Bestand
Buchau, Reichsstadt (Bestand)
Inhalt und Bewertung
Die Stadt kam 1803 an Thurn und Taxis, 1806 an Württemberg. Der Bestand enthält reichsstädtische Archivalien, die Buchau 1884 dem Staatsarchiv zu Stuttgart unter Vorbehalt des Eigentumsrechts zu dauernden Aufbewahrung übergab, nachdem Lotter im Rahmen seiner Archivreisen hier nichts ausgehoben hatte.
1. Zur Geschichte der Reichsstadt Buchau: Der Name von Buchau geht auf eine in das Jahr 819 datierte, im 12. Jahrhundert gefälschte Urkunde zurück. Lange Zeit vor Gründung der sich später zur Stadt entwickelnden Siedlung steht der Name für das der Legende nach um 770, auf jeden Fall aber noch in der Karolingerzeit gegründete Damenstift Buchau (Bestand B 373) zurück. Die Marktsiedlung, zu der auch eine Münzstätte gehörte, entstand wohl Anfang des 11. Jahrhunderts. Sie wurde 1320 erstmals als Reichsstadt erwähnt und erhielt 1347, ebenso wie das Damenstift, auch die Freiheit von fremden Gerichten. Das Biberacher Stadtrecht ist seit 1401 nachweisbar. Ein größerer Stadtbrand vernichtete entweder 1387 oder 1412 das Rathaus und 46 andere Gebäude. Aus diesem Grund liegen die Ursprünge der Siedlung noch weitgehend im Dunkeln und auch die Märkte sind erst seit 1413 nachweisbar. Das innerhalb der Stadt ansässige Kloster erhielt im Jahr 1422 eine Mauer. Die Stadt Buchau selbst hingegen blieb auf Grund ihrer Insellage im Federsee ohne Stadtmauer. Mit dem Damenstift Buchau, das seit 1347 ebenfalls reichsunmittelbar war, bestand ein nicht immer freundschaftlicher Dualismus. Erst 1524 konnte Buchau einen eigenen Stadtam(t)mann (Bürgermeister) ernennen, da dieses Amt lange Zeit vom Kaiser an verschiedene andere Territorien (Helfenstein, Ulm, Stift Buchau) verpfändet war. Im 17. Jahrhundert kam es vereinzelt zu Hexenprozessen. Die Reichsstadt Buchau scheint vergleichsweise judenfreundlich gewesen zu sein und nahm im Jahre 1577 - möglicherweise gegen den Unwillen des Stifts - eine jüdische Gemeinde auf, für die 1650 ein eigener jüdischer Friedhof angelegt wurde. Die erste Synagoge wurde dann 1730 gebaut. Bereits seit 1382 waren Juden in der Stadt nachweisbar. Trotzdem kam es auch in Buchau zu üblichen Ghettoisierung. Sie blieben aus Handwerk und Zünften ausgeschlossen und lebten überwiegend vom Kleinhandel und Hausieren. Zu erwähnen ist auch, dass im Jahr 1665 ein Jude namens Mosis von Wangen in den Rat aufgenommen wurde, der ein Vorfahre Albert Einsteins war. Im 18. Jahrhundert waren die Märkte mehrere Jahrzehnte lang vorübergehend eingestellt, bevor sie 1786 wieder errichtet wurden. Zu dieser Zeit (1787 und 1808) wurde durch die zweimalige Absenkung des Federsees um insgesamt 2 m die Insellage der Stadt beseitigt. Die mit Hilfe dieser Landgewinnung beabsichtigten Bodenmeliorationen müssen allerdings als erfolglos betrachtet werden. Im Rahmen des Reichsdeputationshauptschlusses 1803 gelangten beide Buchauer Territorien zunächst an die Fürsten von Thurn und Taxis, die das kurzlebige Reichsfürstentum Buchau errichteten, zu welchem auch die Herrschaft Straßberg (ehemals Stift Buchau), die Reichsabteien Marchtal und Neresheim, die Dominikanerklöster Ennetach und Sießen sowie das ehemalige Salemer Amt Ostrach mit der Herrschaft Schemmerberg und einigen Weilern gehörte. Nach der Mediatisierung der Fürsten von Thurn und Taxis gelangten diese Gebiete dann 1806 an das Königreich Württemberg.
