Bestand

Älteres Kanzleramt, Verwaltungsakten (Bestand)

Bestandsbeschreibung: Vorbemerkung
Um die im vorliegenden Findbuch erschlossene Registratur des bis Mai 1933 bestehenden Kanzleramtes der Universität Tübingen von der Überlieferung des ab 1969 bestehenden gleichnamigen Kanzleramtes kurz und eindeutig abzugrenzen, wurde die Bestandsbezeichnung "Älteres Kanzleramt" gewählt. Diese Bezeichnung taucht verständlicherweise nirgends in den Akten auf und ist auch in der Sekundärliteratur nicht üblich.
Einleitung
1. Das ältere Universitätskanzleramt
Das Amt des Kanzlers an der Universität Tübingen geht wohl auf Vorbilder der Universitäten von Paris und Bologna zurück. Es trug der Tatsache Rechnung, dass die Verleihung akademischer Grade ursprünglich einer kirchlichen Genehmigung ("Venia") bedurfte. Bereits in der päpstlichen Bulle vom 13.11.1476 zur Gründung der Universität war neben diesem Approbationsrecht die Verbindung des Kanzleramtes mit dem Amt des Probstes der Tübinger Stiftskirche festgelegt. Gemäß der ersten Universitätsordnung vom 23.3.1481 sollte der Kanzler außerdem bei Konflikten der Universität mit Landesherr oder Stadt moderierend eingreifen und für die Einhaltung der Universitätsordnungen sorgen. Daraus entwickelten sich später seine Aufsichtsrechte im Bereich der Lehrtätigkeit, der akademischen Disziplin und der Verwaltung des Universitätsvermögens. Durch eine weitere päpstliche Bulle vom 13.4.1482 kam noch seine Funktion als Berufungsinstanz gegen die erstinstanzlichen Gerichtsurteile des Rektors (das spätere Kanzlerappelationsgericht) sowie die Wahrnehmung kirchlicher Zensurbestimmungen hinzu (Angerbauer 1972, S. 1f., S. 7).
Bis zur Reformation konnten die württembergischen Landesherren den päpstlichen Einfluss auf die Besetzung des Kanzleramtes ausschalten und dort Personen ihres Vertrauens einsetzen, welche vor Ort ihre Interessen gegenüber der sich selbst verwaltenden Universität wahren sollten. Die zweite Universitätsordnung von 1561 verband das Kanzleramt (neben der Propstei der Stiftskirche) zudem mit dem ersten theologischen Ordinariat. Damit bildete sich ein für das Tübinger Kanzleramt prägendes Element heraus: Der Kanzler war landesherrlicher Gewährsmann an der Universität und gleichzeitig als Ordinarius Teil dieser Universität und seinen Standesgenossen verpflichtet. Daraus ergab sich unter anderem die paradoxe Situation, dass er im Rang unter dem Rektor stand und Teil des Senats war, diese aber zugleich beaufsichtigen sollte (Angerbauer 1972, S. 2f., S. 11f., S. 157).
Viele Rechte des Kanzlers verloren gegen Ende der Frühen Neuzeit an Bedeutung und das Kanzleramt wandelte sich zu einem Ehrenamt. So scheint die Erteilung der Venia, die seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Auftrag des Landesherren erteilt wurde, im 18. Jahrhundert nur noch eine Formsache gewesen zu sein (Angerbauer 1972, S. 149). Die aktive Interessenwahrnehmung für den Landesherren ging im 18. Jahrhundert ebenfalls zurück (Angerbauer 1972, S. 158).
Als mit den organischen Gesetzen 1811 die Selbstverwaltung der Universität aufgehoben wurde, schränkte das auch die bereits geschwundene Bedeutung des Kanzleramtes weiter ein. Seine landesherrliche Aufsichtsfunktion sowie der Vorsitz im Appelationsgericht gingen auf den Kurator über. Dem Kanzler verblieb formal nur noch das inzwischen wenig einflussreiche Recht zur Erteilung der Venia. Als 1817 der amtierende Kanzler Christian Schnurrer in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde und die Bestimmung eines direkten Nachfolgers unterblieb, hatte das Kanzleramt einen Tiefpunkt an Ansehen und Einfluss erreicht (Angerbauer 1972, S. 153-157).
