Bestand

Feldartillerie-Regiment 76 (Bestand)

Inhalt und Bewertung

Es handelt sich um die Akten des 5. Badischen Feldartillerie-Regiments Nr. 76 sowie der Ersatz-Abteilung.
Das Regiment wurde am 1. Oktober 1899 neu aufgestellt. Bei Kriegsausbruch
gehörte es zur 29. Feldartillerie-Brigade (29. Infanterie-Division).
Bei Kriegsbeginn wurden für die Ausbildung des Ersatzes, für die Neuaufstellung von Kriegsformationen sowie die Sicherstellung des Nachschubes 100 Ersatz-Abteilungen gebildet. Die am 1. Mobilmachungstag aufgestellte I. Ersatz-Abteilung wurde unmittelbar nach Kriegsbeginn mobil gemacht. Sie bildete Ende April 1916 die I. Abteilung des Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 28. Nach Mobilmachung der I. Ersatz-Abteilung bildete sich in Freiburg die II. Ersatz-Abteilung.
Inhaltlich besteht der Bestand vor allem aus der Überlieferung der allgemeinen internen Verwaltung eines Feldartillerie-Regiments, seinen Gefechten und Bewegungen und der Gewährleistung der permanenten Kampfbereitschaft. Besonders nennenswert sind die Aktengruppen über die Freiwilligen-Formationen, die Demobilmachung, die Kapitulationsverhandlungen, die Gefechtsberichte, die militärischen Operationen, die militärischen Verluste, die Kriegstagebücher und die militärischen Befehle.