2. Zur Geschichte und Verzeichnung des Bestandes: Der vorliegende Bestand enthält die erhaltenen gebliebenen Unterlagen der früheren Reichsstadt Buchau. Sie gelangten erst 1884 zur dauernden Aufbewahrung an das damalige königliche Staatsarchiv Stuttgart und stehen dem Grunde nach noch unter Eigentumsvorbehalt der Stadt. Den größten Teil des Bestandes bildet die Urkundenüberlieferung. Neben den erhaltenen (Pergament-) Urkunden sind auch zahlreiche Regesten aus den "Vertragsbüchern" von 1679 und 1745 mit aufgenommen, dazu 3 Verweise auf das Kaiserselekt (H 51). Auch die Aktenüberlieferung besteht zu einem nicht geringen Anteil aus Urkundenabschriften, u. a. Protokollen und Verträgen. Inhaltliche Schwerpunkte sind u. a. die auswärtigen Beziehungen zu Kaiser und Reich sowie zum ebenfalls reichsunmittelbaren Damenstift, dazu Kriminalsachen (v. a. Urfehden), Güter- und sonstige Rechtsangelegenheiten. Die Überlieferung zu den in der Stadt angesiedelten Juden ist hingegen sehr spärlich. Generell gibt es vergleichsweise wenige korrespondierende Bestände, die als weitere Überlieferung zur Geschichte der früheren Reichsstadt, die zu den kleinsten ihrer Art zählte, herangezogen werden können. Hierzu zählen v. a. die Urkunden des Kaiserselekts (H 51), der Bestand des Damenstifts (B 373) und möglicherweise das im Staatsarchiv Sigmaringen verwahrte Depositum des Archivs der Fürsten von Thurn und Taxis in Obermarchtal betr. das Stift Buchau (StAS Dep. 30/14). Eine Gegenüberlieferung bei den württembergischen Membra. betr. Reichsstädte hat sich hingegen nicht erhalten. Das von Staatsarchivar Dr. Josef Anton Giefel Ende des 19. Jahrhunderts erstellte handschriftliche Repertorium wurde im Februar und März 2020 vom Unterzeichneten zu Testzwecken mit Hilfe der von der Universität Innsbruck entwickelten Software TRANSKRIBUS, einem Expertentool zur automatisierten Handschriftenerkennung eingelesen und in ScopeArchiv übertragen. Es folgte eine leichte Überarbeitung der Titelaufnahmen und eine Verknüpfung mit Deskriptoren unter Verwendung von Normdaten. Stuttgart, im März 2020 Johannes Renz
3. Literatur: Das Land Baden-Württemberg. Amtliche Beschreibung nach Kreisen und Gemeinden, Stuttgart 1978, Bd. VII S. 425 ff. Johann Daniel Georg von Memminger: Stadt Buchau. In: Beschreibung des Oberamts Riedlingen, Stuttgart und Tübingen 1827 (https://de.wikisource.org/wiki/Beschreibung_des_Oberamts_Riedlingen) Kurt Falch: Bad Buchau. Geschichten in der Geschichte einer Stadt. Federsee-Verlag, Bad Buchau 2004
1. Landkreise und kreisfreie Städte, Länderkennzeichen:
BC Landkreis Biberach
BL Zollernalbkreis
F Kreisfreie Stadt Frankfurt am Main
[F] Frankreich
FN Bodenseekreis
LÖ Landkreis Lörrach
MS Kreisfreie Stadt Münster/Westfalen
R Kreisfreie Stadt und Landkreis Regensburg
RA Landkreis Rastatt
RV Landkreis Ravensburg
RW Landkreis Rottweil
SIG Landkreis Sigmaringen
UL Kreisfreie Stadt Ulm, Alb-Donau-Kreis
WO Kreisfreie Stadt Worms
2. Sonstige Abkürzungen:
ao. anno
Bd. Band
betr. betreffend
Bl. Blatt
Bü Büschel
d. d. de dato
Dep. Depositum
Dr. Doktor
etc. et cetera
fl. Gulden
gen. genannt
hl. heilig
lfd. laufende
löbl. Löblich
o. D. ohne Datum
o. J. ohne Jahr
S. Seite
sel. selig
St. Sankt
U Urkunde
u. a. unter anderem
usw. und so weiter
v. a. vor allem
v. J. vom Jahr(e)
- Bestandssignatur
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, B 166
- Umfang
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129 Urkunden, 11 Büschel, 1 Band (1,55 lfd. m)
- Kontext
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Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Neuwürttembergische Herrschaften vor 1803/1806-1810 >> Reichsstädte einschließlich der geistlichen Niederlassungen in der Reichsstadt
- Bestandslaufzeit
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(1347-) 1400-1815
- Weitere Objektseiten
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- Rechteinformation
-
Es gelten die Nutzungsbedingungen des Landesarchivs Baden-Württemberg.
- Letzte Aktualisierung
-
22.01.2025, 08:01 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- (1347-) 1400-1815