Bestand
Thurn und Taxissches Oberamt Scheer (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Geschichte der Grafschaft Friedberg-Scheer seit ihrem Übergang an das Haus Thurn und Taxis
Nachdem die Grafschaft Friedberg-Scheer sich seit 1452 in der Hand der Truchsessen von Waldburg befunden hatte, veräußerten diese sie aufgrund ihrer hohen Verschuldung im Jahr 1786 an die Fürsten von Thurn und Taxis. Als Reichsfürsten waren die Fürsten von Thurn und Taxis daran interessiert, ein ihrem Rang entsprechendes Territorium zu erwerben, was ihnen mit dem Ankauf der Grafschaft Friedberg sowie der Herrschaften Scheer, Dürmentingen und Bussen auch gelang. Die Verkaufssumme betrug 2 100 000 fl. Im darauffolgenden Jahr bestätigte Kaiser Joseph II. den Kauf, erhob die bisherige Grafschaft mit den zugehörigen Herrschaften zu einer gefürsteten Grafschaft und belehnte im selben Jahr Fürst Karl Anselm von Thurn und Taxis mit ihr.
Übernommen wurden an Lokalbehörden das Ober- und Rentamt zu Scheer, zuständig für die obere Grafschaft Friedberg und die Herrschaft Scheer, sowie das Ober- und Rentamt zu Dürmentingen, zuständig für die untere Grafschaft und die Herrschaften Dürmentingen und Bussen, später auch für die 1789/90 erworbenen Ritterschaften Grundsheim, Göffingen und Heudorf. Die Ober- und Rentämter waren in ihrem Bezirk zuständig für Justiz, Verwaltung und Kameralien. Eine klare Trennung der Rentämter von den Oberämtern erfolgte 1803. Die Ober- und Rentämter waren einer fürstlichen Regierung unterstellt, die 1786 geschaffen wurde. Die Regierung unterstand einem Regierungspräsidenten und hatte zunächst noch keinen festen Sitz, sondern arbeitete dort, wo der Fürst sich befand, So auch 1787 in Scheer. 1791 nahm sie ihren festen Sitz in Regensburg, 1804 schließlich in Buchau.
Das Jahr 1806 brachte dem Haus Haus Thurn und Taxis den Verlust der Souveränität über die Grafschaft, die unter württembergische Staatshoheit gelangte. Thurn und Taxis blieb Standesherrschaft. Sowohl in Dürmentingen als auch in Scheer blieben ein Pratrimonialamt und ein Rentamt bestehen.
Bestandsgeschichte (vgl. Einleitung zu Dep. 30/1 T 3)
So wenig die Grafschaft Friedberg-Scheer ihren Rechtscharakter veränderte, so wenig wurde für die nun thurn und taxisschen Behörden eine eigene Registratur bzw. ein eigenes Archiv gebildet. Der vorliegende Bestand verblieb mit dem Rest des Archivs der Grafschaft Friedberg-Scheer in Scheer. Auch als das bis dahin noch verbliebene Rentamt Scheer 1862 nach Ostrach verlegt wurde, behielt das Archiv seinen Standort. Erst im Winter 1878/79 wurden sämtliche Archive, die Thurn und Taxis zugleich mit den Herrschaften in Oberschwaben erworben hatte, in Obermarchtal zentriert. Sie wurden dort in sogenannte Reposituren gegliedert, wovon die Grafschaft Friedberg-Scheer die Reposituren I und II belegte. Schließlich begann Ende der 1920er Jahre der thurn und taxissche Archivar Dr. Stail mit der Verzeichnung der Akten des vorliegenden Bestandes. Er übernahm hierfür die Hauptgruppen des Urkundenrepertoriums von Epplen. Bei seiner Verzeichnung in Karteiform faßte er Serien zusammen. Die bis zur vorliegenden Verzeichnung gültige Signatur (bzw. Lokatur) erhielten die Akten in Obermarchtal.
1952 gelangten die in Obermarchtal zentrierten thurn und taxisschen Archive als Depositum ins Staatsarchiv Sigmaringen. Dabei wurden die Akten aus ihren Fächern genommen und in mehr oder weniger handliche Pakete zusammengeschnürt. Für die Bestellung einer Akte im Staatsarchiv Sigmaringen mußte bislang die gesamte Lokatur samt neuer Paketnummer und Bestandsbezeichnung angegeben werden, z.B. Dep. 30 Rep. II Pk. 120 K. II F 5 Nr. 3.
