Bestand
Ostfriesische Landschaft (nach 1815) (Bestand)
Bestandsgeschichte:
VORWORT
1. Geschichte der Ostfriesischen Landschaft nach
1806
Die katastrophale Niederlage Preußens gegen Napoleon
1806 stellte für die Ostfriesischen Stände eine herausragende Zäsur
dar. Ostfriesland fiel nach dem Frieden von Tilsit unter
Fremdherrschaft und wurde - ohne das Rheiderland, aber mit dem
Jeverland - ein Departement im Königreich Holland und nach dem
Verzicht von Ludwig Bonaparte auf sein holländisches Königreich als
Departement Ost-Ems dem Kaiserreich Frankreich einverleibt. Die
Ständevertretung wurde für diese Jahre aufgehoben, alle ständischen
Rechte und Freiheiten waren abgeschafft. Selbst als Ostfriesland 1813
vorübergehend wieder an Preußen fiel, wurde die alte Ständeordnung
nicht wieder hergestellt. Erst ab 1818 kamen die Stände wieder zu
Landtagen zusammen.
Auf dem Wiener Kongress 1815 trat
Preußen seine Provinz Ostfriesland an das damals in Personalunion mit
Großbritannien verbundene Königreich Hannover ab. Obwohl den
Ostfriesischen Ständen in der Wiener Schlussakte ihre alten Rechte und
Privilegien zugesichert worden waren, ergaben sich langwierige
Auseinandersetzungen zwischen den Ständen und Hannover um eine
vollständige Wiederherstellung der alten Rechte. Für die königliche
Regierung stellten die ostfriesischen Ansprüche ein großes Hindernis
in ihren Bemühungen dar, im Königreich eine einheitliche
Ständeverfassung zu erreichen. Erst 1846 konnten mit der neuen
ständischen Verfassung für Ostfriesland diese Streitigkeiten beendet
werden. Sie schloss das Harlingerland mit ein und sah für die
Ostfriesische Landschaft drei Kurien vor: die alte Ritterschaft, die
Städte - um Esens und Leer vermehrt - und den Hausmannsstand des
flachen Landes. Das Steuerbewilligungsrecht wurde allerdings auf
provinzielle Abgaben beschränkt, und an der Gesetzgebung blieb die
Landschaft nur insoweit beteiligt, wenn sie sich ausschließlich auf
Ostfriesland
Bestandsgeschichte: bezog. Die
Selbstverwaltung wurde auch in anderen traditionellen Bereichen
eingeschränkt, in dem der Staat sich hier zunehmend einschaltete, z.B.
gegenüber den Deich- und Sielachten oder gegenüber der Kirche.
Nach dem Deutsch-österreichischen Krieg fiel Ostfriesland 1866
wieder an Preußen. Ostfriesland bildete nun einen selbständigen
Verwaltungsbezirk, wobei die Landdrostei 1885 in den Regierungsbezirk
Aurich umgewandelt wurde. Die Ostfriesische Landschaft verlor in der
neuen preußischen Provinz die letzten Rechte ihrer Mitwirkung an der
Gesetzgebung und suchte sich anderweitige Aufgabenfelder. Um die
Kolonisten in Ostfriesland mit langfristigen und zinsgünstigen
Kleinkrediten zu unterstützen, gründete die Landschaft die
Ostfriesische Sparkasse.
Von den nationalsozialistischen
Gleichschaltungsmaßnahmen nach 1933 blieb die Ostfriesische Landschaft
zunächst verschont. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts übernahm
sie in steigendem Maße kulturelle Aufgaben. Der Kunstwart (1935) und
die Zentrale für Ostfriesische Sippenforschung (1937) wurden als
besondere Abteilungen der Landschaft eingerichtet. Dennoch erschien
der Regierung diese Körperschaft als unzeitgemäß. Eine Abschaffung der
Landschaft konnte verhindert werden, nicht jedoch eine Anpassung und
Instrumentalisierung im nationalsozialistischen Sinne. 1942 wurde die
alte ständische Kuriatsverfassung von 1846 aufgehoben und durch eine
neue Verfassung ersetzt. Auf diese Weise blieb die Ostfriesische
Landschaft auch im "Dritten Reich" erhalten, verlor jedoch die
Ostfriesische Sparkasse, die am 1. August 1943 aufgelöst wurde. Ihre
Aufgaben wurden von den Kreissparkassen übernommen.
