Bestand
Biesterfelder Archiv - Urkunden (Bestand)
Form und Inhalt: Die schriftliche Überlieferung der apanagierten Nebenlinie Lippe-Biesterfeld des Hauses Lippe setzt ein mit Teilen der privaten Unterlagen und Papieren der Gräfin Maria Magdalena zur Lippe und ihres Sohnes Graf Jobst Hermann zur Lippe-Biesterfeld, der 1654 seine Residenz in Biesterfeld bezog. Die Akten über die Verwaltung des eigenen Besitzes waren zunächst gewiß nicht säuberlich von der Registratur der Amtsverwaltung in Schwalenberg getrennt. Erst nach dem Schwalenberger Vergleich von 1667 zwischen der regierenden Linie der Grafen zur Lippe in Detmold und dem Grafen Lippe-Biesterfeld ist mit der Entstehung eigener Verwaltungsakten in stärkerem Maße zu rechnen. Diese "Verwaltung" beschränkt sich auf die Tätigkeit der Schreiber oder Sekretäre und auf die Korrespondenzen mit beauftragten auswärtigen Verwaltungsbeamten als "Räten von Haus aus". Tatsächlich wurde die Lippe-Biesterfelder Verwaltung erst unter Graf Friedrich Karl zur Lippe-Biesterfeld (1736-1762 1781) vermehrt ausgebaut. Auf Grund der energischeren Versuche zur Durchsetzung der eigenen Rechte gegenüber der Regierung in Detmold vermehrten sich die Verwaltungsgeschäfte. Die private Schreiberei des Grafen vergrößerte sich zu einer kleinen Kanzlei. Die Proteste der Regierung in Detmold von 1741 und 1743 (vgl. Nr. 1664) gegen die Bezeichnung "Hofkanzlei" kennzeichnen diese Entwicklung. Im Zuge der Straffung der Verwaltung wurden die ersten Registratur- bzw. Archivverzeichnisse angelegt (vgl. Nr. 1 und 2), die Einsicht in die engumgrenzte Registratur eines adligen Hauses mit gewissen Hoheitsrechten geben. Ein Großteil der Akten betraf die lokalen Belange der Verwaltung im Amt Schwalenberg sowie der Ökonomie und Finanzen der Meierei Biesterfeld und des gräflichen Hauses. Auch der Übergang der Prozeßführung zwischen den Grafen zur Lippe-Biesterfeld und zur Lippe in Detmold über die Rechte in den Ämtern Schwalenberg und Oldenburg auf die Regierung des Grafen Heinrich Ernst von Stolberg-Wernigerode in Wernigerode förderte die Ordnung der Registratur. Mit dem Verzicht auf alle Besitzungen in der Grafschaft Lippe durch Graf Friedrich Karl zur Lippe-Biesterfeld und seinen Bruder Graf Ferdinand Ludwig zur Lippe-Weißenfeld im Jahre 1762 gegen Zahlung einer jährlichen Rente, wurde ein großer Teil der Verwaltungsakten der Biesterfelder Registratur der Regierung in Detmold übergeben und von dem Detmolder Archivar Knoch wenig später, soweit die Akten nicht mehr von der lippischen Regierung benötigt wurden, in die Bestände des Detmolder Archivs eingearbeitet. Dabei wurde die Provenienz entsprechend der ganzen Archivordnung nicht berücksichtigt. In den Beständen "Familien- und Hausarchiv" wie "Amt Schwalenberg" des Staatsarchivs Detmold, lassen sich die Biesterfelder Akten noch erkennen, wenn auch teilweise vermischt mit den Detmolder Akten.
Der verbliebene Rest des geteilten Biesterfelder Archivs bestand nunmehr aus den privaten Nachlaßpapieren der Grafen, den Unterlagen über die Privilegien und Rechte des gräflichen Hauses, Prozeßakten sowie Resten von Verwaltungsakten, die nicht nach Detmold abgegeben waren. Die Korrespodenzen der Grafen zur Lippe-Biesterfeld müssen schon in dieser Zeit sehr gelichtet gewesen sein, da sich aus der Zeit der Grafen Karl Theodor und Rudolf Ferdinand zur Lippe-Biesterfeld nur wenig erhalten hat.
