Bestand
Ellwangen: Ältere Fürstliche Akten (Bestand)
Überlieferungsgeschichte
Der Bestand stellt den Grundstock des einstigen fürstpröpstlichen Archivs dar, abzüglich der für württembergische Nachfolgebehörden, das Staatsarchiv Stuttgart oder zur Bildung kleinerer Sonderbestände ausgehobenen Archivalien. Insgesamt gesehen handelt es sich um einen der wertvollsten ellwangischen Archivbestände, der für fast alle Fragen der Ellwanger Kloster-, Stifts- und Territorialgeschichte (z.T. räumlich wie sachlich auch weit darüber hinausgehend) seit dem Spätmittelalter Unterlagen bereithält. Besonders genannt seien an dieser Stelle nur die Rechnungen der dem Kloster bzw. Stift unterstehenden Kirchen, die für das 15./16. Jahrhundert - in Einzelfällen sogar für das 14. Jahrhundert - die Rechnungssammelbestände (B 383, 384) vielfältig ergänzen und eine einzigartige ortsgeschichtliche Quellengattung darstellen.
Inhalt und Bewertung
Der Bestand enthält im wesentlichen folgende Archivaliengruppen: Besetzung der Propstei und Korrespondenzen der Pröpste (1479-1660); - Württembergischer Schirm und Geleit (1392-1636); - Schwäbischer Bund (1491-1631); - Kriegssachen im Reich (1532-1616); - Kaiserliche Primae Preces ('Erste Bitten') und Panisbriefe (1401-1783); - Ellwangische Reichskammergerichtsprozesse (16./17. Jahrhundert); - Kaiserliche Kommissionen (16./17. Jahrhundert) in Sachen Stift Komburg gegen Rothenburg o.d.T., Gemeinde Böhmenkirch gegen Rechberg, Oettingen gegen Oettingen, Deutschorden gegen Ganerben zu Talheim, Hans Conrad Gayer gegen Markgraf v. Brandenburg-Ansbach, Ganerben zu Talheim gegen Philipp Lämlein zu Horkheim, Heilbronn gegen Württemberg, Räte und Geheime zu Ravensburg augsburgischer Konfession gegen Magistrat katholischer Religion, Untertanen zu Weiler und Eichelberg gegen von Weiler, Westerstetten gegen Adelmann von Adelmannsfelden, Vohenstein gegen Limpurg, Fugger-Kirchberg-Weißenhorn gegen Pappenheim, Schenk Christian Ludwig gegen Schenken Johann Gottfried und Johann Wilhelm zu Limpurg, Kaisersheim gegen Oettingen, Kloster Kirchheim gegen Oettingen, Johann Franzen gegen Gmünd, Stift Kempten gegen Pappenheim-Fugger; - Verträge und Urteilsbriefe (1382-1533); - Beziehungen zu Limpurg (1448-1625); - Beziehungen zu Vellberg (1486-1727); - Beziehungen zu Hohenlohe betr. Gaggstatter Zehnt (1449-1774); - Beziehungen zwischen Ellwangen, Limpurg und Hall betr. Ober- und Untersontheim (1448-1713); - Beziehungen zu Gmünd betr. Hof Haisenberg (1554-1570); - Beziehungen zu Rechberg betr. Heuchlingen (1366 - 17. Jahrhundert); - Beziehungen zu Fugger betr. Rattstadt und Hüttlingen (1586-1666); - Beziehungen zu Horkheim betr. Leinzell (1603-1608); - Beziehungen zu Woellwarth (1546-1609); - Beziehungen der von Woellwarth zu Vohenstein (Legatforderung), Aalen (Zehnt zu Affalterried) und Hürnheim (Jagd im Amt Wöllstein), (16. Jahrhundert); - Beziehungen zu Vohenstein (16./17. Jahrhundert); - Kirchen- und Heiligenpflegen (hauptsächlich 15. und 16. Jahrhundert): Bühlertann, Bühlerzell, Ober- und Untersontheim, Oberfischach, Kottspiel und Oberalfingen, Hohenberg, Jagstzell und Stimpfach, Dilsberg, Neckargemünd, Heuchlingen, Gründelhardt, Ellwangen (Stadtpfarrkirche U. L. Frau, Kapelle St. Nikolaus, Kapelle St. Wolfgang, Spital, Stiftungen, Stiftskustorie), Buch, Schwabsberg, Wasseralfingen, Reichenbach, Unterkochen, Oberkochen, Abtsgmünd, Wöllstein, Neubronn, Röhlingen, Pfahlheim, Erpfental, Hahlheim, Haisterhofen, Ellenberg, Breitenbach, Stödtlen, Wört, Birkenzell, Laub, Westerstetten, Hüttlingen, Mönchsroth, Gosheim; - Aktivlehen: Deutschmeister betr. Schloß Heuchelheim (1330-1635); Landkommende Ellingen betr. Zehnten zu Reimlingen und Balgheim (1457-1709); Deutschordenskommende Kapfenburg betr. Westerhofen (1575-1707); Stiftskapitel Ellwangen betr. Hof Beerhalden und Schankstatt zu Röhlingen (1554-1702); Fugger betr. Hüttlingen (1599-1702) Lehen zu Leinzell (1416-1701); Thumb von Neuburg und vom Holz betr. Aichelberg (1599-1710); von Helmstadt und Landschaden von Steinach betr. Östringen (1603-1715); von Eltershofen betr. Altdorf und Kerleweck (1564-1717); von Woellwarth betr. Hof Bernlohe, Ober- und Unterböbingen, Hohenroden, Killingen (1514-1685); von Stotzingen betr. Dellmensingen (1360-1691); von Seckendorf betr. Staigmühle (1657/58); von Gundelsheim betr. Wurmbach (1580-1669); von Blarer zu Wartensee betr. Treppach (1586-1762); Berlin von Wäldershub betr. Dürrenstetten (1558-1700); Rehm zu Augsburg betr. Laugna (1410-1726); Stadt und Hospital Ulm betr. Nellingen und Aufhausen (1426-1709); Stadt Biberach betr. Rupertshofen (1401-1708); Stadt Gmünd betr. Dewangen und Reichenbach (1364-1695); Stadt und Spital Hall betr. Sontheim und Eggenrot (1510-1709); Stadt Dinkelsbühl betr. Röhlingen (1457-1720); Kloster Lorch betr. Burg Leineck und Göggingen (1494-1693); Vellberg betr. Gründelhardt, Stetten, Brunzenberg, Banzenweiler, Griffenburg, Talheim, Untersontheim (1465-1594); von Hürnheim betr. Wöllstein und Abtsgmünd (1509-1585); von Rinderbach (1560-1594); von Rechberg (1466-1584); Lehen zu Gunzenhausen und Umgebung (1402-1621); Lehenakten betr. Erz- und Eisenwerke (1572-1618); Kanzlei-Lehen (1397-1698); Feld- und Bauernlehen (1350-1697); Amts-, Güter-, Kirchen- und Bausachen in den ellwangischen Ämtern (15.-18. Jahrhundert); Bausachen zu Ellwangen (1441-1588); Eisenwerke und Glashütte (1521-1727); Schäferei (15./16. Jahrhundert); Leibeigenenregister (1390-1669); Zins-, Schuld- und Schirmbriefe (1413-1603); Polizeiordnungen (1575-1627).
1. Zur Geschichte der Fürstpropstei: Ellwangen, wohl 764 als Benediktinerkloster gegründet, gehört zu den wenigen alten Klöstern in Südwestdeutschland, die ein eigenes Territorium aufbauen und dauerhaft erhalten konnten. Als einziges Kloster bzw. Stift Südwestdeutschlands hatte es überdies Sitz und Stimme im Reichsfürstenrat. Der 1460 in ein weltliches Chorherrenstift umgewandelten Abtei, die seit Ende des 14. Jahrhunderts unter der Schirmherrschaft des württembergischen Herzogs stand, gelang es, ihre Selbständigkeit über die Wirren von Reformation und Gegenreformation zu retten. Nachdem in den ersten beiden Jahrhunderten der Stiftsära zumeist Pröpste aus dem Kreis der Kapitulare amtiert hatten, wurde das Stift seit Ende des 17. Jahrhunderts zunehmend zur Nebenpfründe mächtigerer geistlicher Reichsfürsten. Prägend für die innere Verfassung des Stifts war die bereits in der Klosterzeit vollzogene Abschichtung des Vermögens von Abt bzw. Propst und Kapitel. Das früh durch den Erwerb von Hochgerichtskompetenzen konsolidierte Territorium umfasste am Ende des Alten Reichs ein Gebiet von etwa 400 qkm mit 20.000 bis 25.000 Einwohnern in mehr als 200 Siedlungseinheiten. Neben der Zentralverwaltung in Ellwangen mit den klassischen Kollegialbehörden (Hofrat, Kanzlei und Regierung, seit 1734 Hofkammer, seit 1749 Geistlicher Rat, sowie zeitweise Geheime Konferenz und Kabinett) existierte bereits frühzeitig eine Ämterverwaltung auf lokaler Ebende. Sie bestand Ende des 18. Jahrhunderts aus dem Vizedomamt Ellwangen (Stadt Ellwangen), dem Ammannamt Ellwangen und den Ämtern Heuchlingen, Kochenburg, Rötlein, Tannenburg und Wasseralfingen.