Inhalt des Bestands und Benutzungshinweise: Bestand 456 F 90 enthält die Überlieferung des 5. Badischen Feldartillerie-Regiments Nr. 76, der dem Regiment zugeordneten Ersatz-Abteilung sowie der nach dem Ersten Weltkrieg zur Demobilmachung des Verbands eingerichteten Abwicklungsstelle. Er umfasst eine Laufzeit von 1903 bis 1920. Den Großteil des Bestands bildet die umfangreiche Aktenüberlieferung der Regiments- und Abteilungsstäbe aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Neben den Kriegstagebüchern sind Unterlagen zum Dienstbetrieb an der Front sowie Gefechtsakten vorhanden. Umfangreiches Kartenmaterial und Luftbildaufnahmen zur taktischen Situation ergänzen das Schriftgut. Einige Faszikel bieten Einblick in die Vorbereitung und Durchführung konkreter Operationen (vgl. etwa 456 F 90 Nr. 137). Das 5. Badische Feldartillerie-Regiment Nr. 76 wurde Anfang Oktober 1899 bestehend aus Regimentsstab und zwei Abteilungsstäben mit je drei Batterien sowie einer Leichten Munitions-Kolonne bei jeder Abteilung aufgestellt. Der I. Abteilung war die Gebirgsartillerie-Abteilung Nr. 2 zugewiesen. Neu gebildet wurde lediglich die 6. Batterie, die übrigen fünf Batterien waren zuvor aus anderen Regimentern ausgegliedert und im 5. Badischen Feldartillerie-Regiment zusammengeführt worden. Innerhalb der 29. Division war der Verband der 29. Feldartillerie-Brigade unterstellt. Stationierungsort war Freiburg. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde das Regiment mobil gemacht. Zur Ausbildung des Ersatzes, der Sicherstellung des Nachschubs und für die Neuaufstellung von Formationen wurden Ersatz-Abteilungen gebildet. Die am 1. Mobilmachungstag neu aufgestellte I. Ersatz-Abteilung wurde noch im September 1914 ausgegliedert und rückte ins Feld. Im April 1916 entstand aus ihr die I. Abteilung des Reserve-Feldartillerie-Regiments Nr. 28 (die Überlieferung dieses Verbands befindet sich in Bestand 456 F 93). Eine II. Ersatz-Abteilung für das Feldartillerie-Regiment Nr. 76 wurde 1914 in Freiburg stationiert. Im August 1914 war das Regiment zunächst bei Mülhausen im Elsass eingesetzt, ehe im Großverband der 29. Division die Verlegung nach Lothringen und in den folgenden Wochen die Teilnahme an den Kämpfen bei Nancy sowie bei Flirey folgte. Immer wieder waren die Abteilungen oder einzelne Batterien kurzzeitig unterschiedlichen Verbänden zugeordnet und rückten bis Thiaucourt-Regniéville westlich der Linie zwischen Metz und Nancy vor. Anfang Oktober wurde das Regiment im Verband der 57. Infanterie-Brigade nach Nordfrankreich transportiert und erhielt zunächst einen Frontabschnitt nordöstlich von Lens zugewiesen. Bei den anschließenden Kämpfen erlitt die II. Abteilung erhebliche Verluste. Ende des Monats ging der Verband bei La Bassée zwischen Lille und Lens in den Stellungskrieg über. Mit Beginn dieser Kriegsphase sahen sich die Einheiten vor neue taktische Anforderungen gestellt. Die einzelnen Batterien waren nun vorrangig mit der Beschießung gegnerischer und der Deckung eigener Stellungen befasst. Darüber hinaus war die Formation für den Ausbau und die Instandsetzung der Artillerieunterstände und Geschützstellungen verantwortlich. Im Mai 1915 war der Verband an den heftigen Kämpfen um die Lorettohöhe und der Abwehr französischer Offensivbemühungen beteiligt. Mitte Juni erfolgte die Verlegung des Regiments in das um Reims im Bereich der 3. Armee gelegene Kampfgebiet. Dort bezog das Regiment östlich der Stadt bei Beine-Nauroy Stellung. Bis Ende September blieb der dortige Frontabschnitt ruhig, so dass dem Ausbau der Befestigungsbauten mehr Zeit gewidmet werden konnte. Mitte Oktober 1915 wurde das Regiment kurzzeitig der 50. Reserve-Division unterstellt, zunächst ohne von seinem Frontabschnitt verlegt zu werden. Nach der Zuweisung und dem intensiven Ausbau etwas weiter östlich bei Tahure gelegener Stellungen intensivierten sich mit Beginn der "Herbstschlacht" in der Champagne die Artillerie-Kämpfe auch im Stationierungsbereich des Regiments. Zu größeren Offensiverfolgen einer der Kriegsparteien kam es nicht, während des Frühjahrs und im Sommer 1916 ebbten die Kampfhandlungen bei Tahure phasenweise stark ab. Anfang Oktober 1916 wechselte das Regiment in den Großverband 11. Reserve-Division (IX. Armeekorps) und wurde für kurze Zeit auf verschiedene Frontabschnitte aufgeteilt. Die sechs Batterien wurden in Halbbatterien aufgegliedert. Ein Teil der Formationen erhielt Einsatzorte an der Somme bei Péronne zugewiesen, ehe Mitte Oktober 1916 die Verlegung der II. Abteilung mit drei Halbbatterien sowie der Leichten Munitions-Kolonne in den der 2. Armee zugeordneten Frontabschnitt bei Hancourt östlich Péronne erfolgte. An diesen immer wieder von schweren Kämpfen geprägten Abschnitt wurden wenig später auch die übrigen Einheiten des Feldartillerie-Regiments verlegt. Mitte November trat das Regiment wiederum komplett zur 29. Division über und erhielt ein Ruhequartier in Magny-la-Fosse nördlich St. Quentin zugewiesen. Bereits Anfang Dezember folgte der neuerliche Einsatz an der Front bei Péronne. Während der Verband einen zunächst ruhigen Stellungsabschnitt bezog, übernahm der Regimentsstab in dieser Phase die Funktion des Artillerie-Kommandeurs der 29. Division und erhielt Quartier bei Roisel. Ab Januar 1917 intensivierten sich die Kämpfe bei Péronne und an der Somme. Anfang Februar 1917 erfolgte der Abzug des Regiments von der Front und eine Unterstellung zur Reserve der Heeres-Feldartillerie. Nach einer längeren Ruhe- und Fortbildungszeit in der Gegend von Saint-Amand-les-Eaux sowie in Südflandern wurde das Regiment Ende März zum XII. Reservekorps kommandiert. Während der ersten Aprilhälfte war der Verband bei Arras in heftige Kämpfe verwickelt und erlitt bei der Abwehr der britisch-kanadischen Offensive erhebliche Verluste. Daraufhin fanden sich der Regimentsstab und die Abteilungen I und II auf dem Übungsplatz Sebourg in Flandern ein, wo insbesondere die Einsatzfähigkeit der I. Abteilung wieder hergestellt werden musste. In Sebourg war bereits Anfang März im Zuge der Neuorganisation der Artillerie auch für das 5. Badische Feldartillerie-Regiment eine III. Abteilung aufgestellt worden, welche jedoch erst Mitte Juni nach längerer Ausbildungszeit zum Rest des Verbands dazustieß. Die drei Batterien wurden aus den Leichten Munitions-Kolonnen der Abteilungen I und II, der Stab aus den beiden bestehenden Abteilungsstäben gebildet. Ende April 1917 wurde das Regiment aufs Neue an die Front kommandiert und erhielt im Verantwortungsbereich der 4. Bayerischen Division Stellungen bei Wervik an der französisch-belgischen Grenze südöstlich von Ypern zugeteilt. Auch dort waren die Einheiten an verlustreichen Kämpfen beteiligt, ehe Ende Juni die Verlegung des Verbands auf den Übungsplatz Thimougies angeordnet wurde, wo die Ausstattung mit neuen Kanonen und Haubitzen erfolgte und bis August weitere Fortbildung stattfand. Ende August folgte die Verlegung des Regiments in den Zuständigkeitsbereich der 4. Armee und die Zuweisung von Gefechtsstellungen bei Linselles nördlich Lille, wo im Herbst wiederholt Offensivbemühungen der deutschen Seite unternommen wurden, teilweise unterstützt durch intensiven Einsatz von Kampfgas. Mitte November wurde die Verlegung des Regiments in den Raum Douai befohlen und die Einheiten nördlich der Stadt in Stellung gebracht. Erneut übernahm der Regimentsstab die Funktion als Artillerie-Kommandeur, nun innerhalb der 1. Garde-Reserve-Division. Von Januar bis Mitte Februar 1918 befand sich der Verband wiederum zur Ausbildung auf dem Übungsplatz Sebourg, ehe das Regiment Gefechtsstellungen zwischen Cambrai und der Schelde zugewiesen erhielt und dort an der deutschen Frühjahrsoffensive teilnahm. Anfang April befand sich der Verband bei Courchelettes an der Stadtgrenze von Douai und wurde von dort in den erbittert umkämpften Raum an der Somme östlich Amiens verlegt. Die zunehmend prekäre strategische Lage der Mittelmächte erforderte lange Fronteinsätze und immer wieder eine rasche Verlegung der Einheiten. Mitte Juli befand sich der Verband erneut bei Lille, Ende des Monats südöstlich Mons in Belgien, ehe es im August 1918 zu einer weiteren Verlegung auf den nahegelegenen Übungsplatz Sebourg kam. Während der Schlussphase des Krieges befand sich das Regiment erneut südöstlich Douai in Stellung, von wo aus die Front immer weiter nach Osten zurückverlegt wurde. Bei Kriegsende stand der Verband weit in Belgien südöstlich von Namur und trat von dort aus den Rückmarsch nach Baden an. Nach der Rückkehr aus dem Feld bezog das Regiment zunächst Unterkünfte in der Gegend von Fritzlar, wo bereits erste Entlassungen stattfanden. Bis Mitte Dezember wurden die Einheiten per Bahn nach Freiburg verlegt und dort untergebracht. Durch die hierzu gebildete Abwicklungsstelle erfolgte bis in den Herbst 1920 die Auflösung des Feldartillerie-Regiments Nr. 76.

