Bestand

Herrschaft Haigerloch-Wehrstein: Beilagen zur Kastenvogteirechnung der Herrschaft Haigerloch (Bestand)

Überlieferungsgeschichte
Geschichtlicher Überblick
Die Herrschaft Haigerloch gehörte im 11. und in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts den Grafen von Haigerloch, die 1162 mit Graf Wezel ausstarben. Ihre Nachfolger, die Grafen von Hohenberg, verpfändeten sie zusammen mit der Grafschaft Hohenberg 1381 an die Habsburger, die sie wiederum zunächst wieder an die Hohenberger, dann 1392 an die Herren von Weitingen und 1436 an Heinrich von Stöffeln als Pfand gaben, über dessen Tochter die Pfandschaft über Haigerloch in den Besitz Graf Ludwig I. von Württemberg kam. Seine Witwe, die in zweiter Ehe mit Erzherzog Albrecht VI. von Österreich vermählte Pfalzgräfin Mechthild, löste die Pfandschaft schließlich von ihren Söhnen aus erster Ehe ein. Nach ihrem Tode 1482 fiel die Herrschaft an Herzog Sigmund von Österreich und über diesen 1490 an König Maximilian I.
Graf Eitelfriedrich II. von Zollern (1452 1512) erhielt 1488 die Hauptmannschaft über die Grafschaft Hohenberg, im Tausch für das volle Eigentum an der allodialen Herrschaft Haigerloch 1497 gab er die Herrschaft Rhäzüns, die für Habsburg aufgrund der Kontrolle der Alpenpässe in Graubünden von größerer Bedeutung war, ab.
1497 bestand die Herrschaft Haigerloch aus der Stadt Haigerloch sowie den Orten Gruol, Heiligenzimmern, Weildorf, Bittelbronn, Trillfingen, Hart, Bietenhausen, Höfendorf und Hospach. 1516 kamen Imnau und 1542 Stetten (bei Haigerloch) dazu.
Infolge der zollernschen Erbteilung gelangten die Herrschaft Haigerloch und die Herrschaft Wehrstein, die Graf Jos Niklaus II. 1552 von den Grafen von Nellenburg erworben hatte, an Graf Christoph von Zollern (1552 1592), den Begründer der Linie Hohenzollern-Haigerloch. Als Territorien der Linie Hohenzollern-Haigerloch wuchsen die beiden Herrschaften in der Folgezeit zu einer Verwaltungseinheit zusammen. Mit dem Aussterben der kurzlebigen Haigerlocher Linie 1634 fielen die beiden Herrschaften Haigerloch und Wehrstein nicht an das räumlich nähergelegene Hechingen, sondern an Fürst Johann von Hohenzollern-Sigmaringen. Beide Herrschaften wurden vom Oberamt in Haigerloch mit einem Oberamtmann an der Spitze verwaltet. Die Finanzen oblagen der von einem Rentmeister geleiteten Rentei. Der Rentmeister sowie der Kastenvogt der Herrschaft Haigerloch füllte offenbar zeitgleich zusätzlich die entsprechende Position in der Herrschaft Wehrstein aus. Dementsprechend befinden sich in den Rechnungsbeilagen auch Zehrungsquittungen für die fürstlichen Beamten in Ausführung ihrer Verwaltungsaufgaben in der Herrschaft Wehrstein. Bis 1585 saß auf der Burg Wehrstein jedoch noch ein eigener Vogt, dessen Funktion jedoch in der Folgezeit vom Obervogt in Haigerloch ausgeführt.
1681 nach dem Tod Fürst Meinrads I. von Hohenzollern-Sigmaringen übernahm dessen Sohn Franz Anton, verheiratet mit Maria Anna Eusebia von Königsegg-Aulendorf, die Regierung der Herrschaften Haigerloch und Wehrstein. Nach dessen Tod fungierte offenbar Jacob Wilhelm Zoller als Verwalter der Gräfin. Unter der Regierung Fürst Meinrads II. und während der anschließenden Vormundschaftsregierung wurden die Herrschaften Haigerloch und Wehrstein in Generalpacht vergeben. Auch zu Anfang der Regierungszeit seines Sohns und Nachfolgers Fürst Joseph Friedrichs war die Herrschaft Haigerloch offenbar noch verpachtet. So finden sich in den Beilagen zur Bestandsrenteirechnung Anmerkungen des Fürsten wie obgemelte summam solle unser admodiator zu haigerloch betzahlen. Um das Jahr 1747 verlegte Fürst Joseph Friedrich seine Residenz nach Haigerloch, wo er wichtige bauliche Veränderungen wie den Bau der St. Anna-Kirche und des Schlösschens im Haag unternahm. Offenbar hielt sich auch Joseph Friedrichs Mutter, Fürstin Johanna Katharina Viktoria zeitweise in Haigerloch auf. Nach Joseph Friedrichs Tod 1769 in Haigerloch verlor Haiger loch seine Funktion als Residenz. Lediglich während der regelmäßigen Kuraufenthalte in Bad Imnau hielten sich Teile des Hofes auch danach in der Herrschaft Haigerloch auf.
