Bestand

Graf Schenk von Stauffenbergisches Archiv Lautlingen: Urkunden (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
1. Die Schenken von Stauffenberg
Im deutschen Adel gab es nach dem bekannten Historiographen und Genealogen Gabriel Bucelin (1599-1681) aus dem Benediktinerkloster Weingarten über 200 Familien, die sich Schenken nannten. Durch das von Claus Schenk Graf von Stauffenberg (1907-1944) am 20. Juli 1944 begangene Attentat auf Adolf Hitler sind die Schenken von Stauffenberg heute die bekannteste Adelsfamilie mit diesem Namen.
Entstanden ist der Name aus einem der Hofämter an den mittelalterlichen Höfen. Die wichtigsten Hofämter, die von adligen Dienstleuten ausgeübt wurden, waren der Kämmerer für das Geldvermögen, der Marschall für die Reitpferde, der Truchsess für die Hofverwaltung und der Mundschenk für den Weinvorrat. Seit dem 13. Jahrhundert waren die Hofämter nicht mehr von der Dienstleistung abhängig und wurden zum erblichen Familiennamen zahlreicher Adelsgeschlechter.
Die Schenken von Stauffenberg waren Dienstleute der Grafen von Zollern, die als mächtiges Hochadelsgeschlecht ein bedeutendes Territorium im deutschen Südwesten begründeten. Als erster bekannter Vorfahr der bis heute blühenden Adelsfamilie wird im Jahr 1251 der Ritter Werner Schenk urkundlich erwähnt.
Unter den zollerischen Dienstleuten haben aber nicht die Schenken, sondern die Truchsessen als erste den Namen Stauffenberg getragen. Die späteren Schenken von Stauffenberg erscheinen in der urkundlichen Überlieferung zunächst als Schenken von Zell oder Neuenzell und als Schenken von Erpfingen. Unter ihrem heute bekannten Namen treten sie erstmals im Jahr 1317 auf. Die Umstände, unter denen der Name Stauffenberg von den Truchsessen auf die Schenken der Grafen von Zollern übertragen wurde, konnten bisher nicht eindeutig geklärt werden.
Der Berg- und Ortsname Stauffenberg ist im gesamten deutschen Sprachgebiet verbreitet. Er meint einen spitzen Bergkegel, der einem umgedrehten Becher ohne Fuß gleich sieht, den man im Mittelhochdeutschen als "stouf" bezeichnete. Die erste Burg der Schenken von Stauffenberg befand sich vermutlich unterhalb der heutigen Wallfahrtskirche Mariazell in der Nähe des Zollerberges.
Um 1360 übertrug die Adelsfamilie den Namen Stauffenberg auf einen neuen Wohnsitz in Sichtweite des Zollerberges im Starzeltal bei Rangendingen. Von dieser zweiten Burg (bereits im 16. Jahrhundert war der Platz "mit Disteln verwachsen") ist heute fast nichts mehr zu sehen. Nach wechselvoller Besitzgeschichte wurde das Gelände von Fürst Friedrich von Hohenzollern (1891-1965) im Jahr 1954 Friedrich Schenk Freiherr von Stauffenberg (1908-1982) geschenkt und befindet sich seitdem wieder im Familienbesitz. Ein Denkmal erinnert an die Geschichte der Adelsfamilie.
Im Dienst der Grafen von Zollern waren die Schenken von Stauffenberg bis zu einer zollerischen Familienfehde im Jahr 1423. Als Parteigänger des unterlegenen Grafen Friedrich von Zollern, genannt der Öttinger, entfremdeten sie sich in zunehmendem Maße von ihren früheren Herren, von der sie aber bis zum Ende des 15. Jahrhunderts noch einige Lehen empfingen.
Durch die Heirat von Werner Schenk von Stauffenberg (+1485) mit Barbara Truchsessin von Bichishausen konnte die Adelsfamilie zwischen 1469 und 1471 mit der Herrschaft Wilflingen in Oberschwaben einen neuen Besitzmittelpunkt erwerben. Die Familie ist seitdem ununterbrochen dort ansässig. 1566 konnte Hans Schenk von Stauffenberg (+1582) nach seiner Heirat mit Barbara von Westernach (+1570) die Herrschaft Amerdingen in Franken übernehmen.
