Bestand
Geheimes Kabinett (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Einlieferungen zwischen 1879 und 1919. Aus den
früheren Aktenabgaben (seit 1850) wurden einzelne Akten auch in das
Haus- und Staatsarchiv (Bestände 47 und 48) und das Familienarchiv
eingereiht. Restakten der Ordenskanzlei blieben im Staatsministerium
(heute in Bestand 233).
Inhalt und
Bewertung
Sekratariat für die persönlichen
Regierungshandlungen des Landesherrn (wie Behandlung von
Immediatgesuchen, Ernennung der Hofchargen,
Ordensverleihungen)
Überlieferung und Ordnung: Am
25. Oktober 1848 beauftragte das Großherzogliche Geheime Kabinett den
Kanzleirat Ludwig vom Generallandesarchiv mit der Ordnung der in der
Registratur des Kabinetts vorhandenen Akten, wobei "diejenigen
Papiere, welche zur Aufbewahrung in dem Generallandesarchiv oder in
den Registraturen der verschiedenen Ministerien sich eignen, dahin
verabfolgt werden sollten". Er fand die Akten, die bis in die erste
Regierungsperiode des Markgrafen Karl Friedrich zurückreichten, "in
sieben überfüllten Kästen" vor. Kanzleirat Ludwig schied die Akten in
vier Hauptteile: a) Akten für die ältere und b) Akten für die laufende
Registratur des Kabinetts c) Akten für das Großh. Haus- und
Familienarchiv d) Akten für das Großh. Staatsarchiv Im Jahr 1860 waren
diese Ordnungsarbeiten beendet und die unter c) und d) genannten Akten
schon 1850 dem Generallandesarchiv eingeliefert worden. In den Jahren
1879, 1881, 1882 und 1885 erfolgten weitere Einlieferungen. Soweit
diese Akten nicht dem Familienarchiv einverleibt oder den
verschiedenen Beständen des Generallandesarchivs zugewiesen wurden,
erfolgte die Aufbewahrung in einem besonderen Schrank. Bei der
Einteilung der Bestände des Generallandesarchivs in Reposituren im
Jahr 1888 erhielten die vom Geheimen Kabinett eingelieferten Akten die
Repositur II, 2. Trotzdem behielt man bei den Einlieferungen von 1891,
1907 und 1908 das bisher geübte Aufteilungsverfahren bei. Mit der
Aufhebung des Geheimen Kabinetts im Jahr 1919 kam fast die ganze die
verbliebene Registratur in das Generallandesarchiv. Das Badische
Ministerium des Auswärtigen behielt nur diejenigen Akten zurück, die
es zur Fortführung der Geschäfte der Ordenskanzlei benötigte; diese
Akten befinden sich jetzt in Bestand 233 Staatsministerium. Einzelne
Einlieferungsverzeichnisse finden sich teils in GLA 68/778 und teils
in GLA 450/403 bzw. 1200. Das vorliegende Findmittel entstand 1964 auf
der Grundlage älterer Karteien. 2009 wurde es mit Mitteln der
Deutschen Forschungsgemeinschaft in ein Online-Findbuch konvertiert,
anschließend von den Herren Christoph Florian und Alfred Becher
redigiert. Dabei mussten nach den Anforderungen von Scope-Archiv vor
allem zahlreiche Sammeltitelaufnahmen aufgelöst werden. Die
Einzeltitel und die Differenzierung nach Einzellaufzeiten und
inhaltlichen Abweichungen ließ jedoch z.T. sehr umfangreiche Rubriken
entstehen, bei denen die chronologische Reihung nicht mehr klar
erkennbar ist. Konsequent wäre die weitere Untergliederung gewesen;
als grundsätzlicher Eingriff in Ordnung und Rubrikenfolge war dies im
Rahmen der Findmittelkonversion nicht zu leisten. Problematisch blieb
bei der Konversion zum Online-Findmittel die Behandlung der
verdienstvollen, aber sehr ausführlichen Indices von Julius Kastner.
Für die Erfassung in SCOPE-Archiv waren die tiefgestaffelten Einträge
Kastners schwierig, das Ergebnis blieb unbefriedigend; die Indices
müssen völlig neu bearbeitet werden. Da dies im Rahmen der
Findmittelkonversion nicht möglich war, steht vorläufig nur eine
Word-Version in den ausgedruckten Findbuchexemplaren des
Generallandesarchivs zur Verfügung; sie wurde von Christoph Florian
aus der maschinenschriftlichen Vorlage erstellt. Für die
Online-Recherche empfiehlt sich die Volltextsuche.
Geschichte: Eine
Kabinettsregierung im eigentlichen Sinn, wie sie etwa in Preußen
bestand, hat es in Baden kaum jemals gegeben. das Regierungssystem des
Markgrafen Karl Wilhelm, das allenfalls als Kabinettsregierung
bezeichnet werden könnte, fand unter seinem Enkel keine Fortsetzung.
Markgraf Karl Friedrich begründete im Jahr 1783 das Geheime Kabinett,
das nur einen Ausschuß aus dem Geheimen Rat bildete und mit der
gleichnamigen preußischen Einrichtung nicht vergleichbar war.
