Bestand

003 - Benutzung eingeschränkt! (Bestand)

Erschließungszustand, Umfang: 26 Akteneinheiten, extra Finbuch

Vorwort: Nachlass von Altstaedt, Ernst (1885-1933), Arzt

Erwerb 20/1984

Am 3.4. 1984 wurde dem Archiv der Hansestadt Lübeck von Frau Hildegard Fiedler, geb. Altstaedt, Friedrich Wilhelm-Platz 2, das unten aufgeführte Material ohne weitere Auflagen überlassen (Erwerb 20/1984).
Es handelt sich um die Unterlagen, die Dr. Ernst Altstaedt (1885-1953) zusammenstellte. Das seit 1921 von dem französischen Arzt Calmette erprobte Schluck-Impfungsverfahren gegen Tuberkulose wurde seit dem Sommer 1929 auch in Lübeck erfolgreich angewandt. Von den vom 24. Februar bis 26. April 1930 mit dem Impfstoff gefütterten 244 Neugeborenen starben jedoch 70, andere trugen bleibende Schäden davon. Anscheinend war es im Labor zu einer Verwechslung präparierter und virulenter Bazillenstämme gekommen. Zwischen den ersten Krankheitsfällen und der Erkenntnis, daß die Impfung mit den Tuberkulose-Fällen in ursächlichem Zusammenhang stand und dem daraufhin anberaumten Abbruch der Impfungen, vergingen zwei Monate.

Gegen die Anklage der Fahrlässigkeit hatten sich Prof. Dr. Deyke, Chefarzt der inneren Abteilung des Allgemeinen Krankenhauses, Prof. Dr. Klotz, Chefarzt der Kinderklinik, und Dr. Altstaedt als Physikus (= Chef des Gesundheitsamtes) sowie die mit der Wartung der Bazillenkulturen betraute Schwester Anna Schütze zu verteidigen.

Der Prozeß vor der II. großen Strafkammer des Landgerichts der Freien und Hansestadt Lübeck und des oldenburgischen Landesteils Lübeck währte vom 12. Oktober 1931 bis zum 6. Februar 1932. Einige (unvollständige) Protokolle befinden sich in diesem Nachlaß. Vollständig sind sie im Bestand Bürgerschaft V und natürlich in den Prozeßakten selbst (verwahrt im Landesarchiv Schleswig-Holstein) vorhanden. Eine Revision des Urteils wurde 1933 vom Reichsgericht abgewiesen. Dr. Altstaedt wurde zu einer Gefängnisstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten verurteilt, allerdings nach 7 Monaten begnadigt. Dieser Prozeß, der in Grenzgebiete ärztlicher Verantwortung und richterlicher Kompetenz führt, hat nicht nur in Lübeck, sondern auch in Deutschland und im Ausland Beachtung erfahren. Selbst politisch hat man ihn auszunutzen versucht. Altstaedt, für den viele seiner Kollegen Partei ergriffen und dessen Verurteilung vielfach als zu hart empfunden wurde, hat - vollständig rehabilitiert - sein Leben als angesehener Arzt in Lübeck beschlossen. Abgesehen von den schon erwähnten Unterlagen im Bürgerschaftsarchiv finden sich einschlägige Akten in den Beständen Neues Senatsarchiv und Gesundheitsamt.

Literatur: Lübeck-Schrifttum Nr. 2131 und 2132; Julius Edelhoff, Der Calmette-Prozeß, in: Der Wagen 1984, S. 62-68.

Juni 1984 Antjekathrin Graßmann

Verwaltungsgeschichte/biographische Angaben: Nachlass von Altstaedt, Ernst (1885-1933), Arzt

Erwerb 20/1984

Bestandssignatur
Archiv der Hansestadt Lübeck, 05.5 Altstaedt, Ernst

Kontext
Archiv der Hansestadt Lübeck (Archivtektonik) >> 05 Private Archive >> 05.5 Familienarchive und Nachlässe

Bestandslaufzeit
1927-1934

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Rechteinformation
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Zugangsbeschränkungen
Benutzungsbeschränkung: Benutzung der Unterlagen nach Prüfung des Einzelfalls - Genehmigungsvorbehalt der Archivleitung o.V.i.A. -
Letzte Aktualisierung
22.02.2023, 10:29 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • 1927-1934

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