grafische Künste

Chinesisches Porzellan

Nichts an diesem seltsamen Bild will sich so recht zusammenbringen lassen. Man sieht pflanzenartig aus dem Boden wachsende Gefäße, darüber zwei Geschöpfe mit breiten Mündern, dazwischen wirre Kreuz- und Kreisformen. Stückweise lassen sich aber Fragmente identifizieren: die Kreuze als christliche Symbole, die Kreise als Hostien, die Gefäße als liturgisches Gerät (Kelch, Ziborium, Monstranz), die Mütze des Mundgeschöpfes als Birett. In der Summe ergibt sich eine scharfzüngige Darstellung des gottesdienstlichen Rituals der Eucharistie, in dem Brot und Wein zu Leib und Blut Christi gewandelt werden. Die aggressiv roten Farbschlieren visualisieren dabei den Ausspruch Jesu beim letzten Abendmahl: „Das ist mein Blut.“ Am Rand des Bildes steht ein Mann, der an einen jungen Priester in zu großer Kutte erinnert. Er wirkt überrumpelt davon, dass die beiden Flugwesen ihn in eine Formation einbinden, die sich als Parodie der dreifaltigen Einheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist präsentiert. Das Wesen in der Mitte ähnelt einer Heilig-Geist-Taube, der statt Flügeln obszön gespreizte Beine gewachsen sind. Der so zur Vulva mutierte Mund assoziiert sexuelle Fantasien. Die Fleischlichkeit steht im harten Gegensatz zur Spiritualität der Szene, und so scheint auch der Titel „Chinesisches Porzellan“ lediglich einer Profanierung der Szene zu dienen – denn sakrale Gefäße sind meist aus Edelmetallen gefertigt, während Porzellan in die Sphäre des sonntäglichen Hausgebrauchs gehört. | Christina Thomson

Fotograf*in: Jens Ziehe

Public Domain Mark 1.0 Universell

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Standort
Museum Berggruen, Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
NG MB 126/2000
Maße
Rahmenmaß: 39 x 46,5 x 8 cm
Höhe x Breite: 28,6 x 36,8 cm
Material/Technik
Aquarell, Gouache und Tuschfeder auf Gipsplatte mit kaschiertem Holzrahmen

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
2000 Ankauf von Heinz Berggruen mit Unterstützung der Bundesregierung und des Landes Berlin
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wo)
Weimar
(wann)
1923

Letzte Aktualisierung
08.05.2023, 07:20 MESZ

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Objekttyp

  • grafische Künste

Beteiligte

Entstanden

  • 1923

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