1819 wurde mit der Bestellung von Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth zum Vizekanzler das Kanzleramt erneuert (zu Autenrieths Kanzlerschaft vgl. Stübler 1948, S. 57-75). Bereits 1817 war die Verbindung zwischen dem ersten theologischen Ordinariat und der Propstei der Stiftskirche einerseits und dem Kanzleramt andererseits abgeschafft worden, sodass jetzt erstmals ein Nichttheologe dieses Amt bekleiden konnte. Autenrieths Amtsbereich umfasste zunächst folgende Aufgaben: Immediatberichterstattung über die Professoren und ihren Einfluss auf die studentische Disziplin, Ausübung der Befugnisse des Kanzlers bei Promotionen und Prüfungen, Kontrolle der Immatrikulation von Ausländern, Sitz und Stimme in allen Gremien und Ausschüssen mit der Befugnis, die Einberufung des Senats zu verlangen und Senatsbeschlüsse zu sistieren (Erlass über den Wirkungskreis des Vizekanzlers, 25.6.1819). Noch im gleichen Jahr erfuhr das Kanzleramt eine beträchtliche Aufwertung: Der Vizekanzler wurde zum außerordentlichen Bevollmächtigten zur Überwachung des Vollzugs der Karlsbader Beschlüsse vom 20.9.1819 (Erlass über die Vollziehung des Bundestagsbeschlusses vom 20.9.1819, 26.11.1819) bestellt. Damit hatte er den Vollzug der Disziplinargesetze zu sichern und nahm in der Commission in Strafsachen und bei der Disziplinarkommission die Stelle des Vorstandes ein. Durch die württembergische Landesverfassung von 1819 war der Kanzler der Universität außerdem Mitglied der 2. Kammer der Landstände (§ 133).
Seinen kurzen Höhepunkt erreichte das Kanzleramt 1829, wohl nicht zuletzt durch das persönliche Engagement Autenrieths (Angerbauer 1969, S. 115f, Stübler 1948, S. 67-71). Mit dem "Organischen Statut" wurde der vom württembergischen König ernannte Kanzler "königlicher Commissär und Vorstand der Universität" (§ 2). Damit stieg er zum alleinigen Haupt der Universität auf und übernahm alle rektoramtlichen Kompetenzen, während das Amt des Rektors aufgehoben wurde. Diese Konstruktion scheint sich nicht bewährt zu haben, jedenfalls stieß sie auf scharfen Widerstand. Als es mit der Verordnung zur Revision des organischen Statuts vom 18.4.1831 zur Wiederherstellung des Rektoramtes kam, wurde diesem die Vorstandsfunktion der Universität übertragen. Der Kanzler blieb königlicher Kommissar. Nach § 5 der Verordnung hatte er insbesondere über der "Vollziehung der Gesetze und der Erhaltung des vorschriftsmäßigen Zustandes der Universität" zu wachen, für die Abstellung von Missständen zu sorgen und darüber dem Ministerium zu berichten. An Sitzungen der Fakultäten und Kommissionen durfte er ohne Stimmrecht teilnehmen, im Senat gab er dagegen als erster sein Votum ab.
Die Aufsichts- und Kontrollaufgaben des Kanzlers manifestierten sich in einem unter Kanzler Autenrieth halbjährlichen (Stübler 1948, S. 73f.), später jährlichen, ab 1844 schließlich alle zwei Jahre verfassten Bericht über den Zustand der Universität. Diese Praxis verfiel offenbar endgültig in den 1860er Jahren (UAT 119/12, Schreiben vom 13.5.1868). Dafür erlebten die Berichte und Stellungnahmen des Kanzlers zu allen möglichen Einzelfragen gegenüber dem Ministerium eine stetige Zunahme. Weitere Aufgaben kamen ihm bei der akademischen Preisverleihung, der Verwaltung der Fürstbischöflich-Speyer'schen Stiftung sowie bei Berufungsverhandlungen zu (vgl. UAT 119/23). Auch das alte Rechte der Erteilung der Venia bestand noch bis mindestens 1908.
