Bestand
200,130/Familienarchiv Bertelsmann (Bestand)
Form und Inhalt: Vorwort zum Bestand 200,130/Familienarchiv Bertelsmann
Zur Geschichte der Familie Bertelsmann:
Alle der seit dem späten 19. Jahrhundert zusammengestellten Familienchroniken stimmen darin überein, dass es sich bei dem Stammvater der heute weitverzweigten Familie Bertelsmann um einen etwa 1612 geborenen Johannes Bertelsmann handelt. War der genaue Herkunftsort dieses Vorfahren unter den ersten Familienforschern noch umstritten, so setzte sich im Verlauf des 20. Jahrhunderts aufgrund entsprechender genealogischer Nachforschungen die Ansicht durch, wonach Johannes Bertelsmann dem Hof "Bertelsmann" (Hof Nr. 4) in Eppendorf, Kirchspiel Borgloh, Kreis Iburg (heute Niedersachsen) entstammte. Um 1654 ließ er sich als Leinenhändler in der benachbarten Bauernschaft Natrup im Kirchspiel Hilter nieder, wo er Margarete Bertelsmann geb. Windeling heiratete. Aus den Nachkommen seiner Söhne, von denen Johannes Balduin Bertelsmann (1663-1712) und Eberhard Georg Bertelsmann (1665-1725) als Bürger Bielefelds starben, entwickelten sich in den folgenden Jahrzehnten verschiedene Familienzweige.
Zu den Bielefelder Familienzweigen gehört unter anderem die Familie von Johann Carl Bertelsmann (1723-1803), der als Kaufmann in Bielefeld ein Familienunternehmen begründete, aus dem sich im Laufe mehrerer Jahrzehnte die Leinen- und Wäschefabrik Bertelsmann & Sohn entwickelte, welche seit dem späten 19. Jahrhundert unter der Adresse Bürgerweg 44a (später Stapenhorststraße 44a) beheimatet war. Der aus der Ehe mit Catharina Elisabeth Bertelsmann geb. Fuhrmann (1729-1801) hervorgegangene Sohn Theophilus Carl Bertelsmann (1759-1837) führte das Familienunternehmen fort und bekleidete zeitweilig das Amt eines Vorstehers der Bürgerschaft zu Bielefeld. Letzteres traf auch auf den jüngeren Bruder Christoph Arnold Bertelsmann (1763-1835) zu, der seinerseits dem Kaufmannsgewerbe nachging und mit seiner Ehefrau Amalie Justine Friederike Bertelsmann geb. Bertelsmann (1775-1840) mehrere Kinder hatte, von denen zumindest Sohn Friedrich Julius Bertelsmann (1811-1857) der Familientradition folgte und - zunächst in Bielefeld, später in Hagen - als Kaufmann tätig war.
Den Kaufmannsberuf ergriff auch der viertälteste Sohn von Theophilus Carl und Eleonore Sophie Agnes Bertelsmann geb. Boeckler (1759-1837), Christian Friedrich "Fritz" Bertelsmann (1798-1847). Aus seiner Ehe mit Johanna Dorothea "Hannchen" Bertelsmann geb. Johanning (1810-1874) gingen sieben Söhne hervor, die in den Dokumenten des Familienarchivs oftmals als die "7 Brüder Bertelsmann" bezeichnet werden. Der erstgeborene Sohn, Carl Bertelsmann (1835-1902), wurde nach dem Tod des Vaters Geschäftsführer von Bertelsmann & Sohn und fungierte zeitweise zudem als Königlicher Kommerzienrat und Vorsteher der Bielefelder Stadtverordnetenversammlung. Mit Luise Dorothea Johanne Bertelsmann geb. Velhagen (1839-1905) hatte er insgesamt sechs Kinder. Während der älteste Sohn Rudolf Carl Friedrich Bertelsmann (1862-1923) Geheimer Regierungsrat im Kaiserlichen Patentamt zu Berlin wurde, übernahm der zweitgeborene Sohn Carl Gustav August Bertelsmann (1868-1939) das Unternehmen des Vaters. Er war der letzte Inhaber des Familienunternehmens, welches von seinem, aus der Ehe mit Ida Auguste Clara Bertelsmann geb. Kobusch (1878-1938) hervorgegangenen Sohn Hans Karl Friedrich Rudolf Bertelsmann (1903-1971) nicht fortgeführt wurde. Zwar war der zweitälteste Sohn von Fritz und Hannchen Bertelsmann, Carl Friedrich Theodor Bertelsmann (1837-1889), ebenfalls an Bertelsmann & Sohn beteiligt gewesen, jedoch war keines seiner Kinder aus der Ehe mit Caroline Emilie Pauline Bertelsmann geb. Westhauser (1849-1912) ihm in dieser Tätigkeit nachgefolgt. Die Schwiegersöhne entstammten zudem nur zum Teil dem kaufmännischen Milieu. So heiratete die älteste Tochter von Theodor Bertelsmann, Victoria Paulina Johanna Menzel geb. Bertelsmann (1868-1957), 1902 den Pfarrer Gustav Wilhelm Wolfgang Menzel (1873-1944), mit dem sie die Tochter Margarete hatte.