Nach
dem Ende des Zweiten Weltkrieges war ein Neuaufbau der Landschaft
notwendig, die von der Provinzialregierung dem Regierungspräsidenten
a.D. Jann Berghaus übertragen wurde. Ihm oblag es als erster
Landschaftspräsident nach
Bestandsgeschichte: 1945 die
Ostfriesische Landschaft im demokratischen Sinne und in
parlamentarischer Weise neu zu gestalten. Nach der neuen, 1949 von der
niedersächsischen Landesregierung genehmigten Verfassung der
Ostfriesischen Landschaft ist sie ein höherer Kommunalverband. Die
ostfriesischen Kreistage und der Rat der Stadt Emden wählen die
Mitglieder der Landschaftsversammlung - ein Regionalparlament, das
sich für die Belange der ostfriesischen Bevölkerung einsetzt. Die
Aufgaben der Landschaft beschränken sich heute auf die Förderung der
Kultur, Wissenschaft und Bildung in Ostfriesland.
2. Der
Bestand
Ab 1978 gelangte der vorliegende Bestand Dep. 1 N
in mehreren Abgaben in das Staatsarchiv Aurich. Als Findbuch zu den
Akten stand bis 2009 nur das handschriftliche "Repertorium der
Ostfriesischen Landschaft", das 1818 angefangen wurde, zur Verfügung,
das nur schwer handhabbar war und auch keine Tiefenerschließung
aufwies. Eine Neuverzeichnung des Bestandes war somit dringend
geboten.
Zwischen 2008 und 2009 wurde der vorliegende
Bestand nunmehr im Staatsarchiv Aurich in AIDA verzeichnet. Die
bisherigen Archivsignaturen wurden dabei beibehalten, abgesehen von
Serienakten, die mit Kleinbuchstaben oder nachgerückten Ziffern
ausführlicher als bisher aufgenommen wurden. Zudem wurde eine
aktualisierte Klassifikation erstellt, die sich am Aktenplan der
Ostfriesischen Landschaft aus dem Jahr 1980 orientiert und ermöglichen
soll, dass auch kommende Abgaben in das neue Gliederungsschema
eingefügt werden können.
Bei der Neuverzeichnung fiel auf,
dass ca. 50 Akten, die im "Repertorium der Ostfriesischen Landschaft"
aufgeführt waren, nicht ins Staatsarchiv Aurich gelangten waren. Auch
durch Nachfragen bei der Ostfriesischen Landschaft konnten diese Akten
nicht wieder ermittelt werden. Unter diesen Akten fanden sich v.a.
Akten zu Geldbewilligungsanträgen für die
Bestandsgeschichte:
Landrechnungsversammlungen (1893-1917), diverse Personalakten der
Ostfriesischen Sparkasse (1908-1936) sowie je eine Akte zum Ankauf des
Schlosses in Dornum (1931) und zur Auflösung der Ostfriesischen
Sparkasse (1939-1943).
1990 war eine weitere Abgabe ins
Staatsarchiv gelangt (acc. 1990/4), aus denen Herr Dr. Reyer die Akten
nach 1818 bzw. nach 1945 herauszog und vorläufig verzeichnete. Diese
ordnete er zwei unterschiedlichen Beständen: Dep. 1 N Nachträge und
Dep. 1 nach 1945 zu. Von seinem damaligen Vorhaben, neben dem Bestand
Dep. 1 und dem Bestand Dep. 1 N, der von 1808 bis 1945 reichen sollte,
noch einen weiteren Bestand Dep. 1 nach 1945 einzuführen, wurde bei
der Neuverzeichnung des vorliegenden Bestandes Abstand genommen. Daher
wurden die von Reyer 1991 verzeichneten Akten komplett dem Bestand
Dep. 1 N zugeordnet, lassen sich über die Konkordanz jedoch mühelos
ermitteln.
3. Literaturauswahl
Ihno Alberts /
Harm Wiemann, Geschichte der Ostfriesischen Landschaft 1932-1980.
Darstellung und Dokumentation, Aurich 1981.
Hajo van
Lengen, Ostfriesland: Wie es wurde, was es ist, in: Die Frieslande,
Bräist/Bredstedt 2006, S. 66-93.
Harm Wiemann, Die
Ostfriesische Landschaft, in: Ostfriesland, 1955, Heft 3, S.
37-41.
Verfassungsurkunde für die Ostfriesische Landschaft
vom 5. Mai 1846, Aurich 1913.
Aurich, Juli 2009
Dr. Michael
Bestandsgeschichte:
Hermann
Zusatzinformationen:
Abgeschlossen: Nein
Zusatzinformationen: teilweise
verzeichnet
- Bestandssignatur
-
Nds. Landesarchiv, Abt. Aurich, NLA AU, Dep. 1 N
- Kontext
-
Nds. Landesarchiv, Abt. Aurich (Archivtektonik) >> Gliederung >> 2 Nichtstaatliche Bestände >> 2.4 Kommunale Verwaltungen
- Bestandslaufzeit
-
1754-2006
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
27.01.2023, 15:26 MEZ
Datenpartner
Niedersächsisches Landesarchiv. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1754-2006