Dieses kleine Archiv wurde 1763 mit den bereits in Wernigerode befindlichen Akten vereinigt und blieb dort deponiert, bis Graf Friedrich Wilhelm zur Lippe-Biesterfeld die Vertretung des Hauses nach außen von seinem Vater übernahm. 1776 ließ er das Archiv von Wernigerode zu sich nach Kleve kommen. Nach dem Tod des Grafen Friedrich Karl zur Lippe-Biesterfeld im Jahre 1781 in Friedrichsruh gelangten dessen Privatpapiere in das Archiv. Als Graf Friedrich Wilhelm zur Lippe-Biesterfeld 1796 aus Kleve flüchten mußte, nahm er die wichtigsten Papiere mit. Aus dieser Zeit liegen wieder Teilverzeichnisse (vgl. Nr. 10) vor, nachdem der Graf schon versucht hatte, eine Neuordnung des Archivbestandes vorzunehmen (vgl. Nr.8 ). Nach der Rückkehr der gräflichen Familie in die Rheinlande wurde das Archiv wieder dorthin gebracht. Es ist nicht ersichtlich, ob es damals wieder in Kleve vereinigt wurde oder schon nach Oberkassel gebracht wurde, wo es sich nach der Teilung des Erbes zwischen den Brüdern Graf Wilheln Ernst und Graf Johann Karl zur Lippe-Biesterfeld befand. In Oberkassel blieb es bis zur Rückkehr der Line Lippe-Biesterfeld in die lippischen Stammlande.
Der Tod des Grafen Friedrich Wilhelm zur Lippe-Biesterfeld (1803) und der Gräfin Elisabeth Johanna geb. Gräfin von Meinertzhagen (1811) brachte dem Hausarchiv erheblichen Zuwachs: Die Nachlaßpapiere des gräflichen Ehepaares, die aus der Familie von Meinertzhagen übernommenen Papiere und die Unterlagen über die ererbten bzw. erworbenen Grundgüter in Oberkassel, Kleve, den Niederlanden und in der Eifel (vgl. Nr. 11-13, 1781, 2021). Wenn auch der Besitz der Firma von Meinertzhagen bis 1853 sich im Archivbestand stark bemerkbar macht, so hat sich doch kein eigentliches Firmenarchiv erhalten. Diese Unterlagen sind wohl mit dem Verkauf an die Gebrüder Kreuser abgetreten worden. Für die Geschichte der Firma und vor allem des Bergwerks in der Eifel bei Kommern ist dies Archiv aber eine unschätzbare Quelle.
Die Bestände des Hausarchivs in Oberkassel wuchsen im 19. Jahrhundert recht kontinuierlich. Nicht nur die Gutsverwaltung sondern auch die privaten Papiere der verschiedenen Grafen vermehrten das Schriftgut. Die Vormundschaft für Graf Leopold zur Lippe-Biesterfeld (1878) bedingte eine detaillierte Überlieferung von der Verwaltung der Güter Oberkassel und Heisterbach in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts. Wenn auch der Hauptsitz der gräflich Lippe-Biesterfelder Familie 1855 nach Schloß Neudorf bei Bentschen verlegt wurde, so folgt das Archiv nicht dorthin. Vielmehr wurde der Nachlaß des Grafen Julius zur Lippe-Biesterfeld ( 1884 ) mit den übrigen Familienpapieren in Oberkassel vereinigt.
Wie im 18. und frühen 19. Jahrhundert Archivsplitter angeheirateter Familien (von Kunowitz und Meinertzhagen) in das Archiv gelangt waren, so wurden auch in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Papiere und Akten verwandter Familien (von Halbach und von Wartensleben) eingegliedert.
Die Bedeutung des Archives wuchs während des lippischen Thronfolgestreites, als auch diese Archivalien genauestens nach Belegen für die gräflichen Rechte durch Dr. H. Spangenberg durchgesehen wurden. Diese Suche galt vor allem Belegstücken für den Freiherrnstand der Familie der Modest von Unruh. Einige immer wieder gebrauchte Akten des Archivs wurden geheftet, um jederzeit vorgelegt werden zu können.