Der vierte Sohn von Fritz und Hannchen Bertelsmann, der Kaufmann Johann Friedrich Wilhelm Bertelsmann (1839-1923), betrieb wiederum ein eigenes Handelsgeschäft in der Koblenzer Straße 4. 1870 heiratete er Emilie "Milly" Catharine Ottilie Bertelsmann geb. Rabe (1857-1932), die eine Tochter des Kaufmanns Carl Wilhelm Rabe (1813-1888) und der Caroline Emilie Rabe geb. Schliepstein (1824-1882) und damit eine Enkelin des seit 1831 in Brackwede tätig gewesenen Pfarrers und Schulinspektors Johannes Ernst Schliepstein (1799-1872) und dessen erster Ehefrau Karoline Henriette Schliepstein geb. Merckens (1821-1853) war. Aus der Ehe von Wilhelm und Milly Bertelsmann gingen unter anderem die Söhne Carl Johannes Werner (1873-1914) und Friedrich Adolf Ernst Bertelsmann (1878-1953) hervor. Werner Bertelsmann, Autor der 1904 erschienenen "Genealogie und Chronik der Familie Bertelsmann", wurde Teilhaber am väterlichen Geschäft, Ernst Bertelsmann wiederum ergriff entgegen der Familientradition den Beruf des Chemikers. Mit seiner Ehefrau Irma Luise Doris Bertelsmann geb. Bernsau (1891-1966) hatte er die Söhne Otto-Wilhelm Georg Hans Hermann Bertelsmann (1912-2005) sowie den im Zweiten Weltkrieg gefallenen Heinz Erich Werner Albert Bertelsmann (1914-1942). Neben seiner beruflichen Tätigkeit als Prokurist widmete sich Otto-Wilhelm Bertelsmann vor allem der Genealogie.
Quellen:
- Bestand 104,2.20/Standesamt, Personenstandsregister
- Bestand 104,3/Einwohnermeldeamt
- Bestand 200,130/Familienarchiv Bertelsmann
- Datenbank des Vereins für Computergenealogie (abrufbar unter: https://gedbas.genealogy.net/).
Literatur:
- Carl Gustav Bertelsmann: Geschichte der Herrenwäschefabrik Bertelsmann & Sohn, in: Magistrat der Stadt Bielefeld (Hg.), Das Buch der Stadt, Bielefeld 1926, S. 424-426.
- Otto-Wilhelm Bertelsmann: Die Anfänge der Geschichte der Familie Bertelsmann, in: Ravensberger Blätter, Heft 1 (2003), S. 9-13.
- Richard Bertelsmann: Ergebnisse einer Forschung über die Herkunft der Familien Bertelsmann, Bielefeld 1939.
- Werner Bertelsmann: Geschichte und Chronologie der Familie Bertelsmann, Bielefeld 1904.
Hinweise zu Bestand und Verzeichnung:
Das Familienarchiv Bertelsmann wurde über Herrn Uwe Standera zwischen 2012 und 2015 in Form mehrerer Zugänge übernommen. Die Verzeichnung des Bestandes, der insgesamt 285 Verzeichnungseinheiten umfasst, erfolgte im Zeitraum von November 2019 bis April 2020.