Zwar kamen dem Kanzler nach den Buchstaben der Verfassung der Universität nur wenige eigene Entscheidungskompetenzen zu. In der Praxis war er dessen ungeachtet eine wichtige Person mit großem Einfluss auf die Entwicklung der Universität. Er profitierte dabei von seiner einzigartigen Vertrauensstellung gegenüber dem Ministerium, welches die Universität zuerst aus der Perspektive seiner Berichte sah. Das führte u.a. dazu, dass der Kanzler die Berufungsverhandlungen führte, obwohl diese Kompetenz nirgendwo schriftlich geregelt war (UAT 117/307, 9d, Anlagen zur Senatssitzung vom 8.2.1908). Zugleich wurden die Kanzler auf Lebenszeit ernannt, häuften also immer mehr Amtserfahrung an, während die Rektoren und Dekane jährlich wechselten. Schließlich war der Kanzler immer auch ordentlicher Professor, der selber lehrte und damit viele Sorgen und Nöte der Universität aus eigener Anschauung oder Gesprächen mit seinen Kollegen kannte. Damit sticht das Tübinger Kanzleramt unter den deutschen Universitäten mit seiner Doppelnatur des mit lokalen Verhältnissen vertrauten Regierungsvertreters und zugleich Universitätsprofessors mit direktem Draht zum Ministerium einzigartig hervor.
Diese mächtige Doppelnatur des Kanzlers war nicht spannungsfrei. Schon 1853 formierte sich Widerstand gegen eine Ausweitung seiner Kompetenzen (UAT 117/307, 5). Nach dem Tod Kanzler Schönbergs 1908 entlud sich die Unzufriedenheit in einem Senatsantrag, die kanzleramtlichen Kompetenzen an Rektor und Senat zu übertragen und das Kanzleramt nicht wieder zu besetzen. Seine Aufsichts- und Kontrollrechte wären in der Zeit einer selbstverwalteten Universität notwendig gewesen, inzwischen aber überflüssig, teilweise sogar schädlich. Kritisiert wurden konkret seine vermeintlich parteiischen Berufungsverhandlungen, seine "Freiheit der Debatten ... untergrabende" Gegenwart bei Fakultätssitzungen, potentielle Kompetenzkonflikte und die komplizierten Verfahrenswege (UAT 117/307, 9d, Anlagen zur Senatssitzung vom 8.2.1908). Die württembergische Regierung gab sich davon unbeeindruckt und bestellte Max von Rümelin zum nächsten Kanzler (UAT 307/9d; Paletschek, 2001, S. 183f.). Lediglich das Recht der Erteilung der Venia bei rite-Promotionen ging auf den Rektor über.
Auch die Universitätsverfassung von 1912 brachte für das Kanzleramt keine wesentlichen Änderungen. Der Kanzler war weiterhin Vertreter des Kultministeriums an der Universität und wurde vom Staatsministerium auf Vorschlag des Kultministeriums ernannt. Er hatte "mit dem Rektor und den Senaten die Interessen der Universität wahrzunehmen und für den ordnungsgemäßen Zustand der Universität zu sorgen." und war mit umfangreichen Informationsrechten über alle Belange der Universität ausgestattet. In den Senaten hatte er Stimmrecht, an Ausschuss- oder Fakultätssitzungen konnte er nur beratend ohne Stimmrecht teilnehmen.
