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Staatsverschuldung ohne Ende?
Staatsverschuldung ohne Ende? Die außergewöhnlich hohe staatliche Neuverschuldung der letzten Jahre spiegelt im wesentlichen die haushaltswirtschaftlichen Konsequenzen einer Finanzpolitik wider, die im Zeichen einer völlig neuen, tiefgreifenden Wachstums- und Beschäftigungskrise darauf ausgerichtet sein mußte, dieser Herausforderung erfolgreich zu begegnen. Unter den gegebenen gesamtwirtschaftlichen Bedingungen mutet es daher verwunderlich an, daß in der öffentlichen Diskussion vorrangig die vermeintlichen Gefahren und nicht in erster Linie die greifbaren Erfolge dieser Kreditaufnahme herausgestellt wurden. Die verbreiteten Vorwürfe und Befürchtungen, das rasche Anwachsen der Staatsschuld werde der Inflation neue Impulse geben und führe zu einer Verdrängung privater Kreditnachfrager, stehen in offenkundigem Gegensatz zu den Tatsachen. Als höchst fragwürdig erscheint ferner die vom Sachverständigenrat unablässig verfochtene These, die stark gestiegenen öffentlichen Defizite hätten die private Ausgabenbereitschaft gelähmt und somit den Erfolg der expansiv angelegten Finanzpolitik zumindest beeinträchtigt, wenn nicht gar kontraproduktiv gewirkt. Anlaß zur Kritik könnte allenfalls die Tatsache bieten, daß diese Politik nicht hinreichend konsequent verfolgt wurde. Im Grundsatz ist jedoch die seit 1974 betriebene Schuldenpolitik aus wirtschaftspolitischer Sicht eindeutig positiv zu werten - eine Alternative hat es nicht gegeben. Dies zeigen alle Indikatoren über die Entwicklung des Sozialprodukts, der Beschäftigung und der Einnahmen der öffentlichen Hand. Soweit die staatlichen Finanzierungsdefizite Ausdruck automatischer Stabilisierungseffekte sind, werden sie sich mit weiter ansteigender Auslastung des Produktionspotentials von selbst zurückbilden. Die Zeichen dafür stehen derzeit relativ günstig. Zur Konsolidierung der strukturellen, aus antizyklischen steuer- und ausgabenpolitischen Entscheidungen erwachsenen Defizite hingegen bedarf es besonderer Anstrengungen. Zum einen muß die Entwicklung der laufenden und hier ganz besonders der Personalausgaben möglichst straff unter Kontrolle gehalten werden. Zum anderen aber darf auf mittlere Sicht - sollen die staatlichen Ausgaben weiter steigen - auch der steuerliche Hebel als Ansatzpunkt nicht ausgeschlossen werden. In welchem Maße letztlich die Staatsschuldenaufnahme verringert werden kann, hängt allein von Lage und Entwicklung unserer Volkswirtschaft ab. Je besser die Produktivkräfte ausgelastet sind, um so mehr verliert der Staat das Recht, zugleich aber auch die Verpflichtung, über vorhandene Ressourcen qua Schuldenaufnahme zu verfügen
- Sprache
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Deutsch
- Erschienen in
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Journal: Kredit und Kapital ; ISSN: 0023-4591 ; Volume: 12 ; Year: 1979 ; Issue: 4 ; Pages: 472-503
- Klassifikation
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Wirtschaft
- Ereignis
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Geistige Schöpfung
- (wer)
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Nölling, Wilhelm
- Ereignis
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Veröffentlichung
- (wer)
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Duncker & Humblot
- (wo)
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Berlin
- (wann)
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1979
- DOI
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doi:10.3790/ccm.12.4.472
- Letzte Aktualisierung
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10.03.2025, 11:43 MEZ
Datenpartner
ZBW - Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften - Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Artikel
Beteiligte
- Nölling, Wilhelm
- Duncker & Humblot
Entstanden
- 1979