Bestandsgeschichte: Nach Ende des Ersten Weltkriegs verblieben die Akten der im Bereich des XIV. Armeekorps aufzulösenden Formationen bei den mit ihrer Demobilmachung befassten Abwicklungsstellen. Ab Januar 1920 wurde mit der Einrichtung eines Korpsarchivs begonnen, in dem die Unterlagen der Abwicklungsstellen zusammengeführt wurden. Auf diese Weise gelangte der vorliegende Bestand in das im Herbst 1920 eingerichtete Korpsarchiv nach Heilbronn, welches am 1. April 1921 dem Reichsarchiv in Potsdam als Zweigstelle eingegliedert wurde. Über einen Zwischenschritt im Heeresarchiv Stuttgart gelangten die Unterlagen in den Jahren 1947 bis 1949 zusammen mit der übrigen Überlieferung des XIV. Armeekorps an das Generallandesarchiv Karlsruhe. Eine ausführliche Bestandsgeschichte findet sich in der Einführung zu Bestand 456 F 8. Der Bestand 456 F 90 weist zum überwiegenden Teil preußische Fadenheftung sowie Schnellhefter auf. Die Akten dürften bereits durch den Registraturbildner in die noch vorliegende Form gebracht worden sein, der Rest wurde wohl im Anschluss an die Demobilmachung im Rahmen der Erstbearbeitung durch die Reichsarchivzweigstelle Heilbronn formiert. Ein Zugriff auf die zur Überlieferung des XIV. Armeekorps gehörenden Archivalien musste zunächst über die in der Reichsarchivzweigstelle Heilbronn/Stuttgart oder dem Heeresarchiv Stuttgart angefertigten Verzeichnisse erfolgen. Als dauerhafte Findmittel waren diese unzureichend, so dass auf Grundlage der sehr summarisch angelegten Verzeichnisse schrittweise die Neuverzeichnung der Unterlagen stattfand. Der vorliegende Bestand wurde im Mai 2013 für die Bereitstellung im Internet überarbeitet. Er umfasst 165 Faszikel mit einem Umfang von 4,2 laufenden Metern. Er ist unter der Signatur 456 F 90 Nr. ... zu bestellen.

