Archivale

Urgicht

Regest: Die gegenwärtige arme Mannsperson, aus dem Kloster Ochsenhausen bei Biberach gebürtig, Hans Schmidt - auf dem Rand: par. (= parentes = Eltern) Enderis Schmidt und Ursala Bachmann -, der am 10. Mai gefänglich angenommen worden ist, hat folgende Verbrechen und Diebstähle auf peinlich und gütlich Befragen bekannt und auch hernach vielfältig beiachzet (= bejaht).
1) Er sei vor ungefähr 11 Jahren nach Absterben seiner Eltern in das Kloster Ochsenhausen als ein armes Kind aufgenommen und 2 Jahre darin behalten worden. Damals habe er einem armen Hirtenbuben aus seinem Tröglein 2 Batzen entwendet.
2) Aus dem Kloster sei er von seinem Vetter von Edenbach (Edensbach), Bastian Redel, zu sich genommen und etwa 8 Jahr erhalten worden. In diesen Jahren habe er seiner Base 2 1/2 fl, in einem Facelin (= Taschentuch) verstrickt (= verschnürt), aus einem Trog (= Truhe) genommen.
3) In dem Flecken Edenbach habe er dem Hans Schwartz ein barchenten Wams entwendet.
4) Seines Vetters Schwester daselbst, der Ursala Redel, aus ihrem Trog 2 fl entwendet.
5) Seinem Vetter aus einem Wams 2 Batzen genommen.
6) Der noch ledigen Schwester seines Vetters 20 Batzen, allerlei Münzgeld, aus einem Trog entwendet.
7) Des Rappen Stoffel (dem Stoffel Rapp) daselbst einen Hut entwendet, welchen er hernach selbst verbrochen (= ?).
8) Dem Rappen Stoffel, als sie miteinander ins Holz geschickt worden, 3 Batzen aus seinem Wams-Säcklein entwendet.
9) Er sei von Edenbach nach Erolzheim gekommen und habe daselbst dem Sohn des Cunz Rau aus einem Tröglein ungefähr 2 fl entwendet.
10) Als er zu Erolzheim bei Christian Rau diente und ihm seine Hofraite bis auf den Boden abbrannte, habe er seinem Meister geholfen Holz zum Bau zu schleifen, ihm eine Wagenkette entwendet und um 10 1/2 Batzen verkauft.
11) Er hat vom Sohn des Cunz Rau ein Röcklein empfangen und ist damit aus diesem Flecken weggezogen, weil er wegen Brennens und Diebsthals in grossem Verdacht war.
12) Als er von dort gen Freiburg gereist war und im Wirtshaus über Nacht war, hat er einem armen Bauern- und Dienstknecht ein Paar Hosen entwendet.
13) Daselbst einem 2 Batzen aus einem Wams-Säcklein entwendet.
14) Einem anderen Knecht aus dem Hosensack etwa 4 Batzen entwendet.
15) Von da sei er zu seinem Vetter Hieramia (Jeremia) Lang am Weg, im Durgeu (Thurgau) gelegen, gekommen, in Meinung (= in der Absicht), seine böse Art abzulegen und bei ihm das Zimmerhandwerk zu erlernen. Als er eine Zeit lang bei ihm war, habe er seinem Vetter eine Silberkrone (= 84 Kreuzer) genommen. Als seines Vetters Gesinde inne wurde, dass er mit dem Diebstahl behaftet war, haben sie ihn nicht mehr dulden wollen, deswegen sei er weggezogen.
16) Er sei wieder hinter sich (= zurück) gen Freiburg gezogen. Zuvor aber habe er einem Bauern zu Ambringen schneiden geholfen und einem armen Schnitter 3 Batzen, seinen Taglohn, aus einem Wams-Säcklein gestohlen.
17) Einem Bauern, der ihn zuvor im Dreschen angestellt hatte, 2 fl entwendet.
18) Einem Metzger zu Freiburg aus einem Säckel 9 Batzen genommen.
19) Dem genannten Metzger auf einem Zehlbritt (Zahlbrett), das auf einem Kopfhäuslein (= Aufsatz auf einem Schrank) stand, 4 1/2 fl genommen.
20) Hierauf habe er 1/2 Jahr zu Riekenbach bei Lindau bei Jacob Dreyer gedient und dem Sohn seines Tochtermanns ein Paar Hosen und Strümpf entwendet.
21) Seinem Meister selbst sei er über ein Tröglein (= kleine Truhe) gegangen, habe Geld in einem Schüsselein gefunden, jedoch nicht mehr als 9 Batzen entwendet.
22) Dem Sohn des Tochtermanns seines Meisters einen ganzen Schützenzeug, worin 2 Dukaten und Kleingeld eingewickelt lagen, ungefähr 5 fl, alles entwendet, welches ihm jedoch hernach auch wieder genommen wurde.
23) Von dort sei er auf Wangen zu gezogen, daselbst über Nacht gewesen in einem offenen Gastgeb- oder Wirtshaus und habe dem Knecht des Wirts ein Paar Hosen, ein Wams und ein Hemd entwendet.
24) Zu Buchau am Federsee sei er über Nacht in der Krone gelegen und habe dem Sohn des Wirts einen Mantel und ein Hemd entwendet. Das habe er gen Ravenspurg gebracht, es sei jedoch wieder heimgegeben worden.
25) Zu Dettlang (Tettnang) sei er von Buchau aus auf einem gewöhnlichen Jahrmarkt gewesen und habe beim Wirt zum Rad einem Krämer, den er ausgeschächtet (=?), bei Nacht aus einer Tasche 4 1/2 fl allerlei Geldes entwendet.