Ein Teil des Bestandes besteht aus Arbeitsunterlagen von Otto-Wilhelm Bertelsmann, der in Ergänzung bereits bestehender Familienchroniken die Geschichte verschiedener Familienzweige weiter erforschte und zu diesem Zweck Materialsammlungen anlegte. Diese enthalten vor allem Stammtafeln sowie Familienblätter, in denen die jeweiligen Familienmitglieder mit ihren zentralen Lebensdaten aufgelistet sind. Zusätzlich legte Bertelsmann auch zu einzelnen Familienangehörigen Materialsammlungen an, in denen oftmals persönliche Unterlagen mitenthalten sind (s.u.). Weitere Materialsammlungen enthalten Dokumente zum seit 1907 bestehenden Familienverband Bertelsmann e.V., dessen Vorsitz Otto-Wilhelm Bertelsmann zeitweise bekleidete, sowie Unterlagen zu lokalen genealogischen Forschungsfeldern und genealogischer Forschung im Allgemeinen. Ebenso entstanden Materialsammlungen für Auftragsrecherchen. Daneben gehören zu den Arbeitsunterlagen auch Kopien von Archivalien und Literatur sowie Manuskripte zu Vorträgen von Otto-Wilhelm Bertelsmann.
Einen weiteren Schwerpunkt des Bestandes bilden Unterlagen verschiedener Mitglieder der Familie von Johann Carl Bertelsmann (s.o.). Hinzu kommen Dokumente von Angehörigen anderer Familienzweige wie zum Beispiel der Schriftwechsel zwischen Elisabeth Johanne Bertelsmann geb. Steinhaus (1833-1893) und ihrem Ehemann Arnold Wilhelm Bertelsmann (1835-1905). Dieser war der zweitälteste Sohn von Carl Heinrich Bertelsmann (1791-1850), dem Begründer des C. Bertelsmann Verlags in Gütersloh, und Friederike Dorothee Bertelsmann geb. Helling (1790-1857). Ebenso ist ein Ausschnitt des Schriftwechsels der Literatin Lene Bertelsmann (1903-1981) Teil des Bestandes. Auch Unterlagen von Dritten sind im Bestand enthalten. So beispielsweise die handschriftlich fixierten Erinnerungen der in Bielefeld geborenen Adele Margarete Klara Hildegard Nommensen geb. Reckmann (1891-1980) und die Arbeitsunterlagen des Oberstleutnants a.D. Max Petiscus (1873-1952), der zur Familiengeschichte Bertelsmann mehrere Archivrecherchen durchführte.
Zudem umfasst der Bestand verschiedene Formen von Druckerzeugnissen, die entweder in Materialsammlungen enthalten sind oder eigene Verzeichnungseinheiten bilden. Bei vielen der Druckerzeugnisse handelt es sich um Familienchroniken in Form von Heften oder Büchern, darunter die "Genealogie und Chronik der Familie Bertelsmann", der "Stamboom Bartelsman" und die Übersicht "Bertelsmanns Across America" zu niederländischen bzw. US-amerikanischen Familienzweigen, die Genealogie der Familie Brinkdopke sowie Stammtafeln und Stammbaum zum westfälischen Zweig der Familie Delius.
Einige Verzeichnungseinheiten des Bestandes beinhalten ausschließlich Fotografien. Da nicht immer ermittelt werden konnte, von welchen Personen die Fotografien ursprünglich stammen bzw. wer auf Selbigen abgebildet ist, wurden derartige Verzeichnungseinheiten gemäß ihrer Archivaliengattung einer eigenen Klassifikationsgruppe zugeordnet.
Archivalienbestellungen: 200,130/Familienarchiv Bertelsmann, Nr.
Zitation: Stadtarchiv Bielefeld oder StArchBI, Best. 200,130/Familienarchiv Bertelsmann, Nr.
Bielefeld, Mai 2020
Andreas Vohwinkel M.A.
Archivar
- Reference number of holding
-
200,130/FamArchiv Bertelsmann
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-
Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek Bielefeld (Archivtektonik) >> Nichtamtliches Schriftgut >> Familienarchive und Nachlässe
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06.03.2025, 6:28 PM CET
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Object type
- Bestand