix Teege das Amt des Schuldirektors. Im Schuljahr 1928/1929 sank die Zahl der Schüler auf 560 in 20 Klassen. Die Klassenzahl stieg nach der Übernahme der mittleren Klassen der Hindenburg-Realschule auf 22 an. Michaelis 1932 wurde Oberstudiendirektor Dr. Teege an die Herderschule versetzt. Die stellvertretende Leitung übernahm von Michaelis 1932 bis Ostern 1933 Oberstudienrat Bleich.
Von Ostern 1933 bis Ostern 1937 fungierte Oberstudiendirektor Dr. Mackensen als Direktor der Leibniz-Oberrealschule. Er sprach sich für die verstärkte Anwendung der nationalsozialistischen Weltanschauung im Unterricht aus. Nachdem Ausscheiden Dr. Mackensens mit dem Erreichen der Altersgrenze, übernahm Studienrat Prof. Perlewitz die Vertretung des Direktorats. Im Schuljahr 1936/1937 besuchten 14 Klassen mit 406 Schülern die Anstalt. Seit Michaelis 1937 übernahm Studienrat Dr. Klotzsch die kommissarische Leitung der Schule. Mit der Neugestaltung des höheren deutschen Schulwesens durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 erfolgte die Umbenennung des Leibniz-Oberrealgymnasiums in "Moltke-Schule". Hintergrund war der Versuch, eine Vereinheitlichung der verschiedenen deutschen Schulformen vorzunehmen, wobei die Oberschule zukünftig die Regelform darstellen sollte. Per Definition handelte es sich bei der "Moltke-Schule" um eine Oberschule für Jungen. Am 11. August 1938 wurde Dr. Klotzsch als neuer Schuldirektor in das Amt eingeführt. 1939 wurden die Wochenstunden auf 30 Stunden heruntergesetzt. Während der Osterferien wurde die Turnhalle als Kornspeicher zweckentfremdet und erlitt schwere Schäden. Weitere Einschränkungen erlitt der Unterricht durch die Einsätze der Schüler in der Erntehilfe und durch Luftschutzalarmproben. Darüber hinaus musste die Moltke-Schule zwölf Räume an städtische Dienststellen abtreten und weiter Schüler anderer Schulen aufnehmen, wie z.B. die Siemens-Oberschule mit 19 Klassen. Dadurch wurde Schichtunterricht nötig. Ab 4. November 1940 ergaben sich anlässlich der Vorbereitung der Kinderlandverschickung (KLV) eine Umstellung der Unterrichtsverteilung und des Stundenplans. So ging am 14. März 1941 der erste KLV-Transport nach Polajewo-Storchnest (Wartheland) ab. Seit dem 6. August 1943 waren die Berliner Schulen für den Unterricht geschlossen. Schüler der Moltke-Schule wurden in die KLV-Lager Salzhof und KLV-Lager Moschin im Wartheland verschickt. Die älteren Schüler der 7. und 8. Klassen wurden als Luftwaffenhelfer eingesetzt und waren z.B. als Falkhelferoder Marinehelfer tätig. Sie erhielten dort verkürzten Unterricht.
Am 14. Juni 1945 wurden die Vereinigten Oberschulen (Clausewitz-Moltke-Siemens-Schule) in der Schillerstraße 125/127 (Charlottenburg) mit 268 Schülern in 12 Klassen und 18 Lehrern eröffnet. Im August 1945 besuchten bereits 316 Schüler die Schule. Am 1. Januar 1946 waren es 456 Schüler in 17 Klassen mit 22 Lehrern und am 1. Juli 1946 bereits 492 Schüler in 18 Klassen mit 25 Lehrern. Gemeinsam wurde das Schulgebäude in Arbeitseinsätzen enttrümmert, das Dach und die Fenster repariert. Im November 1946 werden die Vereinigten Schulen Charlottenburg in Schillerschule umbenannt.

Die Schulakten wurden im Jahr 2000 als Zugang 5517 dem Landesarchiv Berlin vom BIL (Gutachterstelle für deutsches Schul- und Studienwesen im Berliner Institut für Lehrerfort- und -weiterbildung und Schulentwicklung früher Pädagogisches Zentrum) übergeben.