Die Akten über den Thronfolgestreit und die Regentschaft bildeten die letzte wesentliche Gruppe, die dem Archiv zuwuchs. Wichtige Beteiligte wie Professor Kahl, Berlin (Korrespodenz, Gutachten) und Archivrat Dr. Kiewning, Detmold, (Akten zur Unruhforschung, Zeitungsartikel) überließen ihre Papiere im Zusammenhang mit dem Thronfolgestreit dem gräflichen Privatarchiv. 1908 wurde auf Anregung Kiewnings sogar noch der Nachlaß Professor Stoerks, Greifswald, der auf der Seite der Gegner der Biesterfelder gestanden hatte, für das Hausarchiv erworben. Aus der Zeit der Regenschaft des Biesterfelder Hauses bis1905 sind einige politische Akten in das Archiv gekommen -- deklariert als Handakten des Grafenregenten. Die Abgrenzung des Bestandes gegenüber den Unterlagen des Hofmarschallamtes und Zivilkabinetts -- heute im Archiv der Fürstlichen Verwaltung im Schloß Detmold -- ist nicht mehr einheitlich durchgeführt. Einige Nachlaßpapiere der Grafregentin Karoline zur Lippe, die 1905 verstarb, wurden noch in das Biesterfelder Hausarchiv gelegt, im Großen und Ganzen endet aber der organische Zuwachs dieses Archivs mit der Annahme des Fürstentitels durch den Grafregenten Leopold zur Lippe im Jahre 1905.
Die äußere Archivgeschichte nach 1905 ist gekennzeichnet durch Ordnungsarbeiten Dr. Kiewnings -- sicher bis zum 1. Weltkrieg (vgl. Nr. 15). Wann diese Arbeiten abgebrochen wurden, ließ sich nicht erkennen. Zurück blieb ein nur grob vorgeordnetes Archiv, dessen Inhalt kaum bekannt war. Die Benutzung auch durch die fürstliche Familie und durch die Verwaltung wurde zu Ende des Krieges durch die Auslagerung nach Lopshorn und dann durch die Beschlagnahme im Auftrage der Alliierten, die erst 1959 aufgehoben wurde, eingeschränkt bzw. ganz verhindert. Erst das Entgegenkommen S.D. Dr. Armin Prinz zur Lippe ermöglichte dem Unterzeichneten in Zusammenarbeit mit dem Westfälischen Archivamt die Erschließung.
Der Zustand des Archivs vor der jetzigen Erschließung spiegelte sehr gut die Archivgeschichte. Charakteristisch war die von Archivrat Kiewning grob durchgeführte Gliederung des Bestandes in Einzelnachlässe der verschiedenen "regierenden" Grafen zur Lippe-Biesterfeld. Bei den Privatpapieren hatte dies keine Schwierigkeiten bereitet und deren Vorordung konnte daher auch in der neuen Gliederung weitgehend Berücksichtigung finden. Ungeeignet aber war dieser Eingriff bei den gewachsenen Sachakten. Entsprechend seinem Personalschema hatte Kiewning u.a. alle Prozeß- und Sachakten, die in der alten Registratur aus der Zeit vor 1763 sachlich geordnet waren, auseinandergerissen. Versuche, an Hand erkennbarer alter Signaturen die Einheiten der Registratur vor 1763, soweit sie im Hausarchiv verblieben waren, zu rekonstruieren, erwiesen sich als undurchführbar. Es konnten Akten nach ihrer Formierung durch Kiewning nur auf dem Papier wieder zusammengeführt werden. Scheitern mußte Kiewnings Schema auch bei Akten der Güterverwaltung, den Akten, die für den Thronfolgestreit künstlich gebildet waren, und den Rechnungen. Kiewnings wirkliche Verzeichnung umfaßte nur einen kleinen Teil des Archivs, etwa die Akten bis in die Zeit des Grafen Rudolf Ferdinand zur Lippe-Biesterfeld. Seine grobe Sortierung erfasste den größten Teil des Bestandes jedoch ohne Literatur, die Rechnungen, die Urkunden und zahlreiche Loseblattsammlungen.