Erst die nationalsozialistische Gleichschaltung 1933 bedeutete das Aus für das ältere Kanzleramt. Der neue württembergische Ministerpräsident und Kultminister Christian Mergenthaler signalisierte dem amtierenden Kanzler August Hegler, dass er an einer Zusammenarbeit mit ihm nicht interessiert wäre. Hegler trat darauf hin zurück und wurde zum 3.5.1933 des Kanzleramtes enthoben (UAT 117/3, Daniels / Michl 2010, S. 43f.). Ein Nachfolger wurde nicht mehr ernannt, zumal August Bebermayer als "Gleichschaltungskommissar" die Rolle des lokalen Regierungsvertreters für sich beanspruchte und dafür sogar Briefbögen des Kanzlers benutzte (Besenfelder 2002, S. 84). In der Verordnung des Kultministeriums über die Verfassung der Universität Tübingen vom 25.11.1933, welche die Verfassung von 1912 in entscheidenden Teilen änderte, wurde der Kanzler nicht mehr erwähnt. Vielmehr war jetzt der Rektor als "Führer der Universität" allein "für die gesamte Verwaltung der Universität dem Kultminister verantwortlich", was einer stillschweigenden Abschaffung des Kanzleramts gleichkommt.
Auch nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft wurde das Kanzleramt nicht wiederhergestellt, obwohl die Universität zunächst zur alten Verfassung von 1912 zurückkehrte. Das 1969 geschaffene Amt eines Universitätskanzlers als Leiters der Wirtschafts- und Personalverwaltung hat mit dem älteren Kanzleramt nur den Namen gemeinsam.
2. Bestandsgeschichte und Hinweise für die Benutzung
Der Bestand UAT 119 Älteres Kanzleramt enthält Archivgut des 19. und des 20. Jahrhunderts. Die Kanzler nutzten in dieser Zeit das Universitätssekretariat, wo nicht immer zwischen dem Schriftgut des Kanzleramts und des Rektoramts unterschieden wurde. 1829-1831 war so eine Trennung auch unmöglich, da der Kanzler die Aufgaben des kurzfristig abgeschafften Rektorats ganz offiziell wahrnahm. In dieser Zeit angefallene Akten bzw. Aktenserien verblieben 1831 nach der Wiedererrichtung des Rektoramtes in dessen Registratur und wurden unter Umständen weitergeführt (vgl. UAT 117/1903-1904 Hauptberichte über den Zustand der Universität, UAT 117/3a Protokolle von Disziplinarverhandlungen und UAT 117/1983 Ausschreitungen). Daher rühren die nicht unerheblichen Vermengungen zwischen diesen beiden Provenienzstellen. Insbesondere Kanzler Max von Rümelin (amtierte 1908-1931) vermischte zudem seine sonstigen Aufgaben, insbesondere an der Juristischen Fakultät und als Verwalter der Schott von Schottensteinschen Stiftung mit denen des Kanzleramtes. Dadurch gelangte Schriftgut dieser Provenienzen in den Bestand (vgl. UAT 119/69-70 und 392). Auch mit der Überlieferung der Disziplinarkommission (UAT 166), dessen Vorsitz der Kanzler 1819-1831 innehatte, bestehen unauflösbare Vermischungen.
Wegen dieser Vermischungen, die sich archivseitig unter vertretbarem Aufwand nicht auflösen lassen, sollten bei Recherchen im Bestand UAT 119 Kanzleramt auch der parallele Bestand UAT 117 Akademisches Rektoramt sowie eventuell die "Heimatfakultät" oder ein persönlicher Nachlass (sofern vorhanden) der jeweiligen Kanzler herangezogen werden. Akten, welche im Bestand UAT 119 solche beschriebenen Provenienzvermischungen aufweisen, wurden mit der Bemerkung "Mischprovenienz" und der Bezeichnung der auftretenden Provenienzstellen verzeichnet. Weitere Akten des Kanzleramtes aus den Jahren 1492, 1534-1721 und 1778-1816 sind im Bestand "Ältere vermischte Sachakten" überliefert (UAT 5/11f., UAT 5/18, UAT 6/6, UAT 23/22a, UAT 44/14a und UAT 44/175a,b).