Mit den beiden Herrschaften teilten sich die Schenken von Stauffenberg in eine Wilflinger und eine Amerdinger Linie mit einigen Nebenlinien auf. Als Besitzer der Herrschaften Wilflingen und Amerdingen wurden die Schenken von Stauffenberg Mitglieder der schwäbischen und fränkischen Reichsritterschaft und stellten Ritterrät e und Ritterhauptleute. Im Zeitalter der Reformation blieb die stets kaisertreue Adelsfamilie dem katholischen Glauben treu.Durch die enge Anlehnung an das Erzhaus Habsburg ergaben sich für die Schenken von Stauffenberg seit dem 16. Jahrhundert im vorderösterreichischen Oberschwaben zahlreiche Dienstmöglichkeiten. Außerdem war die Adelsfamilie seit dem 16. Jahrhundert mit den benachbarten Domkapiteln eng verbunden und brachte insgesamt siebzehn Domherren hervor.
Zwei Familienmitglieder stiegen als Bischöfe sogar in den Reichsfürstenstand auf: Markwart Sebastian Schenk von Stauffenberg (1644-1693) als Bischof von Bamberg (1683) und Johann Franz Schenk von Stauffenberg (1658-1740) als Bischof von Konstanz (1704) und später auch als Bischof von Augsburg (1737). Über die Beziehungen zu den Domstiften erhielten die Familienmitglieder oft hohe Ämter in fürstbischöflichen Diensten und wirkten als Pfleger, Oberamtmänner, Statthalter, Oberstallmeister, Kämmerer, Hofräte, Geheimräte oder Oberhofmarschälle. Einige machten auch im Militärdienst Karriere, insbesondere Johann Friedrich Schenk von Stauffenberg (1660-1719) im Malteserorden.
Die Adelsfamilie konnte im Lauf der Zeit einige weitere Besitzungen in Schwaben und Franken erben oder kaufen: 1613/39 Rißtissen bei Ehingen in Oberschwaben, 1619/25 Lautlingen mit Margrethausen bei Balingen im Eyachtal der Schwäbischen Alb, 1691 Burggrub und Greifenstein bei Bamberg in der Fränkischen Schweiz, 1696 bei Rottenburg am Neckar im Gäu, 1697/98 bei Balingen am Rand der Schwäbischen Alb, 1716/30 Eberstall und 1747 Jettingen bei Burgau im bayrischen Schwaben.
Obwohl die Adelsfamilie aufgrund ihrer auswärtigen Dienste sich in ihren Herrschaften nur selten aufhielt, wurden doch stets standesgemäße Schlösser errichtet oder bereits bestehende Schlösser der Vorbesitzer ausgebaut und mit zeitgemäßen Parkanlagen versehen. Die wachsende Bedeutung zeigte sich in entsprechenden Rangerhebungen: 1698 wurden die Wilflinger und die Amerdinger Linie durch Kaiser Leopold I. in den Reichsfreiherrenstand erhoben. 1791 erreichte die Wilflinger Linie mit Anton Schenk von Stauffenberg (1735-1803) bei Kaiser Leopold II. auch noch die Erhebung in den Reichsgrafenstand.
Bei der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches fielen durch die Mediatisierung der Reichsritterschaft 1805/06 Amerdingen, Burggrub und Greifenstein, Eberstall und Jettingen an das Königreich Bayern und Baisingen, Geislingen, Lautlingen Rißtissen, Wilflingen an das Königreich Württemberg. 1833 starb die Wilflinger Linie aus, mit der die Reichsgrafenwürde erlosch. Ihre Besitzungen übernahm die Amerdinger Linie.
Bis zum Ende der Monarchie im Jahr 1918 waren die Schenken von Stauffenberg Gutsbesitzer des ritterschaftlichen Adels. Wegen der Benachteiligung der ehemaligen Reichsritter im Königreich Württemberg begaben sie sich aber bevorzugt in den Staatsdienst des Königreichs Bayern. Franz Schenk von Stauffenberg (1801-1881) war dort als bayerischer Reichsrat besonders erfolgreich und wurde zu seinem 25-jährigen Jubiläum als Präsident der Kammer der Reichsräte durch König Ludwig II. von Bayern in den bayrischen Grafenstand erhoben. Er begründete die bis heute bestehende gräfliche Linie, aus der Claus Schenk Graf von Stauffenberg stammt, sein Bruder Friedrich Schenk von Stauffenberg (1806-1874) die ebenfalls bis heute bestehende freiherrliche Linie der Adelsfamilie.
2. Die Archive der Schenken von Stauffenberg im Staatsarchiv Sigmaringen