Bei der Neuverzeichnung wurden die vorgefundenen Akteneinheiten beibehalten, da sie sich im wesentlichen als Arbeitsgrundlage für eine inhaltliche Erschließung als hinreichend vorgeordnet erwiesen. Nur bei Korrespondenzserien aus der Zeit des Grafen Ernst zur Lippe-Biesterfeld wurde aus drei Serien -- Korrespondenzen mit Adligen, mit Bürgerlichen und solchen zum Thronfolgestreit -- eine Serie gebildet. Aus den ungeordneten Blattsammlungen wurden nach Möglichkeit Korrespondenz- und Sachakten gebildet. Die umfangreiche Literatur zum Thronfolgestreit wurde dem Archivbestand einverleibt, allgemeine Literatur, die aus der Bibliothek in Oberkassel stammte, aber der Schloßbibliothek zugeführt. Die Systematik und Verzeichnung Kiewnings in Einzelnachlässe mußte sich fast zwangsläufig auch in verschiedenen Abschnitte der neuen Gliederung (III Einzelne Mitglieder des Hauses Lippe-Biesterfeld) oder selbst in Aktentiteln (Korrespondenzen mit Adligen oder Bürgerlichen) widerspiegeln. Es wurde mit der Gruppe III "Einzelne Mitglieder des Hauses Lippe-Biesterfeld" ein Kompromiß angestrebt, der der vorgefundenen Ordnung und den Bedingungen eines Familienarchivs gerecht wird. Dabei wurde den einzelnen Mitgliedern des gräflichen Hauses gebührend Gewicht beigemessen, nach Möglichkeit aber Zusammengehörendes über eine Person zusammengeführt, wie es z.B. die Akten über das Schuldenwesen des Grafen Karl Ernst zur Lippe-Biesterfeld zeigen, die Kiewning auf die drei beteiligten Grafen nach Provenienz aufzuteilen wünschte. Gerade hier war Kiewning mit seinem Vorhaben stecken geblieben. Die Korrespodenzserien wurden bei den Einzelpersonen belassen und die Einzelheiten nicht sachlich aufgeteilt.
Getrennt wurden die Angelegenheiten Lippes, also die Akten über die Rechte in Lippe und das Verhältnis zur regierenden Linie in Detmold und den anderen Nebenlinien sowie die Akten über den Thronfolgestreit und die Regenschaft. Überschneidungen zu den Korrespondenzserien und zur Gruppe über die Verwaltung der Besitzungen waren unvermeidlich. In der Gruppe über den Besitz der Grafen zur Lippe-Biesterfeld wird versucht, einiges, was Kiewning willkürlich auseinandergerissen hatte, wieder zusammenzuführen. Es fehlen in dieser Gruppe einige Besitztitel, die sich aus Heiratsgut herleiten, und auf grund der Aktenführung den persönlichen Unterlagen der Grafen und Gräfinnen in der Gruppe III belassen werden mußten.
Von Kiewning bereits gesondert war die Mehrzahl der Rechnungen und Belege aus dem 19. Jahrhundert. Diese Sonderung wurde beibehalten. Leider waren wirkliche Rechnungs- und Belegserien immer nur für einige Jahre erkennbar, so daß der chronologischen Ordnung der Vorzug gegeben wurde. Pergamenturkunden und Karten werden in eigenen Gruppen aufgeführt, wenn auch bei den Urkunden eine Verzahnung zu den Akten durch Hinweise versucht worden ist. Der Urkundenbestand gelangte vorwiegend durch die Familien von Meinertzhagen und von Motzfeld in das Biesterfelder Archiv.
- Reference number of holding
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L 4 W
- Extent
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60 Urkunden 1358-1890. - Findbuch: L 4 W
- Language of the material
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German
- Context
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Landesarchiv NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe (Archivtektonik) >> 1. Landesarchiv NRW Abteilung Ostwestfalen-Lippe >> 1.1. Land Lippe (bis 1947) >> 1.1.1. Fürstliches Haus
- Date of creation of holding
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(1304-1340), 1358-1769, 1890
- Other object pages
- Delivered via
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- Last update
-
23.06.2025, 8:11 AM CEST
Data provider
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen. Abteilung Ostwestfalen-Lippe. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- (1304-1340), 1358-1769, 1890