Auf Max von Rümelin (bzw. auf die allgemeinen Tendenzen der Schriftgutverwaltung, die sogenannte "Büroreform") gehen auch die unsystematischen Sammelakten ab den späten 1900ern zurück, welche oft nur noch entfernt miteinander in Zusammenhang stehende Schriftstücke beinhalten. Es kommt vor, dass sich zusammengehörige Schriftstücke eines Verwaltungsvorganges in verschiedenen Akten finden. Einige Schriftstücke wurden völlig willkürlich abgelegt. Insbesondere Rümelins Konzepte sind durch seine winzige Schrift nicht nur schwer lesbar, sondern tauchen an den unwahrscheinlichsten Stellen auf. Bisweilen wurden auch Akten, die seit Jahrzehnten keinen Zuwachs mehr erfahren hatten, erneut geöffnet, um sie unter veränderten Sachbetreffen weiterzuführen. Darum sollten bei Recherchen auch solche Akten in Betracht gezogen werden, deren Verzeichnungsangaben lediglich eine inhaltliche Nähe zu den gesuchten Unterlagen vermuten lassen. Wohl zu allen Zeiten erledigten die Kanzler manche Amtsgeschäfte mündlich oder mit Privatschreiben. Das bewirkte weitere Lücken in der Überlieferung (vgl. Konzeptschreiben Kanzler Schönbergs vom 15.3.1900, UAT 119/56).
Mit dem Ende des älteren Kanzleramts ging die Registratur in die Obhut des Rektoramts über. In einigen wenigen Fällen erhielt sie dort noch Zuwachs der Provenienz Rektoramt, welcher aber bei der archivischen Erschließung abgetrennt wurde (siehe unten). Bis 1965 wurde die Registratur des Kanzlers schließlich an die Universitätsbibliothek abgegeben.
Überlieferungsschwerpunkt des Bestandes UAT 119 bilden die Lehrstuhl- und Personalakten. Diese beinhalten v.a. Schriftgut zur Auswahl und Berufung neuer Professoren, seltener auch andere Angelegenheiten, wie Bleibeverhandlungen, Gehalts- und Rangerhöhungen oder Disziplinaruntersuchungen. Bei der Berufung spielte der Kanzler oft eine Schlüsselrolle, da er (neben anderen) Urteile über Kandidaten einholte, Empfehlungen gegenüber dem Ministerium abgab und schließlich direkt mit den Kandidaten verhandelte. Die kanzleramtlichen Lehrstuhlakten werden ab 1907 schleichend, endgültig 1933 von den Lehrstuhlakten der zentralen Verwaltung (UAT 205) abgelöst. Neben diesen "eigentlichen" Lehrstuhlakten existiert noch eine größere Anzahl unechter Personalakten im Bestand, oft nur lose, möglicherweise bei der Ersterschließung 1965ff gebildete Sammlungen von Schriftgut zu einem bestimmten Dozenten. Ebenfalls nennenswert sind die Überlieferung zur Vergabe akademischer Preise und die Verzeichnisse der Angehörigen der studentischen Verbindungen und Korporationen. Daneben spiegelt sich durch die umfassenden Berichts- und Informationspflichten des Kanzlers ein wesentlicher Teil der allgemeinen Universitätsentwicklung, ihrer Fakultäten, Institute und Kliniken im Bestand wieder. Es finden sich zudem viele Schreiben von / an Rektor und Senat in Abschriften bzw. Kopien.
Der Bestand UAT 119 Älteres Kanzleramt mit einem Umfang von 3,1 lfm und 390 Signaturen hat eine Laufzeit von 1806-1933 und ist abschließend bearbeitet. Er unterliegt keinerlei archivischen Sperrfristen.
3. Archivische Bearbeitung
Der Bestand wurde 1965 von Hilfskräften mit einer Kartei provisorisch erschlossen, welche Volker Schäfer 1979 in ein Findbuch überführte. Dabei wurde die Gliederung des alten Repertoriums aus dem Jahre 1908 (vgl. UAT 120/233-234) beibehalten. Ein nicht mehr bestimmbarer Teil der jetzigen Archivalieneinheiten wurde bei der Erstbearbeitung im Archiv 1965ff aus lose aufgefundenem Schriftgut gebildet bzw. einzelne Blätter und Vorgänge wurden bereits bestehenden Akten hinzugefügt. Dabei wurden auf bereits in der Registratur des Kanzleramts verwendeten Aktendeckeln nachträgliche Ergänzungen (Kugelschreiber, Filzstift) in Form von zusätzlichen Inhalts- und Laufzeitangaben vorgenommen.
