Tektonik
Akademisches Konsistorium (1477-1806)
Tektonikbeschreibung: Die akademische Gerichtsbarkeit war das bedeutendste der bei der Gründung verliehenen Privilegien und bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts lag die Rechtsprechung für die wichtigsten Angelegenheiten der Universitätsbürger bei den akademischen Gerichten. Zu den Universitätsbürgern zählten neben den Studenten, den Professoren und ihren Angehörigen auch sämtliche bei der Universität angestellten Personen, dazu bis 1806 auch Buchdrucker, -händler und -binder (Reyscher 78, S. 508). Für die streitige bürgerliche Rechtspflege war das Akademische Konsistorium zuständig, Erbschafts- und Liegenschaftsangelegenheiten ausgenommen. Richter und damit Vorsitzender war der Rektor, Beisitzer der Prorektor und die vier Dekane. Als Gerichtsschreiber und -diener fungierten Universitätssekretär und Pedell. Neben der Zuständigkeit in zivilrechtlichen Angelegenheiten hatte die Universität auch das Recht, peinliche Prozesse zu führen und dabei auch Leibes- und Lebensstrafen zu verhängen. Hierzu wurde aus Mitgliedern des Senats ein Kriminalkollegium unter Vorsitz des Rektors gebildet, sofern der Senat die Eröffnung eines peinlichen Verfahrens beschloss. In der Praxis waren Kriminalprozesse selten, vor allem deshalb, weil studentische Vergehen in aller Regel nur disziplinarisch verfolgt wurden. Ein bestimmtes Verfahren war dafür nicht vorgeschrieben, so dass damit sowohl der Rektor allein, das Collegium decanorum oder der Senat damit befasst wurden (vgl. Thümmel, S. 387).
1807 wurde die Zuständigkeit der akademischen Gerichte, soweit es die Studenten anging, auf in Tübingen begangene Handlungen beschränkt (Reyscher 82, S. 512). Das Schuldenwesen der Studierenden sowie die Bestrafung geringerer Disziplinarverfehlungen ging 1811 an den Kurator über (Reyscher 102, S. 542), 1850 an den städitischen Polizeiamtmann (TC, 24.4.1850).
Aktenführung, Überlieferung: Untersuchung und Bestrafung disziplinarischer Vergehen gehörten zu den wensentlichen Verhandlungsgegenständen des Akademischen Senats und sind in dessen Protokollen breit dokumentiert.
Provenienzbestände im Universitätsarchiv:
UAT 33 Akademisches Konsistorium (II) 1589-1802
UAT 37 Akademisches Konsistorium (II) 1607-1652
UAT 38 Akademisches Konsistorium (II) 1485-1802
Sonstige Überlieferung im Universitätsarchiv (Auswahl):
UAT 2 Akademischer Senat (I): Protokolle: Beigebundene Konsistorialakten (hier: UAT 2/1a, Bl. 162-221: 1 Nr., 1524-1537)
UAT 4 Akademischer Senat (I) (hier: UAT 4/15-18 Protokolle 1523-1607; UAT 4/12-14 Prozessakten, 1490-1581)
UAT 5 Ältere Universitätsregistratur, Vermischte Sachakten (I) (hier: UAT 5/1-3 Protokolle, 1607-1655)
- Kontext
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Universitätsarchiv Tübingen (Archivtektonik) >> B Akademische Zentralorgane >> Bd Gerichts- und Disziplinarorgane >> Bd 1 Konsistorium und Kanzler-Appelationsgericht
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- Letzte Aktualisierung
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14.06.2024, 18:24 MESZ
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Eberhard Karls Universität Tübingen, UB - Universitätsarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.