26) Zu Machtorf (Markdorf) habe er etlichen Garn-Käufern, welche von Weingarten herabzogen und im Wirtshaus, Straubenhaus genannt, übernachteten, 8 fl entwendet und sei gleich morgens mit dem entwendeten Geld nach Ravenspurg gezogen. Als die Garnkäufer aus Argwohn ihm nachzogen und ihn zu Ravenspurg erwischten, sei er dort von der Obrigkeit gefänglich angenommen, hernach durch den Nachrichter an den Pranger gestellt und mit Ruten hinausgestrichen worden - alles laut überschickter Urgicht und Beilagen.
27) Wenige Tage nach empfangener Züchtigung hat er einem Bauern auf der Alb gedroschen, dort einem armen Knecht 6 Batzen entwendet und den vorher getriebenen Diebstahl wieder angefangen.
28) Zu Heumatingen einem gedroschen, welchem er ein Kopfhäuslein mit dem Beil aufgebrochen und 5 fl und etliche Batzen entwendet habe.
29) Zu Dalafingen (Tailfingen?) einem Bauernsohn aus einem Trog (= Truhe), den er aufgebrochen, 9 Batzen entwendet.
30) In Schafhausen zum Rappen einem Fuhrmann nachts 10 Batzen entwendet .... (?) Dann ist er in unser Gebiet gekommen und hat sich zur Krone als Stallknecht dingen lassen.
31) Nachdem die Giengischen Pfleger der Herabrandischen Erbschaft hier lagen und deswegen Herr Carlin Herabrandt von Tüwingen ihnen Assistenz geleistet, haben etliche seiner Bekannten mit ihm einen Schlaftrunk getan und seien alle bezecht gewesen. Da habe Schmidt ihm einen Säckel aus seinem Hosensack entwendet. Darin seien 4 fl 12 Batzen, ein Balsambüchslein, eine Handschrift über 70 fl und 3 Schlüssel gewesen. Davon habe er das Geld für Kleidung verwendet, das Balsambüchslein und die Handschrift an heimliche Orte weggeworfen. Der Säckel und die Schlüssel wurden bei ihm gefunden.
32) Dem Hans Praun, einem Welschen (= Hausierer), der etliche Male des Jahrs hierher kommt, habe er aus seiner Satteltasche, die ihm an sein Pferd zu hängen befohlen worden, 3 Taler und etwa 3 Kreuzer, also etwa 4 fl 3 Batzen, entwendet.
33) Einem Reiter von Strassberg, welcher einen Fäustling (= Handfeuerwaffe) im Stall hangen gehabt, worauf er als Hausknecht hätte achtgeben sollen, habe er diesen selbst gestohlen und verstossen (= verborgen).
34) Einem andern Reiter aus dem Stall eine Pulverflasche entwendet.
35) Als die adelige Kurpfische (?) Zusammenkunft hier gehalten wurde, habe er einem Reiter ein Paar Sporen entwendet.
36) Der Kayserspergerin, die sich eine Zeit lang hier aufhielt und in seines Herrn Behausung war, hinterrücks ober (= über, auf) dem Simsen ein silbernes Lädlein, in dem viel gute Perlen waren und vier ganz goldene mit Steinen besetzte Ringe, entwendet.
37) Als er vor etlichen Wochen bei Georg Preeg, Gastgeber zum Bären, eine Zech getan, habe er nach vollendeter Zech dem Wirt einen Kragen (?) entwendet.
38) Einem Totschläger von Dettingen ein Hemd entwendet.
39) Einem von Tüwingen ein Paar Handschuh entwendet.
40) Einem Schlosser aus seinem Haus einen Schlüssel entwendet in der Meinung, weil selbiger so aussah, als würde er seines Herrn Kästlein, worin er Geld und Geldeswert aufzubewahren pflegte, aufschliessen, so sein diebisch Werk desto füglicher vollführen zu können.
Der Rat der Reichsstadt Reuttlingen hat mit Urteil zu Recht erkannt, dass dieser Hans Schmidt dem Nach- und Scharfrichter übergeben, von ihm zu dem Hochgericht hinausgeführt, mit dem Strang vom Leben zum Tod gerichtet, sein Leib der Erde entfremdet und der Luft befohlen werden soll ihm zu wohlverdienter Straf und anderen zu einem abscheulichen (= abschreckenden) Exempel - alles nach gemeinem Recht und der peinlichen Halsgerichtsordnung des Kaisers Karl V. und des heil. röm. Reichs.

Archivaliensignatur
A 2 e (Urfehden u.a.) Nr. A 2 e (Urfehden u.a.) Nr. 7570
Umfang
14 S.
Formalbeschreibung
Beschreibstoff: Pap.
Sonstige Erschließungsangaben
Genetisches Stadium: Or.

Kontext
Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 19, 21-22, 26) >> Bd. 22 Urgichten
Bestand
A 2 e (Urfehden u.a.) Reichsstädtische Urkunden und Akten (Bde. 19, 21-22, 26)

Laufzeit
1605 Mai 31

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Letzte Aktualisierung
20.03.2025, 11:14 MEZ

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Entstanden

  • 1605 Mai 31

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