2016f unterzog Stefan Fink den Bestand einer Revision und Neuverzeichnung. Dabei wurde die bestehende Erschließung korrigiert und vertieft, unverzeichnete Archivalien nacherschlossen, provenienzfremde Archivalien den korrekten Beständen zugewiesen, die Klassifikation überarbeitet und eine neue Einleitung zum Findbuch verfasst. In Fällen miteinander vermischter Lehrstuhlakten wurde unter bewusster Außerkraftsetzung des strengen Registraturprinzips korrigierend in die Archivalienordnung eingegriffen. Dies betraf auch einzelne Schriftstücke in anderen Archivalien, die ganz offensichtlich falsch abgelegt waren.
Wiesen Archivalien noch nennenswerte Bestandteile der Provenienz Rektoramt ab 1933 auf, wurden diese abgetrennt und als neue, eigenständige Archivalien dem Bestand UAT 117 zugewiesen. Bereits vor 2016 wurden bei fallweisen Provenienzbereinigungen einzelne Archivalien des Bestandes UAT 119 anderen Beständen zugeordnet. 2016f wurden alle verbleibenden provenienzfremden Archivalien aus dem Bestand ausgegliedert. Gleichzeitig fielen zwei Archivalien ganz weg, da sie über keinen Inhalt verfügten. Ein Archivale wurde kassiert. Damit sind folgende alte Signaturen des Bestands UAT 119 inzwischen ungültig:
Alte Signatur Neue Signatur bzw. sonstiger Verbleib
UAT 119/19 UAT 117/1324
UAT 119/20 UAT 117/1325
UAT 119/21 UAT 117/1326
UAT 119/25 UAT 117/2013 (nur Archivalienteile der Provenienz Rektoramt nach Mai 1933)
UAT 119/60a UAT 126/285 (bei früheren archivischen Ordnungsarbeiten irrtümlich dort entnommen)
UAT 119/61 entfällt (leeres Archivale)
UAT 119/62 UAT 117/2015-2017
UAT 119/71 UAT 132/A 16 1896
UAT 119/102 UAT 205/133 (nur Archivalienteile der Provenienz Rektoramt nach Mai 1933)
UAT 119/103 UAT 205/132 (nur Archivalienteile der Provenienz Rektoramt nach Mai 1933)
UAT 119/107 UAT 205/132
UAT 119/267 UAT 117/2018
UAT 119/268 UAT 189/433, UAT 189/457, UAT 189/2581
UAT 119/271 UAT 117/2008
UAT 119/279 UAT 117/2007
UAT 119/305 UAT 117/2011 (nur Archivalienteile der Provenienz Rektoramt nach Mai 1933)
UAT 119/308 UAT 117/2014
UAT 119/323 UAT 117/2009
UAT 119/324 UAT 117/2010 (nur Archivalienteile der Provenienz Rektoramt nach Mai 1933)
UAT 119/329 UAT 117/2012
UAT 119/330 Provenienz Rektoramt, in UAT 117 bereits vorhanden (UAT 117/1712) und als Doublette kassiert
UAT 119/355 entfällt (leeres Archivale)
Durch die beschriebenen Ordnungsmaßnahmen wurden die 1965ff nachträglich mit Filzstift und Kugelschreiber angebrachten Verzeichnungsangaben auf den Aktendeckeln in vielen Fällen wieder obsolet. Gültig sind allein die Angaben im vorliegenden Findbuch.
Der größte Teil der ab etwa 1900 zunehmend verworren werdenden Aktenführung des Kanzleramtes wurde jedoch in seinem Ursprungszustand belassen und lediglich mittels detaillierter Verzeichnungsangaben kompensiert. Allerdings entzogen sich viele Konzepte von Max von Rümelin selbst einer inhaltlichen Erschließung und wurden nur als "Konzepte" und "vermischte Notizen" verzeichnet. Leider kann nach den Erfahrungen bei der Erschließung nicht davon ausgegangen werden, das Rümelin seine Konzepte immer in den passenden Akten abgelegt hat.
