Handschriften

Karl Birnbaum an Karl Weltzien

Enthält: (1r) Birnbaum erhielt am Abend des 9. Januar den Brief Weltziens vom vergangenen Montag. Birnbaum berichtet über den von Weltzien gewünschten Versuch mit Kaliumpermanganat. Bei der Reaktion von Kaliumpermanganat mit konzentrierter Schwefelsäure entwickeln sich "violette Dämpfe von vielleicht Permanganatsäuren". Bei der Durchführung derselben Reaktion im Eiswasserbad bildet sich eine dunkelgrüne Lösung, die keine Schwefelsäuredämpfe freisetzt. Diese Lösung wurde acht Stunden bei Zimmertemperatur gehalten: brauner Farbumschlag der Lösung, dann tiefviolett unter Abscheidung eines grünen Fällungsprodukts. Nachfolgend sechsstündiges Erhitzen ohne Veränderungen, dann Untersuchung der Produkte. Die Farbe der Flüssigkeit deutet auf "Manganoid". Die Anwesenheit von "Permangansäure" wird aufgrund des verwendeten Überschusses an Schwefelsäure und des langen Erhitzens ausgeschlossen, "da sich Sauerstoff in reichlicher Menge mit starkem Ozongeruch entwickelt hatte". (1v) Bei Zugabe von einigen Tropfen schwefliger Säure verschwindet die violette Färbung, was ein Hinweis auf eine höhere Oxidationsstufe des Mangans ist. Ausfällversuch des gelösten Mangans mittels Ätznatron. Bestimmung der Oxidationsstufe des Mangans in Lösung anhand der Farbe des Niederschlags. Bei Zugabe von verdünnter Schwefelsäure wird die tiefviolette Lösung hellrot; bei anschließender Zugabe von "Natron" fällt ein weißer Niederschlag ("Manganürhydrat") aus, der sich an Luft braun färbt. Der grüne Niederschlag ist "Carius' Manganoidsulfat", das beim Schütteln mit Wasser braun und voluminöser wird. Überstehende Lösung wird hellrot und ist eine Lösung von "Manganürsulfat", da eine Ausfällung von "weiße[m] Niederschlag mit Oxydation" erfolgt. Ein Vergleich der Resultate mit den Beobachtungen Carius' bei der Darstellung von "Manganoidsulfat" legt den Schluss nahe, dass sich bei der Einwirkung von konzentrierter Schwefelsäure auf Kaliumpermanganat "Manganoidsulfat" bildete. "Manganoidsulfat" ist teilweise in konzentrierter Schwefelsäure mit tiefvioletter Farbe löslich. Bei Zugabe von Wasser wird sowohl die Lösung als auch das gefällte grüne "Manganoidsulfat" zu "Manganürsalzen". Es kommt zur Freisetzung von Sauerstoff bei Reaktion mit Wasser sowie bei der Bildung des grünen Fällungsprodukts. Carius' Aufsatz "Zur Kenntniss der Manganoxydsalze" findet sich in den Annalen der Chemie und Pharmacie, Band 98, S. 53 [= 1 (98) 1856, S. 53-66]. Laborbericht: Am Montagmorgen kamen "einige fleißige Kandidaten", am Tag des Briefs und am Vortag (2r) teilweise über 30 Kandidaten. Die Zahl der Kandidaten stieg von "einigen fleißige[n]" am Montagmorgen im Lauf der nachfolgenden Tage auf "über 30" an. Die große Anzahl resultiert aus den wegen Weltziens Abwesenheit ausfallenden Lehrveranstaltungen sowie den ausfallenden Vorlesungen (Gustav Heinrich) Wiedemanns, der "noch immer nicht hergestellt" ist. Die Praktika gehen weiter. Mühlhäuser verwendete "das letzte Eis", um "konzentriertes Wasserstoffperoxyd" herzustellen. In zwei Zylindern wirkt Wasserstoffperoxid auf "blankes Silber" ein. Darauf erfolgt eine langsame, aber stetige Entwicklung von Sauerstoff. Mühlhäuser führt Kristallisationen in größerem Maßstab durch, sodass Weltzien bei seiner Rückkehr die Präparate zur Verfügung stehen. "Manganürcarbonat" ist fast fertig. Birnbaum bezieht sich auf seinen Brief vom Sonntag und den beschriebenen Versuch zur Reaktion von "Amylen und Platinchlorür". Die Reaktion von "Amylen" und "Platinchlorürlösung" ist nur erfolgreich, wenn zuvor "Platinchlorür" in Salzsäure aufgelöst wurde. Die Kristalle wurden analysiert und als "Kaliumplatinchlorür" identifiziert. Angabe des Platin-Chlor-Verhältnisses im Vergleich zu jenem vom "PtK2Cl6". "Platinchlorür" ist in der Lösung nicht mehr nachweisbar, denn "alles" ist zu "Chlorid" geworden. Birnbaum erklärt die Beobachtung als Zersetzung der Salzsäure in Chlor und Wasserstoff. Wohin der Wasserstoff entwich, ist ihm unklar. Er vermutet die Bildung von "Amyl" nach der angegebenen Reaktionsgleichung. (2v) Birnbaum bedankt sich für Weltziens Interesse am Verlauf der Heimreise von Cannstatt. Der Karlsruher Zug war in Mühlacker sowie die Wohnung in Karlsruhe aufgrund spiegelglatter Wege nur unter größter Vorsicht zu erreichen. Die Laboratoriumsmitarbeiter, insbesondere Mühlhäuser, freuen sich auf Weltziens Rückkehr.

Reference number
27072/21
Extent
2 Blatt

Context
27072 Nachlass Karl Weltzien >> 1 Korrespondenzstücke in der alphabetischen Folge der Absender >> 1.10 Birnbaum, Karl (*1839, +1887)
Holding
27072 Nachlass Karl Weltzien

Indexentry place
Bad Cannstatt (Cannstatt)/DE
Cannstatt (Bad Cannstatt)/DE
Karlsruhe/DE
Mühlacker/DE

Date of creation
1867 Januar 10, Karlsruhe

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Last update
07.03.2025, 9:23 AM CET

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Object type

  • Handschriften

Time of origin

  • 1867 Januar 10, Karlsruhe

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