Gleichzeitig mit der Aufhebung des Geheimrats-Kollegiums im Jahr 1808
und der Aufteilung der Zentralverwaltung in fünf
Ministerial-Departements bestimmte der Großherzog: "Um Unsere höchste
Person bilden Wir einen Kabinetsrath" (Regierungsblatt 1808 S. 187).
Dieses Kabinett zählte zu den Oberen Staatsbehörden und erhielt
folgenden Geschäftskreis zugewiesen: 1. Bearbeitung aller an den
Großherzog gerichteten Schreiben 2. "Alle Systematica, wodurch die
allgemeine Verfassungs- und Verwaltungs- und Grundsätze festgesetzt
und vorgeschrieben werden" 3. Alle Familien- und Hausangelegenheiten
4. Alle Hof-, Ordens- und Zivil-Uniformsangelegenheiten 5. Alles Hof-
und Staatszeremoniell 6. Die Direktion des Generallandesarchivs 7.
Aufsicht und Leitung des jährlich zu publizierenden Staatshandbuches
8. Die Angelegenheiten der dem Hof angehörigen Kunstanstalten (= Reg.
Bl. 1808 S.193). Aber schon im folgenden Jahr wurde infolge des
Organisationsedikts vom 26. November 1809 dieses
"Kabinettsministerium" als besonderes Departement wieder aufgehoben.
Der "Cabinets Minister" blieb " das Organ, durch welches die Anträge
der Ministerien an Uns und Unsere Entschließung an sie gehe" (= Reg.
Bl. 1809 S. 397). Am 21. September 1811 ernannte der Großherzog die
Staatsräte Brauer, Hofer und Wielandt zu Geheimen Kabinettsräten, den
Legationsrat Ring zum Geheimen Expeditionsrat und den Expeditor Weiß
zum Geheimen Kabinettssekretär (= Reg. Bl. 1811 S. 108). Die damit
geschaffenen "Geheimen Cabinets-Referate" wurden am 15. Juni 1817
aufgehoben. Für die im Geheimen Kabinett zu bearbeitenden Gegenstände
wurde ein Staatssekretär bestellt, der zugleich Mitglied des
Staatsministeriums und des Staatsrats wurde (= Reg. Bl. 1817 S.65). So
hat das Geheime Kabinett seine 1808 intendierte zentrale Bedeutung
früh wieder verloren; übrig blieb die Rolle eines Sekretariats für die
persönlichen Regierungshandlungen des Landesherren. Gegen Mitte des
19. Jahrhunderts bestand das Geheime Kabinett aus einem Vorstand,
einem Registrator und einem Kanzlisten. Nachdem am 24. Mai 1854 für
die Besorgung der Hofverwaltungsangelegenheiten ein eigenes
Hofsekretariat errichtet worden war (= Reg. Bl. 1854 S. 256),
bearbeitete das Geheime Kabinett: 1. Erledigung aller an den
Großherzog unmittelbar gerichteten Vorstellungen, Beschwerden, Gesuche
und sonstige Eingaben, soweit dieselben nicht zum Geschäftskreise von
Hofstellen gehörten und nicht reine Unterstützungssachen waren; 2.
Ausfertigung höchster Befehle in Sachen der Staatsverwaltung; 3.
Ernennung zu Oberhof- und Hofchargen; 4. Entwerfung höchster
Handschreiben; 5. Geschäfte des Ordenssekretariats. Am 14. April 1919
ordnete das Staatsministerium die Aufhebung des Geheimen Kabinetts an.
Die Abwicklung der Geschäfte der Ordenskanzlei übernahm das
Ministerium des Auswärtigen (= Gesetz- und Verordnungsblatt 1919 S.
245).
Zum Inhalt: Der Bestand deckt
mit seinen Rubriken zwar fast alle Bereiche von Politik, Wirtschaft,
Kultur, Konfessionen, Hof und Militär ab, enthält aber vielfach
Überlieferung, die sich inhaltsreicher und vollständiger bei den
jeweiligen Fachbehörden wiederfindet. Wegen der vielen eigenhändigen,
mit Bleistift geschriebenen Konzepte Großherzog Friedrichs I. nimmt er
unter dem Hofschriftgut trotzdem einen zentralen Platz ein. Da es sich
bei den Immediatgesuchen meist um Unterstützungsanliegen, Geschenke,
Adressen u.ä. handelt, sind hier zahlreiche Künstler, Literaten und
Vereine vertreten. Julius Kastner 1964 / Hansmartin Schwarzmaier 1991
Konrad Krimm 2009
- Bestandssignatur
-
Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe, 60
- Umfang
-
2267 Faszikel (Nr. 1-2264)
- Kontext
-
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe (Archivtektonik) >> Dynastie und Regierung >> Hofbehörden >> Geheimes Kabinett
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Hansmartin Schwarzmaier/Hiltburg Köckert, Die Bestände des Generallandesarchivs Karlsruhe, Teil 3, Haus- und Staatsarchiv sowie Hofbehörden (46-60), Stuttgart 1991, S. 103-108.
- Bestandslaufzeit
-
1803-1919
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
03.04.2025, 11:03 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1803-1919