Tektonik
Älteres Kanzleramt (1477-1933)
Tektonikbeschreibung: Der Kanzler, im Rang
unter dem Rektor stehend, war Vertreter des Papstes und seit 1561 des Herzogs am
Ort. Er hatte die Aufsicht über die Universität und war für die Kontrolle des
Lehrbetriebs und die Einhaltung der Zensurbestimmungen zuständig und hatte den
Vorsitz im Kanzler-Appellationsgericht. Er wirkte bei der Verleihung
akademischer Grade mit, seit 1912 nur noch bei der Verleihung von
Ehrendoktoraten. Das Amt war bis 1817 mit der Propstei der Stiftskirche und
damit auch mit dem ersten theologischen Ordinariat verbunden. Es verlor seit dem
17. Jahrhundert an Bedeutung und war am Ende des 18. Jahrhunderts zu einem
bloßen Ehrenamt geworden.
Von der Einsetzung des Kurators im Jahre
1811 blieb das Amt zwar äußerlich unberührt, die Aufsichtsfunktion ging aber an
diesen über (Organisches Gesetz 1811). Nach der Trennung des Amtes vom ersten
theologischen Ordinariat 1817 blieb das Amt zunächst unbesetzt. 1819 wurde das
Amt eines Vizekanzlers und Königlichen Bevollmächtigten erneuert, dem folgende
Spezialaufgaben übertragen wurden: Immediatberichterstattung über die
Professoren und ihren Einfluss auf die studentische Disziplin, Ausübung der
Befugnisse des Kanzlers bei Promotionen und Prüfungen, Kontrolle der
Immatrikulation von Ausländern, Sitz und Stimme in allen Gremien und Ausschüssen
mit der Befugnis, die Einberufung des Senats zu verlangen und Senatsbeschlüsse
zu sistieren (1819: Reyscher 153, S. 622). Im gleichen Jahr wurde der
Vizekanzler auch zum außerordentlichen Bevollmächtigten zur Überwachung des
Vollzugs des Bundestagsbeschlusses vom 20.9.1819 sowie des Vollzugs der
Disziplinargesetze bestellt (1819: Reyscher 159, S. 634-637.). 1822 wurde der
Amtsinhaber, Johann Ferdinand Autenrieth (1772-1835), zum Kanzler
bestellt.
1829 wurde der Kanzler erneut königlicher Kommissar,
zugleich war er bis 1831 anstelle des Rektors auch Vorstand der Universität
(1829: Reyscher 230, S. 721; 1831: Reyscher 246, S. 754). Nach der
Wiederherstellung des Rektoramtes kamen dem Kanzler wieder die früheren Aufgaben
zu, das Amt des Vizekanzlers wurde aufgehoben (Reyscher 246, S. 754). In den
folgenden Jahrzehnten verloren die Aufsichtsfunktionen zunehmend an praktischer
Bedeutung, während sich die Amtsinhaber als Mittler und Vermittler zwischen
Ministerium und Universität hohes Ansehen erwarben. Als 1933 die
nationalsozialistische Regierung einen Mann ihres Vertrauens an dieser Stelle
sehen wollte und der Kanzler um seine Entlassung ersuchte, wurde ein Nachfolger
nicht mehr ernannt. (Dehlinger, § 230. Thümmel, S. 113-121, Angerbauer, Attempto
33/34) Das 1969 neu geschaffene Amt eines Kanzlers als Leiter der Wirtschafts-
und Personalverwaltung der Universität hat mit dem bis 1933 bestehenden älteren
Kanzleramt nichts gemein. (Einleitung in UAT 119 besser. Nach Import
ersetzen.)
Provenienzbestände im
Universitätsarchiv:
UAT 119 Älteres Kanzleramt, Verwaltungsakten
1806-1933
Sonstige Überlieferung im Universitätsarchiv
(Auswahl):
UAT 5 Ältere Universitätsregistratur, Vermischte Sachakten
(I): Cancellariat und Propstei (Staat, Kompetenz, Gefälle) (UAT 5/11-12: 2 Nrn,
1534-1704; UAT 5/18: 1 Nr, 1534-1536).
UAT 6 Ältere
Universitätsregistratur, Vermischte Sachakten (I): Rechnungen,
Wirtschaftsverwaltung (UAT 6/6: 1 Nrn, 1492, (-1558)).
UAT 23
Syndikatur, Lagerbücher: Lagerbuch Sindelfingen (UAT 23/22a: 1 Nrn, 1509-1513
(1526)).
UAT 44 Ältere Universitätsregistratur, Vermischte Sachakten
(III): Jüngere Kanzellariatsakten (UAT 44/14a: 1 Nr., 1778-1816); Reskripte an
Kanzler bzw. Propst (UAT 44/175a-b: 2 Nrn, 1778-1816).
UAT 117
Akademisches Rektoramt, Hauptregistratur (I): Kanzleramtsprotokolle in
Disziplinarsachen (UAT 117/3a: Quadr. 1-18, 1 Nr., 1829-1831); Hauptberichte
(UAT 117/1903-1904: 2 Nrn, 1829-1830).
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Universitätsarchiv Tübingen (Archivtektonik) >> B Akademische Zentralorgane >> Ba Leitungs- und Aufsichtsorgane >> Ba 2 Aufsichtsorgane
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02.07.2025, 11:32 MESZ
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