Archivalien gleicher Provenienz finden sich im Fürst Thurn und Taxis Archiv in Regensburg, im Bestand Wü 64/7 des Staatsarchives Sigmaringen und im Bestand B 89 des Hauptstaatsarchives Stuttgart.
Bearbeiterbericht
1 991 begannen Josef Adam und die Unterzeichnete mit der Verzeichnung des gesamten Aktenbestandes der Grafschaft Friedberg-Scheer, zu dem Gabriele Kramer bereits Vorarbeiten geleistet hatte. Es wurden dabei die Akten aussortiert, die nach 1806, also nach Verlust der Souveränität an Württemberg, angefallen waren. Sie wurden in einem eigenen Findbuch erschlossen. Später jedoch mußten die Akten gemäß Anordnung der Landesarchivdirektion von 1993 nach einem anderen Stichjahr getrennt werden, nämlich 1786 als dem Übergangsjahr an Thurn und Taxis. Dabei waren die schon verzeichneten Akten ebenfalls zu berücksichtigen. Es mußten gegebenenfalls Akten getrennt und Titelaufnahmen abgeändert werden. Auch die Signierung der Archivalien war nicht unproblematisch. Bei dem vorliegenden Bestand handelt es sich um den seit 1786 angefallenen Bestand mit thurn und taxisscher Provenienz. Er umfaßt 18 lfd.m in 1768 Verzeichnungseinheiten.
Bestellnr. 1 - 675 wurden von der Unterzeichneten erfaßt, Bestellnr. 676 ¿ 1768 von Herrn Adam. Die Klassifikation wurde von Dep. 30/1 T 3 übernommen und soweit notwendig an den Bestand angepaßt. Die Endredaktion erledigte die Unterzeichnete.
Die EDV-Erfassung der Titelaufnahmen besorgte Margareta Graf, während die übrigen und abschließenden EDV-Arbeiten von Holger Fleischer übernommen wurden.
Sigmaringen, im Juli 2002
Birgit Kirchmaier
- Reference number of holding
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Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Dep. 30/1 T 4
- Extent
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1769 Akten (15,3 lfd.m)
- Context
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Deposita (ohne FAS - Dep. 39) >> Fürstlich Thurn und Taxissches Archiv Obermarchtal >> Friedberg-Scheer
- Related materials
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Beschreibung des Oberamts Saulgau. Hg. von [J. D. G.] MEMMINGER. 1829.
Beschreibung des Oberamts Riedlingen. Hg. vom Württ. Statistischen Landesamt. Zweite Bearbeitung. 1923.
W. Bleicher: Aus der Geschichte des Kreisgebietes. In: Der Kreis Saulgau. 1971 (Heimat und Arbeit). S. 119 - 179.
W. Bleicher: Chronik der ehemaligen Residenzstadt Scheer/Donau. 1989.
W. Bleicher: Schwäbische Kunde. Aus der Geschichte des Kreises Saulgau. 37 Bde. Mschr. 1969 - 2000.
G. Heberle: Der Übergang der Grafschaft Friedberg-Scheer vom Hause Waldburg an das Haus Thurn und Taxis. Mschr. Zulassungsarbeit an der Universität Freiburg für das Lehramt an Gymnasien. 1968.
F. Herberhold: Das fürstliche Haus Thurn und Taxis in Oberschwaben. Ein Beitrag zur Besitz-, Verwaltungs- und Archivgeschichte. In: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 13 (1954) S. 262 - 300.
R. Kretzschmar: Fürstlich Thurn und Taxissches Archiv Obermarchtal, Grafschaft Friedberg-Scheer - Urkundenregesten 1304 - 1802. 1993 (Inventare der nichtstaatlichen Archive in Baden-Württemberg 18).
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J. Vochezer: Geschichte des fürstlichen Hauses Waldburg in Schwaben. 3 Bde. 1888-1907.
M. Zürn: "Ir aigen libertet" - Waldburg, Habsburg und der bäuerliche Widerstand an der oberen Donau 1590 - 1790. 1998 (Oberschwaben - Geschichte und Kultur 2).
- Indexentry place
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Friedberg-Scheer; Grafschaft
- Date of creation of holding
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(1524-) 1786 -1806 (-1827)
- Other object pages
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- Rights
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Last update
-
03.04.2025, 8:37 AM CEST
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- (1524-) 1786 -1806 (-1827)