2. Zur Geschichte des Ellwanger Stiftsarchivs: Die Überlieferung der ehemaligen Fürstpropstei Ellwangen bildet mit knapp 700 lfd. m Gesamtumfang das größte Archiv aller an Württemberg gefallenen Abteien und Stifte. Es besteht im wesentlichen aus drei Schriftkomplexen: der Überlieferung des Stiftsarchivs, des Archivs des Stiftskapitels sowie den Unterlagen aus den Registraturen der verschiedenen ellwangischen Behörden und Ämter. Die Anfänge des Ellwanger Archivs reichen bis ins Mittelalter zurück. Nach der Umwandlung der Benediktinerabtei in ein weltliches Chorherrenstift im Jahr 1460 entstand neben dem Archiv der Propstei ein eigenständiges Archiv des Kapitels. Erste Ordnungsbemühungen im Propsteiarchiv, denen allerdings kein durchschlagender Erfolg beschieden war, sind in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts überliefert. Weitere Ordnungsarbeiten unter Leitung eines hauptamtlichen Archivars fanden erst wieder Ende des 18. Jahrhunderts statt; auch sie konnten vor der Säkularisierung des Stifts nicht mehr vollendet werden. Nach 1802 wurde das gesamte Schriftgut der ehemaligen Propstei, also neben den beiden Archiven auch die Registraturen der Regierung (Kanzlei), der Hofkammer und des Geistlichen Rats sowie sämtlicher Ämter im Nebenarchiv in Ellwangen zusammengeführt. Seit 1850/51 lagerte das gesamte erhaltene Ellwanger Archivgut im Schloss, ehe es 1868/69 in das neugegründete Staatsfilialarchiv in Ludwigsburg verbracht wurde. Bereits 1808 nahm Georg Hefele als Leiter des Ellwanger Archivs die Ordnung und Verzeichnung des Archivguts in Angriff. Auf Hefeles langjähriges Wirken - er starb 1836 - geht eine ganze Reihe von Findmitteln zurück. In seine Amtszeit fallen allerdings auch umfangreiche Kassationen. Gleichzeitig begann man damit, besonders wertvolle Archivalien, später auch bestimmte Archivaliengattungen (z. B. Lagerbücher) an das Stuttgarter Staatsarchiv abzugeben. Dazu kamen umfangreiche Aktenextraditionen an württembergische Nachfolgebehörden. Letztere gelangten teilweise bereits nach wenigen Jahrzehnten wieder in das Ellwanger Archiv zurück, blieben aber Fremdkörper, die sich in die neue Systematik der Bestände in der Regel nicht mehr integrieren ließen. Die ursprünglich auf das Staatsarchiv Stuttgart und das Staatsarchiv Ludwigsburg verteilten Ellwanger Bestände wurden nach 1969 wieder weitgehend in Ludwigsburg vereinigt. In Stuttgart verblieben nur die Archivalien, die in Selektbestände Eingang gefunden hatten. Der vorliegende Bestand B 397 gehört zu den Beständen, die aus dem Nebenarchiv in Ellwangen direkt - also ohne Umweg über das Stuttgarter Staatsarchivs - in das Ludwigsburger Archiv überführt wurden. Er enthält im wesentlichen die Archivalien des Stiftsarchivs und der zentralen Registraturen, die nicht an das Staatsarchiv Stuttgart oder andere Behörden extradiert wurden. Das Schriftgut des Bestands ist damit zwangsläufig inhaltlich, aber auch hinsichtlich der darin vertretenen Archivaliengattungen und Provenienzen in vielfältiger Weise mit anderen Beständen ellwangischer Provenienz verbunden. Überschneidungen bestehen nicht nur mit dem aus dem Stuttgarter Staatsarchiv stammenden Auslesesbestand B 389, der zum größten Teil Schriftgut umfasst, das ursprünglich einmal in den vorliegenden Bestand gehörte, sondern auch mit den Beständen, deren Schriftgut aus den Registraturen württembergischer Nachfolgebehörden stammt.