Literatur: Busche Hartwig / Kraus, Jürgen: Handbuch der Verbände und Truppen des deutschen Heeres 1914-1918, Teil 9, Feldartillerie, 2 Bde., Wien 2007. Cron, Hermann: Die Organisation des deutschen Heeres im Weltkriege. Dargestellt auf Grund der Kriegsakten, Berlin 1923. Deist, Wilhelm (Bearb.): Militär und Innenpolitik im Weltkrieg 1914-1918, 2 Teile, Düsseldorf 1970. Fenske, Hans: Die Verwaltung im Ersten Weltkrieg, in: Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3, Stuttgart 1984, S. 866-908. Forstmeier, Friedrich u.a. (Hg.): Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden 1648-1939, München 1983. Harder, Hans-Joachim: Militärgeschichtliches Handbuch Baden-Württemberg, hg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Stuttgart 1987. Kienitz, K.; Waldhausen, H.; Baccalarius: Feldartillerie-Regiment Nr. 76. Geschichte der 2. Batterie von 1809-1919, o.O. ca. 1924. Matuschka, Edgar Graf von: Organisationsgeschichte des Heeres 1890-1918, in: Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden 1648-1939, hg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Bd. 3, München 1983, S. 157-282. Merckel, A: 5. Badisches Feldartillerie-Regiment Nr. 76, o.O. 1937. Mossdorf, Werner; Gallwitz, Werner von: Geschichte des 5. Badischen Feldartillerie-Regiments Nr. 76 (1914-1918), Berlin 1930. Müller-Loebnitz, Wilhelm (Bearb.): Die Badener im Weltkrieg 1914/18, Karlsruhe 1935.

Bestandssignatur
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 456 F 90
Umfang
165 Archivalieneinheiten

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Neuere Bestände (vornehmlich ab ca. 1800) >> Krieg >> XIV. (Badisches) Armeekorps >> Feldartillerie, Munitionskolonnen

Bestandslaufzeit
1903-1920

Weitere Objektseiten
Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 11:03 MESZ

Datenpartner

Dieses Objekt wird bereitgestellt von:
Landesarchiv Baden-Württemberg. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.

Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1903-1920

Ähnliche Objekte (12)