Die Rechnungslegung
1. Rechnungsarten
Im Bestand Kastenvogteirechnungen der Herrschaft Haigerloch finden sich neben der chronologischen Serie der Kastenvogteirechnungen aufgrund des verunordneten Zustands des gesamten Rechnungen- und Beilagenbestands der Herrschaft Haigerloch unter dem Gliederungspunkt "Verschiedene Beilagen zur Kastenvogtei Haigerloch", einige ungeordnete Faszikel, daneben Extrakte und weitere, im Zuge der Verwaltung der Kastenvogtei und ihrer Einkünfte entstandene Unterlagen. Auch Exstanzen der Kastenvogtei und Fruchtrechnungen der Hofhaltung wurden in diesen Bestand integriert.
2. Überlieferung
Die Beilagen zur Kastenvogteirechnung der Herrschaft Haigerloch haben sich ab 1616 erhalten und weisen lediglich in der Anfangszeit bis 1634, für die Einzeljahre 1644/45, 1650/51, 1665/66, 1672/73 und dann in größerem Umfang zwischen 1716-1728 und 1737-1744 Lücken auf. Sie reichen bis 1802.
Dabei waren die Beilagen v.a. des 17. Jahrhunderts gefaltet und in kleinen Päckchen meist mit einem beschrifteten Papierumschlag verschnürt. Von späterer Zeit fand sich oftmals ein kleiner, teils mit Schreibmaschine, teils von Hand beschrifteter Zettel mit der Zuordnung jedes einzelnen Päckchens zu den Kastenvogtei- und Renteirechnung der jeweiligen Herrschaft und der Laufzeit der Beilagen.
3. Inhalt
Die Beilagen zu den Kastenvogteirechnungen der Herrschaft Haigerloch enthalten neben Fruchtbesoldungsquittungen v.a. Aufstellungen über die Erträge der einzelnen, zur Herrschaft Haigerloch gehörigen Höfe und aus den zur Herrschaft gehörigen Zehnten. Dazu kommen Saatzettel, Aufstellungen über die Erträge der Mühlen, Dreschregister, die alljährliche Brotrechnung, Futterregister, Fruchtverkaufsregister und eine große Zahl an Suppliken. Diese wurden aufgrund des Werts der Aufnahme von möglichst vielen Namen in großem Umfang aufgenommen.
4. Rechnungsführung
Die Rechnungsführung oblag dem Kastenvogt der Herrschaft Haigerloch, der dieses Amt zeitweise in Personalunion mit dem Rentmeisteramt ausübte, in Zusammenarbeit mit dem Kastenknecht. Zwischen 1706 und 1711 zeichnete Burgvogt Jacob Wilhelm Zoller für die Kastenvogteirechnung zuständig.
5. Revision
Die Beilagen wurden wie die Kastenvogteirechnungen selbst nur teilweise revidiert, das Revisionsdatum wurde für die Beilagen in keinem der acht Fälle, in denen ein Revisionsvermerk vorliegt, angegeben, der Revisor ist nur in einem Fall mit dem Rat J. F. Majer genannt. Majer ist zum ersten Mal 1777 als Revisor der Renteirechnung der Grafschaften Sigmaringen und Veringen belegt, zeichnete also offenbar im gesamten Fürstentum Sigmaringen, also auch in den Herrschaften Haigerloch und Wehrstein für die Rechnungskontrolle verantwortlich. Bei der Revision der Beilagen zur Kastenvogteirechnung der Herrschaft Wehrstein nennt er sich dementsprechend auch explizit Revisionsrat. Der früheste erhaltene Revisionsvermerk für die Kastenvogteirechnungen der Herrschaft Haigerloch stammt von 1780, während bei den Kastenvogteirechnungen auch auf Rechnungen des 17. Jahrhunderts einzelne Revisionsvermerke erhalten sind. Allerdings lassen Unterschriften auf den Belegen z.B. des zuständigen Kastenknechts und unter der Regierung Fürst Meinrads I. Kommentare des Fürsten selbst zumindest auf eine Kontrolle der Belege schließen.
Die Erschließung des Bestandes