2. Bestandsgeschichte

Der Bestand umfasst 109 Akten (2,25 lfm) mit der Laufzeit 1860-1946. 12,45 lfm liegen noch unerschlossen vor.
Der Bestand beinhaltet Unterlagen der Schulleitung (wie Konferenzprotokolle, Lehrerpersonalia, Schulordnungen, Schriftwechsel mit dem Provinzialschulkollegium) und Jahresberichte der Schule 1920 - 1941. Als zweiter Schwerpunkt sind Unterlagen der Reifeprüfungen, Kriegs-Notreifeprüfungen, Schlussprüfungen und Prüfungen von Extraneer (auswärtiger) Schüler vorhanden. Reifezeugnisse und Abgangszeugnisse, sowie Zeugnisbögen der Schüler bilden den dritten Schwerpunkt des Bestandes. Einige Luftwaffenhelferzeugnisse und Jahresarbeiten einiger Schüler runden den Bestand ab.

Die Akten wurden mit der Software Augias.Archiv 8.3 verzeichnet.

Zahlreiche Akten sind auf Grund archivgesetzlicher Bestimmungen bzw. der EU-Datenschutz-Grundverordnung für die Benutzung befristet gesperrt. Eine Verkürzung der Schutzfristen kann auf Antrag erfolgen. Dazu bedarf es der besonderen Zustimmung des Landesarchivs.

Der Bestand wird wie folgt zitiert: Landesarchiv Berlin, A Rep. 020-20 Nr. ... .


3. Korrespondierende Bestände

A Rep. 001-06 Magistrat der Stadt Berlin, Personalbüro
A Rep. 020-19 Schiller-Realgymnasium / Clausewitz-Schule


4. Literatur- und Quellenverzeichnis

Bericht über das Schuljahr 1912/1913 der Städtischen Leibniz- Oberrealschule zu Charlottenburg Bd. 5, hrsg. von der Städtischen Leibniz-Oberrealschule Charlottenburg.- Charlottenburg 1913.
Schiller-Gymnasium Jubiläumsausstellung : Leibniz-Oberrealgymnasium Moltke-Oberschule und Schiller-Realgymnasium Clausewitz-Oberschule 1913-2013, hrsg. von Schiller-Gymnasium, Berlin 2013.






Berlin, September 2013 Kerstin Bötticher


Fußnoten
Gottfried Wilhelm Leibniz (* 21. Junijul./ 1. Juli 1646greg. in Leipzig; † 14. November 1716 in Hannover) war ein deutscher Philosoph und Wissenschaftler, Mathematiker, Diplomat, Physiker, Historiker, Politiker, Bibliothekar und Doktor des weltlichen und des Kirchenrechts in der frühen Aufklärung. Er gilt als der universale Geist seiner Zeit und war einer der bedeutendsten Philosophen des ausgehenden 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts sowie einer der wichtigsten Vordenker der Aufklärung.
Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke, genannt Moltke d. Ä., bekannt auch als „der große Schweiger“ (* 26. Oktober 1800 in Parchim; † 24. April 1891 in Berlin) war ein preußischer Generalfeldmarschall und hatte als Chef des Generalstabes wesentlichen Anteil an den preußisch/deutschen Siegen im Deutsch-Dänischen Krieg, im Preußisch-Österreichischen Krieg und im Deutsch-Französischen Krieg.

Bestandssignatur
A Rep. 020-20

Kontext
Landesarchiv Berlin (Archivtektonik) >> A Bestände vor 1945 >> A 2 Magistrat der Stadt Berlin >> A 2.4 Nachgeordnete städtische Behörden und Einrichtungen >> A Rep. 020-03 bis A Rep. 020-ff Städtische Schulen
Verwandte Bestände und Literatur
Verwandte Verzeichnungseinheiten: LAB A Rep. 001-06 Magistrat von Berlin, Personalbüro
LAB A Rep. 020-19 Schiller-Realgymnasium/Clausewitz-Schule

Bestandslaufzeit
1860 - 1946

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Letzte Aktualisierung
28.02.2025, 14:13 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1860 - 1946

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