3. Zur Ordnung und Verzeichnung des Bestands: Der aufgrund der Archivalienextraditionen des 19. und 20. Jahrhunderts insgesamt gestörte und für Benutzer in mancherlei Hinsicht unbefriedigende Ordungszustand des Ellwanger Stiftsarchivs ließe sich nur durch eine vollständige Neuordnung sämtlicher Bestände beheben, der auf lange Sicht allenfalls in virtueller Form zu leisten sein wird. Ziel der Neuverzeichnung des vorliegenden Bestands war es zunächst, die Benutzung dieses zentralen Teils der Ellwanger Überlieferung, der bislang nur durch das kaum strukturierte und durch zahlreiche Nachträge und Signaturänderungen nur schwer überschaubare Findbuch Hefeles vom Beginn des 19. Jahrhunderts erschlossen war, wesentlich zu erleichtern. Die Titelaufnahmen zu den insgesamt über 1500 Akten des Bestands fertigte in den Jahren 1988 bis 1991 im Rahmen eines AB-Maßnahme Frau Dr. Ruth Kappel. Die von Hefele vorgefundenen Archivalieneinheiten blieben dabei im wesentlichen erhalten; die Titelaufnahmen wurde allerdings, soweit erforderlich, um inhaltliche und formale Angaben ergänzt. Vom Aktenbestand selektiert wurden die zahlreichen Urkunden (jetzt Bestand B 397 I), für die bereits seit längerem ein eigenes Findbuch vorliegt, in das auch die in den Akten enthaltene abschriftliche Überlieferung eingearbeitet wurde. Die Endredaktion der Titelaufnahmen sowie deren Klassifikation erfolgte im Jahr 2004 durch den Unterzeichnenden. Die Klassifikation des Bestands orientiert sich in ihrer Mischung aus topographischen (Ämter, Pfarreien) und sachlichen Gliederungspunkten an Ordnungsprinzipien, wie sie bereits dem Findbuch Hefeles zugrundelagen und wie sie auch die Struktur der ellwangischen Bestände insgesamt. prägen. Unter den topographischen Rubriken zu einzelnen ellwangischen Ämtern (vgl. Rubrik ¿Polizei¿) wurden dabei nicht nur Hoheitsangelegenheiten im engeren Sinne eingeordnet, sondern auch Unterlagen, die den Abgabeneinzug sowie grundherrschaftliche Belange im jeweiligen Amt betreffen. Der Quellenwert des Bestands, dessen Schriftgut zum größten Teil aus dem 16. und 17. Jahrhundert stammt, für die Geschichte des Ellwanger Stifts ist immens; zusammen mit dem klassischen Auslesebestand B 389 bildet er das Rückgrat der Stiftsüberlieferung. Unter anderem finden sich hier einige der ältesten Rechnungen Ellwanger Provenienz, die nicht nur frühe Dokumente der Finanzverwaltung der Abtei sind, sondern mit einem Fragment aus dem Jahre 875, das als Einband verwendet wurde, auch das bislang älteste Dokument aus den Beständen des Staatsarchivs enthalten. Ludwigsburg, Oktober 2004 Dr. Peter Müller
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg, B 397 II
- Umfang
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1527 Büschel (28,4 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Staatsarchiv Ludwigsburg (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Bestände vor 1803 bzw. vor 1806/10 >> Bistümer, Stifte, Klöster und Pfarreien
- Bestandslaufzeit
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(um 800) 1300 - 1802
- Weitere Objektseiten
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Rechteinformation
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Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
18.04.2024, 10:40 MESZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (um 800) 1300 - 1802