Der Bestand wurde im Februar und März 2011 im Anschluss an den umfangreichen Bestand der Renteirechnungen der Herrschaft Haigerloch erschlossen. Der gesamte Bestand der Beilagen zu den Rentei- bzw. Kastenvogteirechnungen der Herrschaften Haigerloch und Weh rstein befand sich chronologisch vorgeordnet im Magazin. Dabei waren die Beilagen v.a. des 17. Jahrhunderts gefaltet und in kleinen Päckchen meist mit einem zeitgenössisch beschrifteten Papierumschlag verschnürt. Von späterer Zeit fand sich oftmals ein kleiner Zettel mit der Zuordnung jedes einzelnen Päckchens zu den Kastenvogtei- und Renteirechnung der jeweiligen Herrschaft und der Laufzeit. Allerdings waren weder die Laufzeit noch die Zuordnung immer korrekt, weshalb die Päckchen im Regal dann auch falschen Beständen zugeordnet worden waren. Diese falschen Zuordnungen wurde im Rahmen der Ordnung und Verzeichnung des Bestandes korrigiert. Des weiteren wurde soweit möglich auch die falsche Einordnung einzelner Belege korrigiert und in ihre alte Entstehungszusammenhänge zurückgeführt. Dabei wurden die nummerierten Belege bei unklarer Zugehörigkeit auch mit den erhaltenen, bereits verzeichneten Rechnungen aus den in Frage kommenden Jahren abgeglichen. Aus Zeitgründen konnten allerdings größere Faszikel aus vermischten Beilagen nicht komplett aufgelöst werden. Sie wurden stattdessen tiefer verzeichnet, um das Auffinden bemerkenswerter Belege auf diese Art zu ermöglichen. Dennoch können sich weiterhin auch im Bestand FAS DS 3 T 7 Beilagen zur Renteirechnung in den Faszikeln des Gliederungspunkts "Verschiedene Beilagen zur Renteirechnung der Herrschaft Haigerloch" Belege zur Rechnung der Kastenvogtei der Herrschaft Haigerloch befinden. Aus konservatorischen Gründen wurden die Päckchen aufgeschnürt und die kleinen Zettel aufgefaltet und plan gelegt. Allerdings konnten Beilagenfaszikel, deren Belege nicht in der nummerierten Ordnung lagen, aus Zeitgründen nicht wieder geordnet werden. Die Verpackung des vorliegenden Bestands besorgte im Rahmen einer Projektstelle der Stiftung Kulturgut Frau Irene Moser.
Die Beilagen zu den Kastenvogteirechnungen der Herrschaft Haigerloch sind unterhalb der Klassifikationspunkte des Bestandes chronologisch geordnet. Der Bestand umfasst 200 Archivalieneinheiten und ist nun unter der Signatur FAS DS 3 T 8 Nr. ... einsehbar.
Zur Benutzung
Grundsätzlich empfiehlt sich bei der Recherche in Rechnungs- und zugehörigen Beilagenbeständen zunächst die Durchsicht des jeweiligen, zeitlich in Frage kommenden, und meist nach thematischen Rubriken geordneten Rechnungsbands. Da die Beilagen meist nummeriert oder litteriert waren, lassen sich, zumindest bei geordnetem Zustand des jeweiligen Beilagenfaszikels, auf diese Weise am einfachsten die gesuchten Belege finden. Sollte sich der Rechnungsband nicht erhalten haben und im ungünstigsten Fall für die entsprechenden Jahre lediglich ungeordnete Faszikel vorliegen, ist dagegen eine systematische Durchsicht unumgänglich, teilweise empfiehlt sich auch die Recherche in den Beständen der Herrschaft Wehrstein bzw. auch im Bestand der Beilagen zu den Renteirechnungen, da sich hier ebenfalls noch vereinzelte Beilagen zu den Kastenvogteirechnungen befinden können.
Sigmaringen im Mai 2011
Stefanie Albus-Kötz

Bestandssignatur
Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, FAS DS 3 T 8
Umfang
200 Archivalieneinheiten (6,3 lfd.m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Sigmaringen (Archivtektonik) >> Fürstlich Hohenzollernsches Haus- und Domänenarchiv (Dep. 39) >> Domänenarchiv Hohenzollern-Sigmaringen >> Herrschaft Haigerloch-Wehrstein

Indexbegriff Ort
Haigerloch-Wehrstein; Herrschaft

Bestandslaufzeit
1607-1803

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
03.04.2025, 08:37 MESZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1607-1803

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