Akten

Julius Fehres an Karl Weltzien

Enthält: (1r) Fehres schreibt auf Wunsch Weltziens. Vor Fehres' Abreise reiste Weltzien zur Kur ("ins Bad"). Fehres wünscht, dass dies zur Wiederherstellung der Gesundheit verhalf. Fehres wartet auf das Erscheinen von Weltziens Arbeit über die "Einwirkung von HS, K oder Na bei Gegenwart von CS[tief]2" in den Annalen der Chemie und Pharmacie. Er ist auch deshalb neugierig, weil er an dieser Arbeit mitgewirkt hat. Fehres erfuhr von einer starken Zunahme der Studierenden an der Polytechnischen Schule Karlsruhe und vermutet einen proportionalen Anstieg der Zahl der Praktikanten in Weltziens Labor (1v) wie auch beim Besuch der Weltzienschen Vorlesung. Fehres gefällt es im Harz, wo seit dem 22. November Schnee liegt, noch "ganz gut". Auf Rat Weltziens zog Fehres die "Bergschule" (Clausthal) der Universität Freiburg (im Breisgau) vor. Er freut sich über diese Entscheidung und dankt Weltzien für den Rat. Fehres dankt für Weltziens Empfehlung an Professor (Johann August) Streng, der ihn mit den "Koryphäen" der Anstalt bekannt machte. Fehres äußert sich positiv über Streng sowie den Direktor der Bergschule Bergrat (Friedrich Adolph) Römer sowie Prof. (Bruno) Kerl. Die Genannten haben in der Chemie einen Ruf. Auch die übrigen Dozenten erscheinen als "tüchtige" Kräfte. (2r) Wie die Polytechnische Schule Karlsruhe ist auch die Bergschule nur dem Namen nach eine Schule, in Wirklichkeit aber eine "höhere Lehranstalt". Die andernorts geläufige Einteilung in Fachschulen oder in einen Berg- und einen Hüttenkurs gibt es hier nicht. Es gibt eine vollständig freie Wahl der Lehrveranstaltungen, die Schüler genießen also gleiche Freiheit wie die Studenten einer Universität. Die Lehrveranstaltungen ("Collegien") werden jedoch nicht wie an den Universitäten einzeln, sondern insgesamt und jeweils für ein ganzes Jahr bezahlt. Die Veranstaltungen laufen durch ein ganzes Jahr, nicht nur über ein Semester. Die Jahresgebühr beträgt 36 tl. Für Neueintretende unangenehm ist der Umstand, dass alle Veranstaltungen zweistündig sind, woran man sich aber schnell gewöhnt. Die Schule verfügt über "ganz bedeutende" Sammlungen, die von allen Schülern benutzt werden können. Dazu gehört auch die Bibliothek, die nur aus "Fachwerken" besteht. Fehres charakterisiert die Bibliothek deshalb "als etwas einseitiger". (2v) Das Mineralienkabinett ist sehr reichhaltig und jeden Sonntag von 11 bis 12 Uhr geöffnet. Ferner gibt es die "Geognostische und Versteinerungs-Sammlung", die Sammlung "von Gangstücken und Aufbereitungsprodukten", die Modellsammlung mit berg- und hüttentechnischen Maschinen, Öfen und Gerät sowie ein "physikalisches Cabinet" und eine Sammlung von Hüttenprodukten und chemischen Präparaten. Das Clausthaler Chemische Laboratorium wurde "in einem alten Hause nach und nach eingerichtet" und ist daher viel weniger geeignet als der Karlsruher Zweckbau. Den Wert des "Leuchtgases" für ein chemisches Labor lernt man erst schätzen, (3r) wenn man mit Kohlenfeuer und Spiritus heizen muss. Im Clausthaler Labor arbeiten 30 Praktikanten, mehr haben dort keinen Platz. Die Gesamtzahl der "Bergschüler" beläuft sich auf 50 bis 60. Für die Benutzung des Labors ist ein jährliches Honorar von 5 tl zu entrichten. Dafür erhalten die Praktikanten alle Reagenzien, Lampe, Wasserbad und anderes Gerät. Glas- und Porzellangerät müssen sie selbst stellen. Zu den Glasgeräten gehören auch die zur Maßanalyse nötigen wie Bürette, Pipette, Mischzylinder und anderes. Die quantitativen Arbeiten können täglich von 8 bis 12 Uhr und von 1 Uhr bis zum Eintritt der Dunkelheit erfolgen, die qualitativen nur am Sonnabendnachmittag von 1 Uhr bis zum Abend. Fehres hat sich vorgenommen, zwei Jahre in Clausthal zu studieren und im laufenden Jahr folgende Lehrveranstaltungen besuchen: 1) Allgemeine Hüttenkunde bei Professor Kerl, 2) Bergbaukunst I. Teil beim Geschworenen (Friedrich Wilhelm) Wimmer (3v), 3) Maschinenkunde bei Professor Streng, 4) Bergmaschinenwesen bei (Adolf) Hörmann, 5) Lötrohrprobierkunst und Probierkunst bei Professor Kerl, 6) Geodäsie und Höhere Mathematik bei (Johann Carl) Prediger. Im nächsten Jahr will Fehres die restlichen zum Studium des Berg- und Hüttenwesens gehörigen Lehrveranstaltungen absolvieren und am Schluss des Jahres das für "Ausländer" eingerichtete "Ingenieur-Examen" ablegen. Fehres hat Umgang mit Dr. Bender, einem früheren Schüler von Weltzien und jetzt Assistent bei Streng. Bender gefällt es in Clausthal "im Ganzen auch ganz gut", doch würde er gerne auf eine Stellung in seiner süddeutschen Heimat wechseln, auch weil er materiell nicht besonders gut gestellt ist. Bender lässt Weltzien grüßen. Die Bewohner des Harzes sind im Allgemeinen "fidele, muntere und gastfreundliche Leute". Das hier gepflegte "Familienleben" ersetzt den Studierenden (4r) Vorzüge großer Städte.

Archivaliensignatur
KIT-Archiv, 27072/126
Umfang
4 Blatt

Bestand
27072 Nachlass Karl Weltzien
Kontext
27072 Nachlass Karl Weltzien >> 1 Korrespondenzstücke in der alphabetischen Folge der Absender >> 1.38 Fehres, Julius

Indexbegriff Ort
Clausthal (Ortsteil von Clausthal-Zellerfeld)/DE

Laufzeit
1862 November 23, Clausthal

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Letzte Aktualisierung
21.11.2023, 11:50 MEZ

Objekttyp


  • Akten

Entstanden


  • 1862 November 23, Clausthal

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