Wie bei anderen Adelsfamilien entstand auch bei den Schenken von Stauffenberg über Jahrhunderte eine umfangreiche Überlieferung aus Urkunden, Akten, Amtsbüchern sowie Karten und Plänen. In der Herrschaft Wilflingen ist ein Archiv mit in einem Findbuch verzeichneten Unterlagen erstmals in der Mitte des 17. Jahrhunder ts erkennbar.Neben dem Anwachsen von Archiven in den einzelnen Herrschaften kam es 1741 auf Initiative von Lothar Schenk Freiherr von Stauffenberg (1694-1758) zur Gründung eines Familien- und Direktorialkanzleiarchivs der Wilflinger Linie mit ausgewählten Unterlagen in Dillingen und später in Rißtissen. 1830 wurde die Bildung eines Gesamtarchivs für beide Linien beschlossen, das sich zunächst in Amerdingen und später in Eberstall befand. Neben dem Gesamtarchiv blieben allerdings auch die einzelnen Herrschaftsarchive weiterhin bestehen.
Das Rentamt Lautlingen entstand 1864 durch Trennung vom Rentamt Geislingen und war für die Güterverwaltung in Lautlingen und Baisingen mit ihren zugehörigen Besitzungen zuständig. Im Lauf der Zeit erfolgten mehrfach Ablieferungen an das Gesamtarchiv der Adelsfamilie, so dass sich beim Rentamt Lautlingen nur noch die Reste des ursprünglich wesentlich umfangreicheren Schriftgutes befanden. Bis 1966 waren die Unterlagen im ersten Stock des früheren Gesindehauses des Schlosses in Lautlingen untergebracht und waren nicht zugänglich.
Mit Vertrag vom 23. August / 10. September 1966 hinterlegte Alfred Schenk Graf von Stauffenberg das Herrschaftsarchiv Lautlingen als Depositum im Staatsarchiv Sigmaringen. Die Archivalien wurden am 3. Oktober 1966 in das Staatsarchiv verbracht, nachdem bereits am 4. August einem Mitarbeiter des Staatsarchivs die in vorliegendem Findbuch unter den Bestellnummern 5, 6, 7, 14, 17, 18 und 33 verzeichneten Pergamenturkunden nach Sigmaringen mitgegeben worden waren. Das Depositum erhielt im Staatsarchiv Sigmaringen die Bestandsbezeichnung Dep. 37. 1976 wurden von Dr. Otto H. Becker die Amtsbücher der Herrschaft Lautlingen (Dep. 37 T 2), 2002 von Dirk Nicklaus die Amtsbücher der Herrschaft Baisingen und einiger zugehöriger Besitzungen (Dep. 37 T 3) und 2005 von Tobias Teyke die Akten (Dep. 37 T 4) bearbeitet. Teyke selektierte die im Aktenbestand enthaltenen Pergamenturkunden
3. Die Erschließung des Bestandes im Staatsarchiv Sigmaringen
Die aus dem Aktenbestand selektierten Urkunden wurden von Dr. Volker Trugenberger regestiert, die Urkunden Nr. 5, 6, 7, 14, 17, 18 und 33 vom Unterzeichner im Rahmen eines von der Stiftung Kulturgut Baden-Württemberg geförderten Projekts zur Erschließung der Urkunden in den im Staatsarchiv Sigmaringen deponierten Archiven der Grafen und Freiherren Schenk von Stauffenberg.
Die Regestierung erfolgte auf der Grundlage der "Richtlinien und Handlungsanweisung für die Regestierung von Urkunden mit scopeArchiv" des Landesarchivs Baden-Württemberg aus dem Frühjahr 2005 durchgeführt. Die Vergabe der Indexbegriffe (Deskriptoren) wurde vom Unterzeichner und der Werkstudentin Sarah Bongermino vorgenommen. Dabei wurden die Ortsnamen auf übliche Weise durch Angabe der heutigen Verwaltungszugehörigkeit mit den amtlichen KFZ-Kennzeichen identifiziert.
Sigmaringen, den 31. Mai 2008
Carsten Kohlmann M.A.

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Dep. 37 T 1
Umfang
53 Urkunden (0,5 lfd.m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Deposita (ohne FAS - Dep. 39) >> Gfl. und Frh. Schenk von Stauffenbergische Archive >> Graf Schenk von Stauffenbergisches Archiv Lautlingen

Bestandslaufzeit
1375-1582

Weitere Objektseiten
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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
24.02.2022, 13:39 MEZ

Objekttyp


  • Bestand

Entstanden


  • 1375-1582

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