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Christenverfolgung in den Römischen Katakomben

Der Sammler und Begründer der Nationalgalerie Joachim Heinrich Wilhelm Wagener bestellte bei Carl Rahl die Wiederholung in halber Größe der 1844 vollendeten Komposition »Christenverfolgung in den römischen Katakomben« (seit 1874 in der Hamburger Kunsthalle), die schnell bekannt geworden und 1846 auch in Berlin ausgestellt worden war. Dargestellt ist die Unterbrechung einer Messe durch römische Soldaten, die den Priester in Ketten legen, Gläubige gefangen nehmen oder töten, Kreuz und heilige Gefäße vom Altar stoßen. Im Mittelgrund links deutet der Prätor auf das kaiserliche Edikt. Frauen und Kinder flehen mit ausdrucksvollen Gebärden um Erbarmen. Pathosformeln, die über die italienische Malerei des 17. Jahrhunderts auf die hellenistische Plastik zurückweisen (etwa auf die sogenannte Florentiner Niobidengruppe), erhalten durch überschlanke Körpermaße und durch die Verselbständigung der Faltenlinien eine manieristische Expressivität. Für Rahl hatte das Bild zweifellos einen aktuellen politischen Gleichniswert. Von einem ›freidenkenden‹ Vater erzogen, hatte er schon auf der Akademie seine erste selbständige Komposition der griechischen Revolution gewidmet und sollte 1848 an vielen Orten Deutschlands als aktiver Revolutionär und Wahlredner auftreten. Im März 1848 war er in Berlin und skizzierte die Ehrung der Märzgefallenen. Das Thema der Christenverfolgung ist den Hussiten- und Reformationsmotiven etwa von Carl Friedrich Lessing verwandt. Daß Rahl grundsätzlich auf die Unterdrückung jeglichen oppositionellen Geistes durch die Machthaber und nicht auf eine Ruhmesverkündung christlichen Märtyrertums zielte, wird durch das geplante, aber nur als Karton ausgeführte Gegenstück (vgl. F. Boetticher, Malerwerke des 19. Jahrhunderts, Bd. 2/1, Dresden 1898, Nr. 10) deutlich: Mit der Geschichte der Hypatia von Konstantinopel sollte geschichtspessimistisch die Verfolgung heidnischer Philosophen durch die Christen belegt werden. Vielleicht steht die bei Boetticher (Nr. 142) erwähnte, undatierte kleine Ölskizze »Die sterbenden Märtyrer« (Verbleib unbekannt) mit der »Christenverfolgung in den römischen Katakomben« in Zusammenhang. Wie die erste Fassung, so wurde auch die zweite von Rahls Freund Christian Mayer in Wien in Schabkunst gestochen. Dazu mußte Wagener sie 1851 für ein ganzes Jahr ausleihen. | Claude Keisch

Vorderseite | Fotograf*in: Andres Kilger

Public Domain Mark 1.0

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Material/Technik
Öl auf Leinwand
Maße
Rahmenmaß: 124 x 171 x 8 cm
Höhe x Breite: 90 x 136 cm
Standort
Alte Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
W.S. 183

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
1861 Vermächtnis des Bankiers Joachim Heinrich Wilhelm Wagener als Gründungssammlung der Nationalgalerie
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wann)
1846/1847

Letzte Aktualisierung
08.08.2023, 11:02 MESZ

Objekttyp


  • Bild

Beteiligte


Entstanden


  • 1846/1847

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