Besonderes Augenmerk wurde auf die Erschließung der Lehrstuhlakten gelegt. Die Inhaber der Lehrstühle wurden namentlich aufgenommen, jedoch nur, wenn sich tatsächlich sie betreffendes Schriftgut in der Akte fand. Gescheiterte Berufungen wurden nur dann mit dem Namen des Kandidaten verzeichnet, wenn sich dazu nennenswerter Schriftwechsel, idR. auch eigene Schreiben des Kandidaten erhalten hat. Manche Lehrstuhlakten brechen mit der Beurteilung von Kandidaten ab, ohne dass bereits eine definitive Berufung erkennbar wird. In diesem Fall wurde der Name des letztlich Berufenen, in Ausnahmefällen auch weiterer Kandidaten (sofern sie für die Universitätsgeschichte von Bedeutung sind) verzeichnet. Alle anderen bei Berufungen als Kandidaten gehandelte Personen wurden nicht verzeichnet.
Die auf dem Repertorium von 1908 basierende Klassifikation wurde zu Gunsten einer auf den Aufgaben des älteren Kanzleramts basierenden abstrakt-systematischen Klassifikation aufgegeben.
Bei Bedarf wurden Archivalien technisch bearbeitet (Neuverpackung und Entmetallisierung).
Tübingen, im März 2017
Stefan Fink
Die Inhaber des älteren Kanzleramts 1806-1933
1806-1817 Christian Friedrich Schnurrer (1742-1822)
1817-1819 unbesetzt
1819-1835 Johann Heinrich Ferdinand Autenrieth (1772-1835)
1835-1851 Karl Georg Wächter (1797-1880)
1851-1862 Karl Friedrich Gerber (1823-1891)
1862-1864 unbesetzt
1864-1870 Theodor Geßler (1823-1886)
1870-1889 Gustav von Rümelin (1815-1889)
1889-1899 Karl Heinrich von Weizsäcker (1822-1899)
1900-1908 Gustav von Schönberg (1839-1908)
1908-1931 Max von Rümelin (1861-1931)
1931-1933 August Hegler (1873-1937)
Literaturhinweise
Angerbauer, Wolfram: Das Kanzleramt an der Universität Tübingen, in: Attempto 33/34, 1969, S. 105-119.
Angerbauer, Wolfram: Das Kanzleramt an der Universität Tübingen und seine Inhaber 1590-1817, Tübingen, 1972.
Besenfelder, Sabine: "Staatsnotwendige Wissenschaft". Die Tübinger Volkskunde in den 1930er und 1940er Jahren, Tübingen, 2002.
Daniels, Mario / Michl, Susanne: Strukturwandel unter ideologischen Vorzeichen. Wissenschafts- und Personalpolitik an der Universität Tübingen 1933-1945, in: Kollektiv: Die Universität Tübingen im Nationalsozialismus, S. 13-73, Tübingen, 2010.
Paletschek, Sylvia: Die Macht des Kanzlers, Konflikte um das Kanzleramt und der mißlungene Versuch der Abschaffung, in: Dieselbe: Die permanente Erfindung einer Tradition. Die Universität Tübingen im Kaiserreich und in der Weimarer Republik, S. 179-188, Stuttgart, 2001.
Stübler, Eberhard: Johann Heinrich Ferdinand v. Autenrieth 1772-1835. Professor der Medizin und Kanzler der Universität Tübingen, Stuttgart, 1948.

Bestandssignatur
UAT 119/
Umfang
3,10 lfm

Kontext
Universitätsarchiv Tübingen (Archivtektonik) >> B Akademische Zentralorgane >> Ba Leitungs- und Aufsichtsorgane >> Ba 2 Aufsichtsorgane >> Älteres Kanzleramt (1477-1933)

Bestandslaufzeit
1806-1933

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Letzte Aktualisierung
02.07.2025, 11:32 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1806-1933

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